Stops & Mops Desk Dough: Das „virtuelle Movinglight“
von Torben Lehmann, Artikel aus dem Archiv vom
Wie wäre es, aus jedem handelsüblichen Projektor im Handumdrehen ein Movinglight generieren zu können? Mit einem völlig neuen Ansatz und dem dazu passenden Produkt digitalisiert Stops & Mops das Show-Licht.
Selbst wenn die Bauteile in modernen Movinglights durch technische Weiterentwicklung und präzisere Fertigungsmethoden immer kleiner werden, und dadurch immer mehr verschiedene Funktionen in einem einzigen Gerät untergebracht werden können, wird die Mechanik stets der limitierende Faktor bei der ganzen Sache bleiben. Ist die Anzahl der Funktionen erst einmal festgelegt und in der jeweiligen Form in einem Gerät verbaut, lässt sich da im Nachhinein, von eventuell austauschbaren Modulen oder Custom-Gobos mal abgesehen, meist nichts mehr dran rütteln. Und so stoßen Movinglights jeder Preisklasse, egal ob kostengünstiges ‚Disco-Licht‘ oder hochkarätiges Profigerät, früher oder später an ihre mechanisch auferlegten Grenzen.
Stops & Mops Desk Dough ist ein Produkt, welches diese mechanischen Grenzen in Verbindung mit einer externen Lichtquelle als eine Art virtuelles Movinglight überwinden kann und damit eine völlig neue Art von lichtgestalterischen Möglichkeiten offenbart.
Desk Dough ist ein Gerät in Form einer zunächst völlig unscheinbar anmutenden kleinen Schachtel mit einer Größe von nur ca. 16 × 13 × 4 cm, die nicht einmal 1 kg auf die Waage bringt. Im Inneren des Gehäuses befindet sich lediglich ein kleiner Standard-Computer, der völlig ohne Lüfter betrieben das Hirn dieses digitalen ‚Show-Licht-Adapters‘ darstellt. Zur Kühlung dienen die Kühlrippen, die das Gerät seitlich einmal komplett flankieren.
Nur kleine Bereiche an einer Gehäuseseite und an der Rückseite des Gerätes wurden ausgespart, um Platz für die benötigten Anschlüsse zu schaffen. Seitlich wurde der Netzanschluss untergebracht, auf der Rückseite haben ein Netzwerk-, zwei USB- und ein HDMI-Anschluss sowie eine 3,5-mm-Klinkenbuchse ihren Platz bekommen. Auf der Oberseite des Gehäuses bleibt es ebenso übersichtlich. Hier befinden sich neben einem kleinen Display nur noch vier Steuertasten.
Desk Dough ist, wie bereits angedeutet, als eine Art Adapter zwischen einer Licht-Konsole und einer digitalen Lichtquelle in Form eines Projektors anzusehen, da das Gerät zwar exakt wie ein waschechtes Movinglight programmiert wird, der Output jedoch extern, bestenfalls durch einen leistungsstarken digitalen Projektor, generiert werden muss. Die Ansteuerung erfolgt an dieser Stelle über Art-Net oder sACN und die maximale Auflösung beträgt 1.920 × 1.200 Bildpunkte.
Sobald Desk Dough per HDMI-Kabel mit einem handelsüblichen Projektor verbunden wird, stellen nicht mehr die mechanischen Eigenschaften eines herkömmlichen Movinglights, sondern nur noch die Leistung und die zur Verfügung stehenden Optiken des verwendeten Projektors einen limitierenden Faktor dar.
Angelegt, gepatcht und angesteuert werden bei Desk Dough drei Beam-Layer mit jeweils 71 DMX-Kanälen und eine Beam-Cam, die 33 Steuerkanäle beansprucht. Somit können bis zu zwei Geräte über ein DMX-Universum betrieben werden. Ist das Gerät angelegt und gepatcht, kann es sofort los gehen. Erfreulicherweise müssen, anders als beispielsweise bei den meisten Medienservern, keine weiteren Einstellungen zur Inbetriebnahme vorgenommen werden.
Mal angenommen, es herrschen perfekte örtliche Gegebenheiten, das Gerät ist mit einem leistungsstarken Projektor verbunden und der Raum ist bereits von Dunst geschwängert. Was nun?
Einmal eingerichtet, verhält sich Desk Dough wie eine ‚richtige Lampe‘. Da es sich hier um ein virtuelles Movinglight handelt, wird auch gleich ein Runder an Stelle eines eckigen Lichtkegels generiert, wie es von einem Projektor vielleicht erst einmal zu erwarten gewesen wäre. Der Lichtkegel lässt sich stufenlos dimmen, sowohl im Pan- als auch im Tilt-Bereich mit 16 bit Auflösung bewegen, und zudem über RGB/CMY oder feste Farben einfärben, stufenlos zoomen und frosten. Selbstverständlich gehören auch eine virtuelle Iris-Blende und ein virtueller Shutter zum digitalen Funktionsumfang.
So viel zum Standard. Worum es jedoch eigentlich geht, und was die besondere gestalterische Leistungsfähigkeit von Desk Dough ausmacht, ist die schier uneingeschränkte Möglichkeit der digitalen Zerstreuung des Lichtkegels.
Von hier an ist das Gerät eher wie ein Medienserver zu behandeln. Zum einen steht eine interne Bibliothek zur Verfügung, die in Unterordnern sortiert mit allerhand Gobo-Dateien und Objekten gefüllt ist. Desk Dough nutzt hier den Umstand des digitalen Bildes voll aus, und bietet die Möglichkeit, Gobos nicht nur wie herkömmlich um eine, sondern um alle drei Achsen rotieren zu lassen. Selbst die einzelnen Bestandteile der Gobos können mit Hilfe von unterschiedlichen, integrierten Effekten weitreichend modifiziert und die Größe eines Gobos stufenlos verändert werden. Zudem besteht die Möglichkeit, geometrische Formen oder Objekte mit Gobos zu versehen, was insbesondere in Verbindung mit Goborotation zu noch nicht dagewesenen Beam-Looks führt.
Ein virtuelles Prisma, das ebenfalls um alle drei Achsen rotierbar ist, bietet in einzelnen Schritten bis zu sage und schreibe 254 Facetten, die sich wiederum in unterschiedlichen geometrischen Formen arrangieren und in ihrer Größe anpassen lassen. Selbst die virtuellen Funktionen von Frost, Strobe und den festen Farben sind mit zusätzlichen Modi versehen. So können beispielsweise unterschiedliche Lauflicht-Effekte mit der Strobe-Funktion erzeugt oder die Farben der beiden virtuellen festen Farbräder in verschiedenen Konstellationen miteinander kombiniert werden.
Darüber hinaus stehen noch zahlreiche Modifikationsmöglichkeiten in Form einer weitreichenden Effektpalette bereit. Hier kann auf ein umfangreiches Repertoire zurückgegriffen werden, welches vergleichbar mit Effekten gängiger Medienserver ist. Beispielsweise können die Ränder eines Gobos besonders hervorgehoben werden, um auch bei dünnen Linien klar definierte Umrisse zu erzielen. Auch für Farben, Formen, Sättigung oder andere den Lichtkegel beeinflussende Faktoren stehen eine Vielzahl von Effekten zur Verfügung.
Da Desk Dough insgesamt drei Layer zur Verfügung stellt, die gleichzeitig drei voneinander unabhängige Lichtkegel aus einem Projektor generieren können, handelt es sich um genau zu sein eigentlich sogar um ein virtuelles 3-in-1-Movinglight. Jedes für sich bietet dabei den in diesem Absatz beschriebenen vollen Funktionsumfang. Alle drei Beam-Layer unterstehen einer Art Master-Layer, der sogenannten ‚Beam-Cam‘. Dieser Master verfügt im Wesentlichen ebenfalls noch mal über einen Dimmer, Pan- und Tilt in 16bit Auflösung und Rotationsfunktionen.
Neben dem Umstand der mechanischen Begrenzungen ist es ja auch durchaus schon mal so, dass in vielen Veranstaltungsorten bereits Projektoren in unterschiedlichen Größenordnungen vorhanden sind, die meist nur in der Biergarten-Fußball-Saison eingesetzt werden und die restliche Zeit im Regal stehen. Warum dem Ganzen nicht also mal neues Leben einhauchen?
So oder so ähnlich muss Matt Finke, seinerseits Lichtdesigner und Inhaber der loop light GmbH in Marburg, gedacht haben, um daraufhin in Kooperation mit der in Österreich ansässigen AV Stumpfl GmbH im August 2020 die Stops & Mops GmbH zu gründen. Der österreichische Teil der Gesellschaft kümmert sich hierbei um die Soft- und Hardware-Entwicklung sowie den internationalen Vertrieb, das deutsche Team trägt die Verantwortung für Funktionsumfang, Produkt-Design und Produkt-Management sowie das Marketing.
Desk Dough ist weder Medienserver noch Movinglight, fühlt sich jedoch trotzdem wie beides an ‒ und der Übergang ist fließend. Nahtlos sind die beiden Komponenten in dieser kleinen Schachtel miteinander verschmolzen und schnell fühlt sich Desk Dough auch wirklich an wie ein herkömmliches Movinglight, das halt einfach deutlich viel mehr kann. Den limitierenden Faktor stellt an dieser Stelle tatsächlich nur das Endgerät dar. Hinzu kommt natürlich, dass der Bewegungsradius im Pan- und Tilt-Bereich von der jeweiligen Optik abhängt, die mit dem Projektor verwendet wird.
Auf der einen Seite ist das natürlich sehr zukunftsorientiert gedacht, und auch durchaus von Vorteil, da ein rein digitales Produkt lediglich mit der Weiterentwicklung der Software auf dem Laufenden gehalten werden kann. Auf der anderen Seite muss für einen leistungsstarken Projektor und eine passende Optik deutlich mehr Geld in die Hand genommen werden, als für ein herkömmliches Movinglight im Profibereich ausgegeben werden müsste. Auch die Betriebskosten und die Tagesmiete eines Projektors inklusive Optik sind nicht zuletzt auf Grund der teuren Leuchtmittel deutlich höher.
Sollte jedoch das entsprechende Budget vorhanden sein und das Setup stimmen, ist das ‚Spielen‘ mit Desk Dough wirklich eine wahre Freude. Durch die Digitalisierung des Lichtkegels ist das Angebot von modifizierbaren Looks wirklich so groß, dass auch durchaus die Gefahr besteht, sich in dieser Vielzahl von Möglichkeiten zu verlieren ‒ im positiven Sinne. Doch das alles macht nicht nur mit einem leistungsstarken Projektor Spaß. Sollte das Budget nicht so üppig ausfallen, können auch beispielsweise mit mehreren kleinen Projektoren, die über einen HDMI-Splitter miteinander verbunden und von nur einer Desk Dough Maschine angesteuert werden, wirklich überzeugende Ergebnisse erzielt werden.
Desk Dough ist eine kleine und handliche Kiste, die in jeden Rucksack passt und somit immer dabei sein kann. Steht also irgendwo auf der Welt ein Projektor bereit, ist für den speziellen Eyecatcher schon mal gesorgt.
Die Verarbeitung des Gerätes ist sehr hochwertig und ebenfalls bestens durchdacht. Bewusst wurde sich hier für eine passive Kühlung entschieden und gänzlich auf Lüfter verzichtet, da das Gerät an Orten zum Einsatz kommt, wo auch viel Dunst oder Nebel in der Luft hängt. Auch in Sachen Service ist hier alles auf dem neusten Stand, denn mit Hilfe eines Web-Interfaces können alle internen Einstellungen am Gerät per Remote vorgenommen oder Custom-Gobos hochgeladen werden.
Wünschenswert wäre tatsächlich noch eine Lösung für den Umstand, dass selbst bei einem völligen Blackout eines Projektors immer noch die Lichtquelle zu sehen ist. Dies kommt insbesondere beim Einsatz mehrerer Geräte einer höheren Leistungsklasse schon recht deutlich zum Tragen. Da das Entwicklerteam jedoch vorsorglich reichlich Platz für weitere Funktionen in der Software von Desk Dough gelassen hat, kann mit Sicherheit in der Zukunft mit Optimierungen und weiteren Gimmicks gerechnet werden.
Die Grenzen der Mechanik hinter sich zu lassen, ist bereits für 2.900,- € ab Werk in Österreich möglich. Weitere Informationen gibt es auf der Homepage von Stops & Mops.