Opera Reevo 210 und Reevo 212: Die auch als „2½-Wege“ bezeichneten Systeme sind prinzipiell identisch aufgebaut und unterscheiden sich hauptsächlich in der Bestückung der Tieftöner: Wie die Namen schon sagen, entweder mit zwei 10″- oder zwei 12″-Treibern. Der Hochtöner und das Elektronikmodul sind in beiden Fällen identisch. In der Kategorie Professional Audio erweitert der italienische Hersteller dBTechnologies damit sein umfangreiches Portfolio um zwei neue Lautsprechermodelle.
Die Bezeichnung „2½-Wege-System“ oder „Quasi 3-Wege“, wie man es bei dBTechnologies nennt, stammt daher, dass sich die drei Treiber in der Box nicht, wie sonst üblich, den Frequenzbereich aufteilen. Stattdessen arbeiten sie als 2-Wege-System, aber mit Unterstützung im Bassbereich durch einen weiteren Tieftöner. In der Reevo 210 ist das konkret ein 10″-Tieftöner in koaxialer Anordnung mit einem 1″-Hochtonsystem und einer passiven Weiche. Dies wird durch einen zweiten 10″-Tieftöner unterstützt, der über einen eigenen Verstärkerkanal verfügt und über ein aktives Tiefpassfilter ausgeblendet wird.
Die damit einhergehende Phasendrehung des tiefpassgefilterten Weges könnte Probleme mit Auslöschungen und einer unkontrollierten Directivity verursachen. Die in der Reevo eingesetzten FIR-Filter ermöglichen es jedoch, das Tiefpassfilter für den zweiten Weg linearphasig oder darüber hinaus sogar mit einer an die Phasenlage des zweiten Weges genau angepassten Filterfunktion auszuführen, so dass dieser sonst unvermeidliche Nachteil eines 2½-Wege-Systems nicht mehr vorhanden ist.
Wenden wir uns nach diesem kleinen Exkurs über „halbe Wege“ jetzt zunächst den Äußerlichkeiten der Reevo 210 zu. Das Gehäuse der Reevo ist sehr solide aus Kunststoff (Polypropylen) gefertigt und verfügt über viele integrierte Details, die so in Holz ja nur schwer bis gar nicht ausführbar wären. Mit aufgesetztem Schutzgitter ist die Frontseite horizontal und vertikal symmetrisch aufgebaut. In der oberen Hälfte befindet sich der 10″-Coax-Treiber, unten der einfache 10″-Treiber. Mittig dazwischen angeordnet liegen die beiden Bassreflexports, die mit etwas weiter innen liegenden grobmaschigen Gittern geschützt sind, so dass kleinere Gegenstände nicht in die Box geraten können.
Interessant bleibt es auch, wenn man die Wabenmuster-Gitter vor den Treibern entfernt. Vor dem oberen Tieftöner befindet sich, integriert in die Front, der Hochtöner mit seinem Horn, der gleichzeitig auch die Rolle eines Phaseplugs für den Tieftöner übernimmt.
Auffällig ist dabei die Lochung in der Hornfläche, die auf der einen Seite so klein strukturiert ist, dass die Schallabstrahlung des Hochtöners nicht gestört wird, auf der anderen Seite aber auch die Austrittsfläche für den Tieftöner hinreichend groß bleibt. Der zweite unten angeordnete Tieftöner ist ebenfalls mit einem Phaseplug ausgestattet, der hier anstelle des vorgesetzten Hochtöners beim oberen Tieftöner für ein identisches akustisches Verhalten sorgt. Da sich der Phaseplug vor allem im Mitteltonbereich auswirkt und beide Tieftöner bis weit in diesen hinein betrieben werden, ist die Anpassung hier notwendig. Bei anderen Konzepten, bei denen der zweite Tieftöner nur tieffrequent unterstützt, könnte man auch auf den Phaseplug für den zweiten Tieftöner verzichten.
Die Handhabung betreffend ist die Reevo 210 umfänglich ausgestattet. Auf der Oberseite und auf einer Seitenfläche gibt es großzügige Griffschalen. In der Bodenplatte ist eine Stativhülse eingelassen und auf der Ober- und Rückseite sind M10-Gewinde für Ringschrauben integriert. Das Gehäuse der Reevo 210 ist zudem auf der Rückseite so angeschrägt, dass die Box auch quer liegend als Bodenmonitor eingesetzt werden kann. Passend dazu ist im internen DSP-System auch ein Setup „Wedge“ hinterlegt. Die Abmessungen der Reevo 210 betragen 604 × 300 × 324mm. Mit einem Gewicht von 17,2kg ist die Box zwar nicht leicht, aber trotzdem noch gut allein zu handhaben. Als Transportschutz bietet dBTechnologies Hüllen an, die über die Gehäuse gestülpt werden können und die ohnehin schon robust erscheinenden Gehäuse auch vor Kratzern schützen.
Auf der Rückseite befindet sich das hauseigene Elektronikmodul DigiPro G2 mit zwei Class-D-Endstufen und DSP. Das rein passiv gekühlte Modul liefert laut Datenblatt eine RMS-Leistung von 1050W und eine Peak-Leistung von 2100W. Die Zuspielung des Eingangssignals erfolgt analog über eine XLR/Klinken-Kombibuchse mit Link-Ausgang. Die Setups (Flat, Playback und Wedge) werden in einfacher Wiese über einen Taster mit LED-Anzeige ausgewählt. Netzwerkanschlüsse etc. gibt es nicht, da die Reevo-Modelle mit Bedacht einfach und übersichtlich gehalten wurden.
Um messtechnisch ein etwas umfassenderes Bild der Reevo 210 zu erhalten, wurde von uns zunächst die interne Elektronik abgeklemmt, so dass beide Wege direkt mit dem Messsystem verbunden werden konnten. Abb. 1 zeigt dazu zunächst die Impedanzverläufe mit der blauen Kurve für den passiv getrennten koaxialen Treiber und mit der roten Kurve für den zweiten Tieftöner. Eine weitere Auftrennung der beiden Wege des Coax-Treibers für die Messung erfolgte nicht. Die Bassreflexabstimmung liegt auf 70Hz, so dass die Box für viele Anwendungen auch ohne Unterstützung durch einen Subwoofer auskommt. Die Minima der Impedanzkurven liegen in beiden Fällen bei 3,7Ω, womit die Endstufen optimal ausgenutzt werden können.
Die Frequenzgänge der beiden Wege in Abb. 2 zeigen das für die jeweiligen Konzepte erwartete Verhalten. Der untere Tieftöner mit Phaseplug (rote Kurve) agiert zunächst mit einer Sensitivity von ca. 96dB bezogen auf 2,83V/1m und steigt dann durch den Phaseplug auf Werte bis 105dB bei 500Hz an. Oberhalb von 800Hz fällt die Kurve dann steil ab. Da der Phaseplug wie eine Art Bandpassresonator wirkt, erkauft man sich den Vorteil der sehr hohen Sensitivity im Umfeld der Resonanzfrequenz mit einem steilen Abbruch der Kurve oberhalb. Der zweite, obere Tieftöner im Coax-Treiber verhält sich sehr ähnlich mit einer etwas höheren Resonanzfrequenz. Mit einer Trennfrequenz laut Datenblatt von 1260Hz wird der Hochtöner im Coax-Treiber angekoppelt, woraus sich der Einbruch im Frequenzgang der blauen Kurve um 900Hz ergibt.
Die zugehörigen Filterkurven des DSP-Systems aus Abb. 3 lassen erkennen, dass hier eine entsprechende Kompensation erfolgt, was natürlich gut gelingt, jedoch mit einer Pegelanhebung von ca. 10dB einhergeht. Die in Abb. 3 abgebildeten Filterkurven wurden mit dem Setup „Flat“ gemessen und stellen das Gesamtsystem auf einen gerade verlaufenden Frequenzgang ein. Die unten in Abb. 3 dargestellten Kurven sind die für die Einstellungen „Playback“ und „Wedge“ überlagerten Verläufe. Das Setup „Playback“ hebt die Höhen und Tiefen dezent an und senkt den Low-Mid Bereich leicht ab, womit ein insgesamt etwas „aufgefrischter“ Sound entsteht, der bei der Wiedergabe aus der Konserve meist gut passt. Das Filter im Setup „Wedge“ senkt den Tieftonbereich unterhalb von 400Hz leicht ab, um den Pegelanstieg durch die Bodenkopplung in der Position als Wedge zu kompensieren.
Abb. 4 zeigt die resultierenden Frequenzgänge der Reevo 210 in freier Aufstellung mit den Setups „Flat“ und „Playback“. In der Flat-Einstellung stellt sich ab 150Hz aufwärts ein nahezu perfekt gerader Frequenzgang ein. Das Setup hält somit, was sein Name verspricht. Die einzige Ausnahme ist die +5dB Anhebung bei 90Hz: Den oberen Bassbereich etwas anzuheben, ist ein gern gemachter psychoakustischer Trick, um eine Schwäche im Tiefbass zu kompensieren. Das ist hier jedoch nicht als Kritik an der Reevo 210 zu verstehen, sondern als Erklärung für den Verlauf des Frequenzganges bei tiefen Frequenzen: Eine kompakte 10″-Box mit einem auf Sensitivity getrimmten Tieftöner kann prinzipbedingt keine echte Tiefbasswiedergabe leisten. Die Box würde bei linearer Einstellung unweigerlich etwas zu dünn klingen, was sich in Grenzen durch eine Anhebung des etwas höher gelegenen Bassbereiches kompensieren lässt.
Die beiden gestrichelten Kurven zeigen die Anteile der beiden aktiven Wege am Gesamtverlauf. Unterhalb von 1kHz arbeiten beide Wege zusammen, oberhalb übernimmt dann der passiv getrennte Hochtöner des Coax-Treibers.
Zum Frequenzgang eines Lausprechers gehört immer auch der Phasengang, der abhängig von der Anzahl der Wege, vom Gehäusekonzept und von der Art der verwendeten Filter sehr unterschiedlich ausfallen kann. Moderne DSP-Lösungen, wie man sie auch in den DigiPro-Modulen vorfindet, ermöglichen neben klassischen minimalphasigen digitalen IIR-Filtern, die sich weitgehend wie analoge Filter verhalten, auch digitale FIR-Filter, die linearphasige Filter oder auch eine linearphasige Entzerrung der Lautsprecher ermöglichen. Letzteres setzt man bei dBTechnologies schon seit geraumer Zeit ein.
Den Phasengang der Reevo 210 der ab ca. 500Hz aufwärts einen weitgehend linearphasigen Verlauf aufweist, zeigt dazu Abb. 5. Dabei sind weder Phasendrehungen durch das passive Filter des Coax-Treibers noch durch die Ankopplung des zweiten Tieftöners zu erkennen. Zu den tiefen Frequenzen hin gibt es dann jedoch die obligatorischen 2 × 360° Phasendrehung durch das akustische und elektrische Hochpassfilter jeweils 4. Ordnung. Hier wäre mit Hilfe von FIR-Filtern auch ein linearphasiger Verlauf möglich, was jedoch zum einen eine recht hohe Rechenleistung erfordern und eine längere Latenz mit sich bringen würde. In dieser Konfiguration kommt die Reevo 210 mit einer Gesamtlatenz inklusive AD- und DA-Umsetzer von nur 3,6ms aus, die auch für den Einsatz als Monitor noch unkritisch sind.
Abschließend bliebe zum Thema lineares Übertragungsverhalten noch der Blick auf das Spektrogramm aus Abb. 6. Hier zeigen sich einige kleine Resonanzen im Frequenzbereich bis ca. 2kHz. Die aufwändige Konstruktion mit dem vorgesetzten Hochtöner und dem Phaseplug vor dem zweiten Tieftöner können solche Kompromisse erfordern.
Neben den üblichen Messungen im Freifeld wurde die Reevo 210 auch noch in der Position als Bodenmonitor gemessen. Quer liegend auf der abgeschrägten Seite trifft die Mittelachse in ca. 1,75m Entfernung auf das in Ohrhöhe platzierte Messmikrofon, das auf die Mittelachse der Box ausgerichtet ist. Für den Einsatz als Bodenmonitor gibt es ein eigenes mit Wedge-Setup. Der sich damit einstellende Frequenzgang ist in Abb. 7 abgebildet. Der Verlauf ähnelt dem im Flat-Modus mit einem insgesamt sehr geradlinigen Verlauf und einer recht kräftigen Überhöhung zwischen 60 und 150Hz. Der scharfe Einbruch zwischen 300 und 400Hz entsteht in dieser Position unvermeidlich durch die Bodenreflexion. Eine Korrektur durch ein elektrisches Filter wäre möglich, aber nur wenig sinnvoll, da sich der Einbruch abhängig vom Abstand und Winkel der Messposition verschiebt. Wieweit die kräftige Anhebung darunter für den Einsatz als Monitor erwünscht ist, sei einmal dahingestellt. Falls nicht gewünscht, lässt sich diese natürlich leicht durch einen entsprechenden EQ im Zuspielweg auch wieder kompensieren.
Im Datenblatt wird die Reevo 210 mit einem Abstrahlwinkel von 100 × 90° angegeben, was für eine Universalbox als üblicher Standard zu sehen ist. Die dazu ausgeführten Messungen auf dem Drehteller lieferten die Isobarenkurven aus Abb. 8 (horizontal) und Abb. 9 (vertikal). In der Horizontalen sind die ‑6dB Isobaren unterhalb von 2kHz etwas breiter als die nominellen 100° und oberhalb etwas schmaler, woraus sich je nach Betrachtungsweise die 100° ergeben.
In der Vertikalen schnüren sich die Isobaren bis 1kHz durch die mit zwei Tieftönern in dieser Ebene größere Strahlerfläche stärker ein, was sich in der Praxis meist als vorteilhaft darstellt. Oberhalb von 1kHz im Arbeitsbereich des Hochtöners beträgt der Abstrahlwinkel dann ca. 80°.
Zusätzlich gibt es in Abb. 10 noch das sogenannte Spinorama nach Floyd E. Toole, wo neben dem bekannten Frequenzgang auf Achse auch noch der über den typischen Hörbereich gemittelte Verlauf gezeigt wird. Die weiteren Kurven zeigen dann noch den gemittelten Verlauf über die Abstrahlrichtungen, die typischerweise für die ersten frühen Reflexionen verantwortlich sind und die Kurven gemittelt über alle Richtungen. Unabhängig vom nominellen Abstrahlwinkel ist es für die Kurven im Spinorama erstrebenswert, dass die Kurve für den typischen Hörbereich möglichst nahe am Frequenzgang auf Achse liegt und die anderen Kurven für die frühen Reflexionen und die Raumanregung insgesamt dazu parallel versetzt verlaufen, so dass es nicht zu frequenzselektiven Reflexionen oder Raumschallanteilen kommt.
Die Reevo 210 stellt sich im Spinorama mustergültig dar. In Listening Window (grüne Kurve) entspricht der Frequenzgang nahezu genau dem Verlauf On-Axis (blaue Kurve). Frühe Reflexionen (rote Kurve) und die diffusen Raumschallanteile (türkise Kurve) werden entsprechend leiser aber mit gleichem Verlauf im Vergleich zur On-Axis Kurve angeregt.
Für die Messungen zum Maximalpegel der Reevo 210 wurde zuerst das bekannte Verfahren mit Sinusbursts genutzt, bei dem für Frequenzen unterhalb von 300Hz mit 683ms langen Burst-Signalen gemessen wird und oberhalb von 300Hz mit 171ms langen Bursts. Bei tiefen Frequenzen bedarf es einer größeren Länge, um eine hinreichende Frequenzauflösung bei der Auswertung mit einer FFT zu erreichen. Ausgewertet werden bei dieser Messung die harmonischen Verzerrungen, für die Grenzwerte von maximal 3% und maximal 10% festgelegt wurden. Der bei diesen Verzerrungsgrenzwerten erreichte Schalldruckpegel bezogen auf 1m Entfernung im Freifeld für den Vollraum ergibt dann den finalen Messwert.
Wenngleich diese Messung, für die in der praktischen Anwendung erreichbaren Werte, nicht so aussagekräftig ist, eignet sie sich jedoch sehr gut, um Schwachstellen aufzuzeigen. Im Idealfall sollten die so gemessenen Kurven möglichst gleichmäßig verlaufen und keine größeren Einbrüche in ihrem Verlauf aufweisen.
Abb. 11 zeigt die mit dieser Messmethode erreichten SPL-Werte der Reevo 210. Die beiden 10″-Tieftöner erreichen schon bei 70Hz gute 112dB bei maximal 10% Verzerrungen. Die rote 10% Kurve steigt dann bis auf 122dB an, um dann zusammen mit der blauen 3%-Kurve weiter bis zur 130dB Linie zu steigen. Dort, wo beide Kurven zusammenfallen, wird der 10%-Wert nicht erreicht, da hier vorher schon ein Limiter eingreift. Zwischen 700Hz und 2kHz sinken die Kurven um ca. 10dB ab. Die Ursache liegt hier im schon bekannten Einbruch im Frequenzgang der Tieftöner, was sich zwar für den Frequenzgangschrieb durch die entsprechende Filterung ausgleichen lässt, bei der Maximalpegelmessung aber nicht zu verbergen ist. Ab 2kHz aufwärts bestimmt dann der Hochtöner allein das Geschehen und die 10%-Kurve kommt der 130-dB-Linie wieder nahe. Im Weiteren laufen die 10%- und die 3%-Kurve dann bis zu Messgrenze bei 10kHz mit 10dB Versatz, wie es typisch für k2-dominierte Verzerrungen bei Kompressionstreibern ist.
Die Abbildungen 12 und 13 zeigen die zweite Messreihe zum Thema Maximalpegel mit einem Multisinus, der eine spektrale Verteilung nach EIA-426B für ein mittleres Musiksignal (grüne Kurve in Abb. 13) und einen Crestfaktor von 12dB aufweist. Diese Art der Messung spiegelt somit einen sehr realistischen Belastungszustand wider. Der hier gemessene Verzerrungswert erfasst sowohl die mit diesem Signal entstehenden harmonischen Verzerrungen (THD) wie auch die Intermodulationsverzerrungen (IMD). Beides zusammen wird auch als Total Distortions TD = THD + IMD bezeichnet.
Als Abbruchkriterium kann neben einem Grenzwert für den TD-Wert bei dieser Messung auch die Signalkompression ausgewertet werden. Man startet dazu die Messreihe zunächst mit einem geringen Pegel im linearen Arbeitsbereich des Lautsprechers, bei dem noch keine Signalkompression auftritt. Von diesem Wert ausgehend wird der Pegel dann in 1-dB-Schritten erhöht. Irgendwann folgt der Lautsprecher diesen Pegelerhöhungen entweder breitbandig oder auch nur in einzelnen Frequenzbändern nicht mehr. Als Grenzwerte für die dann auftretende Signalkompression wurde definiert, dass die Pegelverluste breitbandig nicht mehr als 2dB betragen dürfen und in einzelnen Frequenzbändern nicht mehr als 3dB.
Die Begriffe Signalkompression oder Powercompression mögen an dieser Stelle etwas verwirrend wirken, da sie sonst im Zusammenhang mit thermischen Effekten bei Lautsprecher verwendet werden. Diese werden bei der Multitonmessung selbstverständlich auch erfasst, aber zusätzlich auch noch diverse andere Effekte wie Limiter, Begrenzung durch die Endstufen oder Netzteile und vieles mehr. Alternativ könnte man daher auch von „Abweichungen vom linearen Verhalten“ oder „Nichtlinearitäten“ sprechen.
Für die Kurven aus Abb. 12 wurde die Messreihe im linearen Arbeitsbereich des Lautsprechers bei einem Eingangspegel der Endstufe von -13dBu und einem auf 1m bezogenen Schalldruck von 107,8dB gestartet und dann in 1-dB-Schritten gesteigert. Der Grenzwert von mehr als 2dB Abweichung wurde dann bei -2dBu Eingangspegel überschritten (orange Kurve in Abb. 12). Zur Auswertung kam somit die Messung mit -3dBu Eingangspegel (grüne Kurve in Abb. 12). Der dabei gemessene Pegel bezogen auf 1m betrug 116,3dB. Rein rechnerisch betrachtet hätte man 117,8dB erwartet. Der Spitzenpegel bei dieser Messung für eine Reevo 210 betrug 128,6dB. Die Gesamtverzerrungen lagen bei -19dB (11%) und damit auch schon knapp über dem Grenzwert von ‑20dB. Abb. 13 zeigt die Spektren dieser Messung mit dem Anregungssignal (grün), dem gemessen Schalldruck und den daraus extrahierten Verzerrungsanteilen(blau) mit einzelnen Frequenzlinien und in 1/6 Oktav Bandbreite aufsummiert. Der im Datenblatt angegeben Peak-Maximalpegel liegt ca. 4dB höher als unser Messwert, ohne jedoch eine Angabe über die Messmethode und das verwendete Messsignal zu machen. Bei einer Messung mit einem Pinknoise-Signal wären so z.B. durch den höheren Signalanteil für den Hochtöner auch merklich höhere Schalldruckwerte zu erwarten.
Zwei Aussagen lassen sich aus der Multitonmessung ableiten: Die Kurven aus Abb. 12 zeigen, dass bei dieser Art Signal die Tieftöner zuerst an ihre Grenze stoßen. Ein solches Verhalten ist bei Lautsprechern diese Kategorie typisch, da der Hochtöner durch seine höhere Sensitivity meist mehr Reserven aufweist als der oder die Tieftöner. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Tieftöner auch noch auf eine kräftige Basswiedergabe hin getrimmt sind, so wie es hier der Fall ist. In Kombination mit einem Subwoofer kann man daher durch die Entlastung der Tieftöner noch einige dB als Reserven wecken.
Der Hörtest fand wie hier wegen der standardisierten und sehr analytischen Bedingungen üblich mit einem kleinen Stereo-Setup im reflexionsarmen Raum statt. Die beiden Reevos befanden sich dazu auf Stativen in Ohrhöhe. Die Zuspielung erfolgte direkt vom PC über ein RME Multiface auf analogem Wege. Es befanden sich keine weiteren Geräte im Signalweg. Der sich so einstellende Höreindruck war spontan ausgeglichen, neutral und räumlich gut abgebildet. Beides lässt sich im reflexionsarmen Raum gut beurteilen, da hier keine Einflüsse aus dem Raum vorhanden sind. Überraschend hoch waren auch die in Relation zu den kompakten Abmessungen der Box erreichbaren Pegel. Bei höheren Lautstärken und basslastigem Material erschien die kräftige Bassanhebung um 80Hz jedoch manchmal als etwas zu heftig und brachte die Box damit an ihre Grenzen. wo dann auch Geräusche aus den Bassreflex-Ports hörbar wurden.
Mit der Reevo 210 bringt dBTechnologies einen sehr kompakten, aktiven Beschallungslautsprecher auf den Markt, der mit der Doppel-10″-Bestückung und einem ausgefeilten Gehäusedesign mit Phaseplugs alles aus der gegebenen Bestückung herausholt. Dazu trägt auch das hauseigene Elektronikmodul DigiPro G2 mit zwei kräftigen Class-D-Endstufen und DSP inkl. FIR-Filtern bei, womit die Treiber gut kontrolliert voll ausgelastet werden können. Der bei den Messwerten genannte Kritikpunkt einer Pegelschwäche um 1kHz relativiert sich insofern, als dass man für eine 2 × 10″-Box als Direktstrahler mit einem erreichbaren Maximalpegel von 128,6dB Peak kaum von einer echten Schwäche sprechen kann. Die Ausstattung und Verarbeitung der Reevo 210 ist professionell und solide und entspricht dem von anderen dBTechnologies-Produkten bekannt hohen Niveau. Umso erfreulich, dass es die Reevo bereits für einen UVP inkl. MwSt. von 1.189€ gibt.