AJA startete 2022 mit dem Helo Plus in eine neue Generation Streaming-Encoder. Der Nachfolger des erfolgreichen Helo erhält mit einem Firmwareupdate auf v.2.0 neue Erweiterungen und optionale Funktionen.
Mitten im Streaming-Boom erfuhr der kleine Encoder AJA Helo seinen zweiten Frühling. In PRODUCTION PARTNER 4/2020 widmeten wir uns ihm in einem ausführlichen Test: In dessen Fazit ersehnten wir einen Nachfolger, da die Firmware-Updates an die Grenzen ihrer Hardware stießen. Zwei Jahre später folgte mit dem Helo Plus der gewünschte Sukzessor. Kurz vor der ersten großen Softwareverbesserung auf Version 2.0 sahen wir einen guten Zeitpunkt, die neue Generation des Streaming-Encoders einem Test zu unterziehen.
Im Lieferumfang sind das Netzteil, ein USB-Kabel für die Erstkonfiguration sowie rutschfeste Gummifüße für die Unterseite enthalten. Mit seinem kompakten Formfaktor und dem mitgelieferten Karton ist das Gerät bereits für den mobilen Einsatz geeignet und kann auch mal schnell im Rucksack mitgenommen werden.
Wie auch schon sein Vorgänger bietet der Helo Plus einen HDMI Ein- und Ausgang sowie einen SDI-Ein- und Ausgang, über welchen Bildsignale eingespielt und durchgeschliffen werden können. Der 1-Gbit-LAN-Anschluss ist für die Bedienung des Helo Plus sowie zum Streamen und Aufnehmen ins Netzwerk bestimmt. Zusätzlich befindet sich auf der Rückseite ein 3,5-mm-Klinkenanschluss, welcher auch als Audioeingang genutzt werden kann, wenn der Ton nicht embedded mit dem SDI- oder HDMI-Signal übertragen wird bzw. analoges Audio übertragen werden soll. Der Ton kann über den Audio-Out auch abgehört oder weiterverteilt werden.
Der Helo Plus besitzt eine passive Kühlung und ist deshalb im laufenden Betrieb nicht hörbar.
Nach Installation der Einrichtungssoftware eMini-Setup, welche auf der Webseite des Herstellers heruntergeladen werden muss, beginnt die Ersteinrichtung des Gerätes. Die AJA eMini-Setup Software steht für Windows und Mac zur Verfügung.
Über die Konfigurationssoftware müssen die Netzwerkinformationen des Gerätes auf die Netzwerkumgebung angepasst werden. Zusätzlich kann über die Software die neuste Firmware auf das Gerät gespielt werden, welche zuvor auf der Webseite des Herstellers heruntergeladen werden muss. Für unseren Test haben wir das Gerät mit Version 1.0.3.5-16r betrieben.
Nach dem Konfigurieren der Netzwerkdaten kann auf das Gerät via Netzwerk zugegriffen werden. Über das Webinterface werden alle Einstellungen am Helo Plus gesetzt. Im Folgenden werden wir uns einige Beispielkonfigurationen für einen Streaming Event ansehen.
Auf der Config Page werden die Grundeinstellungen zu den Video- und Audioquellen gesetzt. Des Weiteren wird definiert, ob das Gerät im Falle eines Signalabbruchs Test-Pattern einspielt oder das Streaming stoppen soll. Hier kann auch eingestellt werden, ob der Helo Plus direkt nach dem Einschalten aufnehmen oder streamen oder beide Aktionen zugleich ausführen soll. Diese Option kann für Schulen oder Universitäten interessant sein, in denen der Strom per Schlüsselschalter ein- und ausgeschaltet wird.
Der Helo Plus verfügt über zwei separat definierbare Encoder, um verschiedene Videoformate auszuspielen. Diese können in den Encoder-Einstellungen entweder über die bereits voreingestellten Templates ausgewählt oder manuell (Bitrate, GOP-Länge, Bildrate, Bildgeometrie, B-Frame-Kadenz) beliebig definiert werden.
In den Streaming-Output-Einstellungen werden die Parameter für den Streaming-Server gesetzt. Hierfür stehen alle gängigen Protokolle zur Verfügung. Eine vorgefertigte Profilauswahl wie bei anderen Herstellern für z. B. Youtube oder Facebook existiert nicht. Die Informationen hierzu können jedoch ersichtlich in dem Handbuch zu Helo Plus nachgelesen werden, in der es auch einige Tipps zu allen gängigen Streaming-Plattformen und Softwareanbietern wie vMix oder OBS gibt.
Nachdem alle Parameter für das Streaming gesetzt worden sind, werden die Schnellzugrifftasten auf der Vorderseite aktiv. Über diese können Streaming und Recording mit einem Knopfdruck aktiviert werden. Als neues Ad-On befindet sich auf der Vorderseite ein Levelmeter, über das jederzeit der Pegel des Audioeingangs ersichtlich wird.
Beim Recording gibt es wie beim Vorgänger die Möglichkeit, auf zwei unabhängigen Medien aufzunehmen. Hierbei kann jedoch nur ein Encoder aus der Konfiguration ausgewählt werden, den beide Quellen nutzen. Es entsteht somit ein redundantes Recording. Bei unserem Test sind das Gehäuse sowie der angeschlossene USB-Stick sehr warm geworden, Performanc-Einbußen waren dadurch jedoch nicht zu verzeichnen.
Gerade in der Festinstallation hat sich die integrierte Kalenderfunktion bewährt. Hier können direkt durch Termineintragungen Zeitslots definiert werden, in denen der Helo Plus aufnimmt oder streamt oder gar beides tut. So könnte bei einer Installation in Schulen oder Universitäten über den Remote-Kalender Stundenpläne und Vorlesungen direkt automatisiert angepasst werden. Denkbar wäre eine Verknüpfung mit dem zentralen Raumbuchungssystem, sodass das Gerät bei Stattfinden einer Veranstaltung in einem Audimax die Veranstaltung streamt oder aufzeichnet.
Dass der Helo Plus auch für größere Produktionen eingesetzt werden kann, bewirkt unter anderem seine Gruppenfunktionalität. Somit besteht die Möglichkeit, mehrere Helo Plus, die sich in einem Netzwerk befinden, zu einer Gruppe zusammenzuschließen. Ein Gerät in der Gruppe kann als Lead-Gerät definiert werden, um z. B. ein zentrales Trigger-Signal für den Start eines Streamings herauszugeben. Diese Funktion ist nützlich, wenn mehrere Helo Plus mit verschieden embeddeten Audiosignalen per SDI gleichzeitig auf Sendung gehen sollen. Als Lead-Gerät kann aber z.B. auch ein Ki Pro von AJA definiert werden, der mit drücken der Aufnahmetaste das Streaming am Helo Plus auslöst.
Über den Menüpunkt Presets bietet der Helo Plus die Möglichkeit, insgesamt 20 Konfigurationsprofile zu speichern. Darunter fallen die Einstellungen für das Streaming und die Encoder-Einstellungen sowie verwendete Layouts und Grafiken. Somit können z. B. kunden- oder locationspezifische Konfigurationen für das Streamen und Aufzeichnen abgerufen werden.
Ein besonderes Feature des Helo Plus ist die Möglichkeit, Layouts zu gestalten. Dies ermöglicht, über die beiden Eingangskanäle SDI und HDMI das Programmbild in unterschiedliche Anordnungen zu arrangieren. Über den Menüpunkt Pre-Show können nun zehn verschiedene Layouts für die Übertragung erstellt werden. Somit entsteht die Möglichkeit, ein Bild mit dem Sendelogo als Hintergrund zu setzen oder HDMI- und SDI-Eingänge als PIP darzustellen.
In unserem Test haben wir am SDI-Eingang einen Laptop über einen HDMI-SDI Wandler angeschlossen, um ein Kamerabild zu simulieren. Als erstes Beispiel testen wir eine Layoutansicht mit Grafik als oberste Ebene, um das Senderlogo im Hintergrund darzustellen. In der Hierarchie wird als nächstes der SDI-Eingang im Vollbildmodus definiert, um das Bild zu füllen. Für den Test wurde das fertige Programmbild einmal an die Streamingplatform Youtube gesendet und einmal an die RTMP-Serverplattform „rtmp-server.com“. Der Helo Plus bietet aber noch mehr Möglichkeiten, als nur ein Programmbild einzubauen. Insgesamt können bis zu 20 Grafiken als Bild im PNG-Format auf dem Gerät abgespeichert werden. Durch diese Option können z. B. auch Grafiken mit dem Sprechernamen als Bauchbinde vorbereitet und hinterlegt werden.
Ein weiteres Anwendungsbeispiel für Layouts wäre die Erstellung einer PIP-Situation, z.B. um Redner in eine Powerpoint-Präsentation einzublenden. Die einzelnen Positionen sowie Darstellungsgrößen der Layoutebenen können frei definiert und angepasst werden.
Sobald man On-Air gegangen ist und der Helo Plus ein Streaming-Bild sendet, kann man über die Menüfunktion Shotbox das Programmbild aus den zehn selbst erstellten Layouts abrufen. Durch dieses Feature wird der Helo Plus zu einem kleinen Bildmixer, wozu meistens noch ein Extragerät auf Produktionen installiert werden müsste. Das Abrufen der Layouts kann auch über Companion erfolgen, womit das StreamDeck zum kleinen Bildmischer wird. Wichtig zu wissen ist dabei, dass sobald das Streaming mit dem Gerät gestartet worden ist, eine aktive Veränderung an bestehenden Layouts nicht mehr möglich ist. Hierzu muss das Streaming erst beendet werden, dann gibt der Helo Plus die Layoutbearbeitung wieder frei.
Ein denkbares Szenario wäre auch, dass der Helo Plus als externe Grafikkarte für SDI-Quellen fungiert und diese dann über Netzwerk RTSP Stream an die Open Broadcast Software (OBS) sendet. Gleiches funktioniert auch mit der weit verbreitet genutzten Software vMix.
Der Helo Plus ist das richtige Gerät, wenn es um Streaming aus einer kompakten Box geht. Durch seinen großen Funktionsumfang kann der Helo Plus für kleinere Setups wie ein Konferenzstreaming oder einer Liveschaltung bei einem Kongress eingesetzt werden. Mit der integrierten Kalenderfunktion ist ein Einsatz in Festinstallationen im Hörsaal auch gut durchführbar. Dass das kleine Gerät auch im großen Kontext für Broadcast-Anwendungen eingesetzt werden kann, zeigt sich unter anderem durch die eingebaute Gruppenfunktionalität. Mit der eingebauten Layoutfunktion können PIP oder Bauchbinden schnell mit Bordmitteln realisiert werden.
Wer eine sehr einfach zu bedienende Lösung sucht, welche auch fest installiert werden kann, macht mit dem Helo Plus von AJA einen guten Fang. AJA gewährt auf das Gerät drei Jahre Garantie.
Spannend dürfte auch die Weiterentwicklung dieses Produktes sein. Wie das neue Firmwareupdate zeigt, pflegt und implementiert AJA weitere Optionen in die kleine Box, was für Produktionen das ein oder andere zusätzliche Gerät ersetzen könnte.
AJA hat im April 2023 auf der NAB Show eine neue Firmware für den Helo Plus angekündigt. Hierbei sind vor allem die Rückmeldungen und Wünsche der User berücksichtigt worden. Neben diversen Verbesserungen bietet AJA mit Version 2.0 nun ein Lizenzmodell für Zusatzoptionen an. Eine dieser Lizenzen ist die Option „PlayToStream“. Über diese Lizenz haben Benutzer die Möglichkeit, Aufzeichnungen über den Helo Plus zu streamen. Eine Veranstaltung kann also während der Durchführung mit dem Helo Plus aufgezeichnet werden und danach automatisiert oder über einen Zeitplan gestreamt werden. Außerdem ist eine Multichannel-Audiolizenz erhältlich, worüber verschiedene Audiokanäle über den Helo Plus gestreamt werden können. Dadurch wird es mit dem Gerät möglich, z.B. auf einer Sportproduktion das selbe Kamerabild mit deutschen und gleichzeitig einem englischen Kommentar zu streamen und aufzuzeichnen. Von den im SDI-Stream verfügbaren acht Stereokanälen können zwei gewünschte ausgewählt und dem Ausgangssignal zugeordnet werden. Die beiden Paare lassen sich über das VU-Meter im Webinterface monitoren.
Das Update wurde kurz vor Redaktionsschluss veröffentlicht. Der Preis für die „PlaytoStream“-Lizenz liegt bei 199 US-Dollar, der Preis für die Multi-Channel Audio Option ist mit 99 USD angegeben. Für das leichte Verschrauben im Rack wird zusätzlich ein 1 HE Rackmount mit Platz für zwei Helo Plus erhältlich sein.
Zu den kostenlosen Verbesserungen in Version 2 gehören u.a. Support für Facebook Live per integrierter Benutzerauthentifizierung, VU-Meter in der Weboberfläche für beide Inputkanäle, unabhängige Overlays für SDI- und HDMI-Outpus (u.a. Timecode, Recordingstatus, Quelle … ), JPG- und PNG-Support für Testbilder sowie Verbesserungen der Nutzeroberfläche für eine intuitivere Bedienung.