Der großzügig ausgestattete ASC48 bietet mit vier Eingängen und acht Ausgängen – analog, AES3, Dante – reichlich Möglichkeiten der Anbindung in Beschallungsanlagen aller Art. Vor allem für den Einsatz als Lautsprecher-Controller stellt der ASC48 einen großen Funktionsumfang bereit, zu dessen Konfiguration und Bedienung die zugehörige System Engineer Software uns jetzt in der Version 8 zur Verfügung stand.
(Bild: Anselm Goertz)
Linea Research ist durch seine Verstärker der gehobenen Leistungsklasse bekannt. Schon seit einigen Jahren werden sie auch als OEM-Produkte für diverse Lautsprecherhersteller produziert. Entwicklung und Produktion der Geräte geschehen vollständig in England.
Anzeige
Das in den Verstärkern integrierte Signalprocessing ist auch in dem separaten DSP-System ASC48 erhältlich, so dass es auch mit anderen Endstufen oder aktiven Lautsprechern als Systemcontroller eingesetzt werden kann. Erhältlich ist der ASC48 in zwei Ausstattungen – mit oder ohne Dante-Interface. Der zum Test gestellte ASC48 war zwar noch ohne Dante-Interface, da man auch bei Linea Research vom zeitweisen Mangel der Dante-Boards betroffen war. Für die Messungen stellte das jedoch keine Einschränkung dar, da alle Ein- und Ausgänge in digitaler Form ja auch im AES3-Format vorliegen.
Sind Stand Alone Controller überhaupt noch zeitgemäß? Fast jede Endstufe hat eine DSP-Funktionalität integriert, oder es kommen direkt aktive Lautsprecher zum Einsatz, die ebenfalls meist über einen eigenen DSP verfügen.
Mögliche Einsatzbereiche gibt es trotzdem reichlich. Es sind noch immer viele aktuelle und schon im Gebrauch befindliche Endstufen im Umlauf, die über kein eigenes oder ein nur unzureichendes Processing verfügen. In größeren Anlagen bedarf es auch häufiger eines zentralen DSP-Systems zur Konfiguration einzelner Bereiche wie Side- und Frontfills oder Delays. Speziell für letztere bietet sich der ASC48 an, da er über seine digitalen Schnittstellen verlustfrei in größere Anlagen oder Netzwerke integriert werden kann.
Den Funktionsumfang des ASC48 zeigt das Blockschaltbild des internen Routings und Processings in Abb. 1 an. Für die vier Eingänge kann die Art der Signalzuspielung separat ausgewählt und im Pegel zueinander angepasst werden. Eine Fallback-Funktion gibt es ebenfalls, die, falls kein Dante-Stream vorhanden ist, automatisch auf AES3 oder analog umschaltet. Die vier Eingänge können danach in der Matrix beliebig auf die vier Eingangswege im DSP gemischt werden, in denen ein reichhaltiges Processing mit Hochpassfiltern, je zwei Low-Shelfs, sechs Bell-Filtern und einem FIR-basierten Highshelf folgen.
Die acht Ausgangskanäle können sich anschließend ihr Signal beliebig aus einem der vier Eingangswege holen. In den Ausgängen folgt dann ebenfalls wieder ein reichhaltiges Signalprocessing mit diversen Filtern, X-Over-Funktionen und Limitern. Das Signal der Ausgangskanäle kann analog, über AES3 oder Dante ausgespielt werden. Die Auswahl zwischen analog und AES3 erfolgt dabei immer paarweise. Der Dante-Stream ist davon unberührt und immer für alle acht Ausgänge vorhanden. Hier gibt es zusätzlich noch die Möglichkeit, das Signal für den Dante-Stream individuell für benachbarte Kanäle an verschiedenen Punkten im Signalfluss abzugreifen. Alles in allem somit eine sehr flexible Struktur, die sich für diverse Aufgaben in der Beschallungstechnik gut nutzen lässt.
Digitale Geräte in der Audiotechnik haben heute einen sehr hohen Standard erreicht, der speziell in der gehobenen Preisklasse eine Grundvoraussetzung für deren Akzeptanz ist. Möglich wurde das durch entsprechend hochwertige A/D- und D/A-Umsetzer sowie leistungsfähige DSPs. Bei letzterem sind die Shar-Prozessoren von Analog Devices der weit verbreitete Goldstandard. Mit dem ADSP-21489, einem Sharc der vierten Generation, findet sich einer der leistungsfähigsten Vertreter dieser Baureihe auch im ASC48. Bei den A/D-D/A-Umsetzern setzt man bei Linea Research auf Chips von TI, respektive BurrBrown. Zum Einsatz kommen vierkanalige PCM4204 als AD-Umsetzer und PCM4104 als D/A-Umsetzer.
Auf der Eingangsseite gibt es zwei vierkanalige ADCs für nur vier Eingänge, sodass je zwei ADCs im Parallelbetrieb zusammenarbeiten, womit sich ein Gewinn im S/N von 3dB erzielen lässt. Der gestackte Modus von zwei ADCs würde einen noch deutlich größeren Gewinn im S/N bringen, wäre jedoch komplizierter in der Umsetzung. Das Thema S/N der analogen Eingänge verliert zudem zunehmend an Bedeutung, da die Signalzuspielung heute fast immer digital erfolgt. Schauen wir uns dazu jetzt die Messwerte des ASC48 an.
A/D- und D/A-Umsetzer können hier dank der digitalen Ein- und Ausgänge separat gemessen werden. Die Messungen der Frequenzgänge sind nicht explizit abgebildet, da die Kurven über den gesamten Messbereich von 5Hz bis 44kHz perfekt gerade verlaufen und keine weiteren Informationen liefern. Gleiches gilt für die Störspektren der ADCs und DACs, die nur gleich verteiltes weißes Rauschen auf niedrigem Niveau und ohne monofrequente Anteile zeigen. In Zahlenwerte ausgedrückt wurde für die ADCs ein Störpegel von 118,5dBFS bzw. von 120,8dBFS(A) mit A-Bewertung gemessen. An den analogen Ausgängen waren es -97dBu bzw. -99,3dBu(A), die in Relation zu einem maximalen Ausgangspegel von +18dBu stehen. Ein S/N von knappen 121dB auf der Eingangsseite und 118dB am Ausgang entsprechen dem Standard bei hochwertigen Geräten.
Die Kurven THD und THD+N bei 1kHz aus Abb. 2 und 4 stellen dem ASC48 ebenfalls sehr gute Noten aus. Die Kurven in Abhängigkeit vom Pegel fallen in beiden Fällen mit ihrem Minimum deutlich unter die -100dB Linie und liegen auch direkt an der Clipgrenze noch bei -95dB. Die zugehörigen Spektren, jeweils 6dB unter Vollaussteuerung gemessen, bestätigen die Ergebnisse, zeigen jedoch eine leichte Dominanz von k3 bzw. k5, die nicht ganz so schön ist, in dieser Größenordnung jedoch keine relevante Rolle spielt.
Bild: Anselm Goertz
THD und THD+N zweier exemplarischer Eingänge des ASC48: Der THD fällt bis auf sehr gute -110dB und liegt auch direkt vor der Clip-Grenze noch bei -96dB. (Abb. 2)
Bild: Anselm Goertz
Klirrspektrum zweier exemplarischer Eingänge des ASC48 bei 1kHz und +14dBu (entsprechend -6dBFS) Eingangspegel. Optisch etwas unschön fällt die k5-Linie auf, die jedoch mit einem Wert von unter -110dBFS belanglos ist. (Abb. 3)
Bild: Anselm Goertz
THD und THD+N zweier exemplarischer Ausgänge des ASC48, bei der Messung war ein Gain von +3dB auf der digitalen Seite eingestellt. (Abb. 4)
Bild: Anselm Goertz
Klirrspektrum zweier exemplarischer Ausgänge des ASC48 bei 1kHz und +12dBu (entsprechend -6dBFS) Ausgangspegel. k3 sticht mit -93dB etwas hervor, bleibt aber absolut betrachtet völlig unkritisch. (Abb. 5)
Bild: Anselm Goertz
DIM100 vom analogen Eingang zum analogen Ausgang: Mit Werten unter -90dB fällt das Ergebnis sehr gut aus. (Abb. 6)
Die Messung der transienten Intermodulationsverzerrungen (DIM) erfolgte vom analogen Eingang zum analogen Ausgang, da das APx555 die Messung über die digitalen Ausgänge nicht ermöglicht. Die Eingangs- und Ausgangsseite separat zu betrachten ist hier auch nicht unbedingt notwendig, da die Ergebnisse aus Abb. 6 mit -95dB im Minimum und -90dB an der Clipgrenze extrem gut ausfallen und somit der Nachweis für beide Seite erbracht ist.
Der ASC48 arbeitet in der Breite mit klassischen IIR-Filtern und an einigen speziellen Stellen auch mit FIR-Filtern. Der grundsätzliche Unterschied zwischen diesen beiden Filtertypen besteht darin, dass IIR-Filter mit einer rekursiven Struktur arbeiten und daher eine zumindest theoretisch unendliche Impulsantwort haben können, woraus sich auch die Bezeichnung IIR für „infinite impulse response“ ableitet. IIR-Filter bilden analoge Filter weitgehend nach und haben daher auch einen fest definierten Zusammenhang zwischen Amplitudenverlauf und Phasengang, dem sogenannten minimalphasigen Anteil. IIR-Filter können mit vergleichsweise wenig Rechenleistung umgesetzt werden, wobei es zu beachten gilt, dass keine Verzerrungen durch Rundungsfehler bei der Berechnung entstehen. Letzteres ist aber nur bei Festkomma-DSPs mit geringer Wortbreite ein Problem. Die Sharc-DSP arbeiten mit einer Floating-Point-Architektur, wo es dieses Problem nicht gibt.
FIR-Filter haben dagegen keine Rückkopplungszweige und liefern somit auch eine in der Länge klar begrenzte Impulsantwort, die dem Filter auch seinen Namen FIR für “finite impulse response” gibt. Die Länge der Impulsantwort berechnet sich aus der Anzahl der Koeffizienten (Taps) und der Abtastrate. Ein FIR-Filter mit 4096 Taps bei 48kHz Abtastrate hat somit eine Impulsantwort mit einer Länge von 85ms. Interessant für die Audiotechnik werden die FIR-Filter durch ihre Eigenschaft Amplitude und Phase unabhängig voneinander definieren zu können. So lässt sich mit einem FIR-Filter z.B. ein perfekt phasenlineares Filter erzeugen oder auch ein Lautsprecher in Amplitude und Phase entzerren. Soll das Filter für sich betrachtet linearphasig sein, dann muss die Impulsantwort symmetrisch sein, aber auch nur dann. Das bedeutet, die durch das Filter entstehenden Latenz entspricht der halben Länge der Impulsantwort. Für das vorab genannte Beispiel wären das 42ms. Genau dieser Zusammenhang hat zu Unrecht dafür gesorgt, dass FIR-Filtern nachgesagt wird, grundsätzlich eine lange Latenz zu erzeugen, was aber nur für komplett linearphasige Filter gilt. FIR-Filter zur Entzerrung eines Lautsprechers können so zwar eine Länge von 85ms haben aber nur eine Latenz von 5ms erzeugen, womit sich die meisten Lautsprecher schon ab 100Hz aufwärts zu einem linearphasigen Gesamtsystem entzerren lassen.
Bell-Filter sind der Standard bei den parametrischen EQs. Im Linea Research DSP gibt es davon in jedem der vier Eingangszweige je sechs sowie je ein High- und zwei Lowshelf Filter. In den Ausgängen sind es dann noch mal je acht Bell-Filter und auch wieder je ein High- und Lowshelf Filter. Für die Abstimmung eines Mehrwegesystems werden zunächst die Filter in den Ausgängen gesetzt, um die einzelnen Wege zu entzerren und auf einen Wunschfrequenzgang zu trimmen. Danach werden die Pegel und Delays, respektive Phasengänge der benachbarten Wege zueinander angepasst. Im nächsten Schritt können dann die X-Over Filter, also Hoch- und Tiefpässe gesetzt werden. Danach ist der Lautsprecher in sich abgestimmt. Möchte man jetzt noch am Gesamtfrequenzgang Änderungen vornehmen, dann muss dieses zwingend in den Eingängen passieren, wo dann deren Filterblock benötigt wird. Würde man diese Filter in den Ausgängen setzen, dann würde das vorher schon im Ganzen abgestimmte System wieder durcheinandergeraten, oder man müsste die Filter mehrfach in allen Ausgängen setzen.
Der Einstellbereich der Bell-Filter ist ebenso wie für alle anderen Filter sehr weit gefasst und reicht von 10Hz bis 25,6kHz bei einem Gain von maximal ±15dB. Die Breite der Bell-Filter kann als Bandbreite BW in Oktaven oder als Güte Q eingestellt werden.
Für herkömmliche IIR-Filter, wie sie für Bell- und Shelfs genutzt werden, gibt es das bekannte Problem der Kurvenverzerrungen nahe der halben Abtastrate. Wichtig ist es hier zu unterscheiden, dass es sich nicht um Signalverzerrungen im eigentlichen Sinne handelt, sondern lediglich um eine Verzerrung der Filterkurve. Das Filter wird dadurch nicht besser oder schlechter, sondern einfach nur anders in seiner Charakteristik. Für IIR-Filter kann das bedeutet, sie weichen von ihrem analogen Pendant ab und klingen anders oder ungewohnt. Dieses Verhalten kann jedoch auf verschiedene Arten umgangen bzw. gemindert werden. Man kann die Abtastrate erhöhen, sodass der Effekt erst außerhalb des Hörbereiches auftritt, oder man kann den Filterverlauf kompensieren. Letzteres ist nur bis kurz vor der halben Abtastrate möglich. Für den ASC48 ist dieses Thema deshalb nicht relevant, weil es bei einer Abtastrate von 96kHz erst bei 48kHz auftritt und somit der hörbare Frequenzbereich nicht betroffen ist.
Definiert ist die Bandbreite eines Bell-Filters als Abstand der beiden -3dB Eckfrequenzen wie in Abb. 8 dargestellt. Die Güte Q berechnet sich daraus als f0/(f2-f1). Möchte man Bandbreite BW und Güte Q direkt ineinander umrechnen, dann gelingt das mit den beiden folgenden Formeln.
Shelf-Filter, auch Kuhschwanz-Filter genannt, werden gerne zur Anpassung von Lautsprecher-Arrays oder Cluster genutzt, um die akustische Kopplung bei tiefen Frequenzen zu kompensieren, oder auch um klangliche Korrekturen vorzunehmen. Definiert werden die Shelf-Filter über Gain, Frequenz und Steigung. Die Steigung kann im ASC48 zwischen 6 und 12dB in 1-dB-Schritten eingestellt werden. Abb. 10 zeigt für ein Low-Shelf-Filter den Verlauf abhängig von der Steigung bei einer Eckfrequenz von 1kHz.
Zusätzlich zu den üblichen IIR-Shelfs gibt es in den Eingangszügen des DSP auch noch FIR High-Shelf Filter. Hier gilt das gleiche wie auch für alle anderen Filter, dass man das Filter, wenn es als FIR-Filter ausgeführt wird, linearphasig gestalten kann. Wird ein solches Filter in einem der Eingänge aktiviert, dann entsteht daraus eine kleine Latenz von 0,4ms mit der dann auch alle anderen Eingangswege beaufschlagt werden, womit das System in sich passend abgestimmt bleibt.
Abb. 11 zeigt die Frequenzgänge der FIR-Shelfs, die im Vergleich zu den IIR-Shelfs mit 12dB Steigung keinen erkennbaren Unterschied im Frequenzgang zeigen. Daher stellt sich die Frage, warum gibt es dann die FIR-Shelfs überhaupt? Line-Array Nutzer werden die Antwort schnell parat haben. Ist das Line-Array über den Verlauf von oben nach unten zunehmend gekrümmt (gecurvt), dann wird für die oberen Elemente manchmal eine andere Filterung im Hochtonbereich benötigt als für die unteren. Typischerweise setzt man dafür High-Shelf Filter ein. Man könnte sich z.B. vorstellen, dass ein Line-Array mit 16 Einheiten in vier Blöcken zu je vier Boxen betrieben wird und diese mit unterschiedlichen Shelfs belegt werden sollen. Sind diese als IIR-Filter ausgeführt, dann würden die unterschiedlichen Shelfs, unabhängig davon, ob nur im Gain oder nur in der Frequenz oder in beidem unterschiedlich, auch unterschiedliche Phasengänge mit sich bringen. Die kohärente Wellenfront aus dem Line-Array würde damit gestört werden und somit auch die Wirkungsweise des Line-Arrays.
Eine eher wenig beachtete Art des IIR-Filters sind Allpass-Filter. Allpässe zeigen, wie es der Name schon andeutet, im Frequenzgang keine Auswirkung. Der Verlauf der Kurve ist unverändert linear. Veränderungen gibt es jedoch im Phasengang, wo sich je nach Ordnung des Filters 180° oder 360° Phasendrehung um die eingestellte Frequenz einstellen. Genutzt werden Allpass-Filter z.B. zur Phasenanpassung in Mehrwegesystemen. In welchem Frequenzbereich sich die Phasendrehung abspielt, wird über die Filtergüte oder Bandbreite definiert.
Als X-Over-Filter werden seit langem die bekannten Filtertypen Bessel, Butterworth und Linkwitz-Riley genutzt. Typisch sind Linkwitz-Riley-Filter für die Trennungen zwischen Mittel- und Hochtönern und Butterworth-Filter bei der Ankopplung von Subwoofern. BW bietet ein konstantes Schallleistungsspektrum und LR einen konstanten Pegelverlauf. Bessel-Filter werden eher selten genutzt, sind aber trotzdem in fast jeder Auswahl zu finden. Eine Spezialität von Linea Research sind die sogenannten Hardman-Filter, die ein ähnliches Verhalten wie LR-Filter zeigen, verbunden mit einer größeren Anfangssteilheit. Im weiteren Verlauf, entfernt von der Trennfrequenz, ist der Verlauf dann weniger steil als der eines LR-Filters vergleichbarer Ordnung.
Bild: Anselm Goertz
Linkwitz-Riley Filter 2., 4. und 8. Ordnung mit Flankensteilheiten von 12, 24 und 48dB/Oct. (Abb. 13)
Bild: Anselm Goertz
Butterworth Filter 2., 4., 6. und 8. Ordnung mit Flankensteilheiten von 12, 24, 36 und 48dB/Oct. (Abb. 14)
Bild: Anselm Goertz
Hardman-Filter 4. und 8. Ordnung (Abb. 15)
Die Grafiken in den Abb.13 bis 15 mit den Frequenzgängen zeigen dazu Beispiele für LR-, BW- und Hardman Filter 2. 4. und 8. Ordnung. Filter 8. Ordnung sind jedoch eher unüblich und sollten nur dann eingesetzt werden, wenn die Treiber diese extreme Steilheit unbedingt erfordern. Die damit einhergehende starke Phasendrehung von 720° in einem schmalen Frequenzbereich verursacht entsprechende Gruppenlaufzeitverzerrungen, die, wie Hörversuche ergeben haben, schon wahrnehmbar sind.
Bei Linea Research setzt man auf eine leicht abgewandelte Art von FIR-Filtern und nennt diese „LIR-Filter“ für „Linear Impulse Response“. Als Vorzüge gegenüber herkömmlichen FIR-Filtern werden eine geringere Latenz und das Vermeiden des sogenannten Pre-Ringing (Vor-Echo) genannt.
Drei Beispiele für LIR X-Over bei 100Hz, 1kHz und 10kHz zeigt Abb. 16. Die Steilheit der Filter liegt bei ca. 24dB/Oct. und entspricht somit ungefähr den üblichen Filtern 4. Ordnung. Je tiefer die Trennfrequenz des Filters liegt, umso größer muss die Länge der Filterimpulsantwort des FIR-Filters sein, was im Falle einer linearphasigen Filterauslegung sonst nicht (!) die Filterlatenz bestimmt. Die Filter aus dem Beispiel gehen mit einer Latenz von 1,1ms bei 1kHz und von 11,85ms bei 100Hz einher. Wie viel Latenz von Fall zu Fall praktikabel ist, hängt primär von der Anwendung ab. Bei Bühnenmonitoren dürfte das Limit schon bei 10ms erreicht sein, bei einer PA an einer großen Bühne dürfen es auch 30ms sein.
Bei der Abwägung der Latenz sollte man nicht vergessen, dass auch diverse andere Komponenten im Signalweg noch Verzögerungen im Signal mit sich bringen.
Limiter innerhalb eines Lautsprechercontrollers sind ein weites Feld. Häufig findet man nur einzelne Peak-Limiter vor, die dann zwar – falls sie sich denn richtig einstellen lassen – ein Clipping der Endstufen verhindern. Für einen umfassend Schutz der Lautsprecher sind sie aber nicht hinreichend. Was kann überhaupt passieren?
Die Endstufe kann übersteuern. Durch ein hartes Clipping wird nicht nur der Klang böse verzerrt, es können durch die vielen Verzerrungskomponenten im Signal auch Hochtöner und Weichenbauteile überlastet und zerstört werden.
Der Lautsprecher kann durch zu hohe Spannungsspitzen mechanischen Schaden nehmen. Das kann sich durch ein Abreißen der Schwingspule oder auch durch Risse in der Membran bemerkbar machen. Das Risiko besteht gleichermaßen bei Tieftönern wie auch bei Hochtönern und wird primär durch eine zu große Krafteinwirkung ausgehend von der Schwingspule bedingt.
Bei Tieftönern besteht zusätzlich die Gefahr des Anschlagens der Schwingspule auf der Polplatte. Die Auslenkung ist stark abhängig von der Frequenz und vom Gehäusekonzept.
Der Lautsprecher kann thermisch überlastet werden und durchbrennen. Der Vorgang des Aufheizens der Schwingspule geschieht in mehreren Abschnitten mit recht unterschiedlichen Zeitkonstanten.
Zusammengefasst benötigt man einen Peak-Limiter, der sich entweder an der Endstufe oder am Lautsprecher orientiert, je nachdem, wer zuerst seine Grenzen erreicht, einen Thermo-Limiter mit langer Zeitkonstanten oder besser noch mehreren Zeitkonstanten und einen Auslenkungs-Limiter. Die meisten modernen Endstufen verfügen für sich schon über eine mehrfache Limitierung zum Schutz vor Clipping, zu hohen Ausgangsströmen oder vor Überlastung des Netzteils oder auch der Netzversorgung, so dass man sich bei den Einstellungen des Limiters in der Regel auf die angeschlossenen Lautsprecher konzentrieren kann.
Hat man nur einen Limiter zur Verfügung, wird es schwierig, da sich damit nicht alle Fälle von Überlastung abdecken lassen. Entweder man stellt den Limiter mit einem kurzen Attack auf den Peakwert ein oder mit einer langen Zeitkonstanten auf den thermischen Maximalwert eines Lautsprechers. Meist reicht aber der Einstellbereich der Zeitkonstanten nicht aus, sodass es beim Peak-Limiter bleibt.
Bei Linea Research kennt man sich dank langer Erfahrung gut mit Lautsprecher-Controllern aus und hat daher direkt pro Ausgang drei Limiter für die Lautsprecher vorgesehen. Das sind ein Peak-Limiter mit zusätzlich definierbarem Overshoot (Abb. 17), ein Thermo-Limiter (Abb. 18) mit langen Zeitkonstanten und auch noch ein Auslenkungs-Limiter für Tieftöner.
Für die Einstellung des Thermo-Limiters empfiehlt sich ein eher konservatives Vorgehen, da dieser Limiter in der Regel nur in echten Notfällen wie Feedback oder dauerhafter Überlastung eingreifen muss, es dann aber auch wirklich ernst wird. Ein guter Anhaltspunkt für den Thermo-Limiter ist der zwei Stunden average power Wert nach AES. Für den Peak-Limiter kann im Hinblick auf das AES-Testsignal mit einem Crestfaktor von 6dB als erster Anhaltspunkt der vierfache Leistungswert eingesetzt werden. Vorher ist noch zu prüfen, ob sich die Limitereinstellung auf echte Spitzenwerte der Ausgangsspannung oder auf einen Kurzzeit Effektivwert bezieht.
Für den Auslenkungs-Limiter wird die maximale Ausgangsspannung zusammen mit der Frequenz der maximalen Auslenkung eingestellt. Lautsprecherentwickler kennen diese Werte und können entsprechende Einstellungen vornehmen. Alternativ können der Treiber und das Gehäuseprinzip sowie das Gehäusevolumen in einem Lautsprechersimulationsprogramm eingegeben werden, wo dann eine Kurve für die Auslenkung oder den erreichbaren Maximalpegel erscheint. Abb. 19 zeigt den Grenzwert des Auslenkungs-Limiters abhängig von der Frequenz mit einer exemplarischen Einstellung von 1Vpk bei 50Hz. Die Kurve entspricht einem Hochpassfilter 2. Ordnung, was dem Kehrwert der Auslenkung eines Tieftöners in einem geschlossenen Gehäuse entspricht. Andere Funktionen, z.B. für ein Bassreflexgehäuse, können leider nicht eingestellt werden. Bassreflex- oder Bandpass-Gehäuse weisen ein anderes Verhalten auf, wo bei der oder den Abstimmfrequenzen der Resonatoren die Minima der Membranauslenkung liegen. Die Maxima liegen dann zwischen oder oberhalb der Resonanzfrequenzen.
Für den Peak-Limiter besteht zusätzlich noch die Möglichkeit der Aufteilung in zwei Frequenzbänder, wenn unterschiedliche Limiter-Werte für Hoch- und Tieftöner in einem passiv getrennten 2-Wege-System eingestellt werden sollen. Abb. 20 zeigt dazu den Schwellwert des Limiters, wenn für den Frequenzbereich oberhalb von 1kHz ein um 10dB reduzierter Wert eingestellt wird. Diese Möglichkeit ist grundsätzlich sinnvoll, trotzdem würde man sich etwas mehr Einstellmöglichkeiten in der Art eines Side-Chain EQs wünschen. Leider gibt es die Möglichkeit der frequenzselektiven Absenkung der Limiter-Schwelle auch nur für den Peak-Limiter und nicht für den Thermo-Limiter, wo es mindestens ebenso wichtig gewesen wäre.
Alle wichtigen Funktionen können am Gerät bedient werden. Die Software zur Konfiguration des ASC48 ist der System Engineer, der bislang in der Version 7.03 als offizielle Version gilt. Seit einigen Monaten War in Q2 2023 auch die Betatest-Version V8 als Build 0.2.20.0 verfügbar. Das User Interface hat sich im Vergleich zur etwas unübersichtlich und technisch wirkenden V7 deutlich verändert bietet jetzt eine übersichtliche Darstellung des Routings der Eingangs- und Ausgangswege (Abb. 21).
Alle im Netzwerk befindlichen oder auch virtuellen Geräte werden in der oberen Hälfte des Bildschirms gezeigt, wo die in den Geräten konfigurierten „Drive“-Module gut zu erkennen sind. Ein Drive-Modul umfasst Eingangs- und Ausgangswege inkl. des Routings und aller dort enthaltenen Einstellungen und Parameter. Eine typische Anwendung für Drive-Module sind Setups für aktive Mehrwegesysteme. Daneben gibt es auch noch Presets, die in Libraries auf dem Gerät und auf dem PC organisiert sind. Wie man damit umgeht, hat sich uns leider trotz längerer Versuche nicht erschlossen. Hier wünschen wir uns Nachbesserungen und eine Beschreibung, wie die Organisation der Drive-Module, Presets und Libraries zu verstehen ist.
Ganz anders und sehr übersichtlich und anschaulich geht es bei der Einstellung der Filterparameter für die EQs und X-Over weiter (Abb. 22).
Ein kleines Problem trat bei den optionalen FIR-Filtern auf, die der User mit einer externen Software frei konfigurieren kann. Die FIR-Filter können maximal 768 Taps bei 96kHz Samplerate haben. Für die Linea-Research-Endstufen erstellte und dort auch lauffähige Filter wurden von der Software V8 als ungeeignet abgelehnt und nicht geladen. Benutzt man die ältere V7, dann werden die Filter ordnungsgemäß geladen und auch in ihrer Funktion korrekt angezeigt. Hier schien es noch ein Problem in der Beta-Software zu geben.
Die Einstellung der Limiter erfolgt zusammen mit den X-Over Settings (Abb. 23). Die Werte für den Peak-Limiter beziehen sich dabei auf die Ausgänge des Controllers und die Werte für den Thermo- und Auslenkungs-Limiter auf die Ausgänge einer Endstufe, deren Gain zusammen mit den Limiter-Einstellung anzugeben ist, was aber noch nicht funktioniert. Die Werte werden immer für den Default-Gain-Wert von 26dB (x20) berechnet.
Über die neue Beta Software V8 kann man daher zusammenfassend sagen, dass es schon schöne und übersichtliche Ansätze gibt, aber auch noch einiges zu tun ist, bis daraus ein rundes Produkt wird. Eigentlich ist so ein Controller ein übersichtlich und klar strukturiertes Gerät, wo es möglich sein sollte, dazu eine ebensolche Software zu erstellen.
Mit dem ASC48 hat Linea Research einen leistungsfähigen und qualitativ hochwertigen Lautsprechercontroller und Systemmanager im Programm. Die Möglichkeiten in der Signalverarbeitung sind großzügig und sinnvoll angelegt und die Hardware spielt in der audiophilen Oberklasse.
Neben den analogen Ein- und Ausgängen stehen sind alle Ein- und Ausspielweg auch in digitaler Form im AES3 Format zur Verfügung und in der Geräteversion mit Dante-Interface auch für die direkte Anbindung an ein Dante-Audionetzwerk.
Als Preis incl. MwSt. nennt der deutsche Vertrieb PAT Pro Audio Technologie in Gelnhausen 2.438€ für den ASC48 in der Standardversion und 3.208€ für das Modell mit Dante-Interface.