Durch geänderte Frequenzzuweisungen ist in den letzten Jahren durch die Mobilfunkdienste eine Dynamik entstanden, von der auch die Frequenzzuteilungen für Drahtlosmikrofone nicht verschont blieben. Die nächsten Änderungen stehen bevor. Was kommt auf die Anwender zu und was sollte man bei der Planung von Neuanschaffungen berücksichtigen?
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2015 gab es Änderungen bezüglich der gemeinsamen Zuteilung von Frequenzen sowohl für die Rundfunk- als auch für die Professionelle Drahtlosproduktion. Das heißt in der Praxis: Im UHFBereich (470 bis 823 MHz) wird nicht mehr zwischen diesen beiden Nutzergruppen unterschieden. Außerdem ist seit dem Juni 2015 die „Verwaltungsvorschrift für Frequenzzuteilung im nichtöffentlichen mobilen Landfunk“ – kurz VVnömL – in Kraft getreten. In deren Kapitel 9.2 werden die Bereiche für Drahtlosmikrofone definiert: Es sind im UHF-Bereich die Frequenzbereiche 470 bis 608 MHz, 614 bis 703 MHz (TVBereich) sowie 733 bis 823 MHz zugewiesen. Letzterer ist in fünf Teilbereichen aufgegliedert, und zwar 733 bis 758 MHz (geplante LTE-Mittellücke 700 MHz – dazu später mehr), 788 bis 791 MHz und 821 bis 823 MHz sowie zwei sogenannte „optionale Zusatzkapazitäten“ von 758 bis 788 MHz und 791 bis 821 MHz. Diese beiden letzten Bereiche sind für Downlink-Übertragung des drahtlosen Netzzugangs vorgesehen und können noch bis zum 31.12.2017 für den Betrieb von Drahtlosmikrofonen mitgenutzt werden. Es gibt noch einige weitere Bereiche, die aber praktisch nicht mehr genutzt werden, weil es Endgeräte, die man dort betreiben könnte, noch nicht bzw. nicht mehr gibt. Diese lassen wir daher hier einmal pragmatisch im Detail unerwähnt. Darüber hinaus gibt es noch die anmeldefreien Bereiche 823 bis 838 MHz (LTE-Mittenlücke 800 MHz), den ISMBereich 863 bis 865 MHz (bis mindestens 2023 zugewiesen), sowie den Bereich 1.785 bis 1.805 MHz (LTE-Mittellücke 1,8 GHz, bis mindestens 2025 zugewiesen), wobei die letzten beiden europaweit weitgehend harmonisiert sind. Diese Bereiche sind besonders für die semiprofessionellen Anwender oder eben für Anwender, die in Deutschland oder europaweit tätig sind (z. B. Kamerateams), interessant.
Nicht vergessen darf man noch zwei Bereiche für digitale Übertragung, nämlich das 2,4-GHz-Segment (WLAN/ISM) sowie den DECT-Bereich bei 1,9 GHz, in dem auch hochqualitative Audioübertragungen möglich sind und für Mikrofondrahtlosstrecken und auch Intercom-Anwendungen schon genutzt wird. Vorteil ist hier ebenfalls eine länderübergreifende und kostenfreie Nutzung der Geräte, die in diesen Frequenzbereichen mit den entsprechenden Technologien arbeiten. Ein Beispiel dafür ist eine neue Kamera-Mikrofonstrecke von Sennheiser.
Frequenzzuteilung: Der nächste Schritt – aber leider nicht nach vorne
Trotz der gerade eingeführten VVnömL werden aber weitere Änderungen nicht ausbleiben: Bei der letzten World Radio Conference (WRC) der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) wurde auf Drängen afrikanischer Staaten empfohlen, auch ein Segment im 700-MHz-Bereich für den Mobilfunk bereitzustellen. Dieses muss zwar noch auf der nächsten WRC vom 2.–27. November 2015 beschlossen und dann in den einzelnen Staaten umgesetzt werden, aber es gilt als sicher, dass dies auch so passieren wird – mehr oder weniger als Formsache. Wie sicher man einschätzt, dass es zu weiteren Verlusten von Frequenzen kommt, wird schon daran deutlich, dass die Bundesnetzagentur im Rahmen von „Mobiles Breitband – Projekt 2016“ die entsprechenden Frequenzen sogar schon in einer Auktion im Mai/Juni 2015 versteigert hat. Die Versteigerung an sich hatte den Grund, dass die Zuweisung alter GSM-Frequenzen auslief und man diese neu versteigerte und dann gleich die potenziellen Segmente, die von der WRC 2015 wahrscheinlich auch dem Mobilfunk zugewiesen werden, auch gleich mit versteigerte. Das sollte den Aufwand der Versteigerungen gering halten – so zumindest die Argumentation der Bundesnetzagentur. Die genauen Rahmenbedingungen für die Nutzung der Frequenzen hat man aber noch offen gehalten. Damit wird aber trotzdem deutlich, wie es um die Frequenzen steht.
Betroffen ist hier der Frequenzbereich ab 694 MHz. Dort hat man in der Versteigerung zwölf 5-MHz-Blöcke als Paare (Down/Uplink) versteigert. Daraus lässt sich schon ableiten, wie ein Szenario aussehen könnte. Weiter laufen Zuweisungen im UHF-Bereich Ende 2015 aus (Vfg. 91/2005) und müssen durch eine neue Verwaltungsverfügung ersetzt werden. Da aber die WRC erst im November endet, wird man hier sicherlich erst mal eine Übergangslösung schaffen und nicht wie üblich eine Regelung, die zehn Jahre Bestand hat.
Man geht aber davon aus, dass die Frequenzsegmente 703 bis 733 MHz und 758 bis 788 MHz dem Mobilfunk zugewiesen werden. Inwieweit hier dann die Nutzung von Drahtlosmikrofonen auf sekundärer Basis zukünftig möglich sein wird, ist abzuwarten. Es steht weiter noch die Frage im Raum, ob Frequenzsegmente ab 694 MHz auch den Sicherheitsbehörden oder der Bundeswehr zugewiesen werden.
Was bedeutet das für Anwender?
Bei Neuanschaffungen sollte man davon ausgehen, dass im Frequenz – bereich oberhalb von 694 MHz in den nächsten Jahren Einschränkungen erfolgen, was den Betrieb von Drahtlosmikrofonanlagen angeht. Sicherlich wird man einige Monate nach der WRC 2015, also schätzungsweise ca. in der ersten Jahreshälfte 2016, ein klareres Bild über das zukünftige Szenario haben. Es gibt da für die nationalen Funkverwaltungen (wie die Bundesnetzagentur in Deutschland) noch viel zu tun, denn die Veränderungen und Zuweisungen müssen grenzüberschreitend koordiniert werden.
Es steht aber im UHF-Bereich noch ein weiteres Ereignis an, nämlich die Umstellung von DVB-T auf DVB-T2: Durch die Entscheidung, den Video-Codec HEVC/H.265 für DVB-T2 zu nutzen, wurde schon dem zukünftig geringerem Frequenzspektrum für terrestrische TV-Ausstrahlungen Rechnung getragen. Der Testbetrieb läuft in einigen Regionen bereits. Der Start für die ersten Programme wird in der zweiten Jahreshälfte 2016 zur Fußball-EM und den Olympischen Sommerspielen in Form eines Pilotbetriebs stattfinden. Ab 2017 wird dann Region für Region umgestellt und bis Mitte 2019 – so der aktuelle Plan – soll die Umstellung dann abgeschlossen sein. Es wird dabei zunächst einen Simulcast-Betrieb geben, der auch nach der Umstellung auf DVBT2 in den Ballungsräumen für maximal neun Monate in eingeschränkter Form erfolgt. Es werden also DVB-T und DVB-T2 eine Zeit lang parallel ausgestrahlt. Mit der Umstellung auf DVB-T2 wird auch die Räumung des 700-MHzBereichs durch die TV-Anbieter erfolgen – die ganzen terrestrischen TVAusstrahlungen finden dann im Bereich unter 700 MHz statt. Das Ganze bedeutet für die Anwender von Drahtlosfunkmikrofonen, dass durch den eingeschränkten Frequenzraum die Belegung durch TV-Sender dichter wird und in den nächsten Jahren auch häufiger Veränderungen bei der Frequenzbelegung der TV-Sender stattfinden werden. Man muss sich vor dem Einsatz von Drahtlosmikrofonen also gut über die regionalen Gegebenheiten informieren und auf jeden Fall die Einsatzfrequenzen vor Betrieb mit einem Analyzer überprüfen. Das geringere verfügbare Spektrum für Drahtlosmikrofone führt natürlich auch dazu, dass die Wahrscheinlichkeit von Interferenzen durch andere Nutzer steigt.
Welche Neuanschaffung ist die Richtige?
Zwar ist wohl auch angedacht, in Zukunft eine Prämie beim Neukauf von Geräten zu erstatten, so wie es ja schon bei der ersten „Digitalen Dividende“ der Fall war. Darauf aber jetzt zu spekulieren, wann und in welcher Form das sein wird, ist zu diesem Zeitpunkt viel zu verfrüht. Vor der Neuanschaffung von Geräten sollte man unbedingt mit der zuständigen regionalen Außenstelle der Bundesnetzagentur Kontakt aufnehmen und den Frequenzwunsch abstimmen, wobei man auch die eingesetzten Gerätetypen und anwählbaren Frequenzbereiche nennen sollte. Die Vorgehensweisen unterscheiden sich von Außenstelle zu Außenstelle. Dies liegt auch an der Umstellung auf TVB-T2, die ja von Region zu Region zeitlich unterschiedlich erfolgen wird und da so auch der zur Verfü- gung stehende Frequenzraum unterschiedlich ist. Generell macht man erst mal nichts falsch, wenn man die unteren UHF-Frequenzbereiche unterhalb von 690 MHz präferiert. Außerdem sollte man verstärkt über die Anschaffung digitaler Systeme nachdenken: Sie sind meist toleranter gegenüber kleinen Störungen und Interferenzen und gestatten zum Teil eine dichtere Staffelung im Frequenzraum. Auch sollten die anzuschaffenden Systeme eine große Schaltbandbreite bieten, um möglichst flexibel zu sein. Hier haben die Hersteller ja in den letzten beiden Jahren ordentlich nachgerüstet und die meisten Systeme am Markt bieten dies bereits.
Wer von der Anwendung her die Möglichkeit hat, sollte auch alternative Frequenzen und Übertragungsverfahren in Betracht ziehen. Bei Musikern und kleinen Festinstallationen ist schon lange der Trend zu digitalen Drahtlosprodukten im 2,4-GHz-Bereich festzustellen. Auch für z. B. Kamerateams bieten sich dieser oder auch der DECT-Bereich an; hier sind ja mittlerweile auch die ersten Produkte verfügbar. Aufgrund der Latenz ist DECT aber nicht für den LiveSound-Bereich nutzbar, für DrahtlosRecording- oder Intercom-Applikationen aber durchaus. Diese Bereiche bieten für Applikationen mit einer überschaubaren Anzahl von Kanälen eine überlegenswerte Alternative dar und man darf von einer Frequenzzuweisung auch über die nächsten zwei Jahrzehnte hinaus ausgehen.
Was passiert in der Zukunft?
Klar ist, dass eine garantierte langfristige Nutzung von Frequenzbereichen über Jahrzehnte hinweg nicht mehr gegeben ist. Das bereitet natürlich besonders den Institutionen Probleme, deren Investitionszyklen sehr langfristig ausgelegt sind. Auch wenn einmal DVBT2 eingeführt ist, muss man sich langfristig dennoch die Frage stellen: Wird es eine dedizierte terrestrische TV-Aussendung in Zukunft überhaupt noch geben, oder wird diese Distributionsform an sich irgendwann einmal in Frage gestellt? Der Zeitpunkt, ab dem TV mehr über die mobilen Netzwerke verbreitet wird als über die klassischen TV-Wege, ist nicht mehr weit entfernt. Was passiert dann mit dem Frequenzspektrum? Wird der Hunger nach Frequenzen von Seiten der Mobilfunkfirmen noch größer und kann man der Verlockung widerstehen, mittels Frequenzauktionen die eigene Staatskasse zu füllen? Mit der „Digitalen Dividende 2“ – wie die Frequenzbeschneidung so gerne genannt wird – ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht.
Vielleicht ergeben sich schließlich in Zukunft auch neue Frequenzbereiche, die für Drahtlosmikrofone genutzt werden könnten, wie weitere G5- Mobilfunk-Up/Down-Lücken. Aber da – für müssten erst einmal Geräte aufwändig entwickelt oder angepasst werden. Das dauert, und ob die Anwender eine solche Technik dann auch akzeptieren, ist eine weitere offene Frage.