Das neue 48-Stereokanal-/16-Stereo-Bus-Modell mit 24 konfigurierbaren Fadern und Multi-Touch-Display entwickelt das Konzept eines Digitalmixers im Niedrigpreissegment um 3000 Euro weiter
Mit dem „Wing“ entwickelte Behringer den Nachfolger des Digitalmischpultes X32: Während das R&D augenzwinkernd witzelt, mit dem X32 – dessen Verkaufszahlen alle Rekorde brechen – habe man sich damals eigentlich nur ganz eigennützig einen Mischer für die eigenen Zwecke bauen wollen, und er habe dann wohl auch für andere User gepasst, stand bei der „Wing“ nun eher eine Evolution an, insbesondere beim User Interface und in Richtung Multitracks/Recording. Von der Kanalzahl her hätte es auch ein „X48“ werden können: 48 Kanäle incl. vier Stereo-Master auf 24 Fadern und mit 16 Stereo-Bussen. Optisch besonders auffallend ist zuerst, dass sich das Design auf den 87 cm Breite und 58 cm Tiefe der Wing komplett verändert und erneuert hat: Die unterstützende Handschrift von Ivar Iversen bei TC – ebenfalls in der „Music-Tribe“-Holding beheimatet – ist unübersehbar. Erste Reaktionen in den sozialen Netzwerken sind etwas gespalten, sie reichen von Begeisterung über „ist das ein Lichtpult?“ bis zu augenzwinkerndem „Siemens-Tonmeister-Charme“: Die Farbgebung ist heller, eine Armlehne aus Holz vermittelt Wertigkeit und das Hauptdisplay ist nun als von sieben Touch-Sensitive-Reglern flankiertes 10″-Touchscreen ausgeführt.
Auf dem Touchscreen empfängt einen gleich eine neue Optik, das Behringer-Team hat hier seine Ressourcen bezüglich UI- und UX-Design aufgestockt. Die Frage nach dem „richtigen“ Displaywinkel werden auch gleich entkräftet: der Touchscreen kann mechanisch aufgestellt und im Winkel justiert werden. Ein deutlicher Unterschied zu Konzepten, die auf mehrere und/oder sehr große Bildschirme setzen und dort praktisch das komplette UI abbilden: Beim Wing muss man sich erst mal etwas orientieren, was alles auf die ganzen zusätzlichen kleinen Screens, Regler und Taster gespiegelt wird, wenn man sich aus dem Hauptbildschirm entfernt. Ansonsten ist man erstaunt, wie deutlich und eigenständig sich das Pult weiterentwickelt hat. Auch die bisherige Nähe Midas/Behringer mit parallelen, leicht variierten Hardware-Varianten ist (bisher) nicht zu erkennen. Das Behringer Wing nutzt zwar aus dem Unternehmens-Portfolio jetzt grundsätzlich die höhenwertigen Eingangsstufen, die zuvor den Midas-Versionen vorbehalten waren, geht aber ansonsten einen deutlich eigenen, offenbar von der Produktentwicklung in Deutschland vorangetriebenen Weg.
Behringer Wing Optik
Bild: Dieter Stork
Regelbare Patchfeld- (und Show- ...) Beleuchtung
Bild: Dieter Stork
Tilt-Screen des Behringer Wing
Ein zusätzlicher Mute direkt am Headamp sichert zudem, dass beim Patching nix schiefgeht, beispielsweise beim Zuschalten von 48 V aktiviert er sich automatisch. Weitere sehr moderne Idee: Quellen können mit mehreren Begriffen/Tags versehen werden. Über die Tags lassen sich dann z. B. Mute-Gruppen oder DCAs definieren. Ein DCA-Spill (Aufruf der im DCA zusammengefassten Kanäle) ist derzeit nicht realisiert, aber künftig nicht ausgeschlossen.
Die Wing läuft wie gehabt auf 48 oder 44.1 kHz, extern soll es einen „96k compatibility mode“ geben; die Pult-Durchlauflatenz wird mit 1 ms angegeben (Stagebox-Pult-Stagebox: 1,2 ms). 300 ms sind in der Matrix auf die Ausgänge beaufschlagbar. Signale können direkt oder über das Signalprocessing verbunden werden. Die Invert-Funktion erlaubt in der 8 x 8 Matrix auch eine Mix-Minus-Funktion (Signal post Fader tap, invert on).
Eine schöne Idee sind auch der „Alternative Channel Input“ je Kanal (z. B. für ein Spare-Mic oder Mischpult-Umschaltung auf virtuellen Soundcheck) oder die „User Signals“ (eine Art virtuelles Patch-Kabel).
Wing Console Lock
Wenn übrigens gar nichts geht, hat vielleicht ein Kollege die Konsole gesperrt: Wie bei der X32 geht diese (wie auch das Entsperren) ab Firmware 1.06 per langem Druck auf die Home-Taste. Es können aber als eine Art “Passwort” auch mehrere Tasten (rund um den Screen) zusammen mit Home gedrückt werden, Unlock wieder über die gleiche Tastenkombination.
FX-Slots im Wing
Die Anzahl der Effekte wurde auf 16 Stereo-Effect-Slots erweitert, die auch in den je zwei Inserts der Busse, Mains und Channels verwendet werden können (je acht Standard- und Premium-FX). Die Processing-Reihenfolge im Channel ist verschiebbar und die hochwertigen FX können auch direkt in einem Channel/Bus genutzt werden, nicht nur im FX-Rack. Versprochen wird ein phasenkohärentes Processing von den Eingängen über die umfangreich ausgestatteten Channels bis zu den Ausgängen, mit Ausnahme der beiden zusätzlichen FX-Slots in den Kanälen. Eine Parallel Compression (“New York compression”), wo dies zum Problem werden könnte, erhält man aber einfach (und ohne Phasenprobleme durch paralleles Summieren) durch einen Wet/dry-Regler. „Opfert“ man einzelne FX für einen CH-Insert, hat man in diesem Kanal insgesamt drei alternative Standard-Emulationen für EQ, Compressor, Gate plus diese zwei zusätzlichen FX. Ab Firmware 1.06 kann das Gate durch einen Dynamic-EQ ersetzt werden. Eine schon im X32 eingeführte Automix-Funktion steht im Post-Fader Insert zur Verfügung und kann in bis zu 16 Kanälen (2. Insert) simultan verwendet werden. Auch auf die Modellierung des Processings hat man sich nochmal gestürzt: Dynamics und EQs schöpfen aus einer langen Liste moderner oder historischer Emulationen, zusammen mit den Reverbs, Delays, EQs oder Amp-Models kommt man auf über 70 Typen (einige davon wie der TC Electronic VSS3 zum Produktstart noch in Beta-Stadium). Ein Multiband-Compressor für das Effect Rack ist ebenfalls noch nicht vom Start weg verfügbar, aber ein Single Band Dynamic-EQ. In dem Compressor der Channels, Bussen und Mains lässt sich außerdem statt des Key-Filters auch ein X-Over-Mode aktivieren, mit dem einzelne Frequenzspektren komprimiert werden können.
Behringer Wing FX-Handling
Etwas tricky ist derzeit das Routing der FX, übergangsweise findet sich in den Behringer-Supportunterlagen dieser Hinweis (PDF). Ein Beispiel eines Effekt-Sends in Wing Copilot: Auf dem ersten Bus (B1) liegt als FX eine Quantec-Simulation. Im Reiter “Outputs” der App würde man auch sehen, auf welchen physischen Output (nur) die rot markierten Monitorwege gehen. In der App (oder auf der Konsole) wurden für den ersten Bus die Tags “FX” (für einen entsprechenden DCA) und “MGRP8” vergeben – die Mute-Gruppe 8. Aktiviert man Mute-Gruppe 8, ist der also Effekt stumm, und zwar wird in diesem Fall der Send in den Effekt gestoppt (eine Hallfahne usw. wird also nicht durch den Mute abgehackt). Dazu am Pult:
Taste Bus Master drücken
gewünschten Bus per Select wählen (hier Bus 1)
auf dem Wing-Touchscreen den FX (im Beispiel den Quantec) in den “unteren” Insert dieses Busses einladen.
Wing Channel Strip
X32-User werden sich etwas umgewöhnen müssen, was die Anordnung der elf EQ-/Dynamics-Regler rechts vom Main-Display angeht. Flankiert werden sie jedoch von einem eigenen, kleinen LCD-Display, das unabhängig vom Haupt-Touchscreen Status-Infos (ist L/R geroutet , Input-Level, Gain-Reduction usw.) oder den Verlauf des EQs anzeigen. Touch auf den Regler visualisiert dessen Funktionen, kurzer Tap auf den Schalter wechselt Funktionen durch, langer Tap deaktiviert z. B. den Compressor – darauf muss man erst mal kommen und sich eingewöhnen. Die untere Reglerreihe ist auf die EQ-Bänder gelegt.
Zusätzlich zu den EQ-Bändern, Hoch-/Tiefpass gibt es einen weiteren Filter, der entweder als Tilt-EQ arbeitet, als Sonic Maxer oder Allpass, um Signale zeitlich kohärent zu bekommen.
... findet man den Pre-Fade-EQ, z. B. für den Monitorsound des Kanals
In den Bus-Sends gibt es zudem einen weiteren 3-Band-EQ, der nur auf die Aux-Sends (einen der 16 Stereobusse) des Kanals wirkt – hilfreich in Monitoranwendungen. Je nach Position des Tap/Sends-Abgriffes ist dann der „normale“ Kanal-EQ noch vorgeschaltet oder nicht. Man kennt das Problem: Eigentlich wäre ein eigenes Monitor-Pult auf der Bühne sinnvoll, passt aber nicht ins Budget und der Monitor-Mix muss vom FoH mit übernommen werden. Will man jetzt aber eine störende Frequenz auf der Bühne nur aus einem Mikrofon dämpfen, muss man entweder den Kanal-EQ bemühen (und produziert die Änderung ungewollt auch im Saal) oder den kompletten Aux mit Signalen filtern, die gar nicht betroffen sind. Da hilft jetzt dieser zusätzliche EQ am Tap. Jeder Aux besitzt zudem sowieso 8-Band-Parametric EQ, Stereo Imager und Dynamics.
Das „Filterband-Solo“ ist ebenfalls praxisnah: Ein Filterband-Gain auf neutral stellen, dann durchstimmen und im Solo fürs Publikum unbemerkt vorhören, wo eine Frequenz nervt – erst dann dort das Gain runterziehen. Funktioniert auch als Pre-Listen für Key-Signale. Zuletzte erlaubt ein Wet/Dry-Parameter eine „Intensitätsregelung“ des EQs.
Solo in Place ist ebenfalls integriert und findet sich in den Monitoring Setting zwischen den drei Modi Live, Studio und In-Place. Sicherheitshalber wird ein aktiver Solo in Place auf dem Bildschirm oben als SIP-Logo warnend signalisiert. Weiteres Sicherheit-Feature (nicht nur in den Channels): Das Schlüssel-Symbol im Kanal zeigt auf dem Touchscreen, dass dieser Channel per Lock gegen ein Überschreiben aus dem nächsten geladenen Snapshot geschützt ist.
User Assignable Controls
In der User-assignable control section können vier Regler und 20 Buttons in acht Layern belegt werden, auch Parameter des 16-CH-Automixing (vier Gruppen). In der unteren Hälfte liegen vordefiniert Transport- und Show-Control (aktuell erst implementiert: Snaphots, theatergemäße Szenensteuerung ist in Arbeit) und Mute-Gruppen. Die frei belegbaren Tasten können auch zusammen mit dem Wheel Parameter einstellen. in den ersten Firmware-Releases werden diese Funktionen noch wenig genutzt, so musste man z.B. den Tap-Button für ein Delay anfangs noch direkt aus dem Effekt heraus aufrufen. Ab FW 1.06 kann man ihn auf die User Controls legen. Wen es dann nervt, dass nun in den User Assignable Controls mehrere Taster permanent im Takt der Effektmodulationen blinken, kann die Anzeige per Utility-Taster zeitlich einschränken, dann ist z.B. nach 20 Sekunden Taktanzeige auf dem Pult mehr Ruhe. Man bekommt die Anzeige dann aber auch nur durch Neueingabe eine Taktes wieder zurück.
Tipp zu den Mute-Gruppen: Ab FW 1.06 sind diese auch “klassisch” zu bilden, dazu
rote Taste Mute Groups gedrückt halten
zusätzlich eine der acht orangen, quadratischen Mute-Taster 1-8 gedrückt halten
Kanäle per grünem Select-Taster hinzufügen oder entfernen
Fader-Layout
Diese Freiheit findet sich auch im Fader-Layout: Es gibt die üblichen Standardbelegungen, die seitlich durchgeschaltet werden können, oder man „verschiebt“ die Fader in 4er-Gruppen seitlich. Das Fader-Layout kann aber auch völlig frei und „durcheinander“ vom Touch-Screen aus gestaltet werden, beispielsweise den Bus-/Effect-Send eines Instruments direkt neben dem zugehörigen Kanalzug – oder gar einen Effektparamter auf einem Fader liegend. Wer sich verirrt, initialisiert die Faderbelegung neu oder springt von der Metering-Anzeige direkt in den Kanal – wo auch immer man ihn versteckt hatte. Die vier Fader rechts entsprechend eigentlich den vier Stereo-Outs – aber wer muss schon an den Master? Also sind diese vier Kanäle theoretisch auch unabhängig nutzbar: ein 2. Engineer setzt hier schon einmal Gains, oder wichtige Money-Channels werden dort fixiert mit Direktzugriff auf auf Gain, Gate, Comp, EQ, Pan usw. oder FX-Sends.
Die mechanische Geschwindigkeit der Fader ist in drei Stufen einstellbar (runden View-Button des Faderblocks lange drücken, dann Utility-Button). Das mag auch Auswirkungen auf deren Haltbarkeit haben, macht sich aber auch etwas beim Verstellgeräusch bemerkbar, wenn beim Layerwechsel auf einmal alle Fader des Pultes umherzusehen – man sollte nicht unterschätzen, wie mucksmäuschenstill es phasenweise in manchen Veranstaltungen sein kann.
Für das Recording auf SD-Karten stattet Behringer das Pult mit der Einschubkarte Wing-Live aus: Audio mit 48 kHz / 32 Bit auf zwei SD-Slots zur Verdopplung der Spuren auf 64 (ab der Firmware 1.06 auch samplesynchron). Auf ein gleichzeitiges Playback muss dabei nicht verzichtet werden (32 play, 32 rec). Auf der Pult-Front gibt es den gewohnten USB-Port, der aber jetzt sogar vier Spuren (z. B. für Click-Tracks) abspielen kann. Zusätzliche Sicherheit im Recording bei Stromausfällen verschafft eine optional auf der Karte einsetzbare Puffer-Batterie (incl. Clip gegen Herausfallen). Das USB 2.0 Audio/MIDI-Interface erlaubt 48 × 48 CH Recording/Playback. Der interne Player kann nun auch Ausschnitte nur zwischen Markern abspielen oder loopen.
Noch nicht in der FW 1 unterstützt werden MIDI, gearbeitet wird an einer Implementierung von Mackie HUI und MCU für bis zu drei Devices über eine USB-Verbindung.
Das „luftigere“ Erscheinungsbild des Behringer Wing entsteht auch dadurch, dass das Gehäuse unter der Pultoberfläche reduziert wurde. Das geht, weil die Anzahl analoger I/Os deutlich auf 8/8 herabgesetzt wurde: In der Entwurfsphase ging man davon aus, dass das Pult künftig in den meisten Fällen sowieso mit einer externen I/O-Box betrieben wird. Hier also nochmal z.B. 16 analoge Eingänge am Pult vorzuhalten, ist dann eigentlich überflüssiger Hardware-Aufwand. An Midas-Stageboxen werden anfangs die DL16 und Midas DL32 unterstützt. Ab Release der Firmware 1.02 ist geplant, dass auch Midas DL251 und DL231 an der Behringer Wing funktionieren.
Apropos Hardware: Auf Dante oder Soundgrid vorbereitet ist das Pult im Prinzip, ein miniPCI-Modul (das speziell auf die Wing programmiert werden muss) würde ab Werk oder später im Service nachgerüstet. Erste Muster mit dieser Option sind seit Ende 2019 auch bereits live im Einsatz. Ob und wann diese Unterstützung allgemein nutzbar wird, ist aber noch unbekannt.
Stage Connect: kurze Digitalverbindung via XLR
Neben Netzwerkbuchsen oder zwei AES50 gibt es aber nun noch eine neue Buchse namens „Stage Connect“: Das Protokoll, dass das Unternehmen demnächst auch offenlegen will, ersetzt das bisherige Ultranet, mit dem beispielsweise die kleinen Monitormischer P16 angebunden wurden. Stage Connect verbindet nun über ca. 20 Meter Geräte digital via ganz normales XLR-Mikrofonkabel (DMX-Kabel: 40–45 m). Und das jetzt bidirektional (32 CH, 18 Volt Spannung, 24 Bit, 48 kHz bei sehr niedriger Latenz) incl. Übertragungsmöglichkeit von Steuer-/Statusdaten. Das R&D verspricht sich hier ganze neue Verbindungsmöglichkeiten von Stageboxen, Mischpulten, Sideracks, In-Ears usw. und das Ende analoger Unterverteilungen auf der Bühne. Wer Ultranet am Wing weiter nutzen will, schließt seine P16 an den Ultramet-Buchsen seiner Stagebox (wie einer Midas SD8) an. Langfristig wird es auch eine Converter-Box Stageconnect-Ultranet geben.
Monitormischer Midas DP48
Eine erste Anwendung für Stage Connect ist ein neuer kleiner Monitormischer für die Musiker auf der Bühne. Der DP48 bedient nun zwei Personen in einem Gerät (man kann das Gerät gedanklich in der Mitte teilen) und wurde um ein kleines LCD-Display und viele neue Features erweitert. Beispielsweise lassen sich Konfigurationen vom einen Mischer an den nächsten Mischer weiterreichen, oder es kann ein Mischer von einem zweiten Mischer kontrolliert und ferngesteuert werden, beispielsweise als Hilfestellung durch einen Monitor-Ingenieur. Eine weitere Möglichkeit ergibt sich durch die veränderte Anbindung an das Mischpult: In der Produktentwicklung hat man sich bestehende Lösungen mit solchen Mini-Mischern und Apps angesehen und bemerkt, dass man hier als Musiker mit der Einrichtung oft völlig überfordert ist. Geplant ist daher ein Weg, um vom „Hauptmischpult“ Behringer Wing aus schon die Konfigurationen der angeschlossenen personal Monitormixer vorzubereiten. Soll der Musiker zudem sein Signal drahtlos erhalten, muss der Sender nicht am Line-Out oder Kopfhörerausgang des Mischers, der ja auf der Bühne irgendwo beim Musiker steht, abgegriffen werden: Über einen eigenen 19″-Hub werden nicht nur bis zu vier DP48 mit Signalen und via PoE sternförmig vernetzt, sondern hier zentral zusätzlich alle Ausgänge ausgespielt. Wem die Vielzahl an Klinkenbuchsen dort nicht genehm ist, kann zudem ein XLR-Patchfeld hinzufügen, und so bleibt die Bühne von vielen zusätzlichen Kabeln befreit.
Wing und Stagebox Behringer S16: Update nötig
Viele Wing-Interessenten werden bereits aus der X32-Welt Stageboxen wie die Behringer S16 (oder deren Midas-Varianten mit etwas besseren Preamps) besitzen. Während die Mischpulte X32 und dessen Varianten sicher zum größten teil immer auf aktueller Firmware gehalten werden, kann die bei den S16 anders aussehen: Einmal ins Reck geschraubt, werden sie eher vergessen. Zudem waren den Release Notes zur S16-Firmware nie solch “attraktive” Feature-Neuheiten zu entlocken wie beim Mischpult selbst. Auch ist der Update-Prozess etwas umständlicher als beim X32. Hat man so eine S16 mit Jahre alter Firmware in Betrieb, wundert man sich bei der Verbindung mit der Wing: Ganz niedrige Eingangspegel, ist das Mikrofon defekt? Die Einstellung 48 V lässt sich auch nicht an die S16-Preamps übergeben. Aktiviert man die Phantompower direkt an der S16, wird sie direkt wieder von der Wing zurückgesetzt … die einfache Lösung: Für die Verbindung mit der Wing muss (im Gegensatz zum X32) die Firmware der Stagebox aktualisiert werden!
Wing-Software
Hardware und Firmware waren Ende 2019 so weit, dass das Pult bereits in der ersten/zweiten Dezemberwoche 2019 in Stückzahlen ausgeliefert wurde. Eine gegenüber den Developer Releases nochmal aufgefrischte Firmware 1.0 gab es ab dem 6. Dezember auf der Hersteller-Website, Erstbesteller sollten also auf jeden Fall direkt ein Update durchführen, damit z.B. auch der Front-USB aktiviert wird. (Tipp: einen USB-Stick nur entfernen, wenn die Access-LED erloschen ist). Nicht alle GUIs der Effekte sind in dieser FW1.0 fertig geworden, einige FX wie der attraktive Reverb VSS3 fehlen also noch.
Gegenüber den bereits im Umlauf befindlichen Vorversionen bot die Wing Firmware 1.0 (bzw. die kurz darauf fehlerbereinigte Wing Firmware 1.01 ) schnell nachgereichte Verbesserungen und ab dann ständige Aktualisierungen.
Wing Firmware 1.02
Am 6. 2. 2020 erschien die Wing Firmware 1.02.Eine der größten Erweiterungen: Die versprochenen Effekte des TC Electronics VSS3 Reverb wurden integriert. Einmal kann er eine Fülle von Effekt-Presets aufrufen, diese sind dann aber auch in vielen Einzelparametern erditierbar.Außerdem läuft nun auf dem Front-USB zusätzlich ein 4-Kanal Recorder-Player (wenn mit FAT32 formatiert). Das Kanal-Delay wurde durch Code-Optimierungen auf bis zu 8 m (23,3 ms) erweitert. Unterstützt wurden nun nicht nur die Apps Wing Copilot und Mixingstation, sondern auch die Midas I/O Boxen DL251, DL15x, DL231.
Wing Firmware 1.06 / 1.07
Mit der 1.06 und bald 1.07 wurde als Neuerung eingeführt, dass Updates nun auch über den USB-Anschluss via Setup-Menü möglich sein soll, ein angeschlossener Laptop (auf dem die Wing als externes Laufwerk gemundet wird) wäre dann nicht mehr nötig. Neben ganz viel Kleinkram bei den GPIOs, dem USB-Player, den Effekten und dem GUI insgesamt gibt es auch Verbesserungen im Routing incl. einer neuen Routing-Page: Vorher konnte es doch häufiger passieren, dass man sich etwas verlaufen hatte und es viele Missverständnisse gab, wo jetzt wie Kanäle und Quellen zu verbinden seien. Auch ein neuer Effekt ist hinzugekommen: Ein Dynamic EQ, der (nur) an der Position des Kanal-Gates alternativ eingefügt werden kann. Auch DAW-Unterstützung, MIDI-Support und Nutzung der Transportsteuerung / Jog-Wheel nehmen Fahrt auch – mit diesen Firmwares ist die Behringer Wing langsam ziemlich komplett. Unter den vielen Details: Im LCD-Scribble-Strip erscheint auf Wunsch die im Routing bzw. der Main-/Alt-Umschaltung gewählte Quelle.
(Bild: Detlef Hoepfner)
Wing Editor
Bezüglich externer Editoren gab es anfangs noch Zeitbedarf. Weder lassen sich im Moment Shows, Setups oder Presets aus der X32-Welt direkt importieren oder übertragen, noch gab es anfangs einen externen Editor. Anfang 2020 erschien mit dem WING Co-Pilot eine mobile Applikation (iOS/Android, JS/HTML5-basiert, entwickelt von Lars Uebags, Mohammad Shanaah, Hajo Simons, Joerg Aschenbach und Jake Fauvel). Wing Co-Pilot dient dem Setup/Patching auf der Bühne für eine Kanal-/Source-Benennung direkt auf der Bühne usw. Später soll sie auch den mobilen Mix und das Monitoring umfassen. MX-MIX für die gleichen Plattformen soll alle Modelle X32, M32, X-AIR und M-AIR bedienen und übergreifend einen einheitlichen Look zeigen, außerdem werden häufigere Updates für die aktuellen Betriebssysteme versprochen.
Mit einer Ende 2019 aktuellen Vorversion von Wing Copilot waren bereits einfache Vorbereitungen möglich. In diesem Screen sieht man beispielsweise, dass Kanal/Fader 3 mit Spur 3 des per USB an die Wing angeschlossenen Macbooks bzw. der darauf gestarteten DAW Reaper verbunden ist. Idee war hier, Reaper-Multitracks auf den Wing-internen SD-Recorder zu bekommen, ohne sich mit wav-Konvertierungen und dem Session-Format des Recorders herumzuschlagen. Nach erfolgtem “Recording” kommt dann in den Wing-Kanälen der im Copilot-Screen sichtbare Alt-Button zum Einsatz: Nun liegt Spur 3 des internen Recorders auf dem Channel, um die Multitracks von der SD-Karte abzuspielen.
Szenen und Einstellungen von der X32 auf Wing übertragen
Auch wenn Wing nicht unbedingt ein 1:1-Nachfolger des X32 ist – in vielen Anwendungen wird man mittelfristig überlegen, eine X32 um eine Wing zu ergänzen oder gar zu ersetzen. Selbst eine Übernahme von einzelnen Kanal-Presets ist aber nicht möglich, was gleichzeitig einerseits verständlich, aber auch nervig für diejenigen ist, die insbesondere in festen Spielstätten (in den USA z.B. ist das X32 extrem in den dortigen Kirchen verbreitet) arbeiten. Wenn nicht komplette Shows, so haben sie doch für einen Pool an Musikern viele Kanal-Presets erarbeitet. Anfangs zumindest wird es darauf hinauslaufen, die Einstellungen “zu Fuß” zu übertragen. Wer sich die X32-Presets im Texteditor anschaut, wird sich wundern, wie verändert deren Aufbau ist.
Vorsicht auch bei einer Werteübertragung der Filter: Wer sich einen Computer mit X32-Edit neben die Wing stellt, wird feststellen, dass da was nicht passt. X32-Edit gibt den Gütefaktor Q der Bänder an, in der Wing wurde aber anfangs mit Bandbreite B gearbeitet. Geändert wurde dies mit der Firmware 1.02 der Wing. Ganz auf dem Schlauch steht man hier natürlich, wenn man auf eine der optisch cooleren Retro-EQ-Emulationen wechseln will, die mit diversen phantasiereichen Einstellungen erfreuen. Immerhin kann man deren Kurvenverlauf in dem kleinen zusätzlichen Channel-Strip-Bildschirm verfolgen.
Als Übergang für die Early Adopters aber bietet sich als Software eine Alternative an: Seine „Mixing Station“ hat David Schumann schon bisher recht flott an diverse Digitalmixer von Allen&Heath über Soundcraft bis Behringer angepasst – Seite Februar 2020 unterstützt die Mixing Station auch die Wing.
Behringer Wing Compact oder Behringer Wing Rack?
Zur Veröffentlichung der Wing gibt es noch keinerlei Anzeichen, ob es eine Compact- oder gar Rack-Version der Wing geben wird, dazu müsste ja auch erst die Sammlung externer Editor-Software fertig werden. Man kann sich sicher vorstellen, dass eine kompakte Wing-Version Sinn macht, die sozusagen direkt rechts vom Touchscreen “abgesägt” würde: Ein zentraler Touchscreen, darunter drei oder vier Fader-Bänke, auf die man sich ja bequem eigene Fader-Layouts designen könnte. Auch die Gedanken über eine Midas-Version der Wing sind Anfang 2019 reine Spekulationen, zumal Midas mit Konzepten wie der Midas Heritage-D einen eigenen Weg geht.
Der Artikel liest sich ja wie eine Aufzählung von Superlativen, auch die wenigen I/O an der Pultrückseite, sind eine Einsparung an der richtigen Stelle. Wie sich die tollen neu eingebrachten Zusatzfunktionen bedienen lassen, wird sich beim Praxiseinsatz zeigen. Das Design finde ich super, alles in allem dürfte das noch den letzten “Behringer-Feind” nachdenklich machen, oder gar dazu zu bringen, sich bei der nächsten anstehenden Neuanschaffung, sich für ein Wing zu entscheiden.
Interessant wäre die Möglichkeit, per HTTP (Webserver) auf das Pult zuzugreifen, um es per Smartphone/Tablet fernsteuern zu können.
Bei einem Mitbewerber ist das Standard und bietet plattformübergreifend das selbe Benutzererlebnis.
Beim Wildwuchs der Mobilgeräte müssen so auch nicht für jedes System separate Apps gepflegt werden, es profitiert also auch der Hersteller.
Der Artikel liest sich ja wie eine Aufzählung von Superlativen, auch die wenigen I/O an der Pultrückseite, sind eine Einsparung an der richtigen Stelle. Wie sich die tollen neu eingebrachten Zusatzfunktionen bedienen lassen, wird sich beim Praxiseinsatz zeigen. Das Design finde ich super, alles in allem dürfte das noch den letzten “Behringer-Feind” nachdenklich machen, oder gar dazu zu bringen, sich bei der nächsten anstehenden Neuanschaffung, sich für ein Wing zu entscheiden.
Die wenigen Eingänge sind ein echtes Manko. Da hat das X32 die Nase vorn – gerade bei Leuten, die an analogen Synths herumschrauben wollen.