Wie installiert Phoenix des Lumières immersive Ausstellungen in einer ehemaligen Gasgebläsehalle?
von Dominik Roenneke, Artikel aus dem Archiv vom
Einst ein gigantisches Stahlwerk, heute eine gigantische Projektionshalle: In der Gasgebläsehalle des ehemaligen Hochofens „Phoenix West“ wird im „größten digitalen Kunstzentrum Dortmunds“ mit rund 100 Projektoren auf 13 m hohe Wandflächen projiziert.
Typisch für den Wandel im Ruhrgebiet ist, dass eine ausgediente Industrieanlage nicht dem Erdboden gleich gemacht wird, sondern als Zeitzeuge Bestand hat. Auch das Hochofenwerk Phoenix-West spiegelt das mit der Nutzung als Gewerbe- und Naherholungsgebiet nach der Stilllegung im Jahre 1998 wider. Das Industriedenkmal bietet nicht nur eine spannende Kulisse, sondern auch Raum für besondere Locations. Eine davon ist die ehemalige Gasgebläsehalle, die die benachbarten Hochöfen einst mit hoch erhitzter Luft versorgte. Seit Januar 2023 verwendet Culturespaces „die einzigartige Architektur der Gebäude, um die Werke berühmter Künstlerinnen und Künstler mit einem immersiven Erlebnis zu präsentieren“. Gemäß Konzept werden die Ausstellungen wechseln, aber die Medientechnik dahinter ist festinstalliert und für eine mindestens zehnjährige Nutzung vorgesehen. Seit dem Start zu Beginn des Jahres sind in der Immersive Exhibition Kunstwerke von Gustav Klimt und Friedensreich Hundertwasser zu sehen sowie die Ausstellung „Journey“ des türkischen Kreativstudios Nohlab.
Bruno Monnier, Gründer und Präsident von Culturespaces, beschreibt seinen Ansatz an die denkmalgeschützten Locations: „Bei jedem Gebäude legen wir Wert darauf, dass so viel wie möglich von dem Originalbau erhalten und weiterhin sichtbar bleibt. Wir sind bereits in der Herangehensweise sehr vorsichtig. So behandeln wir beispielsweise die Wände und Decken unserer Hallen mit einer ganz speziellen grauen Farbe, die sich nachher immer wieder rückstandslos abwaschen lässt. Wir versuchen, so wenig wie möglich zu verändern, damit wir den Ursprungszustand immer wieder herstellen können. Auch sonstige charakteristische Merkmale von Gebäuden erhalten wir und integrieren sie in unsere Ausstellungen. In Dortmund beispielsweise haben wir darauf geachtet, die alten Metallstreben an der Decke nicht zu verändern. Im Gegenteil: Wir haben sie – ebenso wie die Oberlichtfenster und Backsteinelemente unter der Decke – in die Ausstellung integriert.“
Damit ein Raum als geeignet eingestuft werden kann, benötigt Culturespace sehr hohe Decken und „viele, viele Quadratmeter große Wände“. Und das bietet die Gasgebläsehalle mit ihren 13m hohen Wänden bei einer Fläche von 3.000m². Auf 2.000m² davon erfolgt die immersive Ausstellung mit einer Gesamtprojektionsfläche von 5.600m². Dazu sind rund 100 Projektoren installiert. In Dortmund waren die Anforderungen an die Projektion laut Culturespace sehr spezifisch: „Wir brauchten einen großen, hohen Raum, der es den Zuschauern ermöglicht, in das Kunstwerk eintauchen zu können, so wie wir es bei unseren anderen immersiven Sites tun.“
Das Projektionslayout wurde von CADMOS, dem AV-Partner von Culturespaces, im Projekt Phoenix des Lumières entwickelt. Für die Projektion auf die riesigen Flächen wurden rund 100 Barco-Projektoren vorgesehen. Gregoire Monnier von Culturespaces begründet die Wahl der Projektoren: „Wir haben uns für eine Partnerschaft mit Barco entschieden, da sie für ihre hochwertigen 12.000-Lumen-Projektoren bekannt sind.“ Oberstes Ziel war es, dem Zuschauer ein qualitativ hochwertiges Erlebnis zu bieten, „das seinesgleichen sucht“. Bei der Wahl der Geräte waren die hohe Auflösung und eine sehr gute Farbgenauigkeit ausschlaggebend, um die Darstellungsqualität der berühmten Kunstwerke sicherzustellen.
Bei einer Raumprojektion befinden sich Projektionsflächen oft nebeneinander, was Nachteile durch Streulicht auf den benachbarten Flächen mit sich bringen kann. Abhilfe können Oberflächen mit einem optimierten „Gain“ (Leuchtdichtefaktor) schaffen. Gregoire Monnier: „Unsere Tests an diesem Ort zeigten, dass wir mit dieser [grauen] Farbe den bestmöglichen Kontrast erzielen. Wir erzielen einen Kontrast und minimieren gleichzeitig die Auswirkungen des von den Projektoren gestreuten Lichts.“ Mit dieser ausgestalteten Projektionsfläche werden auch die Übergangsbereiche zwischen zwei nebeneinanderliegenden Bildflächen auf einer Wand verbessert.
Für die Zuspielung wird ein sogenannter Primär-Server eingesetzt, der vor Ort die automatisierte Show steuert. Als Backup steht ein sogenannter Sekundär-Server parat: „Dieses System stellt sicher, dass die Hauptshow nie unterbrochen wird,“ so Gregoire Monnier. Ein dritter Server dient dazu, jederzeit andere Inhalte auszugeben oder an zusätzlichen Projekten arbeiten zu können. Dies vor dem Hintergrund, dass für die langjährige Festinstallation aufeinanderfolgende unterschiedliche Ausstellungen vorgesehen sind, die vorbereitet werden müssen. Die verwendete Hard- und Software stammt von Moduli Pi, einem französischen Anbieter. Die Server sind so dimensioniert, dass für alle unterschiedlichen Shows genügend Speicherkapazität vorhanden ist.
Das AV-Team hat über ein Microsoft Surface-Pro-Tablet Zugang zum Server und kann sich darüber mit der Software „Kinetic Designer“ verbinden. So kann die Projektion in der ehemaligen Gasgebläsehalle gesteuert werden. Das aktuelle Programm besteht aus drei Shows, die über den ganzen Tag zugespielt werden.
Das ist die Pixel-Gesamtanzahl der Rendering-Flächen, die Culturespaces für die Projektion in Dortmund angibt. Dabei liegen die größten Auflösungen von Einzeldateien bei 8.600 x 2.600px. Alle verwendeten Medien liegen HAP-encodiert vor (für hohe Auflösungen bei effizienter CPU-Auslastung), um die benötigten Qualitäten ausspielen zu können. Die Gesamtspeichergröße der drei aktuellen Shows liegt bei rund 10TB, die Daten werden von großen RAID-Laufwerken betriebssicher bereitgestellt.
Laut Gregoire Monnier wird eine sehr enge Zusammenarbeit mit Modulo Pi gepflegt: „Wir haben eine Version der Software Kinetic Designer, die auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten ist und ständig aktualisiert wird, um unseren Anforderungen gerecht zu werden.“
Die Ausstellungen sind temporär, die Installation jedoch ist dauerhaft. Über viele Jahre hinweg sollen in der Festinstallation mit ihrer ansprechenden Architektur aufmerksamkeitsstark neue Ausstellungen zu sehen sein. Das ist für viele Betrachter sicherlich lohnenswert und lädt zu weiteren Besuchen ein. Man darf also gespannt sein.
Culturespaces mit Sitz in Paris wurde 1990 von Bruno Monnier gegründet und hat sich auf das globale Management von europäischen Denkmälern, Museen und Kunstzentren spezialisiert. Culturespaces ist mit sechs Millionen Besucherinnen und Besuchern pro Jahr einer der führenden privaten Betreiber weltweit. Seit 2012 ist Culturespaces auch Anbieter von neun digitalen Kunstzentren weltweit, unter anderem in Paris, Amsterdam, Dubai, New York, Seoul und seit Januar 2023 in Dortmund. Das Konzept: immersive Kunst und digitale Ausstellungen mit den Werken berühmter, auch zeitgenössischer internationaler Künstler an ungewöhnlichen und historischen Locations technisch aufwendig und als emotionales Erlebnis zu inszenieren.