Mit Line-Arrays, die eine Vielzahl von Konfigurationsmöglichkeiten in der horizontalen Coverage bieten, bedient Bose bereits verschiedene Märkte. Mit der neuen Serie „Arena-Match“ greift man nun zu den größten Anwendungen – und kann zur Markteinführung bereits eine erste Installation in Eindhoven vorweisen
(Bild: Detlef Hoepfner)
Da Philips sein Stammwerk hier seit fast 130 Jahren beheimatet hat, kann man sich denken, wie das Stadion in Eindhoven heißt: Fast ebenso geschichtsträchtig wurde in der Nutzung zwischen Leichtathletik und Fußball hin und her gewechselt, die Tribünen immer wieder verändert und erweitert und schließlich auch noch die Stadionecken zugänglich gemacht, um auf das heutige Fassungsvermögen von fast 38.000 Plätzen zu kommen. Seit 2019 präsentiert sich das Stadion mit einer komplett neuen Beschallung, die ausgesprochen in die Jahre gekommen war. Herausforderung war dabei aber nicht allein die pure Größe der Tribünen: Das Einbringen von Lasten in das Dach gestaltete sich ausgesprochen kritisch. Zwei Umstände waren dabei hinderlich: Einmal wurden zusätzliche Gewichte von statischer Seite nicht gerne gesehen. So wurde dann auch sorgsam jedes demontierte und abgelassene Material am Boden erfasst und gewogen. Danach durfte dann das nächste Neumaterial seinen Weg nach oben antreten. Ein Grund dafür liegt in der aufwändigen Heizungsanlage, deren schwere Strahler (optisch leicht mit Lautsprechern zu ver- wechseln, aber bei unserem frostig-kalten Ortstermin leider außer Betrieb …) dicht an dicht im Dach montiert sind. Außerdem wurden auch einige Wunschpositionen, auf die man aus akustischer Sicht gerne einen neuen Lautsprecher optimal platziert hätte, von Seiten der Statiker nicht zugelassen. Umso wichtiger also, dass man die verbleibenden Möglichkeiten optimal nutzte.
Anzeige
Nicht belastbar: Enge unterm Stadiondach
Zeitlich zusammen fiel mit dem Wunsch, das Stadion audioseitig auf den Stand der Technik zu bringen, die Markteinführung der neuen Arena-Match-Serie von Bose, sodass – besonders erfreulich natürlich für das zunehmend ausgebaute Europa-Team der Profiabteilung von Bose – der Serienstart gleich mit einer fertigen Installation in einem europäischen Stadion begangen werden konnte. Boses Philosophie ist bei diesen Serien, dass man den geforderten Ansprüchen an die Coverage mit einer Vielzahl an Modellen und Optionen entgegenkommt. Gerade, wenn ein Line-Array nicht optimal über den Besuchern positioniert werden kann, hilft natürlich, wenn man vom gegebenen Punkt aus die Coverage im Line-Array so anpassen kann, dass die Zonen in den Hörflächen bestmöglich abzudecken sind. Und das betrifft beim Arena-Match beide Dimensionen – vertikal und horizontal.
Dazu gibt es die drei Module AM10, AM 20 und AM40 mit der vertikalen Abstrahlung von 10°, 20° und 40 Grad. Die Module werden fix miteinander verbunden – es werden keine Winkel variiert. Damit ist bereits eine gute Pegel- und Coverage-Adaption in der Tiefe möglich, und zwar sozusagen schon konstruktionsseitig. Ähnlich verfährt man mit der horizontalen Abstrahlung, wobei die Winkel hier über wechselnde Waveguides zwischen 60°, 80°, oder 100° getauscht werden. Augenzwinkernd spricht der Bose-Support beim Ortstermin davon, dass Last-minute-Änderungen in den Projektanforderungen heutzutage natüüürlich theoretisch niemals vorkommen würden, aber wenn – dann ist hier schnell Abhilfe geschaffen. Auch asymmetrische Abstrahlwinkel lassen sich so realisieren.
Die AM40 ist außerdem auch einzeln für Punktschallquellen-Applikationen gedacht, muss also nicht zwingend als aus mehreren Modulen bestehende Linie verbaut werden. Angesteuert werden sie über Boses Power-Match-Verstärkern und die Control-Space-DSPs, bei den Amps hat Bose mittelfristig auch eine weitere Leistungssteigerung im Visier.
Coverage-Puzzle
In Eindhoven landete man in der Planung, bei der man sich von den Montagepunkten per unterschiedlicher Module in die Tribünentiefe und dann Linie neben Linie in der Breite vorarbeitete, bei 22 Clustern mit insgesamt 5,7 Tonnen Gewicht. Verbaut sind hauptsächlich (82) AM100x20 plus 34 × AM100x10. Hinzu kommen acht AM100x40 und je vier AM80x20 und AM60x10. Damit habe man für 90 Prozent der Plätze eine Gleichmäßigkeit des Direktschalls zwischen 1–4 kHz von +/-3 dB erreicht, so Regional Sales Engineer Jørgen Allen.
Dass den Anwender nicht interessieren würde, was im Produkt verbaut wurde – diese Meinung vertritt das Bose-Engineering bei unserem Treffen ganz und gar nicht, man ist im Gegenteil recht stolz auf die verwendeten Komponenten: Jeweils ein 14-Zoll-Neodym-Woofer plus nicht weniger als sechs Kompressionstreiber Bose EMB2S mit Titanmembran arbeiten in den nach IP55 wettergeschützten Modulen. Diese Wetterbeständigkeit ist gar nicht so unaufwändig herzustellen: Arena-Match wird durch eine Frontabdeckung aus drei Schichten Edelstahl geschützt, eine wasserbeständige Woofer-Beschichtung, eine stabile Polyurethan-Gehäusebeschichtung sowie eine dichte Abdeckung der Anschlüsse. Interne Stahlverstrebungen und M12-Gewinde dienen der sicheren Montage. Zu den weiteren Features gehören Bi-Amping-Funktion, Passiv-Frequenzweiche und 70/100-Volt-Übertrageranschlüssen. Dass EN54 in Europa wichtig ist, hat Bose auch auf dem Schirm und arbeitet an der Zertifizierung.
In den meisten Anwendungen braucht man nicht nur die großkalibrigen Werkzeuge, sondern auch noch Unterstützung unter Balkonen, in Gängen, Nebenräumen usw. Daher wird die Serie durch einen kräftigen „Utility“-Nebenarm in fünf Größenabstufungen ergänzt. In dieser Serie wird der gleiche Treiber EMB2S verbaut, der je nach Montageort in der Abstrahlung gedreht werden kann. Auch diese Serie ist wettergeschützt nach IP55. Darüber hinaus bietet man auch die neue Serie Design-Max an: Zwölf Modelle vom Deckenlautsprecher bis zur Kompaktbox. Übrigens mit sehr pfiffiger Montage und Winkeleinstellung, die unsichtbar in der Box verborgen ist und erst nach Abnahme des Frontgrills zugänglich ist, denn wer kennt das nicht: Lautsprecher picobello ausgerichtet, aber nach ein paar Wochen ist er in irgendeine Richtung geschubst und verdreht.
Wie klingt sowas nun? Auch wenn man sich schnell in den Tribünen bewegte (bei den Temperaturen um Null Anfang Februar eh empfehlenswert), waren kaum Übergänge zwischen den Systemen zu hören, sowohl in der Breite wie in der Tiefe der Fläche. Das amerikanische Produkt-Team hatte natürlich schön fette, vorproduzierte Tracks und Vocals mitgebracht, und die Stadionhälfte gegenüber zur Demo abgeschaltet. Immerhin legt der RT60 im komplett besetzten Stadion von knapp 4 s bei 50 Hz und rund 2 s im Mitteltonbereich nochmal 1,5 bis ganze zwei Sekunden zu, wenn das Stadion so komplett leer bespielt wird – was ja hoffentlich nicht so oft vorkommen wird. Aber das Potential der Anlage wurde damit natürlich auch besonders sichtbar, und satte Einspielungen werden bei Sport-Events immer wichtiger – die 14″-Woofer machten jedenfalls ordentlich Druck und man ist schon erstaunt, wie gut der Sound trotz der großen Ab- stände der Line-Arrays zueinader bleibt.
Die Eindhovener Öfen unterm Dach werden sich also künftig anstrengen müssen, beim Einheizen der Fans nicht hinter die neue Beschallung zurückzufallen!