Mit 18.000 Sitzplätzen ist die Lanxess-Arena eine der größten Mehrzweckhallen Deutschlands und ein wichtiger kultureller und sportrelevanter Mittelpunkt in der Millionenstadt Köln. Entsprechend kritisch wurde in der Vergangenheit die Soundqualität in der Halle betrachtet. Seit dem letzten Umbau positioniert sich die ehemalige Kölnarena deutlich vorne. Mit Michael Häck sprachen wir über die Anforderungen des Spielbetriebs und Maßnahmen, die das Soundsystem für das nächste Jahrzehnt fit machen.
Die Soundqualität in deutschen Hallen – ein nicht unbedingt durchgängig ruhmreiches Thema. Im besten Fall ist sie … „unterschiedlich“, und ein Schuldiger natürlich immer schnell gefunden. Sicher als Glücksfall kann man daher ansehen, dass die Betreiber in Köln Michael Häck seit etlichen Jahren ihr Vertrauen schenken, dass er dieses Qualitätslevel nach vorne bringen kann. Michael Häck – vor allem bekannt durch seine intensiven Audio- und Messtechnik-Trainings, und im ständigen Kontakt mit den in Köln Station machenden Tourneeproduktionen – sieht die Arena in einer Reihe mit vielen internationalen Spielstätten: „Wir kennen die Herausforderungen von ganz vielen Arenen. Ich spreche hier ja dauernd mit den Amerikanern, Engländern, Australiern, alle sagen: Das ist eine ganz typische 08/15-Arena, die es seit den letzten zehn Jahren weltweit hunderte Male gibt.“
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Tatsächlich ist es Michael Häck aber in den letzten Jahren beispielsweise gelungen, rundum auf diversen Betonflächen absorbierendes Material aufbringen zu lassen. Das verbesserte die Akustik, es verblieben die riesigen Glasflächen vor den wichtigen Logen. „Aus meiner Sicht war das einzige Hilfsmittel, um den ganzen Produktionen entgegen zu kommen, dafür zu sorgen, dass in der Arena selber noch mehr verbessert werden muss. Alle haben das Problem, dass man immer wieder auf das Glas kommt. Entweder man hat aus Fehlern gelernt und die Glasfläche reduziert, oder die Logenhöhe anders gebaut, einen Sturz über dem Glas eingefügt, oder es schräg gehalten. Aber machen wir uns nix vor: Der Akustiker wird meist erst gar nicht reingelassen, sondern es geht darum, Sport zu vermarkten, Massen zu vermarkten – und nicht darum, Konzerte oder Akustik glänzen zu lassen. Ich habe hier jahrelang geheult: Wenn man hier etwas verbessern will, muss das Glas raus!“ Und tatsächlich: Das Management konnte überzeugt werden, die Glasflächen fast komplett zurückzubauen. Michael Häck hört seitdem nur positive Rückmeldungen: „Das ist zum Erfolg geworden. Alle partizipieren davon: die Produktion, der Kollege am Mischpult, der Systemer, die Gäste in den Logen usw.“
Beschallungs-Update für neue Nutzungsanforderungen
Wenn die Hallenakustik selbst bereits so einen Sprung nach vorne machte, warum wurden dann noch technische Komponenten der Audioanlage, die in den letzten Jahren immer wieder optimiert wurde, ersetzt? Anlass war laut Michael Häck, dass der Support für die einige veraltete d&b-Endstufen und Lautsprecher auslief, und hier eine Lösung gefunden werden musste. „Die Zeit dieser analogen Technik ist einfach ausgelaufen. Nun ging es darum, das Material schnellstmöglich auszutauschen, weil unsere Anlage auch die Evakuierungsmaßnahmen vornimmt: Sie ist nicht nur eine reine Beschallungsanlage, sondern auch für die Alarmierung zuständig. Die alte Anlage war aber eher auf Sprache konzipiert, und natürlich sollte auch Musik gespielt werden. Man muss sich eher so eine ganz gute Fullrange-Box vorstellen. Da heutzutage so viel Musik zugespielt wird – wie bei der jährlichen Handball Final 4 Champions League – machst du damit heute keinen mehr glücklich.“
»Viele Sportveranstaltungen bestehen bis zu 70 % aus DJ, plus ein bisschen Moderation. Da soll das Publikum nicht nur hören, dass irgendwo Musik läuft, sondern denken: Oh, das kann man gerne etwas lauter machen!«
Michael Häck | Audio Consultant der Lanxess-Arena
Mit dem Sport spricht Michael einen wichtigen Programmanteil in der Halle an: „Wir haben mittlerweile sehr viele Sportveranstaltungen, die mitunter aus 70 % DJ bestehen, plus ein bisschen Moderation. Handball, drei Wochen lang Eishockey-WM – da hast du am Tag acht Stunden DJ laufen und ein wenig Moderation. Da möchte ich natürlich dafür sorgen, dass das Publikums nicht nur hört, dass irgendwo Musik läuft, sondern denkt: oh, das kann man gerne etwas lauter machen! Und ich wollte überhaupt mal eine Chance bieten, etwas mit den Bässen zu spielen, um die Emotionen noch mehr anzuregen.“
Marktorientierung aus Hallenperspektive
Allein über die ständigen Gastproduktionen in der Arena gab es bereits einen guten Marktüberblick: „Das ist der große Vorteil, wenn man in einer solchen Halle tätig ist. Als audiophiler Mensch sauge ich mir alle einzelnen Details heraus. Ich höre: Es klingt bei einer Produktion so und so – aber warum, wie erreichen sie das, wie ist die Technologie dahinter?“ Michael Häck erstellte also eine Grundkonfiguration, die sowohl verbesserte STI- als auch SPL-Werte erzielen sollte, plus eine Erweiterung im Bassbereich. Mehrere Anbieter stellten ihre Konzepte vor und es gab Probeaufbauten, um verschiedene Dinge zu hören und zu testen.
»Der erste Eindruck entscheidet, so wie ich das von vielen Zuschauern kenne: entweder ist das Ding in den ersten 10 Sekunden gegessen oder es geht los mit: Naja, da müssen wir noch dran arbeiten, hier und da könnten wir noch …«
Michael Häck | Audio Consultant der Lanxess-Arena
Installiert wurde schließlich eine Lösung von TW Audio – einem Anbieter, dessen Produkte eigentlich gerade nicht ständig in der Lanxess Arena zu Gast sind, aber auf das Interesse von Michael Häck trafen. „Ich musste TW Audio dann richtig überzeugen, auch einmal nach Köln zu kommen, damit wir einen Live-Test machen und für zwei Tage Lautsprecher aufhängen konnten.“ Ausgewählt wurde als Veranstaltung die „Lachende Kölnarena“. Sie legt, so Michael Häck, die Messlatte für ein Beschallungssystem extrem nach oben: „Weil die Meute so laut ist: 2.000 Tamburins spielen mit der eigenen 1 irgendwo mit, und der Zuhörfaktor ist gewaltig oder gar nicht da. Es kommen so viele Dinge zusammen, das sind enormste Anforderungen an das Beschallungsteam, damit es mit 90 % Glücklichkeit durchkommt.“
Für den Test wurde nicht das Main-System aufgebaut, sondern das Outfill. Nach Michael Häcks Vorgaben wurde predicted und umgesetzt. Das Ergebnis war überzeugend: „Der erste Eindruck entscheidet, so wie ich das von vielen Zuschauern kenne: Entweder ist das Ding in den ersten 10 Sekunden gegessen – oder es geht los mit ,naja, da müssen wir noch dran arbeiten, hier und da könnten wir noch …‘ Und hier war der erste Höreindruck derart prägend! Die Stimme war immer vorne, egal welche Band gespielt hat – wir bekommen mitunter vier, fünf Bands mit einer Stereosumme. Das ist es eigentlich, was die Halle erfordert: Dass die Stimme immer ganz weich davor liegt und es für keinen Mischer eine Kunst ist, jetzt aus diesem Getümmel den kölschen Text noch mal nach vorne zu bringen. Egal, wie dein Mix angelegt oder wie das Ding vorher produziert ist – Klarheit und Wortverständlichkeit, tonal für mich wunderbar ausgeglichen.“ Daraufhin hat TW Audio dann auch ein Angebot abgegeben.
Strukturaufbau, nicht nur Boxen-Tausch
Aber es machte keinen Sinn, jetzt nur das Endprodukt Lautsprecher zu tauschen, sondern betroffen war auch das ganze Netzwerk, das davor hängt: Die Verteilung, die Überwachung plus der vorgeschriebenen Überwachung auch der Einzelkomponenten. Hier bot sich ein Weiterdenken in Richtung der Lab.gruppen-Verstärker mit integrierten TesiraDSPs von Biamp an. Marco Deinl von TW Audio: „Unter den Anbietern waren wir so etwas wie der „Under-Dog“ – eben nicht dauerpräsent. Unser Angebotsziel war: Alle Unwägbarkeiten doch zu erfassen und ein Offer zu erstellen, welches fix war. Kein Nachtrag – Planungssicherheit für die Investoren. Eine Herausforderung vom Schukostecker bis zur Signalmatrix über Sonderanfertigungen alles zu berücksichtigen. Deswegen haben wir frühzeitig Marco Hendel als Applications Engineer von Biamp einbezogen, Wasgan Wolski, der bei uns die Preset- und DSP-Arbeit macht und Stefan Ullrich, zuständig für Sonderkonstruktionsbau sowie die Umsetzung vor Ort. In die Planung ist dementsprechend viel Vorleistung geflossen, aber die Zusammenarbeit mit allen Projektbeteiligten war eine reine Freude und dabei noch sehr effizient. Letztlich haben wir ein 360-GradKonzept angewendet mit den Partnerfirmen, und wir waren der Generalunternehmer.“
Marco Hendel weist auch auf die Besonderheiten eines solchen Projektes hin: „Biamp ist eher im Konferenz-/Corporate-Markt beheimatet: Wir machen Konferenzräume, EchoCanceling, Sprachverstärkung in kleinen Räumen, und nicht Performance-Anwendungen. Wir haben hier kennengelernt, wie so etwas aufgebaut wird und welche Kette dann noch hinter uns hängt. Dass wir so was von den Funktionen und den Audiospezifikationen können, war klar. Neu waren die Ansprüche an die Verfügbarkeit, und dass es keinen Kompromiss gibt, wenn mal was nicht läuft. Ein Geschäftsführer ist auch, sagen wir mal, angesäuert, wenn er seine Rede nicht halten kann und das Meeting abgesagt werden muss. Aber hier geht es um was, die Anlage muss immer ‚da‘ sein. Es gibt auf dem Markt wenige DSP-Produkte, die wirklich auf diese Anforderung gepasst hätten. Es gibt zwar ein paar frei programmierbare Lösungen, wo ich mit einem leeren Blatt beginne und meine DSP-Signalstruktur freihand anlege; mit einer fixen Struktur hätte man das schwierig hinbekommen. Aber es geht ja nicht nur darum, flexibel zu sein, um diese ganze Alarmierungslogik reinzupacken: Es gibt auch den Anspruch, eine vernünftige Soundqualität in den Raum zu bringen. Man braucht eine Gruppenlaufzeit, die überall identisch ist – jeder einzelne Lautsprecher muss phasensynchron zum anderen sein, egal ob er am Anfang oder Ende vom Netzwerk ist. Lauter Punkte, bei denen man sich denkt: Wie machen wir denn das? Bei uns ist der Vorteil, dass im Prinzip alles in einer Konfiguration drin ist und auch die Amps mit ihrer eigenen Laufzeit mit eingerechnet werden. So kann ich ein Signal egal von wo nach wo schicken: Ich weiß, wie lange es braucht, wie viel Latenz dazwischen ist.
Wenn also Michael Häck seine Delays zwischen den einzelnen Clustern eingestellt hat, dann bleibt das so – egal, von welchem Punkt ich einspeise. Hinzu kommen Funktionen wie vernünftige Presets mit FIR-Filtern. Auch Redundanz war ein Thema: Man bekommt nicht nur mit, wenn irgendwo ein Lautsprecher ausfällt oder eine Endstufe, sondern dass auch im Falle eines Ausfalls nicht die gesamte Anlage in Mitleidenschaft gezogen wird. Theoretisch könnte ich hingehen und die Glasfaser durchschneiden, die hoch in den Videowürfel geht und ich hätte immer noch die Chance, eine Alarmierungsdurchsage zu machen. Dann geht vielleicht nur noch die Hälfte der Lautsprecher, aber die Leute würden sie noch verstehen.“
Tourproduktionen einfacher integrieren
Diese gleichzeitige Funktion als Alarmierung und verteiltes System, das auch externe Produktionen partiell unterstützen kann, sollte sich dann als „Killer Feature“ herausstellen. Wasgan Wolski: „Für diese verschiedenen Anforderungen wie die Backupstrategien haben wir das Preset-Design anpassen können, den Input- und den Output-Teil voneinander getrennt, um verschiedene Konzepte zur ermöglichen, auch mit verschiedenen Einspeisungen. Wir haben den Signal-Flow so geplant, dass wir auch bei Ausfall eines beliebigen Gerätes immer noch an dem Lautsprecher das Alarmierungssignal bekommen. Die Struktur der Presets ist auch der Möglichkeit geschuldet, externe Signale in die Anlage einspeisen zu können. Zum Beispiel einige Lautsprecher auch als Delay zu verwenden. Gleichzeitig musste ich schaffen, verschiedene zeitliche Nullpunkte im System zu haben: Einmal für die Alarmierung – die soll ja aus der Mitte herauskommen – und einmal als Delay Line für verschiedene Lautsprecher. Dass das dann immer korrekt ist, war eine Herausforderung. Wir schicken fast 120 Audiokanäle durch die Matrixen auf die Lautsprecher hoch.“
Beispiel Philipp Poisel
Michael Häck ist von dem praktischen Nutzen dieser Struktur im Hallen-Alltag begeistert: „Wir hatten vorher schon ein DSP-gestütztes System, welches mir Matrix-Möglichkeiten erlaubt hat, aber ich musste immer im Hinterkopf haben: Wenn du das und das machst, geht dann überhaupt noch die Alarmierung? Nun habe ich eine Alarmierung, und darüber gelegt zusätzlich freie Möglichkeiten, z. B. aus drei verschiedenen Positionen eine Fremdproduktion, unser eigenes Mischpult und noch irgendwo eine dritte Quelle, die ins System kommt. Die können so kommunizieren, dass Signalanteile mit unterschiedlichen Delayzeiten irgendwo wieder rausfallen, auch nur partiell aus zwei Lautsprechern. Es ist für mich in der Praxis nun natürlich anstrengend, das erst mal mit dem Signalflow im Kopf so einfach wie möglich zu stricken, aber es ist nun möglich. Ein ganz praktisches Beispiel dazu: Wir hatten Philipp Poisel als Gast, mit einer End-Stage und eine sehr aufwändige B-Stage genau unter dem Würfel. Er hat für die B-Stage extra selber noch mal eine Center-Beschallung mitgebracht. Er konnte mir zwei Feeds geben. Wir haben für die End-Stage den Oberrang dazugenommen, getimt auf seine Main-PA. Dann ein separates Signal, und der Oberrang diente als Delay für die Center-Positionen. Es gab einen nahtlosen Übergang auf die B-Stage – das wäre vorher niemals gegangen. „Das ist ein Riesenschritt nach vorne, alleine nur beim Signalfluss, und das innerhalb einer Festinstallation. Wir kennen solche Lösungen schon lange, wenn wir z.B. mit Timax unterwegs sind. Aber die sind dann für die Produktion – nicht für die Installation in der Halle.“
Das Thema „komplexe Audiotechnik in der Festinstallation“ kann ja aber auch schief gehen, wie man sich aus der einen oder anderen Historie erinnert: Wenn der große Audio-Guru weitergezogen ist, weiß niemand mehr, wie so etwas bedient wird. Es ist kaputt oder auf jeden Fall verstellt – und niemand weiß mehr, wo die Null ist. Droht diese Gefahr jetzt auch in der Lanxess-Arena? Michael Häck bleibt da gelassen: „Ich habe dafür gesorgt, dass zwei weitere Kollegen durchblicken und sie wissen: wenn es da blinkt, dann kommt ein Signal da und da an. Der Rest ist über eine reine Preset-Struktur aufrufbar. Also eine typische Position ‚Show End-Stage‘ oder ‚Eishockey Center‘ oder ‚Gast 1‘, ‚Gast 2‘ usw. Man ruft das Preset auf, und dann bekommt man z. B. den Input automatisch aus der Hausregie raus, weil wir selber den KEC beschallen. Oder wir haben Basketball mit den RheinStars, dann kommen die über einen AK reingeflogen, das ist alles schon hinterlegt. Dann heißt es automatisch: die und die Lautsprecher sind aus, weil da kein Publikum sitzt – aber man ist immer sicher: Die Alarmierung läuft! Ich brauche mir nie mehr die Gedanken zu machen ‚wenn ich hier mute, kommt keine Alarmierung mehr raus!‘ Es wird einfach nur das gerade eingespeiste Audiosignal dort nicht ausgespielt.“
Sichere Anpassung an wechselnde Hallenbesetzung
Der nächste Vorteil durch die neue Netzwerktechnik ist, dass Arrays nicht nur mit einem, sondern mit unterschiedlichen Feeds angefahren werden können. Michael Häck: „Die Alarmierung geht immer auf alles, aber ansonsten möchte ich aus meinen Zonen nur die oberen zwei haben. Wenn eine Produktion reinkommt und nur bis zu einem bestimmten Punkt reicht, ist das kein Problem. Zum Beispiel kann ich dir die Logen separat zuschalten, ich messe dir das ein und dann sind die Logen und wir alle glücklich. Oder umgekehrt: Bei Basketball ist keiner in den Logen. Also warum soll ich dann da Energie reinfüttern? Oder ich mache den ganzen Norden aus, weil erst ab dem Würfel in den Süden gespielt wird. Ich rege also nicht unnötig Energie in dem Raum an, weil ich Bereiche sinnvoll ausschalten kann. Das ist ein gewaltiger Schritt.“
Das ist eine Veränderung, die ja logistische Vorteile verspricht – und damit sicher auch Kosten spart? „Ja klar, früher hat man sich drei Positionen gesucht: ‚Traversen, Lautsprecher rein, Amps … ach nein, besser aktiv. Aber wir haben nur welche mit Amps, wo packen wir die hin? Zu Fuß, dann kommt ein Kabel runter, das sieht schrecklich aus … vier Ampracks im Catwalk und Kabel runter sieht dagegen schick aus. Aber für eine Show, bei der vielleicht drei Delay-Lines benötigt werden – wer bezahlt das dann? Eigentlich keiner.‘ Das alles gibt es nicht mehr. Ich kommuniziere mit den reinkommenden Kollegen, was sie mitbringen. Gerade die kleineren Produktionen in der sog. Theatervariante, die eher für den Innenraum gedacht ist, haben oft zu wenig dabei, weil wir vertikal ansteigende Flächen und locker acht Meter zu bewerkstelligen haben. Wir sehen dann, wie weit sie mit dem mitgebrachten Material kommen, den Rest können wir auffüttern. Das sind für mich theoretisch 30 Minuten Arbeit, und dann sind die Kollegen zufrieden.“
TW Audio VERA36 und hallenspezifische Cradles
Was wurde nun verbaut? Zu hören sind jetzt 56 Stück TW Audio VERA36 in der Installationsversion sowie 16 × CardioSubwoofer S33 an vier Punkten. Dazu gibt es fünf T24N, die unter dem Würfel hängen und für die Theatervariante an einer Truss noch mal jeweils zwei. Als Amping dienen 18 vierkanalige Lab.gruppen-Modelle inkl. Tesira-Option. Mechanisch waren einige Sonderlösungen nötig: „Die alten Hängepunkte sind übernommen worden, von dort kommen die Motorketten hinunter – das war’s. Ab Kette gab es unseren Wunsch an TW-Audio, dass es bestimmte Ausrichtungsmöglichkeiten gibt und dass es klasse aussieht. Die Bässe hängen nun neben dem Array, so dass entsprechend ausbalanciert werden musste. Und es gibt eine Feinverstellung für die horizontale Ausrichtung.“ Marco Deinl: „Ein minimaler Drift in eine Richtung kann die korrekte tonale Ausrichtung der Arrays im ,Zielbereich‘ auf Distanz zunichte machen. Am Ende wurde es ein ‚filigran einstellbarer, aber massiver‘ Cradle – eine spezielle Arbeit der Konstruktionsabteilung. Darüber hinaus musste man sich bei einem 24/7-System Gedanken über die Zugänglichkeit und Belüftung der Ampracks machen, Hängepunkte mit Spezialhalterungen, etc. Unsere Erfahrung zeigt uns: Jede Installation ist anders, mit eigenen Regeln und Vorstellungen der Techniker und Investoren – wenig funktioniert von der Stange. Aber gerade diese Individualisierungen sind unsere Stärke. Dies geht weit über die Generierung eines Tonsystems hinaus.“
Bild: Detlef Hoepfner
Bild: TW Audio
Bild: TW Audio
Praktisch umgesetzt wurde der Umbau in rund zwei Wochen, knapp fünf Monate vergingen zwischen Auftrag und Einbau. Alle Beteiligten – Michael Häck als Vertreter der Halle, Marco Deinl von TW Audio und Marco Hendel von Biamp – sind sich sicher, dass eine so schlanke Struktur einem zügigen, fehlerarmen Projekt zugute kommt, oder wie Michael Häck feststellt: „Man muss eine solche Baustelle nicht mit drei Unterfachabteilungen aufblähen.“ Was für ihn besonders im Mittelpunkt stand? „Für mich geht es eigentlich nur darum: Es muss klingen. Es muss natürlich die ganzen Normen erfüllen, aber danach ist an erster Stelle: es muss klingen! Warum und weshalb, ist mir völlig egal – ihr müsst dafür sorgen. Und ich will mir keine Gedanken darüber machen, was passiert, wenn ich da und da was einspeise – dann ist es leider immer 4 ms später, weil es über den anderen DSP läuft – da werde ich ja wahnsinnig.“ Als besonders gelungen empfindet er die Integration der neuen Komponenten in die verbliebenen Anlagenteile: „Der ganze Oberrang ist d&b geblieben, dort wurden im Vorfeld die Amps erneuert, damit der Oberrang für sich autark durch die TÜV-Abnahme durchkommt und der Service gewährleistet bleibt. Rein fachlich und sachlich gibt es keinen Grund, den Oberrang zu erneuern. TW Audio hat oben die d&b Lautsprecher mittels FIR so bearbeitet, dass wir praktisch einen Phasengang mit vier verschiedenen Lautsprechern haben. Egal, wo du stehst – es kommt nicht zur Auslöschung, oder dass man hört: hier ist eine VERA 36, dort eine uralte C4 oder eine C7 und eine Max darunter. Es sind Lautsprecher, die natürlich von sich aus einen anderen Klangcharakter haben, aber im Zusammenspiel im Übergang klingt es eigentlich wie ein Lautsprecher, es wird nur weiter nach oben transportiert.“
Sound-Bedeutung für den Investor
Die Zufriedenheit der Besucher steht für ein Arena-Management an hoher Stelle. Aber was, wenn eine Veranstaltung „aus dem Ruder läuft“? Michael Häck weiß: „Wenn es Beschwerden am Infocounter gibt, dauert es keine zwei Minuten, dann geht das Telefon und ich habe den Geschäftsführer dran und er will von mir genau definiert in zwei Sätzen erklärt haben, woran es liegt. Dazu habe ich mir jetzt eine Ausdrucksweise angewöhnt, die auch einem nichtaudiophilen Menschen nachvollziehbar ist. Für ihn ist es ganz wichtig zu erfahren: geht das Problem mehr auf die Halle, die Produktion oder kommen wir zusammen nicht klar? Es stellt sich dann die Frage, ob man mit der Produktion reden kann, aber wie man selber weiß, wenn die Kiste einmal läuft, läuft sie. Viele haben ja Doppelshows, da kann man dann versuchen, bei der zweiten Show auf dem diplomatischen Weg mit dem Systemer oder FOH zu sprechen. Aber bei ganz vielen Produktionen ist das gar nicht möglich. Das führt natürlich immer noch dazu, dass wir auch negative Erlebnisse hier haben. Die Spannbreite umfasst jetzt aber viel mehr gute und akzeptable Ergebnisse als in der Vergangenheit.“
»Wenn es Beschwerden am Infocounter gibt, dauert es keine zwei Minuten, dann geht das Telefon und ich habe den Geschäftsführer dran und er will von mir genau definiert in zwei Sätzen erklärt haben, woran es liegt.«
Michael Häck
Einen wichtigen Anteil an dem neuen Sound haben die neu eingebrachten Subs – aber wie überzeugt man einen Investor von Subwoofern, der sich vermutlich fragt: Ich kenne keine Halle mit 16 Bassboxen, will er Disco machen? „Ein Investor hat natürlich eine ganz andere Sichtweise. Ich habe versucht zu erklären, was für mich Fullrange bedeutet. Wie das Erlebnis ist, wenn man Musik hört, wenn man wirklich alle Instrumente hört.
Es geht ja gar nicht um Lautstärke. Ich wusste, wenn wir hier eine neue Anlage einbauen, habe ich nicht noch einmal drei Jahre, in denen wir sagen: jetzt bauen wir noch mal das dazu und noch einmal jenes dazu. Es wird einmal eingebaut und dann soll das möglichst 10 oder 15 Jahre laufen. Aber ab dem Zeitpunkt, als es hing, hat mich kein Einziger darauf angesprochen, dass man ja hört, dass das eigentlich viel zu viele Boxen sind. Es wurde sofort akzeptiert und es gab keine Diskussion mehr. Es war in sich rund, ja, so wollen wir Musik hören.
Wir haben das hier noch nie so gehört – alle zufrieden. Wir hatten bisher nie eigene Basslautsprecher in der Arena, weder mobil noch um sie aus dem Dach herabzulassen. Ich habe dann durchgesetzt, dass wir das in der Grundkonfiguration mit drin haben. TW Audio hat den Vorteil, dass sie in sich selbst cardioide Subs produzieren. Also dass ich mir nicht aufwändig selbst etwas basteln muss, was ja auch geht und funktioniert, aber in dieser Kompaktheit nicht möglich ist. Jetzt haben wir vier Arrays zu je vier Subs, die in sich cardioid sind, aber im Vergleich zu den Tops so viel Leistung bringen, dass es ein ausgewogenes Klangbild gibt. Das geht runter bis 35 Hz, wo man dann sagt, ja, so stelle ich mir einen Sound vor wenn ich hier etwas einspiele‘ – egal wie schrecklich oder wie gut jetzt die Quelle produziert ist. Aber ich erfahre erst mal überhaupt alles. Wenn man hier Einlass hat vom KEC, bei dem klassisch AC/DC läuft, dachte man bisher: ,na ja, das Stück kenne ich‘. Aber wenn man jetzt hier ist, denkt man: ,Ach, so klingt das Stück eigentlich! Das habe ich ja noch nicht mal zu Hause so erfahren!‘ So groß ist der Unterschied. DJs, die hier gearbeitet haben, drehten sich mit einem breiten Grinsen zu mir rüber und sagten: Das macht jetzt aber Spaß, den Fader hochzuschieben!“
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