Kommentar

Messe-Rückblick: Lohnte ein Besuch der Prolight + Sound 2022?

Nach unsicheren Planungszeiten gehen Messen wieder – verändert – an den Start. Ohne parallele Musikmesse und bei bedachter Zurückhaltung einiger Hersteller zum Neustart: Lohnte ein Besuch der Prolight + Sound 2022?

prolight+sound(Bild: Detlef Hoepfner)

Aus den Tiefen des Raums klingt Werkzeug an Alutraverse, optisch baut sich beim Eintritt in die Frankfurter Messehalle 12 ein Layher-Messestand grüßend auf: Willkommen bei der Prolight + Sound 2022. Zwei Ebenen der 12 zeigen sich recht gut gefüllt. Was sich an Bühnen-, Licht, LED- oder FX-Technik präsentieren will, hat hier nah beieinander seinen Platz gefunden. Wer gerne in alten Erinnerungen schwelgt, findet, wenn, dann hier sein gutes, altes Messegefühl. Speziell die etablierten Marken aus der Lichttechnik haben große Demo-Shows aufgefahren. Das Spektrum reicht von „viel und hell“ über auf den Punkt moderierte Leistungsdemonstrationen bis zu gut frequentierten Live-Bühnen-Shows. An den Ständen überall die gleichen Gesprächsthemen: Freude über das Wiedersehen. Skepsis und Vorsicht, welche Form eines sicheren Umgangs jetzt angesagt sei. Austausch über die Geschäftslage von „weiter schwierig“ bis zu „März war positiver Peak unserer Markengeschichte“. Tiefe Betroffenheit über den russischen Angriff auf die Ukraine. Immer wieder ins Bewusstsein gerufen, wenn es denn überhaupt nötig gewesen wäre, durch Peace-Symboliken auf den Ständen. Krasser Kontrast: hier die Seifenblasen-Maschine, dort ein aus dem Kriegsgebiet angereister Aussteller. Lieferketten-Probleme, ebenfalls überall massiv spürbar. Wenn ich 50 Lampen bestellt und auf dem Versandweg habe, heißt es nicht, dass ich auch die 51. noch nachordern kann.

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Robe
Aufwändige Messe-Show bei Robe (Bild: Detlef Hoepfner)

Was dann aber seit April wieder verblüfft: Wie viele Neuheiten ihren Weg ins Frühjahr 2022 gefunden haben. Die Zeit der reinen Re-Engineerings zur Sicherung bestehender Produkt-Portfolios ist vorbei, wie schon unsere letzte Ausgabe und unsere Newsletter zeigten. Die Bandbreite an Lampen und FX nimmt wieder zu. Viele kleinere Scheinwerfer ergänzen die Zugpferde. die Funktionsvielfalt wird immer größer – ein „One Trick Pony“ ist kaum noch auszumachen. Alles dreht sich und bewegt sich und bietet zumindest „one more thing“.

Erinnerung an unsere Outdoor-Herausforderungen boten die Außenbühnen: der erste Messetag soff so richtig regenseitig ab. Wer hat heute noch Lust, hektisch Planen übers Material zu ziehen? Höherwertige IP-Klassifikationen sind daher angesagt. Wie auch andere, wenig spektakuläre Weiterentwicklungen praxistaugliche Trends setzen: Vom wartungsfreien Lift bis zur robusten und normgerechten Stromverteilung gibt es immer wieder Tools, die den Alltag leichter machen. Und das ist schon aus Gründen des zunehmenden Personalmangels unverzichtbar. Ein paar kleine Skandälchen zu fragwürdigen Präsentationsformaten auf dem Niveau schlüpfrig-peinlicher Altherrenwitze und Dry-Hire-Standpartys mit britischem Bierkonsum von kolportierten 50 Bierkästen boten weiteren Diskussionsstoff.

Licht top, Audio Flop

Während böse Stimmen schon von der „prolight + nix“ unkten, machte in der 12 das Gerücht von einer sehr traurigen Audio-Ebene 11 die Runde. Tatsächlich kippte hier das Stimmungsbild: von mäßigem bis gutem Treiben in der 12 hier ein mühsam in die Ecken ausgewalztes Angebot, als hätte man am Teig fürs Backblech gespart. Ohne jemand zu nahe treten zu wollen: Von den A-Marken war fast niemand da, und wenn, dann mussten Personal und Neuheiten auf die zeitgleiche NAB und knapp folgende ISE getaktet werden. So hatte dies schon eher den Charme einer regionalen Gewerbeschau, was nicht grundsätzlich schlecht sein muss. Im Einzelfall profitierten Aussteller sogar davon, dass die (auch internationalen) Fachbesucherinnen und Besucher verstärkt bei ihnen hängen blieben, auf Dauer ist das natürlich gar kein Zustand. so wie es auch als etwas unsouverän empfunden wurde, dass ferngebliebene Partner immer nur geschickt weit und leer fotografierte Gänge posteten. Unstrittig aber ist, dass sehr große Hallenteile beispielsweise vom VPLT als verlängertem Arm der Messegesellschaft und weiteren Verbänden bestritten wurden. Auch die Aufreihung emotional alter Pulte und PAs von „Vintage Concert Audio“ verstärkte eher noch die Message: Audio war hier nur ein Anhängsel.

prolight+sound
Versöhnungswetter nach dem ersten Regentag (Bild: Detlef Hoepfner)

War das nun eine gute oder schlechte pl+s? Und ist diese Frage überhaupt wichtig? Für vom Messebetrieb abhängige Partner natürlich auf jeden Fall, hier wird man um die Zukunft zittern. Mit offiziell 19.000 Gästen hat man leere Gänge vermieden, gleichwohl war dies nur ein Bruchteil der Vorjahreszahlen. Und auch wenn das Statement der Messe, für die Attraktivität seien ja vor allem die Aussteller zuständig, etwas irritierte: Jede und jeder Besucher:in oder Aussteller wird seine eigenverantwortliche Bilanz ziehen. Da kann die pl+s Sinn machen, oder auch nicht. Community-Gedanken hin oder her: Man comittet sich hier nicht für oder gegen eine Glaubensrichtung.

Mut-Impuls

Mein persönlicher, tiefster Messeeindruck? Clay Paky moderierte seine Neuheiten an: Unter dem Osram-Dach ist eine gewisse Etikette dabei sicher angebracht. Doch das Team weicht kurz davon ab, spricht über seine Heimat Bergamo. Gefühlt bleibt plötzlich der ganze Messebetrieb stehen. Dr. Wilhelm Nehring, Chief Executive Officer Osram, erinnert nur ganz kurz an die furchtbaren Zustände in der Stadt, unter denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gelitten hatten. Wie sie sich herausarbeiteten aus der Katastrophe, und nun hier stehen, mit Zuversicht und neuem Portfolio. Impulse, die Mut machen.

Curving per Drehgriff superelegante, verkabelungsfreie LD-Systems MAILA (präsentiert am Vortag in Neu-Anspach)
IP-klassifizierte Hazer bietet Kirsten Eicher von Look Solutions
Drone Pixel eine der Neuentdeckungen
Überwiegend Licht- und Bühnentechnik dominierten die pl+s
Professionelle Stromverteilung von "Contrik" (Neutrik + Connex)
Kling&Freitag PIA M mechanisch (damit kostengünstiger) justierbare HF- und Low-Coverage
Big Boys Toy Truss von HOF mit geringem Transportvolumen
Mit mühsam gestreckten Museums- und Verbands-Flächen provoziert man eher böswillige Messeperspektiven
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