Max Giesinger „Die Reise“-Tournee: Auf Reise mit d&b KSL und 80 Millionen
von Jörg Küster,
„Die Reise“-Tournee von Max Giesinger im Frühjahr 2019 wurde mit Lautsprechern der d&b SL-Serie beschallt: beispielsweise in der Liederhalle mussten die KSL8, KSL12 und SL-SUB beweisen, wie sie mit der Asymmetrie des Raums klarkommen
Mit seinem Song „80 Millionen“ konnte Singer/Songwriter Max Giesinger im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft 2016 einen veritablen Hit platzieren. Im Radio ertönte er in Dauerrotation, erreichte die Top Ten der deutschen Singlecharts und wurde mit mehreren renommierten Awards bedacht. Giesingers aktuelles Album mit dem Titel „Die Reise“ wurde Ende 2018 veröffentlicht. Unter diesem Namen lief auch die Tournee, die den Sänger nebst Band im Februar und März 2019 in diverse Hallen in Deutschland sowie den deutschsprachigen Nachbarländern führte. Die Tour wird im Sommer 2019 mit zahlreichen Festivalauftritten fortgesetzt.
Am 7. März 2019 bestand Gelegenheit, einem Auftritt in der Stuttgarter Liederhalle beizuwohnen – der dort zum Location-Ensemble gehörende Beethoven-Saal war mit 3.200 Gästen restlos ausverkauft. Mit viel Platz auf Parkett (1.421 m2 ) und Empore (701 m2 ) ist der Beethoven-Saal der größte Raum im Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle. Die spezielle Geometrie sowie die verbauten Materialien – ein Mix aus Sichtbeton und edlen Hölzern, von Teak bis Erle und Ahorn – sorgen für eine besondere Akustik, stellen für Rock/Pop-Tourproduktionen allerdings oft eine Herausforderung dar, da es sich nicht um den üblichen „Schuhkarton“ handelt.
„Der Saal gehört nicht zum Standard und wurde vermutlich auch nicht mit Gedanken an eine elektroakustische Beschallung errichtet“, kommentiert Tim Ehrenfried, der Max Giesinger seit 2017 als PA-System-Engineer und zeitweise auch als Monitor-Engineer begleitet. Gemeinsam mit Michael Wirth leitet Ehrenfried die in Montabaur ansässige 4Live Production GmbH & Co. KG. Auf der Tournee von Max Giesinger wurde Ehrenfried durch einen seiner Mitarbeiter, System-Technician Daniel Reitemeyer, unterstützt.
»Eine Besonderheit des Beethoven-Saals besteht darin, dass hier quasi nichts symmetrisch ist – noch nicht einmal die Bühne steht gerade im Raum!«
Tim Ehrenfried | PA-System-Engineer
„Eine Besonderheit des Beethoven-Saals besteht darin, dass hier quasi nichts symmetrisch ist – noch nicht einmal die Bühne steht gerade im Raum!“, erläutert Ehrenfried. Im Rahmen des System-Designs mithilfe von d&b Arraycalc und Arrayprocessing (optionale Softwarefunktion der d&b-Arraycalc-Simulationssoftware, siehe unten) war jenseits des Parketts der weitläufige, vollständig bestuhlte Rang zu berücksichtigen, dessen Balkon verhältnismäßig tief platziert ist, aufgrund einer schwungvollen Kurve divergierende Abstände zur Bühne aufweist und auf einer Seite zu einer breiten Treppe ausläuft, welche bis hinab auf das Parkett führt. „Letztlich werden wir den Besonderheiten der Location insofern gerecht, als der linke und rechte Main-Hang der Hauptbeschallungsanlage zwar hardware-seitig gleich, bei der Berechnung in Array-Processing aber getrennt voneinander behandelt werden. In Arraycalc bzw. Arrayprocessing habe ich das System in zwei Teile gesplittet“, erklärt Tim Ehrenfried in Stuttgart. „Die Empore decken wir heute komplett mit den Main-Hangs ab und verwenden keine Delay-Line. Die Hausanlage des Beethoven-Saals nutzen wir nicht.“
Auf der Tournee von Max Giesinger variierten Größe wie Beschaffenheit der gebuchten Hallen stark: „Das Location-Portfolio ist breit gefächert“, antwortete Tim Ehrenfried auf unsere Frage. „Die Hallengrößen bewegen sich zwischen Kapazitäten für 8.000 und 1.500 Personen. Passend dazu haben wir uns im Vorfeld natürlich Gedanken gemacht, welche Art von Beschallungssystem bei einer derartigen Varianz am besten geeignet ist. Zentrale Aspekte waren nicht nur die Hallengrößen und die zu überbrückenden Distanzen, sondern auch die Belastbarkeit der vor Ort verfügbaren Rigging-Möglichkeiten sowie natürlich die damit verbundene Flexibilität. Hätten wir ausschließlich ein großes PA-System dabei gehabt, hätte es in den kleineren Spielstätten zu Problemen kommen können.“
Y + V + SL = Flexibilität für unterschiedliche Hallengrößen
2019 war Max Giesinger in Deutschland erstmals in Form einer Vollproduktion unterwegs. Die Veranstaltungstechnik wurde nach dem Gewinn einer Ausschreibung, welche eine Auswahl unterschiedlicher PA-Systeme beinhaltete, von der TDA Rental GmbH bereitgestellt. Als Main-PA führte die Produktion 24 d&b KSL-Lautsprecher mit, welche in großen Locations links und rechts der Bühne als Main-Hangs mit jeweils zwölf Units geflogen wurden. Neun KSL8 (oben) wurden dabei in jedem Array durch drei KSL12 (unten) ergänzt. Für einen wohltönenden Tiefbassbereich sorgten 16 SL-SUB, welche als Sub-ARC eingerichtet wurden und sich beim Konzert im Stuttgarter Beethoven-Saal in Form von acht Doppelstapeln vor der Bühne verteilten. In breiteren Hallen wurde das Sub-Setup an die Location angepasst, so dass gelegentlich auch zehn oder zwölf Subwoofer-Positionen entstanden.
Auf den beiden mittleren SubwooferStapeln lag in Stuttgart jeweils eine d&b Y8: Die beiden Lautsprecher waren als eine Art „Center“ zu verstehen und zogen die Ortung für Gäste im vorderen Bereich vor der Bühne nach unten sowie in die Mitte. In größeren Locations, in denen es die Bühnenhöhe zuließ, kamen jeweils drei Y8 in Center-Funktion zum Einsatz. Acht Y7P wurden darüber hinaus als Nahfeldbeschallung eingesetzt und waren für den Transport fest über Ratschgurte mit den dank Dollys rollbaren Subwoofer-Stapeln verbunden.
Als Side-PA waren auf der Tournee pro Seite zwölf Lautsprecher (10 × V8 und 2 × V12) aus der V-Serie von d&b Audiotechnik im Einsatz. In kleinen Locations wurden die V-Komponenten als Main-PA eingesetzt, während die KSL-Systeme im Truck verblieben (Stichworte Dachlast, verfügbare Höhe, Sichtbehinderung). In großen Spielstätten wurde die aus KSL-Komponenten zusammengesetzte Main-PA gelegentlich durch eine DelayLine ergänzt, welche in erster Linie genutzt wurde, um problematische Bereiche gezielt adressieren zu können oder um unerwünschte Reflexionen durch Begrenzungsflächen so gut wie möglich zu unterbinden.
Zwecks Aufhängung der KSL-Systeme wurden auf der Tournee sowohl der Tension- als auch der Compression-Mode bemüht. „Der Compression-Mode ist insbesondere dann sehr angenehm, wenn ein Hang relativ lang ist“, kommentierte Tim Ehrenfried. „Man kann die Lautsprecher ganz entspannt Dolly für Dolly gerade untereinander hängen und am Ende auf die angedachten Zwischenwinkel zusammenratschen. Das funktioniert entweder manuell mit einer Ratsche oder elektrisch mit einem Motor. Den Tension-Mode verwenden wir immer dann, wenn lediglich ein einzelner RiggingPunkt vorhanden ist.“
„Schaut man sich aktuelle Beschallungssysteme an, ist die kardioide Abstrahlung der Topteile aus der d&b SL-Serie quasi ein Alleinstellungsmerkmal“, konstatierte Tim Ehrenfried. „Momentan sehe ich keinen großen Player, der etwas direkt Vergleichbares in einem Lautsprecher anbietet. Ein großes d&b GSL-System hat mir in der Vergangenheit bereits bei den Unplugged-Shows von Marius Müller-Westernhagen sehr geholfen: Durch die kardioide Wirkung ging es auf der Bühne letztlich sehr ruhig zu – die Gefahr von Rückkopplungen beim Einsatz vieler akustischer Instrumente war dadurch mehr oder weniger zu vernachlässigen. Auch der Low-MidBereich, der bei einem Großbeschallungssystem für die Musiker und Techniker auf der Bühne je nach musikalischem Genre durchaus zum Thema werden kann, ist bei den GSLund KSL-Topteilen nach hinten überzeugend ruhig – es ist wirklich beeindruckend! Dass die Bässe wenig Energie nach hinten abstrahlen, kannte man bei d&b ja bereits vom J-SUB oder vergleichbaren kardioiden Aufstellungen, aber mit dem neuen SL-SUB ist das Ganze noch einmal verbessert worden. Die gute Performance, welche man von den GSL-Lautsprechern bereits kennt, legen auch die neuen KSL-Komponenten an den Tag. Bezüglich des Klangbildes macht sich im Vergleich erwartungsgemäß die unterschiedliche Treiberbestückung von GSL und KSL bemerkbar: Die größeren Lautsprecher sorgen bei GSL für deutlich mehr Low-End-Energie. Allerdings geht es letztlich ja immer darum, für die jeweilige Anwendung das korrekte System sowie passende Stückzahlen auszuwählen. Daher ist es erfreulich, dass passend zum GSL nun auch eine kleinere Variante verfügbar ist.“
Ehrenfried weiter: „Was mich bei den GSL-Systemen von Beginn an beeindruckt hat, ist die Auflösung im HF- und Hi-MidBereich, welche im direkten Vergleich zur J-Serie ein großer Sprung nach vorne ist. Bei KSL wurde dieses Klangverhalten ebenso gut umgesetzt, und persönlich empfinde ich KSL als eine Art kleinen Bruder von GSL – eben kein ausgewiesenes Stadion-System, sondern eine Lösung für mittelgroße bis große Produktionen. Darüber hinaus ist KSL eine passende Side-PA- und Delay-Ergänzung zum GSL.“
Aus der Avid Venue S6L FOH-Konsole, an der Ingo Thürauf als langjährig erfahrener Audioprofi (Sarah Connor, Adel Tawil, Matthias Schweighöfer u. a.) für einen exzellenten Sound sorgte, erhielt Tim Ehrenfried eine L/R-Summe, die via AES/EBU (24 Bit, 96 kHz) digital zum System-Rack geführt wurde.
Eine analoge Verbindung war zusätzlich als Fallback-Option eingerichtet worden. Signalbearbeitung und -verteilung erfolgten mit vier Lake LM44, welche an ihren Ausgängen Dante-Signale bereitstellten. Letztere wurden zu zwei an der Bühne platzierten Amp-Racks geführt, welche nicht nur mit Endstufen, sondern auch mit jeweils einer d&b DS10 bestückt waren. Die Audio Network Bridges übernahmen die Umsetzung von Dante auf AES/EBU, so dass ein vollständig digitaler Signalfluss von der initialen A/D-Wandlung bis in die Endstufen realisiert werden konnte. Als leistungsstarke Amps fanden erwartungsgemäß d&b D80 Verwendung, die Steuerung/Überwachung erfolgte mithilfe der Fernsteuer-Software R1.
Im Gespräch gab sich Tim Ehrenfried als Freund hoher Abtastraten zu erkennen: „Ich bin ein Fan von 96 kHz – warum sollte man nicht zugreifen, wenn eine entsprechende Möglichkeit geboten wird? Klanglich ergibt sich in einem digitalen Mischpult durch 96 kHz unter audiophilen wie zeitlichen Gesichtspunkten sicher ein größerer Benefit, und auch bei der verbleibenden Signalverteilung können wir Sound-Vorteile schaffen. Im Rahmen früherer Elektromusik-Veranstaltungen, bei denen Signale teilweise mit 96 kHz direkt aus einem Rechner ausgespielt wurden, haben wir ausgiebig mit unterschiedlichen Abtastraten experimentiert und durchaus positive Unterschiede bei hohen Samplingrates ausmachen können. Ich weiß, dass die klanglichen Vorzüge in der Branche kontrovers diskutiert werden – für mich ist es letztlich so, dass aus der hohen Abtastrate kein wesentlicher Mehraufwand resultiert und die höhere Auflösung auch ohne jegliche Klangdiskussion sinnvoll ist.“
Zu seiner Klanggestaltungsphilosophie äußerte sich Tim Ehrenfried wie folgt: „Wenn Musik laut gehört wird, muss ein Beschallungssystem nach meinem Dafürhalten bezüglich des Frequenzgangs nicht vom HF- bis in den Tiefbassbereich linear wiedergeben, sondern der Sound soll bei Pop- und Rockmusik ja energetisch bis knackig ausfallen und auch ein bisschen Spaß machen. Das menschliche Gehör ist im Bereich tiefer Frequenzen bekanntermaßen weniger empfindlich als im Mitten- und Hochton-Bereich, was ich in meinen Einstellungen insofern aufgreife, als ich dem PA-System ein passendes Shaping verleihe. Bei Rock- und Popmusik spreche ich hier von Größenordnungen zwischen 12 und 18 dB, was die Anhebung im Segment unterhalb von 500 Hertz bis in den Tiefbassbereich anbelangt. Alles darüber möchte ich bitte flat haben. Dabei ist es meinem Empfinden nach sinnvoll und auch sehr wichtig, dieses Shaping möglichst homogen in Richtung der tiefen Frequenzen auszuführen.“
Auf der Tour setzte Tim Ehrenfried die d&b-Tools Arraycalc und Arrayprocessing ein. Während die d&b-GSL-Komponenten grundsätzlich mit Arrayprocessing zu betreiben sind, hat man als Anwender beim d&b KSL die Wahl und kann unter Verzicht auf Arrayprocessing – und damit bei geringerem Endstufenbedarf – zwei KSL-Lautsprecher miteinander verbinden. „Ich habe mich für den Einsatz von Arrayprocessing entschieden, weil es eine große Hilfe ist, um eine homogene Klangversorgung für alle Gäste zu erreichen“, erläuterte Ehrenfried in Stuttgart. „Arrayprocessing ist ein großartiges Tool, um den Sound von den ersten bis zu den letzten Gästeplätzen gleichmäßig gestalten zu können. Features wie die Einstellung zur Kompensation der durch Luftfeuchtigkeit und Temperatur bedingten Effekte sind absolut sinnvoll – insbesondere in Hallen ohne Klimaanlagen unterscheidet sich die Luftfeuchte am Abend durch die Anwesenheit der Gäste merklich von der Soundcheck-Situation am Nachmittag. Bei Systemen anderer Hersteller kann man die erforderliche Kompensation manuell einstellen, wobei im Hintergrund oft FIR-Filter Verwendung finden. Das funktioniert ebenfalls gut, und es ist wie immer: Alles hat seine Vor- und Nachteile, auch hinsichtlich der Flexibilität.“
Ehrenfried fährt fort: „Bezüglich der Pegelverteilung sollte man immer die konkrete Aufgabenstellung bedenken: Soll etwa bei einer Tagung ein Redner bis zu den hintersten Plätzen übertragen werden, ist es fraglos eine interessante Option, den Pegel über die Distanz nicht großartig abfallen zu lassen. Bei musikalischen Darbietungen hingegen finde ich einen derartigen Pegelverlauf unangemessen: Der Sub- und Low-Mid-Bereich verändert sich auf die Distanz im Pegel abhängig von den physikalischen Gegebenheiten, der Menge der Lautsprecher und der Aufstellung beziehungsweise der Länge der Arrays. Eine meiner wichtigsten Aufgaben sehe ich darin, das gewünschte homogene Klangbild vom ersten bis zum letzten Platz zu übertragen. Letzteres bedingt, dass es weiter hinten in der Location vom reinen Pegel her anders sein muss als unmittelbar vor der Bühne. Das korrespondiert – sofern man alles richtig gemacht hat – dann auch mit dem optischen Eindruck: Die Gäste auf den hinteren Plätzen haben während des Konzerts grundsätzlich erst einmal eine andere Ausgangssituation als Gäste, die sich in der ersten Reihe befinden. Daher möchte man in der Regel auf große Distanz auch gar nicht den gleichen Lautstärkepegel erreichen wie weiter vorne – allerdings auf jeden Fall das gleiche homogene Klangbild! Ganz losgelöst davon würde man sich bei Indoor-Shows sonst aufgrund eines konstanten Pegels auf die Distanz auch oft größere Probleme mit Reflexionen einhandeln.“
Ehrenfried weiter: „Mit Arrayprocessing lässt sich ähnlich wie auch mit Systemen anderer Hersteller ein homogenes Klangbild auf die Distanz detailgenau erzeugen. Voraussetzung ist allerdings, dass man vorher schon bei der Berechnung mit Arraycalc sauber gearbeitet hat und ein Raummodell verwendet, das den tatsächlichen Gegebenheiten möglichst genau entspricht. Bei 4Live Production haben wir aus mehrerlei Gründen unser Augenmerk schon vor langer Zeit auf detailgenaue Raumdaten gerichtet und auf Basis langjähriger Erfahrungen sowie einiger Tourneen eine umfangreiche Datenbank aufgebaut, die sich herstellerübergreifend nutzen lässt. Das bedeutete zunächst zwar viel Arbeit, hilft uns heute aber immens bei jeglicher Vorplanung und sorgt mit dafür, dass wir eine Halle morgens deutlich entspannter betreten können als wenn wir erst einmal ein Modell erstellen müssten. Losgelöst davon ist es ab einer gewissen Größenordnung extrem wichtig, im Vorhinein gezielte Berechnungen erstellen zu können, um beispielsweise genaue Positionen der Beschallungssysteme zu bestimmen oder auch detaillierte Angaben zu Gewichten und weiteren Aspekten machen zu können.“
Nebenbei zum Arrayprocessing-Parameter „Power and Glory“ befragt, kann Tim Ehrenfried auch dazu von Erfahrungen berichten: „Der Regler steht für einen Sachverhalt, der in Worten relativ schwer zu beschreiben ist. Ich weiß mittlerweile sehr genau, was diese Einstellung bewirkt, da ich viel mit der entsprechenden Funktion experimentiert habe: Bei Power and Glory hat man vereinfacht gesagt die Wahl zwischen viel Leistung oder einer weitgehend glattgebügelten Performance. Das, was man sich bei d&b vermutlich als Optimum vorstellt, erreicht man, wenn man den Glory-Regler auf 11 schiebt. Die Frage lautet, ob man ein derartiges Ergebnis in jedem Zusammenhang anstrebt? Ich habe Produktionen begleitet, bei denen ich mit Glory 5 sehr gute Ergebnisse erzielt habe. Glory 11 wäre mir persönlich in den meisten Zusammenhängen einfach zu viel des Guten. Den Power-Bereich hatte ich in der Vergangenheit übrigens nicht wirklich in Verwendung, da ich ein Freund davon bin, eine passende Menge Lautsprecher mitzuführen … (schmunzelt) Auf der Tournee von Max Giesinger verbleibt der Power-and-GloryRegler in der neutralen Mittelstellung, was uns in diesem Fall das passende Klangbild liefert.“
Verantwortung als Produktionsleiter trug auf der Tournee Tobias „Tobi“ Weiser von der HP2 high performance production GmbH. Weiser beging am Tag des Stuttgarter Konzerts einen runden Geburtstag und wurde auf der Bühne mit einem Ständchen sowie einem vieltausendstimmigen Happy-Birthday-Chor gefeiert. „Für Max Giesinger läuft es derzeit sehr gut“, freute sich Weiser. „Bereits im Festivalsommer 2017 hat er es gemeinsam mit seiner Band richtig krachen lassen. Es ist schön, wenn sich ein Künstler so erfolgreich entwickelt und nun mit einer Vollproduktion auf Tournee gehen kann! Die Locations sind bezüglich ihrer Größe zwar recht unterschiedlich, aber die Routenführung ist für uns als Tourproduktion außerordentlich gut.“ Tobi Weiser war früher bei Konzerten von Max Giesinger am Monitorplatz anzutreffen und übernahm parallel dazu die Funktion des Produktionsleiters – eine derartige Doppelfunktion wäre inzwischen angesichts der aktuellen Erfolgsdimension kaum sinnvoll zu bewerkstelligen.
„Wir haben eine sehr gute Feedback-Kultur und befinden uns hinsichtlich sämtlicher Show-Aspekte in einem regen Austausch“, sagte Weiser über die maßgeblich von ihm zusammengestellte Tourcrew. „Es macht richtig Spaß, was nicht nur die Kommunikation zwischen den Technikern betrifft, sondern auch die Musiker mit einbezieht: Mit jedem kann man reden, und alle arbeiten intensiv daran, dass Abend für Abend eine sehr gute Show zustande kommt.“
Dass die Dinge jenseits der offenbar gut funktionierenden menschlichen Basis wohl angenehmer funktionierten als bei manch anderen Tour-Vorhaben, mag auch daran liegen, dass Tobi Weiser regelmäßig als Tonmann aktiv ist: „Insgesamt ist die Tour von Max Giesinger schon sehr audiophil getrieben“, sagte der Produktionsleiter nicht ohne Stolz. „Wenn ein reiner Produktioner den Hut auf hat, stehen immer die Kosten im Vordergrund – das Budget ist selbstverständlich auch für mich wichtig, aber ich möchte eben auch, dass der Klang überzeugt und unterstütze im Zweifelsfall diesbezüglich sinnvolle Anliegen. Schließlich habe ich auch eine Verantwortung gegenüber Max: Wenn er abends auf der Bühne steht, muss der Sound einfach ein Brett sein!“
»Insgesamt ist die Tour von Max Giesinger schon sehr audiophil getrieben. Schließlich habe ich auch eine Verantwortung gegenüber Max: Wenn er abends auf der Bühne steht, muss der Sound einfach ein Brett sein!«
Tobi Weiser | Produktionsleiter
Bezüglich der mitgeführten Beschallungstechnik äußerte sich Tobi Weiser sehr zufrieden: „Wir haben uns nach einem zuverlässigen Supplier umgeschaut, wobei die Ausschreibung derart weit geöffnet war, dass viele Anbieter eine Chance hatten. Ein Kriterium bei der Vergabe an TDA war jenseits der Technik sicher auch der Umstand, dass die Firma über eine Probehalle für die Tourneevorbereitung verfügt, was uns sehr dabei geholfen hat, alles vernünftig auf die Beine zu stellen. Ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass auf der Tournee ab dem ersten Auftritt in Kassel alles auf den Punkt war! Auch in schwierigen Locations sind wir bestens zurechtgekommen, was auf gutes Material, selbstverständlich aber auch auf die aus Top-Leuten zusammengesetzte Crew zurückzuführen ist: Unsere Leute holen bis auf den letzten Millimeter alles heraus, was unter den gegebenen Umständen möglich ist!“
Max Giesinger „Die Reise“-Tournee | Audiocrew
Produktionsleitung: Tobi Weiser
FoH: Ingo Thürauf
Monitor: Jens „Bubbes“ Steffan
PA-System-Engineer: Tim Ehrenfried
PA-System-Technician: Daniel Reitemeyer
Backline: Niklas Bieler, Sven Janetzko & René Dlugosiewicz
Deutschsprachige Popmusiker wie Max Giesinger haben es derzeit nicht leicht: Etablierten Feuilletonisten fehlt in der glatten Gefälligkeit jeglicher Tiefgang, reiferen Musikenthusiasten der Mut zur klanglichen wie zur musikalischen Kante. Allerlei Spaßmacher haben darüber hinaus bedeutungsschwer hochgejazzte Befindlichkeitsreime sowie eine demonstrativ inszenierte Sensibilität als perfekte Zielscheiben für beißenden Spott entdeckt – Max Giesinger etwa dürfte auf Jim Pandzko alias Jan Böhmermann und dessen höchst erfolgreichen Satiresong „Menschen Leben Tanzen Welt“ privat kaum gut zu sprechen sein.
Unter dem Abrechnungs-Strich ist die Meinung miesepetriger Kritiker jedoch nicht von Belang, denn was für Musiker im Post-Tonträger-Zeitalter zählt, sind gut gefüllte Hallen und nennenswerte Verkäufe von Merchandising-Artikeln. Max Giesinger kann entspannt auf das eine wie das andere verweisen und hat kürzlich sogar ein eigenes Fan-Magazin auf den Markt gebracht, das im Zeitschriftenhandel für zehn Euro offeriert wird. Print ist keineswegs so tot, wie es bevorzugt von nicht mit der Content-Produktion befassten Zeitgenossen behauptet wird, und gedruckte Magazine liefern, im Gegensatz zu Online-Aktivitäten, eben nicht nur vielseitig interpretierbare Click-Zahlen, sondern spülen echtes Geld in echte Kassen.
Das Konzert im Stuttgarter Beethoven-Saal wurde von Besuchern aller Altersstufen begeistert aufgenommen, als außenstehender Beobachter konnte man ruhigen Gewissens „Alles richtig gemacht!“ konstatieren: Vom Kabuki-Auftakt über eine Akustiksession auf der höhenverfahrbaren B-Stage direkt vor dem FOH-Platz, vom Jukebox-Intermezzo mit Hoppelhäschen bis zum effektvoll verpusteten Konfettiregen, vom niedlichen Bambini-Bühnen-Gästechor bis zur zweistündigen Konzertdauer mit „80 Millionen“-Abschluss – das Publikum erlebte einen absolut runden Abend, welcher die Fan-Erwartungen mehr als erfüllt haben dürfte: Good Vibes only …
Erfreulich war auch der griffige Sound: In der für eine elektroakustische Beschallung durchaus herausfordernden Umgebung gab es vorne wie hinten weder auf dem Parkett noch auf der Empore nennenswerte Kritikpunkte – ganz im Gegenteil gefiel ein warmer, druckvoller, differenzierter und im positiven Sinn gelegentlich sogar plakativer Klang mit kräftiger Basswiedergabe ohne dem allgemeinen Wohlbefinden abträgliches Gewummere. Die Texte waren allerorts bestens verständlich – wenngleich der Autor vermutlich ohnehin die einzige Person im Saal war, welche die Liedzeilen nicht von vorne bis hinten auswendig mitsingen konnte. Insofern: Großes Lob an alle Produktionsbeteiligten – auf, hinter, neben und vor der Bühne.