Lawo mc² 56 auf den Thurn und Taxis Schlossfestspielen
von Redaktion,
Seit 12 Jahren finden im architektonisch und historisch beeindruckender Rahmen des Regensburger Schlosses St. Emmeram die sommerlichen Thurn und Taxis Schlossfestspiele statt. Damit zu den „weltweit zehn schönsten Schlossfestspielen“ gezählt, ist auch der technische Anspruch hoch: Allein um die 50 Ausspielwege sind zu routen.
“Innenhof” bedeutet für das gebotene Ambiente der Thurn und Taxis Schlossfestspiele: Vor der Schlossfassade werden eine große, transparent überdachte Bühne und eine circa 3.000 Zuschauer fassende Tribüne aufgebaut. Doch was wäre ein solcher Rahmen ohne entsprechendes Festivalprogramm? Auch dieses weiß daher zu glänzen: Neben einer eigens für die Festspiele in Szene gesetzten Inszenierung von Puccinis La Boheme waren 2015 u. a. Zaz, Placido Domingo oder Xavier Naidoo Gäste auf der Festspielbühne, und auch Shows wie Pink Floyd’s The Wall waren zu sehen. Nur ein geplantes Konzert von Tom Jones musste leider abgesagt werden. Während des zehntägigen Festivals strömen rund 10.000 Zuschauer auf das pittoreske Festivalgelände. Selbstredend stellt solch ein Festival auch entsprechende Ansprüche an die angestrebte Klangqualität.
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Lawo mc256 im Live-Einsatz
Am FOH-Platz bot sich dagegen ein eher ungewohnter Anblick: Nicht eines der gewohnten Mischpulte war dort zu finden, sondern auf Wunsch des zuständigen Tonmeisters Carsten Kümmel ein sonst doch eher im Broadcast Einsatz übliches Lawo mc² 56, das zunehmend auch für den Einsatz als Live-Pult interessant wird. Die neueste Generation bieten dem Nutzer eine vergleichsweise intuitiv zu bedienende Oberfläche, direkten Zugriff auf praktisch alle wichtigen Parameter sowie eine übersichtliche Nutzerführung. Umfangreiche Metering-Funktionen und große, übersichtliche Touchscreens tun zudem ein Übriges, das Handling des Pultes für den Nutzer möglichst übersichtlich und komfortabel zu gestalten. Dabei kann die Größe des Pultes der jeweiligen Aufgabe und räumlichen Situation angepasst werden: Kleine Pulte mit 16 Fadern passen auch in eine beengte Produktionsumgebung, während sich für komplexe Aufgaben Pulte mit bis zu 80 Fadern konfigurieren lassen.
Das mc2 56 ist dabei in fünf unterschiedlichen Frame-Größen erhältlich: 16, 32, 48, 64 und 80 Fader. Seit jeher werden im Broadcast-Einsatz an die Zuverlässigkeit und Betriebssicherheit der dort verwendeten Pulte höchste Ansprüche gestellt, und so ist auch das Lawo mc² 56 ein anerkanntermaßen extrem zuverlässiges Mischpult. Es ist außerdem komplett redundant aufgebaut, so dass der Betrieb im Havariefall weiterlaufen kann. Live kann einem diese gebotene Betriebssicherheit nur recht sein. Über die hohe Audioqualität der Lawo-Pulte braucht man an dieser Stelle wohl keine weiteren Worten zu verlieren, so dass das mc² 56 auf den zweiten Blick vielleicht doch kein so ungewöhnlicher Kandidat für eine Live-Anwendung ist.
Neben der herausragenden Audioqualität der Konsole nennt Tonmeister Carsten Kümmel vor allem die Kapazitäten des Pultes als einen der Hauptgründe, das Pult zu verwenden: Bis zu 144 Summenbusse bietet das mc2 56. Und da das Pult auf den Schlossfestspielen nicht nur die FOH- und Surround-Beschallung regelt, sondern auch die Beschallung des Orchesterraumes, sämtlicher Künstlergarderoben und auch das Monitoring, kommen während des Festivals schnell einmal mehr als 50 Ausspielwege zusammen.
La Boheme: Wo ist das Orchester?
Wie auch schon in den letzten Jahren war von der Zuschauertribüne aus weit und breit kein Orchester zu sehen. Weder gibt es in Regensburg einen Orchestergraben, noch waren auf der Bühne Orchestermusiker zu finden: Sie waren im Ballsaal im Inneren des Schlosses untergebracht – ein optisch wie akustisch gleichermaßen stilvolles Ambiente. Abgenommen wurde es mit ca. 40 Neumann KM184 Stützmikrofonen sowie vier Hautmikrofonen (quasi ein Decca Tree mit Auslegern, aber ohne Mittelmikrofon), wobei die Signale über MADI an das FOH-Pult geleitet wurden. Über insgesamt sechs geflogene Side-Fills wurde das Orchester dann draußen für die Sänger auf die Bühne verstärkt, im Ballsaal hörte wiederum der Dirigent die mit 16 Wireless Mikrofonen und vier weiteren KM184 abgenommenen Sänger und Chöre über herkömmliche Wedges.
Neben der FOH-Beschallung kamen auch sechs unterhalb der Zuschauertribüne installierte „Surround Lautsprecher“ zum Einsatz, die ausschließlich das Lexicon-Hallsignal wiedergaben, um die fehlende Konzert- bzw. Opernhausakustik zu simulieren. Die Lautsprecher waren auf die ca. fünf Meter entfernten Außenwände der den Hof bildenden Gebäude gerichtet, so dass nur der von den Wänden reflektierte Schall vom Publikum wahrgenommen wurde. Also sozusagen ein Schlossinnenhof als überdimensionierte Hallkammer.
Im Interview mit PRODUCTION PARTNER erklärt Tonmeister Carsten Kümmel unter anderem, warum er sich für die Realisierung der Thurn und Taxis Schlossfestspiele für eine im Live-Bereich eher seltene Konsole wie die Lawo mc² 56 entschieden hat!