Im Herbst 2017 absolvierte Kraftklub die erste Hälfte der „Keine Nacht für Niemand“-Tournee zum gleichnamigen dritten Studioalbum. Die nahezu ausverkaufte Dortmunder Westfalenhalle, in der die Band am 28. Oktober gastierte, gehörte in diesem Tourneeabschnitt zu den größeren Spielorten. Bereits auf ihrer ersten Tournee hatte die Band an dieser Stelle ein fulminantes Konzert gespielt und die Besucher in ihren Bann gezogen. Mit dieser Erinnerung im Gepäck sollte dieser Samstagabend erneut eine emotionale Landmarke in der Geschichte der Band werden: Auch an diesem Abend wurden die Chemnitzer, unterstützt von Licht- und Bühnendesigner Gunnar Loose, ihrem Ruf als geniale Live-Band mehr als gerecht.
Licht- und Bühnendesigner Gunnar Loose hatte für die Musiker auf der Tournee einen äußerst bemerkenswerten Raum geschaffen, der keinen Zweifel erlaubte, „wo die Musik gespielt“ werden würde: Die scheinbar unerlässlichen LED Wände neben und hinter der Bühne fehlten. Augenmerk auf die Musiker – fertig! So oder so ähnlich schien auf den ersten Blick das ungeschriebene Motto zu lauten.
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Dabei hatte der Gestaltungsprozess im zurückliegenden Festivalsommer mit sehr opulenten Ideen begonnen: Rund achtzig Tänzer/innen tummelten sich z. B. während der Festivalshows 2017 auf einem entsprechend groß ausgelegten Bühnengerüst. Allen Beteiligten war jedoch klar, dass dieser Aufwand für eine Hallentour nicht machbar sein würde. Zwischen dem erfahrenen Designer und den Shootingstars wurden an jedem Festivalwochenende für die anschließende Hallentour neue Ideen ausgetauscht, verfeinert und immer konkreter aneinandergereiht.
Stage Banner
Die Musiker, so Gunnar Loose, hätten durchaus mit dem Einsatz von LED-Wänden geliebäugelt, dann aber einen eher schlichten, puristischen Look bevorzugt. Unterschiedliche Backdrops und Kabukis waren immer wieder als Favoriten der Musiker genannt worden.
Der Designer griff den Wunsch auf und schuf eine einzigartige Konstruktion, die es ermöglicht, den Bühnenhintergrund auf eine ungewöhnliche Art bemerkenswert variabel zu gestalten: Neben zwei Kabuki-Linien bilden 13 Robe StageBanner 50 die Grundlage. Die StageBanner hängen upstage an einer 16 Meter langen Traverse. Daran angebracht sind dreieckige Holzplatten, an denen wiederum ca. 6 m lange Stoffbahnen befestigt werden. Jede der 13 vertikalen Einheiten verfügt somit über drei unterschiedlich gehaltene Motive. Um die Bahnen auf optimaler Spannung zu halten, werden 13 drehbare Gegenstücke befestigt und unter den Bannern platziert. Somit können schnelle Drehbewegungen sehr präzise und gleichmäßig ausgeführt werden, ohne dass zum Boden hin eine leichte Verzögerung eintritt. Darüber hinaus kann so „thermischen“ Einflüssen (z. B. Zugluft in den Venues usw.) entgegengewirkt werden. Erhellt werden die Banner mit 13 GLP Impression X4 Bars 20 am Boden.
Die drei vollflächigen Grundmotive können untereinander kombiniert werden, so dass eine Vielzahl unterschiedlicher Backdrop-Motive generiert werden kann. Die gesamte Fläche kann einfarbig oder gestreift gezeigt werden. Das Motiv des aktuellen roten Plattencovers etwa wird im Zentrum präsentiert, während seitlich rote, weiße oder schwarze Banner einen Rahmen bilden usw.
Bild: Gunnar Lohse
Bild: Gunnar Lohse
Bild: Harald Heckendorf
Bild: Harald Heckendorf
K-Logo
Für die Dauer von einigen Songs wurde ein riesiges, selbstleuchtendes Objekt über den Musikern gezeigt. Während der übrigen Zeit liegt dieser Sonderbau – für das Publikum unsichtbar – hinter den Musikern auf dem Boden. Ein Techniker verbindet vier C1-Motoren mit dem Objekt, welches sogleich leuchtend über der Bühne erscheint. Das „K“ – ein Sonderbau aus der Werkstatt von Satis&fy – kam schon auf der vorherigen Tour zum Einsatz.
Variabel und konzentriert
Über der Bühnenfläche bildet eine Anordnung von drei Traversen die kompakte und gleichzeitig variable Basis für 16 MAC Viper Profile, zwölf MAC Viper Wash und reichlich 4-Light-Blinder und Atomic-LED-Strobes. Zwei seitliche, kurze Traversen auf der Höhe des Ks sowie die Traverse vor dem Sonderbau sind über C1-Züge fahrbar, so dass elegante, gestalterische Vielfalt garantiert ist.
Optische Brücke zur B-Stage
Im 90-Grad-Winkel zur Fronttruss verlaufen im Abstand von fünf Metern zwei 24 m lange Traversen parallel zueinander, an denen jeweils zwölf Sharpys hängen. Am Ende der beiden Strecken befindet sich der FOH-Platz, an den sich unmittelbar die B-Stage anschließt. Von den scharfen Lichtkegeln der Sharpys unterstützt gelingt es der Band, das Publikum eine fünf Meter breite Gasse zwischen Bühnen und FOH-Platz bilden zu lassen. Diese Gasse dient wenige Momente später als Freifläche für wilden Pogo. Nach fast zwei Stunden auf der Hauptbühne eröffnet die Band ihren musikalischen Nachschlag zunächst auf der B-Stage, um mit einem bandinternen Stage-Diving-Wettbewerb für die Schlussakkorde auf die Hauptbühne zurückzukehren.
Bild: Harald Heckendorf
Bild: Harald Heckendorf
Bild: Harald Heckendorf
B-Stage deluxe
In auffälligem Rot gehalten und mit einem vom Hallendach herabhängenden Rigg versehen – welches mit acht MAC Auras, acht MAC Quantums und einigen Blindern ausgestattet ist – verheißt die Bühne bereits während der Show dem Publikum einen Besuch der Musiker auf der B-Stage. Mit nur 0,8 m Höhe wirkt die maßangefertigte Bühne aus dem Hause Schoko pro zunächst einmal gewöhnlich. Doch sie sollte eine imposante Überraschung bereithalten, denn unter der 4 × 5 m großen Oberfläche befinden sich zwei mechanisch gekoppelte, synchronisierte Hydraulikhubtische, die es ermöglichen, die fünf Musiker auf eine Höhe von fast vier Metern zu heben. Konstruktion, Projektleitung und Kundenbetreuung oblag dabei Peter Roth-Lipkow, Abteilung Bühnentechnik von Schoko pro. Für ihn galt es, bei dieser Konstruktion eine ganze Reihe von Besonderheiten zu berücksichtigen, die zu einer Lösung weit weg von gängigen Standards führte. Zum einen mussten die dynamischen Bewegungen der fünf Musiker (Schlagzeug, Sprünge usw.) berücksichtigt werden und eine extreme Stabilität in allen Achsen gewährleistet sein. Aber auch die Anforderungen der unterschiedlichen Hallen, wie etwa die verschiedenen Türbreiten oder die Gewichtsverteilung in verschiedenen Zuständen (z. B. bei der Anlieferung) mussten bei der Planung berücksichtigt werden. Vor allem aber galt es, die Anforderungen der Produktion wie etwa Trucking, Aufbaugeschwindigkeit und Sicherheit zu erfüllen. Auch hinsichtlich des Aggregats galt es, eine möglichst leise Lösung zu finden – hier konnten die Wiesbadener Bühnenbauer u. a. auf die Erfahrungen aus einer Philipp-Poisel-Produktion zurückgreifen.
Der auf Basis eines geschweißten Stahlrahmens errichtete Oberrahmen wird von Bühnenzargenelementen umreift. Das Hubpodium ist von 800 bis 3.800 mm fahrbar. Die Fahrten werden mit einer Handsteuerung von einem Techniker ausgelöst, zusätzlich muss jedoch ein Zustimmungstaster von einem zweiten Beobachter während des gesamten Hub- und Senkvorgangs betätigt werden. Die Fahrgeschwindigkeit für einen Kompletthub auf 3.000 mm inkl. Beschleunigungs- und Verzögerungsrampe liegt bei ca. 60 Sekunden. Die maximal erreichte Geschwindigkeit liegt laut Peter Roth-Lipkow bei 67 mm/Sekunde – das entspricht einer Hubzeit von ca. 48 Sekunden.
Bild: Harald Heckendorf
Bild: Harald Heckendorf
Lichtsteuerung mit der neuen ChamSys MQ500
Gunnar Loose setzte bei dieser Tour zur Lichtsteuerung erstmals das neue ChamSys-Flaggschiff MQ 500 Stadium ein und äußerte sich sichtlich beeindruckt über die Leistungsfähigkeit: „Ich bin schon seit vielen Jahren ein begeisterter ChamSys-Besitzer und habe mir die MQ 500 ziemlich zeitnah nach der Markteinführung gekauft. Es ist immer wieder beeindruckend, wie intuitiv die Bedienoberfläche bei ChamSys gestaltet ist. Diese intuitive Oberfläche der Software ist jetzt mit der neuen, größeren Pultoberfläche noch schneller, besser und direkter zu bedienen. Das ist ein echter Fortschritt in der Produktentwicklung. Hier wurden alle Aspekte, die für die Showsteuerung wichtig sind, kompakt und übersichtlich vereint. Zusätzliche Software zur Visualisierung ist überflüssig, da der integrierte 3D-Visualisierer zuverlässig arbeitet. Auch zusätzliche Netzwerkkomponenten werden nicht benötigt, da die MQ 500 Stadium alle Universes direkt über Ethernet in den Protokollen Pathport, ArtNet I, II oder III sowie Streaming ACN ausgibt. Mit einem Upgrade-Dongle kann man das Pult sogar ohne weitere Hardware um 200 Universen aufrüsten. Die MQ500 erleichtert mir komplexe Vorgänge. Auch der aktive Plotplan bietet beste Möglichkeiten, um schnell Änderungen vornehmen zu können. Diese ChamSys bietet meiner Meinung nach ein extrem gutes Preis-/Leistungsverhältnis.“
Der viel beschäftigte Lichtdesigner entschied sich beim Kauf seiner MQ 500 übrigens für die größere der beiden erhältlichen Versionen, in der 200 statt 64 Universen vorhanden sind.
Bild: Harald Heckendorf
Bild: Harald Heckendorf
Perfekter Abend für Kraftklub-Fans
In Dortmund spielte Kraftklub ein überzeugendes und energiegeladenes Konzert, gespickt mit einmaligen Augenblicken. Das Lichtdesign von Gunnar Loose wirkte in keinem Moment überzogen, sondern eher subtil und immer sehr eng an die intensive und oft spontane Performance der Band gekoppelt. Von den Konzertbesuchern dürften daher die vielen kleinen und großen showtechnischen Finessen eher unterbewusst wahrgenommen worden sein. Wie gesagt: Der Fokus lag vollkommen auf den Musikern.
Andere Momente – wie etwa das fast schon mosaische Teilen der Zuschauermenge entlang der harten Sharpy Beams, das selbstleuchtende „K“, die Konfetti-Schlacht gegen Ende des Konzerts sowie die Zugabe auf der beeindruckenden B-Stage – waren orgastisch inszenierte Momente in einer über den gesamten Zeitraum hochklassig gestalteten Show. Alle sorgfältig abgestimmten Ideen hier zu würdigen, ist leider kaum möglich. Die absolut empfehlenswerte Produktion, die klanglich ebenso überzeugte, wird 2018 erneut unterwegs sein: Zwischen dem 22.02. und 24.03. werden die drei Nightliner und sechs Trucks (von denen einer allein für den Transport der B-Stage dient) unter anderem auch Wien und Zürich ansteuern.
KraftklubTour | Companys
Tour-PA, Licht und Rigging: Complete Audio Berlin
C1: RCL
B-Stage: Schoko pro GmbH
Drehender Backdrop: Kulissenwelt
Kraftklub-Tour | Lichtcrew
Design und Operator: Gunnar Loose
Lichtcrewchef: Oliver Horn
Lichttechniker: Franz Krause, Ralf „Raga“ Gacek, Markus Pittlik, Martin Paul, Tommy Mennel
C1 Operator und Rigger: Michael „Lümi“ Lühmann
Rigging: Chris „Bötsch“ Böttger, Moritz Pleiss
Kraftklub-Tour | Lichtequipment
16 × MAC Viper Profile
24 × MAC Viper Wash DX
25 × MAC Quantum Basic
24 × Sharpy
16 × MAC Aura
21 × Atomic 3000 LED
8 × SMG Q-7
26 × Impression X4 Bar 20
13 × Robe StageBanner 50
43 × 4LightDWE
2 × MDG Atmosphere
2 × AF 1 Fan
2 × Cyrano
2 × Korrigan inkl. Rollstativ