Der Contest „Eurovision Young Musicians“ endete im Mai 2014 in Köln mit einem Finale auf dem Roncalliplatz in Schatten des Kölner Doms. Mit einer ähnlich lautenden Veranstaltung hat er allerdings so gar nichts gemein: Erstens geht es hier um klassische Musik, zweitens sind die Regularien nachvollziehbar und drittens findet das Ganze Open-Air statt. Wie bekannt, stellen diese Klassik-Open-Airs aber eine große Herausforderung für die Beschallung dar – die Firma Padco trat diese Herausforderung mit dem L-Acoustics K2 an.
Eurovision Young Musicians – der Nachwuchswettbewerb findet seit 1982 im zweijährigen Turnus statt. In Köln als diesjährigem Veranstaltungsort traten 14 junge, maximal 19 Jahre alte europäische Solokünstler gegeneinander an, begleitet vom WDR Sinfonieorchester unter Leitung der Gastdirigentin Kristiina Poska. In einem rund fünf bis sechsminütigen Vortrag galt es nach der Vorrunde, ein weiteres Mal die fünfköpfige internationale Jury zu überzeugen, die letztlich den Violinisten Ziye He aus Österreich als Gewinner kürten. Österreich? Da gab es doch vor kurzem schon einen Eurovision-Gewinner … Ziye He, 1999 geboren, ist natürlich Chinese, lebt und studiert allerdings seit 2011 in Salzburg.
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Eigentlich hätten alle Teilnehmer den Gewinn in Form eines Konzerts mit den Wiener Philharmonikern, 10.000 Euro Siegprämie und einer Uhr aus der Kollektion des Mitsponsors Rolex verdient, aber es kann halt nur einen geben.
Der WDR stellte nicht nur das Sinfonieorchester, sondern war im Rahmen der Eurovisionsendung sowohl für die Liveübertragung bzw. als Broadcaster für die teilnehmenden europäischen Staaten für das Bild als auch den Ton zuständig. Die Beschallung verantwortete Padco, der Bühnenbau oblag Megaforce, die eine Rundbühne mit Bodenbelag in glänzendem Weiß installierten. Das gab dem Ganzen einen edlen, der Veranstaltung entsprechenden Charakter und schwarze Mikrofonkabel sowie diverse Unterverteilungen konnten von den Orchestermusiker direkt gesehen werden. Über zwei LED-Wände erfolgten (Kamera-)Einspielungen des WDR und kurze Spots zur Vita der Finalisten.
Beschallung
Für die Beschallung des Finales gab es ganz stringente Anweisungen: Beschallt werden sollten vornehmlich zwei Tribünen für geladene Gäste, in deren Mitte sich ein Rundpodium für die Jury befand. Auf eine Schallausdehnung für die seitlichen Publikumsflächen wurde verzichtet, vermutlich um Reflexionen von den beiden in unmittelbarer Nähe befindlichen Gebäuden (Dom Hotel und Römisch Germanisches Museum) zu vermeiden. So entschied man sich bei Padco für Arrays aus links und rechts je acht L-Acoustics K2. Dem Vernehmen nach stellte das eine Premiere für das neue Line-Array-System im Klassik-Kontext dar. Als Frontfill kamen vier KARA unter der Bühne zum Einsatz, das Lowend übernahmen sechs vor der Bühne angeordnete SB28 – Kontrabässe und Pauken entwickeln ein erstaunliches Tiefenfundament!
Der Juryplatz verfügte über eine separate Beschallung, die allerdings auf Wunsch der Jurymitglieder nicht zum Einsatz kam. Befeuert wurde das Ganze mit LA Racks.
Am FOH-Platz diente ein Yamaha CL5 der Mischung und Verteilung der anliegenden 78 Signale, weshalb es mit einer zweiten Dante-Karte zu bestücken war. Als Monitorpult kam ebenfalls ein Yamaha CL5 zum Einsatz, und Monitormann Achim Senger, dessen Arbeitsplatz hinter einem Sidedrop Stage left angelegt wurde, erzählte schmunzelnd, dass er statt sechs Kanälen letztlich 20 zu verwalten hatte und sie auf vier geflogene L-Acoustics 12 XT verteilte.
Als I/O-Interfaces wurden vier Yamaha Rio3224-D genutzt. Weiterhin kamen insgesamt sieben Einheiten Teqsas Cyber-Tec zum Einsatz, die als Wandler für die verschiedenen Datenschnittstellen und Verbindung zum Ü-Wagen des WDR sowie zur Ansteuerung des Teqsas Harddisk-Recorders dienten. Stephan Dückers, verantwortlich für die gesamte Netzwerktechnik, zeichnete auf dem HD-Recorder den Soundcheck auf, damit gegebenenfalls letztes Finetuning möglich gewesen wäre, ohne das Orchester nochmals zu bemühen. Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, bei dieser Veranstaltung allerdings nicht vonnöten. Natürlich war das ganze Netzwerk redundant ausgeführt.
Für Bühnentechnik und Mikrofonierung waren David Steinhorn und Niklas Nilins zuständig, wobei man die Mikrofonierung als Bilder einer Ausstellung bezeichnen kann. Schoeps Colette mit MK4-Kapseln sowie Neumann U89 und KM 184 beherrschten das Bild. Wohlweislich wählte man eine Direktmikrofonierung der einzelnen Instrumente und hängte auf Geheiß der WDR-Verantwortlichen diverse Mikrofone ab, u. a. zwei in A/B-Anordnung ungefähr über dem Dirigentenplatz.
Sounddesign
Für das Sounddesign zeichnete Holger Stedem verantwortlich. Stedem steht seit 1976 aktiv am FOH-Platz und hört Bezeichnungen wie Toningenieur, Tonmann usw. nicht so gerne. Er sieht sich selbst als Musikdesigner, weil er keine festgefahrenen Wege mit einem ebenso starren Klangbild verfolgt, sondern versucht, aus dem Angebotenen und mit den Musikern eine für alle Beteiligten passende klangliche Note zu gestalten. Um sich mit dem Lautsprechersystem vertraut zu machen, hatte Stedem alle aufzuführenden Stücke als kurze Sequenzen dabei und konnte so schon im Vorfeld der Generalprobe, die als Soundcheck diente, erste Einstellungen vornehmen. Wie schon anfangs erwähnt, stellt das Klangbild eines Orchesters ganz besondere Anforderungen und eigentlich wäre eine Monomischung noch der beste Kompromiss. Allerdings wäre damit dem etwas bewanderten Klassikliebhaber nicht gedient. Denn ihm würde die gewohnte räumliche Staffelung sowohl in der Breite als auch Tiefe fehlen. Bei normalen Rockkonzerten gemeinhin nicht so wichtig, hier aber entscheidend. So arbeitete Holger Stedem mit Laufzeitpanning und Delays einzelner Instrumentengruppen, um eine möglichst natürliche Wiedergabe des Klangkörpers Orchester zu erreichen. Und das war letztlich so überzeugend, dass die Verantwortlichen des WDR den Plan, die Signale der abgehängten Mikrofone für die Übertragung und die Direktmikrofonierung als Stütze zu nutzen, verwarfen – sie entschieden sich genau andersherum.
Eine weise Entscheidung, denn das, was der Autor dann an Klang geboten bekam, war wesentlich mehr als man von einer solchen Veranstaltung mit Orchester im Freien erwarten kann – ein sehr natürliches und räumliches Klangbild. Auch der auf dem Roncalliplatz eigentlich immer vorhandene Wind hatte ein Einsehen: Er blies die letzten Wolken weg und stellte danach seine Tätigkeit fast vollständig ein. Im Hinblick auf die große Anzahl der offenen Mikrofonkanäle ein nicht zu unterschätzender Umstand. So konnte das heranströmende Publikum (schließlich war das Ganze umsonst und draußen) bei strahlendem Sonnenschein ein Konzert der ganz besonderen Art genießen.
Fazit
Dank der Digitaltechnik wird doch einiges wirklich erleichtert. So mussten alle Beteiligten schmunzeln, als Padco-Geschäftsführer Wolfgang „Wolli“ Schoepe philosophierte, wie viele Kilo und Meter Kupferkabel man in grauer Vorzeit für solch eine Veranstaltung hätte bewegen müssen. Davon abgesehen, dass so manches auch mit dem größten Aufwand nicht zu realisieren gewesen wäre.
Warum ich das erwähne? Die Padco-Crew inklusive Holger Stedem zeigte sich während des kurzen Gesprächs ganz entspannt, und man kann ihnen nur bescheinigen, dass sie unter Padco-Produktionsleiter Matthias Thelen einen wirklich feinen Job erledigt haben. Und das L-Acoustics K2 ist ein mehr als würdiger Nachfolger des verdienten V-DOSC – Klassikpremiere bestanden!