Fun Lovin‘ Criminals: Komplexes Trio-Setup im kompakten Club
von Nicolay Ketterer,
Die Fun Lovin‘ Criminals etablierten sich mit einer eigenständigen Mischung aus Rock und HipHop in den späten 1990er Jahren. FOH-Mann Andrew „Mash“ Marshall fällt die Aufgabe zu, mit dem komplexen Band-Setup einen brauchbaren Sound in einem Kölner „Betonquader“ zu erzeugen.
Das Baugebiet im Kölner Stadtteil Mülheim-Süd, auf dem einst der Industriegigant Deutz untergebracht war, sollte ein „kreativer Hotspot“ werden, der „Colegneo Campus“. Das versprochene Viertel mit Bürogebäuden, Hotels und Wohnungen lässt allerdings auf sich warten, es dümpelt im Stillstand zwischen Abriss und Neubau vor sich hin. Einzelne Häuser erscheinen wie Betonskelette, deren teils leere Fensteraussparungen gespenstig wie unzählige Augenhöhlen wirken. Nach einem Atomschlag könnte das Areal vermutlich nicht viel trostloser aussehen.
Nur mit Blick auf die eigene Website findet sich der Weg ins „Gebäude 9“, ein kleiner Club, versteckt auf dem verwinkelten Gelände. Auf der brachliegenden Großbaustelle existieren keine Parkplätze, der Weg führt entlang an Absperrbändern, vorbei an Rohbauten, Baugruben und insgesamt Schotter und Matsch; am späten Nachmittag gießt es wie aus Kübeln, was mit Regen gefüllte, schwefelgelbe Riesenpfützen hervorbringt. Von einem rostigen Umlaufgeländer am Gebäude verläuft ein gefühlter Sturzbach, der sich in einen teichtiefen Pfuhl ergießt. Im Kontext der Ödnis wirkt der Club von außen wie eine besetzte Baracke.
An dem Tag ist das in New York gegründete Trio Fun Lovin‘ Criminals zu Gast. Der Gig war vom Bürgerhaus Stollwerck, einem beschaulichen Gemeindezentrum in der Innenstadt, in die Baustelle verlegt worden. Die Band machte sich Mitte der 1990er Jahre durch eine eigenständige Mischung zwischen HipHop und Rock einen Namen; der Hit „Scooby Snacks“ enthielt neben Soundsamples auch lizenzierte Dialog-Ausschnitte aus Tarantino-Filmen. Ende der 1990er Jahre konnte die Band weltweit groß touren – unter anderem im Vorprogramm von U2. Seitdem wurde es ruhiger, die Band etablierte sich als unterhaltsame Club-Truppe. Keyboarder Brian „Fast“ Leiser spielt live auch noch Trompete, Mundharmonika, E-Bass, Synth-Bass mit Fußpedalen und ist für Loops und Backing Tracks zuständig – teils in Kombination. Seit dem Ausstieg von Sänger und Gitarrist Huey Morgan 2021 übernimmt er zudem einen Großteil der Lead-Vocals, im Wechsel mit Schlagzeuger Frank Benbini. Als Gitarrist ist Na‘im Cortazzi mit an Bord.
Der Soundcheck in dem Beton-Quader des Clubs habe „Spaß“ gemacht, meint FOH Andrew „Mash“ Marshall augenzwinkernd lakonisch. „Es gibt ein paar Paneele hier drin – aber es ist immer noch ein großer leerer Raum“, er lacht. „Wenn hier erstmal ein paar Körper drinstehen, werden sie all den furchtbaren Lärm auffressen. Mir ist egal, wie der Raum klingt, oder welches Pult vorhanden ist. Meine Philosophie lautet: Wenn es funktioniert, und du Schall rauskriegen kannst, ist das alles, worauf es ankommt. As long as I can make some Noise, I’ll make it work!” Er erinnert sich an einen Gig in einer Lounge in London, deren analoges Pult war bei der Bühne positioniert. „Ich fragte den Besitzer, ob ich das Pult verschieben kann – die antwortet lautete: nein. Ein Freund von mir, ebenfalls FOH, stand dann vorne und schickte mir per WhatsApp Nachrichten, was ich hoch- und runterziehen sollte – denn ich hatte keine Ahnung, was vorne passierte! Ich war auch mit Bands in kleinen, furchtbaren Pubs unterwegs, die überhaupt nicht für Shows ausgelegt waren – das musst du irgendwie zum Laufen bekommen.“
Marshall kommt aus dem englischen Städtchen Bedford, hat dort in einem Pub zum FOH-Geschäft gefunden. „Ich spielte in einer Band, war dort oft, und hatte gerade einen College-Kurs begonnen, mit den Bereichen Filmproduktion und Tontechnik. Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch keine Idee, was ich später konkret damit machen würde – ob ich im Filmbereich, in den Tonstudio- oder Live-Bereich gehen würde.“ Er spielte in Bands im Club, legt als DJ auf. Eines Tages meinte die FOH-Frau, ihr Monitormann sei nicht aufgetaucht – da er einen Kurs mache, ob er das nicht übernehmen wolle? Er war rund sechs Monate lang am Monitorpult tätig, sie zeigte ihm den FOH-Bereich, während er noch die Theorie am College lernte – so nahm der Job Fahrt auf. Nebenbei arbeitet er als professioneller Wrestler, unter dem Pseudonym Frankie Vegas. „Ein paar Bands kamen auf Tour im Club vorbei, mochten das Ergebnis. Ich übernahm ein paar Gigs für sie – 2022 war ich zum Beispiel auf dem ‚South by Southwest‘-Festival in Texas mit ein paar lokalen englischen Bands, die dort auftraten. Im September kamen die Fun Lovin‘ Criminals durch den Club, sie meinten, ‚du hast einen großartigen Job gemacht – wir melden uns.‘ Und das haben sie getan!“ Die Band nahm ihn auf die Europa-Club-Tour mit.
Das Pult für die Show, ein Midas Pro2-CC-IP, entstammt dem „Gebäude 9“. „Ich habe fast kein Equipment dabei, nur einzelne Mikrofone. Was das Pult angeht: Ich nutze einfach das, was da ist. Es geht nur darum, herauszufinden, welche Knöpfe ich drücken muss, um in das jeweilige Menü zu kommen – wo der Kram auf dem Board ‚lebt‘. Aber am Ende machen sie alle grundsätzlich denselben Job.“ Er selbst habe – trotz seines noch jungen Alters – noch auf einem analogen Pult gelernt, erinnert er sich. „Die Venue in Bedford, das ‚Bedford Esquire‘, hatte ein altes analoges Allen & Heath-Board. Das war großartig und funktionierte – bis es an den Punkt kam, dass einzelne Kanäle kaputt gingen. Der Besitzer hat zum Glück recht kräftig in die Location investiert, er ließ die PA rausreißen und neugestalten, und als Pult kaufte er ein digitales Midas M32, dazu eine digitale Stage-Box. So lernte ich auch auf digital – aber eigentlich machen die das gleiche: Das Pult hat Fader und Knöpfe.“ Er lacht.
Als Gesangsmikrofon für Brian „Fast“ Leiser hat er ein Beyerdynamic TGV70 im Gepäck, das er für die Tour gekauft hat. „Sie hatten ein Sennheiser e935 verwendet, aber ich wollte eine etwas engere Charakteristik.“ Er wollte die Feedback-Resistenz optimieren. „Mit der hier vorhandenen Hyperniere ist das kein Problem, gerade auch, wenn Fast mal nicht unmittelbar vor dem Mikrofon einsingt.“ Die Trompete des Multi-Instrumentalisten nimmt er mit einem Shure Beta 98 H/C-Clipmikrofon ab.
Zwei Bass-Amp-Stacks – für Bassgitarre und Synth-Bass
Leisers Bassverstärker-Rig – eine Backline aus zwei Topteilen, darunter je zwei Boxen – nimmt ungeahnt viel Platz auf der kompakten Bühne ein. Ein Stack verstärkt den fünfsaitigen Fender Jazz Bass, das andere das Synth-Bass-Setup, das er teils mit Pedalen bedient, wenn er gleichzeitig Keyboards oder andere Instrumente spielt. „Ich sehe mein Setup im Stil eines modernen Ray Manzarek”, erklärt Leiser. „Ray spielte die Bass-Parts bei The Doors live immer über ein Rhodes Bass-Keyboard, das in einen E-Bass-Amp eingestöpselt war. Sein Setup inspirierte mich, meinen Keyboard-Bass über einen Amp wie meine Bassgitarre laufen zu lassen. Dadurch bleibt das Bassfundament konsistent, sowohl auf der Bühne als auch Front of House.“ Beim Blick auf das Keyboard-Setup fällt die Optik eines alten Fender Rhodes ins Auge – sie besteht aus dem Deckel eines alten Originals, darunter verbirgt sich ein Roland A33-Controller. „Als ich mein Keyboard-Setup aufgebaut habe, wollte ich ein ‚Vintage-Feeling‘“, meint Leiser. Darauf liegt zudem ein kleines Korg Micro-X-Keyboard, daneben ein iPad – als Textstütze, nachdem er erst kürzlich die Lead Vocals mit übernommen hat. Das iPad diene „mehr zur Sicherheit statt als Notwendigkeit“, wie Leiser sagt. Daneben befindet sich ein Pioneer XDJ, mit dem der Musiker die Backing Tracks von einem USB-Stick abruft. „Ein Kanal liefert einen Click-Track für [Schlagzeuger] Frank, der zweite Kanal einen Mono-Mix von verschiedenen Beats und Sounds für das FOH-Signal.“
Die beiden Bassverstärker und die Keyboards werden nur per DI abgenommen. „Alle Bass- und Keyboard-Signale laufen in einen Splitter“, erklärt „Mash“ Marshall. Er verweist auf ein Rack mit zwei Palmer Audionomix-Vierkanal-DI-Boxen und Split-Funktion, das sie überall hin mitnehmen. „Die Signale laufen auf das Monitorpult von [Schlagzeuger] Frank, sodass er sich die Signale für sein Monitoring so zusammenstellen kann, wie er sie braucht.“
Benbini nutzt ein Mackie 1202VLZ4-Pult neben seinem Schlagzeug, er ist der einzige Musiker des Trios, der In-Ears nutzt, Gitarrist Na‘im Cortazzi und Brian Leiser setzen auf die Einhüllung durch Wedges. „Ich habe sie noch nicht wirklich zu In-Ears konvertiert bekommen. Na‘im zeigt Interesse, Brian schätzt hingegen Wedges. Frank nutzt zusätzlich zu seinen In-Ears Wedges, für den Fall, dass er seine In-Ear-Stöpsel herausnimmt. Er mag viele Sub-Anteile, daher haben wir immer ein Drumfill-Sub hinter ihm, weil er die Kick Drum fühlen möchte.“ Marshall lacht. Für Benbini dürfte die Lösung das Beste aus beiden Welten darstellen – für den FOH-Mix von „Mash“ Marshall hingegen bringt es keinen Vorteil, weil der Bühnenschall des basslastigen Drum-Fills nicht durch das In-Ear-Monitoring ersetzt wird.
Das Drum-Kit von Benbini nimmt Marshall größtenteils mit Mikrofonen vom Club ab – zwei Kondensator-Exemplare Sennheiser e614 als Overheads, eines unter dem Ride, dazu eines unter der HiHat positioniert, „weil Frank sehr kräftig spielt – mikrofoniere ich das Ride und die HiHat von unten, das blendet mehr übersprechende Anteile der anderen Becken aus.“ Die e604-Clipmikrone an den Toms und an der Snare-Unterseite mag er vom Klang. Das Audix i5 an der Snare-Oberseite hat er mitgebracht: „Ich mag den Sound. Dazu kommt: Ich kann es mit der Klammer befestigen, es bleibt an seiner Position, ich muss mich nicht mit Stativen rumärgern.“ Letzteres sei gerade bei dem engen Setup auf der Bühne hilfreich, es räume die Bühne auf. Für die Unterseite verwendet er normalerweise ebenfalls Beyerdynamic-Mikrofone mit Clip, „habe aber gerade nicht genug“. An der Bassdrum nutzt er außen ein Shure Beta 52, innen eine Beta 91-Grenzfläche, „die klassische Kombination!“
Frank Benbinis Gesang verstärkt er über ein mitgebrachtes Audix OM5, mit Hypernieren-Charakteristik. „Auch hier geht es um ein sehr gerichtetes Pattern, sodass ich so viel wie möglich von den Drums ‚verliere‘ und den Gesang möglichst direkt bekomme. Es hilft mir, da er die Snare oft laut spielt – was als kontrollierte Dynamik für meinen Mix gut funktioniert.“ Für Na‘im Cortazzi verwendet er ein SM58 – da der Gitarrist nur gelegentlich Backings beisteuert. Hier sei keine so starke Richtcharakteristik nötig, weil er die Lautstärke nicht so weit über den Mix bekommen müsse wie bei den Lead-Vocals.
Für die beiden Amps des Gitarristen hat Marshall ein Shure SM57 und ein Sennheiser e609 gewählt. „Natürlich könnte ich zwei SM57 nehmen – aber es sind zwei verschiedene Gitarren-Amps, daher verwende ich unterschiedliche Mikrofone.“ Er akzentuiert den Unterschied der Sounds des Gitarristen. „Das Orange-Topteil mit der Peavey-Box liefert softere Klänge, das Marshall-Topteil mit der Orange-Box deckt mehr den ‚Crunch-Bereich‘ ab. Da das SM57 mehr ‚Biss‘ vermittelt, habe ich mich dort dafür entschieden, für die Färbung.“ Es gehe darum, sich anzuschauen, was der Amp machen solle, und das passend zu unterstützen und zu übertragen.
Die schwierigste Aufgabe im Mix besteht – wie in solchen Fällen üblich – darin, die Vocals „[…] über alles drüber zu bekommen. Ich habe mit dem Sound auf der Bühne zu kämpfen, die akustischen Gegebenheiten des Raums, damit, dass der Drummer nah am Mikrofon laut spielt.“ Generell ist allerdings für ihn die Kick Drum das wichtigste Element, sagt Marshall, „sie treibt die Songs an.“ Dadurch entstehe Bewegung. Das Beta 91 dient ihm für den Beater-Sound, „den Attack, den ‚Click‘“, vom Beta 52 holt er sich die Sub-Anteile der Bassdrum, für den Ausklang. „Die Kombination ergänzt sich gut – bei manchen Songs, die poppiger klingen, justiere ich die Fader für mehr Attack. Bei einer Punk- oder Metal-Band würde ich das Beta 91 mehr herausstellen, weil das der Sound ist, den die Leute dafür gerne hören möchten. Bei einer Rock-Band schiebe ich das Beta 52 passend höher.“ Dazu käme die Geschwindigkeit der Songs – bei langsameren Songs biete sich ein längerer Ausklang ein, weil er sich besser entfalten kann, stimmt er zu. Beim Beta 91 hebt Marshall „ein bisschen 5, 6K, um den Klick herauszustellen, dazu etwas 80 Hz. Ob ich die Polarität ändern muss gegenüber dem Beta 52, hängt von der Position und dem Raum ab.“
Wie sieht seine Dynamikbearbeitung aus? „Ich möchte die Gitarren nicht komprimieren, denn der Gitarrist nutzt Pedale, die das ohnehin machen. Die Dynamik wird bereits zusammengepresst – das will ich nicht noch weiter komprimieren, statt die Teile herauszustellen, die hervorkommen, etwa, wenn er bei einem Solo ‚reinlangt‘. Kompression sollte das für mich nicht herunterknüppeln. Du musst darauf achten, dass die Dynamik zu den Songs passt. Wenn ich also anfange, alles zu komprimieren, wird alles flach. Nur ein bisschen an den Drums, um ein paar Peaks abzufangen. Eine längere Attack-Zeit auf der Kick Drum, sodass der Attack-Impuls durchkommt, das ‚Klicken‘.“ Drummer Frank Benbini spiele sehr konsistent, was den Mix und das Justieren der Gates einfacher mache. Letztere nutzt er auf der Nahmikrofonierung. „Auf den Overheads setze ich nur etwas EQ ein, um den Becken die Härte zu nehmen, für einen angenehmen ‚Sheen‘ – dazu filtere ich das Low-End heraus. Aber um ehrlich zu sein, habe ich die Becken nicht sonderlich laut im Mix. Ich habe weitere Mikrofone hier und dort“ – er zeigt auf die beiden Gesangsmikrofone links und rechts an der Bühnenfront – „sie transportieren ebenfalls genug Anteile“. Restliche Kompression finde praktisch nur leicht auf der Trompete statt, „weil Fast bei manchen Songs soft spielt, bei anderen härter, und ich die Transienten auffangen will.“ Generell existiere viel Dynamik im Set, bestehend aus „gechillten“ Stücken, gemischt mit prägnantem HipHop oder kräftigen Rock, wie er sagt. Das gefällt ihm. „Wenn es ‚nur‘ ein Trio wäre, das die ganze Zeit Rock spielt, könnte das etwas langweilig werden – aber im Set passiert so viel, es macht Spaß, den Verlauf zu mischen.“
Halleffekte fallen ebenfalls übersichtlich aus: „Ich nutze eine „Drum Hall“, um dem Schlagzeug etwas Raum zu geben, dazu eine Plate und einen kürzeren Raum als Mischung auf den Gesängen. Es hängt von den Songs ab – der Song ‚There Was A Time‘ ist beispielsweise sehr viel relaxter, hat einen Dub-/Reggae-Vibe. Dort kann ich lange Hallräume und Delays reindrehen, wovon ich großer Fan bin.“ Er übernehme „Soundshaping“ in solchen Fällen. „Manche FOHs sind etwas schüchtern und meinen, sie sollten nicht Teil der Performance sein – aber generell Effekte zu benutzen ist Teil der Performance! Ich arbeite für manche Bands, die meinen, ich solle den Mix eher trocken halten – andere mögen es, wenn ich stark eingreife. In manchen Fällen möchten die Leute allerdings, dass du die ‚Magie‘ der Platten erhältst – da bringt es natürlich nichts, wenn ich stattdessen wilde Räume baue!“ Es gehe generell darum, dem Song zu dienen, im Zusammenspiel mit der Vorstellung der Band.
Fader-Schnellzugriff: Subgruppen vs. VCA-Automation
Insgesamt nutzt er 25 Kanäle. Die Gruppierung seiner Kanäle hänge vom Pult ab. Je nach Setup setzt er teilweise auf VCAs als gruppierte „Fader-Fernsteuerung“ und Subgruppen, die er mit Effekten versieht. „Ich habe hier einen Drum-Bus, für parallele Kompression, etwas mehr „Ooomph“, bei den Gesängen komme ich mit VCAs weg, dazu nutze ich Kick Drum, Snare und HiHat als VCA-Gruppe, als Haupt-Rhythmus-Elemente. Für die Toms habe ich separate VCA-Automation, da ich sie gerne höher ziehe. In manchen Songs werden sie auch nicht gespielt.“ Die E- und Synth-Bass-Signale sind als Gruppe zusammengefasst, Keyboards und Gitarren hat er ebenfalls gruppiert.
Reizthema Playlist zum subjektiven Abschätzen der Beschallungssituation: „Von den Songs weiß ich, wie sie klingen sollten, weil ich sie so oft gehört habe – dann kann ich recht schnell Problemfrequenzen in einem Raum identifizieren.“
Toto – „Rosanna“: „Es enthält Piano, Bass, Guitars, Vocals, Schlagzeug – ein guter Mix aus einer Vielzahl von Elementen.“
Deep Purple – „Space Trucking“: „Ich mag die Low-Mid-Informationen von Orgel und Gitarren“.
Sting – „The Hounds Of Winter“: „Mir gefallen darin die Drums sehr, das gibt mir einen guten Eindruck von Drums im Raum über die Anlage, gerade hinsichtlich der Snare. Dazu kommt: Es ist einfach ein toller Song!“
Konzert mit gut gelauntem Publikum
Während des Einlasses läuft hinter der Theke im Vorraum derweil ein analoger Röhrenfernseher, über den ein Farbfilm der späten 1960er Jahre flimmert. Ein silberner und ein schwarzer Videorekorder stapeln sich daneben in einem Regal, umgeben von größtenteils selbst aufgenommenen, mit schwarzem Filzstift beschrifteten Videokassetten. Ein DJ spielt dazu in dem halligen Barraum Musik, die auch im Konzertraum läuft, darunter die Beastie Boys, Link Wray oder Dick Dales „Miserlou“ in der Version vom Pulp-Fiction-Soundtrack, mit den Filmdialogen, die die Fun Lovin‘ Criminals in „Scooby Snacks“ gesampelt hatten. Das versetzt das Publikum in Stimmung – ebenso wie Chuck Berrys „You Never Can Tell“ oder auch „Stuck In The Middle With You“ von Steelers Wheel – allesamt aus der Tarantino-Soundtrack-Ecke, was das Ambiente der Band passend umrahmt. Zum Konzert haben knapp 250 Leute den Weg durch die apokalyptische Gegend gefunden. Der letzte kommerzielle Erfolg der Band liegt gut 20 Jahre zurück, seitdem haben sich die Besucherzahlen langsam reduziert – der Weggang von Frontmann Huey Morgan hat erwartbar eine weitere Verkleinerung der Fanbase zur Folge.
Das Bandlogo ist wie eine US-Polizeimarke aufgemacht, es prangt orange-kupferfarben als Banner im Bühnenhintergrund. Darin ist noch New York als Kennzeichnung versehen, wenngleich die Band vor knapp 20 Jahren nach England übergesiedelt ist. Vor dem Gig zündet ein Roadie ein am Keyboard befestigtes Räucherstäbchen an, das Weihrauch-Aroma füllt dezent den Raum. Das Instrumental „The Lonely Shepherd“ – das Stück fand auf dem „Kill Bill“-Soundtrack statt – es klingt nach Sergio Leone und Mut zum Kitsch, mit verhallter Panflöte und Trompeten-Ensemble.
Der Backstage-Bereich der Band befindet sich im gegenüberliegenden Gebäude. Aus dem Tageslicht des Seiteneingangs tritt das Trio unter den riskant süßlichen Klängen ein. „Turn that shit off!“, meint Brian „Fast“ Leiser auf der Bühne. Die Band spielt energetisch ihre Klassiker, zur Eröffnung das namensgebende „The Fun Lovin‘ Criminal“, später die HipHop-Nummer „King Of New York“ oder die Bo-Diddley-artige Rock-Nummer „Korean Bodega“. Das Publikum geht von Anfang an gutgelaunt mit. Leiser singt, spielt abwechselnd Mundharmonika und Trompete während eines Stücks, Keyboards und E-Bass. Bei dem Bass-Loop eines Backing-Tracks wummern einzelne Noten zu Beginn des Stücks stark, FOH Andrew Marshall bekommt das Problem allerdings nach wenigen Takten in den Griff. Insgesamt erscheint der Mix druckvoll und gut sortiert, mit Publikum ist der Raum akustisch halbwegs brauchbar, ohne zu harte Reflexionen. Lediglich die Gesänge klingen – bis auf Drummer Frank Benbini – recht dunkel und sind kaum über dem Mix, Shouter-Momente stechen hingegen hervor.
Erwartungsgemäß fehlt der ehemalige Frontmann, der das Publikum charmant zu unterhalten wusste, und dessen charismatische tiefe Stimme mehr Definition beim Sprechgesang lieferte als bei den Vocals von „Fast“ Leiser. Dennoch: In guten Momenten blitzen die Stärken der tighten Band auf, die im Zusammenspiel mit Loops entspannten Spielfluss mit eingängigen Melodien liefern. Neuere Stücke wirken hingegen gleichförmiger und uninspirierter. Ein Höhepunkt stellt das beschwingte und seinerzeit erfolgreiche Cover vom Climax-Blues-Band-Klassiker „Couldn’t Get It Right“ dar, dem die Band ihren zwingenden, gleichzeitig entspannten Stempel verleiht. Bei der minimalistischen Rockabilly-Version ihres Songs „Bear Hug“ mit Slapback auf Vocals und Gitarre stehen die Stärken der drei Musiker im Vordergrund. Beim hypnotischen „There Was A Time“ fallen die von Marshall erwähnten längeren Hallfahnen und Delays atmosphärisch passend auf.
Zwar liefert der frühe Back-Katalog der Band generell kaum allgemeine Hits – aber runde, stimmige und schlicht gut geschriebene Songs, die zumindest unter den Eingeweihten inzwischen als Evergreens gelten. Vor der Zugabe läuft als Hintergrundmusik Frank Sinatras Interpretation von „New York, New York“ – vermutlich als Liebeserklärung an die Stadt, aus der auch die Fun Lovin‘ Criminals einen Großteil ihrer Inspiration für Texte und Atmosphären zogen. Und zum Schloss folgt die Hymne der Band, „Scooby Snacks“, mit dem markant gesampelten Gitarrenriff und den Tarantino-Filmdialogen. Für das Publikum der Höhepunkt – vielleicht nicht der eines innovativen Konzerts, sondern einer unterhaltsamen, kraftvollen Party, die das Lebensgefühl wiederaufleben lässt, dass sich mancher Zuschauer davon erhofft haben dürfte. Der Funke sprang über – der „Lärm“ von Andrew „Mash“ Marshall passte.