Die Ai-Software ist bereits seit einigen Jahren auf dem Markt, wenn auch noch nicht so populär wie die inzwischen etablierten, „typischen“ Avolites-Produkte. Wie manch andere Software auch ist Ai aus der VJ-Szene hervorgegangen, die Anfänge der Software reichen schon gut zehn Jahre zurück. 2012 erwarb Avolites die Rechte, übernahm die Entwickler und gründete dafür die Firma Avolites Media. Seitdem ist die beachtliche Software unter dem Kürzel „Ai“ erhältlich. Somit steht Ai nicht – wie man vielleicht meinen könnte – für artificial intelligence, sondern für „Avolites Immersive“: eine Reminiszenz an die Herkunft des Systems. Derzeit ist die Version 8.0.2 der Software aktuell – wobei die Veröffentlichung einer nächsten Version ständig in der Luft liegt. Welche umfassenden Erfahrungen und Ergebnisse man mit dieser Software machen kann, zeigt unsere Case Studie zu einer sehr großen Industrieproduktion in unserer nächsten Ausgabe; hier sehen wir uns zunächst das System an sich an.
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Systemvoraussetzungen
Die Software ist Windows-basiert und nur hin und wieder wird eine Betaversion für Apple-Rechner veröffentlicht (aktuell ist die Version 7 für Mac Rechner verfügbar). Diese hat jedoch immer nur einen Betastatus, ansonsten läuft die Ai Software serienmäßig auf Windows-Systemen. Ein wesentlicher Punkt für eine reibungslose Performance ist die Wahl der richtigen Grafikkarte: In den Ai-Servern werden in aller Regel AMD Fire Pro eingebaut als auch NVidia-Karten verlangt. Vorbildliche Angaben dazu finden sich u. a. auf der Avolites-Seite des deutschen Vertriebs Trendco.
Bedienung und Oberfläche des Avolites Ai
Bereits die Startseite unterscheidet sich deutlich von herkömmlichen Software-Oberflächen anderer Medienserver: Statt einer konventionellen Menüstruktur verblüfft Ai den Anwender mit einer sehr grafisch orientierten Programmoberfläche, die eher „nerdig“ daherkommt. Auf den ersten Blick assoziiert man mit der Bedienoberfläche eine 3D-Animation eines Fernsehstudios oder eines Messestands mit unzähligen virtuellen Bildschirmen und mit ebenso vielen Testbildern, die scheinbar auf ihren Content warten. Nerdig hin oder her: Hier wird sofort deutlich, dass der Ai komplett im 3D-Bereich zu Hause ist und das auch visualisiert wird. Wenig später wird dem Einsteiger klar, dass hinter dieser Pforte eine sehr gut strukturierte und praktikable Benutzeroberfläche liegt. In den vier Ecken dieses Startfensters finden sich jeweils zwei dreieckige Bedienfelder, hinter denen sich die insgesamt acht Untermenüs befinden. Das Projektfenster z. B. befindet sich oben links: Hier werden Projekte gestartet und anschließend auch abgelegt, es wird durch eine Büro-Kladde symbolisiert. Auf der Construction Page, die unten rechts im Bildschirm durch ein Truss-Element symbolisiert ist, können virtuelle Bühnen bzw. virtuelle Fixturen kreiert werden. Dazu finden sich mehrere Modell-Rubriken, wie etwa Projektoren, Leinwände, LED-Flächen, LED-Lampen, modulare LED-Elemente oder Moving Lights. Diese können über entsprechende Symbole in der Mitte des Bildschirms aus – gewählt werden. Hier in der Construction Page erstellte Fixture-Gruppen stehen nach ihrer Einrichtung sofort dem System zur Verfügung und auch sofort im virtuellen 3D-Raum in Bezug zueinander. Positionierungen können durch Dateneingabe als auch Mausbefehle vorgenommen werden.
Bild: Dieter Stork
Bild: Dieter Stork
3D-Objekte als Start
Und genau hier befindet sich ein besonderes Merkmal dieser Software: Jedes neue Projekt auf der Construction Page startet immer mit einem dreidimensionalen Objekt, das sich bereits in einem 3D-Raum befindet und frei auf allen drei Achsen bewegt werden kann. Eine als Projektionsfläche angezeigte Leinwand wäre zwar per üblicher Definition ein 2D-Objekt – besitzt dank der Software jedoch die Voraussetzungen, mit wenigen Mausklicks zu einem 3D-Objekt generiert zu werden. Die Eigenschaften dieses gezeigten Objekts können in einem entsprechenden Datenfenster auf die jeweils benötigten Werte gebracht werden. Aus der abgebildeten Leinwand kann mit wenigen Klicks nicht nur ein 3D-Objekt gemacht werden, welches sich in dem virtuellen 3D-Raum befindet; auch Größe und Position eines Objekts sind einstellbar; des Weiteren auch die Auflösung, mit der die Inhalte auf der Leinwand zu sehen sein sollen. Der benötigte Projektor kann dann aus der Symbolleiste ausgewählt werden und erscheint sogleich im 3D-Raum bzw. in der Mitte des Bildschirms. Die Werte der Position werden in dem gleichzeitig erscheinenden, dazugehörigen Datenfenster angezeigt. Eine anschließende Positionierung erfolgt – wie schon bei der Leinwand – über die Änderungen der Parameter im angezeigten Datenfenster oder auch Tastenkombinationen. Die jeweils benötigte 3D-Umgebung (eine Bühne oder Raum) kann aber auch aus den gängigen 3D-Programmen importiert werden.
Patching Page Node Based Engine
Die Node Based Engine ist der Kern der Ai-Software. Allerdings sorgten die Entwickler in den letzten Jahren dafür, dass diese Methode, die sich an Spezialisten richtet, im wahrsten Sinne in den Hintergrund trat und nunmehr als Möglichkeit zwar weiterhin vorhanden ist, aber auch die geschilderten Programmierungsmöglichkeiten parallel bestehen. Verborgen hinter dem Bedieninterface der Ai-Software befindet sich weiterhin das Node Based Programmiersystem (SALVATION). Hier bieten sich nahezu unbegrenzte Möglichkeiten, um unterschiedliche Module mit- bzw. untereinander zu verbinden und anzusteuern. Die Bedienung via Maus ist hier nur auf Module und Patches fokussiert. Alle Module sind generell als graue Kästchen dargestellt und können, der besseren Übersicht wegen, manuell in der Kopfzeile gekennzeichnet werden. So bleibt die Übersicht, welches Modul das jeweilige Gerät darstellt, immer garantiert. Ein- und Ausgänge sind durch kleine Dreiecke eindeutig vorgegeben, so dass In- und Outputs unverwechselbar zu erkennen sind. Ein Farbcode erleichtert zudem das Verfolgen der verschiedenen Signal- bzw. Befehlswege. Auch kleine sinnvolle Hilfen für die Fehlersuche im Signalweg sind in der Software implementiert. Was vielleicht auf den ersten Blick etwas kompliziert wirkt, erweist sich mit etwas Übung als logisch und dürfte zu raschem und intuitivem Arbeiten führen, so dass komplexe Steuerungsbefehle zwischen Geräten ermöglicht werden. So kann hier z. B. die Rückmeldung einer Kinetik-Software integriert werden, wo im Raum sich gerade die jeweiligen Objekte befinden.
Performance Page und Canvas Editor
Von der Performance Page aus kann später die vorbereitete Show gesteuert bzw. kontrolliert werden. Hier steht auch eine Auswahl von Fixtures bereit, mit denen die jeweiligen Medien angespielt werden können. Die Auswahl kann auch hier bequem via Drag and Drop erfolgen. Von hier aus erfolgt auch die sichere Pre-View-Auswahl, ohne dass während der Show versehentlich Content auf einen der Ausgänge gelangen könnte. Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Canvas Editor (symbolisiert durch eine Staffelei): Hier werden die exakten Verhältnisse und das perfekte Zusammenspiel der Texturen auf die 3D-Umgebung bestimmt. Gleichzeitig bietet der Editor die Schnittstelle für externe Content-Künstler, die anhand der Daten aus dem Editor sehr präzise ihre Entwürfe bzw. Ergebnisse abstimmen und anpassen können.
Codecs
Hinsichtlich des technisch idealen Codecs für Inhalte, die auf dem Ai laufen sollen, setzt man vor allem auf AIM; verarbeitet werden kann aber generell alles, was in einen QuickTimeContainer verpackt ist. Der empfohlene AIM-Codec ist eine Eigenentwicklung und kann kostenlos auf der Avolites- Website heruntergeladen und an die entsprechenden Content-Hersteller weitergereicht werden. Kompatibilität zu gebräuchlichen Programmen ist gewährleistet, da der Codec als normales QuickTime-Plug-in daherkommt. Der Codec kann auch mit sehr großen Auflösungen umgehen und ermöglicht z. B., dass innerhalb des Videos auch mit Transparenzen gearbeitet und so auf den ein oder anderen Layer verzichtet werden kann. Durch diese Abstimmung verfügt der Code über eine sehr hohe Performance. Insgesamt steht bei AIM eine ausgesprochen detaillierte Qualität in Gegenüberstellung mit anderen Codecs zur Verfügung. Als Faustregel gilt: AIM ist das bevorzugte Abspielformat, andere QuickTime-Formate gehen – meist – auch, und wenn es unbedingt unkomprimiert sein soll (was bei der Qualität von AIM in der Regel unnötig ist) können TGA-Sequenzen verwendet werden.
Produktpalette
Die Ai Software ist (immer in Verbindung mit einem Dongle) in drei Lizenzausführungen erhältlich, welche jeweils über entsprechende Upgrades erweitert werden können. Einsteiger und Fortgeschrittene können somit ganz nach persönlichem Bedarf und Budget die Software anpassen bzw. erweitern. Darüber hinaus ist die Software auch im Zusammenspiel mit passender Hardware (Road-taugliche 19″-Rechner) in verschiedenen Ausbaustufen mit 2/4/6 oder 8 Ausgängen, mit Splittern (incl. eingebautes EDID Management) oder mit einem Front Display erhältlich. Dabei können auch Sonderwünsche wie Grafikkarten (Datapath Vision SD4+1, Vision AV, Vision SDI, Vision SDI2 Blackmagic Decklink / Intensity und Active Silicon Phoenix HD SDI) und Anschlusskonfigurationen berücksichtigt werden. Die Auswahl der optionalen Capture-Karten ist allerdings immer auch von der jeweiligen Lizenz abhängig. Auch hier bietet die Website detaillierte Informationen. Überdies sind optionale Bedienelemente (wie externe Mischpulte) erhältlich. Diese können je nach Vorliebe des Operators oder in Anbetracht der jeweiligen Anforderungen an das Projekt kombiniert werden. Zurück zu den Dongle-Lizenzen: Die kleinste Einheit in der Produktpalette ist ein Software Dongle, der einen Full-HD-Ausgang freischaltet, jedoch die nötige Basisfunktionalität besitzt, um einfache Anwendungen bequem zu bedienen. In der mittleren Version können bis zu vier Ausgänge in einer höheren Auflösung versorgt werden. Die größte Lizenz bietet acht Ausgänge mit einer 8K-Auflösung. Auf der Avolites Website steht eine kostenlose Demoversion zum Download bereit, die über alle Funktionen (größte Lizenz) verfügt, jedoch in Intervallen von zwei Minuten die Ausgänge kurz weiß schaltet. Mit dieser Version kann man erste Schritte gehen, sogar das Nach – programmieren in bestehenden Projekten ist damit möglich.
Kreatives Werkzeug
Die grundlegende Ausrichtung, in einer 3D- Umgebung zu arbeiten, die Ein- und Anbindung von relevanter Hardware (CITP-kompatibel mit Pulten von Avolites, Hog 4 und MA) und Software (wie Kinetik-Steuerungen) sowie die Node Based Engine machen den Ai-Server zu einem großartigen und einzigartigen, kreativen Werkzeug. Auch wenn dessen Oberfläche im ersten Augenblick etwas gewöhnungsbedürftig erscheinen mag: Es lohnt, sich als Videooperator mit dieser Software vertraut zu machen, zumal sich hier viele zeitraubende Schritte dank der 3D-Ausrichtung sparen lassen. Der Ai ist für bestimmte Anwendungen – wie etwa dynamische 3D-Projektionen – sicherlich das optimale Werkzeug. Die soliden, aber nicht überragenden Timeline-Funktionen in dürften zukünftigen Versionen sicherlich noch Verbesserungen erfahren. Überdies verfügt die Software selbstverständlich über zahlreiche Funktionen, die bei Medienservern erwartet werden: Referenzieren per Fixture/Layer, Autoblend, CITP-Kompatibilität mit den gängigsten Lichtpulten, programmierbare Überblend-Effekte usw. Der intelligente Aufbau, umfangreiches Zubehör und schrittweise Software-Erweiterung machen dieses Produkt für Einsteiger und fortgeschrittene Operatoren interessant. Die Software ist bei Trendco ab ca. 1.980 € erhältlich, ein einfacher Server mit zwei Outputs ab ca. 14.500 € (inkl. MwSt.).