Adel Tawil-Tour: Bühnen- und Lichtdesign von Bertil Mark
von Redaktion,
Fast vier Jahre nach dem sehr erfolgreichen Solo-Debütalbum meldete sich Adel Tawil im Frühjahr 2017 mit seinem zweiten Album zurück, das auf Platz 1 der Album Charts schnellte und sich mehrere Wochen unter den Top 10 platzierte. Das Bühnen- und Lichtdesign der zugehörigen „So schön anders”-Tour stammt von Bertil Mark.
Im Sommer stellte Adel Tawil seinen Fans auf Festivals die neusten Songs vor, bevor es für Musiker, Kreative und Techniker im Herbst auf eine Tournee ging, die hauptsächlich durch die großen Clubs in Deutschland sowie in Österreich und in der Schweiz führte. Am Ende warteten – sozusagen als krönender Abschluss – drei große Arenen auf die Produktion.
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Licht- und Bühnendesigner Bertil Mark zeichnete für die optische Gestaltung der Produktion verantwortlich. Die Vorbereitungen dazu fanden in Berlin statt – bei Black Box Music – dies lag nahe, zumal die Musiker mehrheitlich in Berlin wohnen und auch der gefragte Bühnendesigner inzwischen ein Atelier in Berlin hat, das die Möglichkeit bietet, neben Vor-Visualiserungen auch Eigenschaften von unterschiedlichen Materialien zu testen und mit den Künstlern Ideen zu entwickeln. Da die Band bereits durch die Festival-Auftritte gut eingespielt war, lang der Schwerpunkt des dreitägigen Treffens in den Proberäumen von Black Box auf der detaillierten Ausarbeitung der gestalterischen Ebene. Bertil Mark hatte im Vorfeld Mitschnitte der Festival-Konzerte erhalten, so dass er bestens vorbereitet vor Ort an das optische Fine-Tuning gehen konnte.
„Für mich war dieses dreitägige Treffen sehr angenehm, da ich zum einen viel Vertrauen und Freiheit seitens des Künstlers spürte und ich überdies einige der Bandmitglieder schon sehr lange kenne. Es gab zudem nur eine gestalterische Vorgabe die lautete, keine großflächigen Videowände einzusetzen‘. Wir konnten also an den Probetagen alles gemeinsam kommunizieren und anschließend ausprobieren“, resümierte Bertil Mark.
Neben den Live-Mitschnitten orientierte sich Bertil Mark an dem musikalischen Konzept des erfolgreichen Albums: „Das aktuelle Album bietet viele elektronische Elemente, z. B. prägnante Stimmeffekte. Vieles ist sehr minimal gehalten und ist sehr luftig, gleichzeitig elegant und modern produziert. Die Musik vermittelt mir gleichzeitig ein Gefühl von Stärke und Eleganz. Ich wollte diese Attribute in ein modernes Lichtdesign übertragen.“ So findet sich im gesamten Lichtdesign lediglich ein konventioneller PAR-Scheinwerfer neben ausschließlich LED- und Entladungslampen. Bertil Mark setzte vor allem auf GLP-Fixtures, wie etwa den GLP JDC1 – der sowohl als Wash oder als Strobe fungieren kann. Überdies kann der JDC1 auch auf der Pixelebene angesteuert sowie auf der Tilt-Achse bewegt werden.
Einzelpixelansteuerung
Bertil Mark nutzte für die Showsteuerung seine markant gestaltete grandMA2. Dabei galt es insgesamt 32 DMX-Universen zu verwalten. Diese stolze Zahl war dem Anspruch geschuldet, jedes Pixel einzeln ansteuern zu können, ohne dafür zeitaufwändige Programmierungsarbeiten in Kauf nehmen zu müssen. „Dieses Vorgehen erlaubt mir eine schnellere und auch emotionalere Arbeit während der Shows“, lachte Bertil Mark und betonte: „Schließlich sind meine Designs immer ein dynamischer Prozess und nicht in Stein gemeißelt.“
Luftiges Gesamtbild
Das Ergebnis war ein deutlich definierter Bühnenraum, in dem die Band regelrecht eigene „Inseln“ besaß. Diese Inseln waren in Form von niedrigen Risern oder durch (markierte) Flächen auf dem Bühnenboden kenntlich gemacht sowie mit Bodenscheinwerfern versehen, die jeweils ausschließlich einer Person zugeteilt waren. Sämtliche Verstärker waren an die seitlichen Bühnenränder verbannt worden, um ein luftiges Gesamtbild zu ermöglichen. Die 10 × 12 m große Bühne war – bis auf die Treppenaufgänge – nahtlos mit GLP X4 Bars umrandet. Als zentrales Objekt hing über der Bühne ein überdimensionaler Lüster aus rund neunzig GLP X4 Atom. Das imposante und scheinbar fragile Gebilde war von Andre Nordhoff und Steffen Haas transportfähig und tourneetauglich konzipiert worden. Da auf eine Fronttruss verzichtet und vielmehr auf die Beleuchtung der Band aus den Gassen gesetzt wurde, wirkte dieses zentrale Lichtobjekt umso eindrucksvoller.
Verborgene Glanzlichter
Hinter einem weißen Gaze-Vorhang zunächst verborgen, fand sich ein weiteres ebenso zentrales und gleichwohl eindrucksvolles Lichtobjekt. Dabei handelte es sich um einen Kreis mit vier Meter Durchmesser, der aus einer Matrix mit fünfzig GLP X4 Bars bestand. Um den gewünschten Kreiseindruck zu erhalten, wurden die Einheiten am Rand mit einer Folie maskiert.
„Ich habe mich für einen Kreis entschieden, weil es u. a. in der fernöstlichen Kultur als Symbol für Erleuchtung, Stärke und Eleganz genutzt wird. Also genau für die Eigenschaften steht, die ich beim Hören des Albums für mich entdecken bzw. empfinden konnte“, erklärte der Designer.
Ebenfalls zunächst verborgen blieb eine Spezialkonstruktion mit einer horizontal angeordneten Spiegelfläche, die sich über die gesamte Bühnenbreite zog. Sämtliche Spiegel waren in eigens angefertigten Dollys fest positioniert, so dass der Winkel allabendlich identisch war. Mit unterschiedlichen Beams wurde bereits hinter dem Vorhang auf die Spiegel gezielt. „Ich wollte ein Chaos-Element in die sonst doch relativ strenge Anordnung bringen und ich war tatsächlich positiv überrascht, welche Lichtausbeute diese handelsüblichen Spiegel lieferten. In den gängigen Visualizern ist eben nicht alles einhundertprozentig darstellbar“, schmunzelte der Designer sichtlich begeistert.
Sogar als der Gaze-Vorhang gefallen war, lieferten die Spiegel skurrile, unbändige Formen, die nicht zu ergründen waren und deren eigentliche Lichtquelle bisweilen nicht erkennbar war. Für einen weiteren reizvollen Spiegeleffekt sorgten mehrere halbierte Spielkugeln, die gegen Ende des Konzerts eingesetzt wurden und der Bühne bzw. der kompletten Halle noch mal einen ganz eigenen Glanz verliehen.
Bild: Harald Heckendorf
Bild: Harald Heckendorf
Riesiger Spannungsbogen im gesamten Lichtdesign
Die Show war so angelegt, dass ein riesiger Spannungsbogen über die gesamte Dauer des Konzerts gespannt wurde und sich immer größere Räume und imposantere Bilder boten. „Ich lasse die im Laufe der Shows sozusagen wachsen. Allerdings wurde die Setliste im Laufe der Tournee etwas umgestellt, so dass der Kreis inzwischen während der Show bereits relativ früh zum Einsatz kommt“, erklärte Bertil Mark.
Für einen Teil der Videocontent-Einspielung arbeitete er mit dem internen Bit-Mapping, setzte überdies einen Catalyst für das Pixelmapping und die Bespielung des Kreises ein. Live-Kameras wurden lediglich bei den letzten drei Shows in den größeren Venues eingesetzt, um vornehmlich Großaufnahmen des Sängers auf zwei seitlichen Leinwänden zu zeigen.
Technische Strenge und verspieltes Chaos
Das gut zweistündige Konzert in Halle (Westf.) beeindruckte nicht nur optisch, sondern auch klanglich (dazu mehr in der nächsten Ausgabe). Bertil Mark hatte für das Bühnenbild eine Low-Key-Stimmung zugrunde gelegt, die er immer wieder durch enge und bisweilen sehr helle Akzente neu zu strukturieren wusste. Enge, kleine Beams bespielten gern die Szenerien der jeweiligen Lieder und machten den streng definierten Raum lebendig. Durch die klare, ununterbrochene Umrandung des Bühnenraums mit den GLP X4 Bars sowie den üppigen Einsatz von Hazern entstand ein dreidimensionaler Bühnenraum, der durch gezielte Tilt-Bewegungen verformt werden konnte. Aus einer rechteckigen Säule – basierend auf der Bühnengrundfläche – wurde durch sanft abgestimmtes Neigen der vertikalen Beams einfach eine schiefe Säule. Bei nächsten Mal neigten sich dann nur die engen Beams der Frontzeile zum Publikum und das wirkte, als ob sich eine Zugbrücke aus eng aneinandergereihten Beams öffnete.
Der riesige Kronleuchter brach das zunächst nüchtern und technisch wirkende Bühnenbild auf, da es gleichzeitig beleuchtetes und beleuchtendes Objekt war – u. a. durch die Schatten, die das Gebilde auf den weißen Gaze-Vorhang warf. Über die Beams, die die schmalen horizontal angeordneten Reihen von Spiegelflächen am hinteren Bühnenrand trafen und von dort zurück geleitet wurden, bekam das Bühnenbild etwas sehr Organisches, zum Teil durchaus Unwirkliches, Unvorhersehbares – ein regelrechter Gegenpol zur strengen Raumdefinition. Dem Chaos-Element gegenüber stand wiederum der bisweilen hellgrell strahlende Kreis mit der Matrix aus fünfzig GLP X4 Bars oder auch die unzähligen kleinen Beams der halben Spiegelkugeln, die sich ebenfalls Up-Stage befanden. Die technische Strenge und das verspielte Chaos verschmolzen zu einem einzigartigen und kurzweiligen Design, das die Performance der Künstler bestens begleitete und punktgenau unterstützte.
Auszug aus dem Lichtequipment
84 × GLP X4 Atom
120 × GLP X4 Bar 10
50 × GLP X4 Bar 20
40 × GLP JDC-1
1 × Robert Juliat Lancelot
2 × MDG Atmosphere CO2 Touring
31 × GLP GT-1
1 × MA grandMA2 full-size
2 × MA GMA2 NPU
2 × MA GMA2 Node
1 × Catalyst V5
Lichtcrew
Lichtdesign: Bertil Mark
Lichtcrewchef: Andre Nordhoff
Techniker: Steffen Haas, Uwe Kissmann, Florian Schmitz
Rigger: Tim Krannich