Wie erreicht Bubbes naturnahen Klang im In-Ear-Mix?
von Jörg Küster,
Jens Steffan – alias Bubbes – ist in allen Bereichen der Audiotechnik bewandert, hat sich jedoch auf Monitormischungen spezialisiert und ist mit Künstlern unterschiedlicher Couleur unterwegs.
Jens Steffan, in der Proaudio-Welt weithin unter seinem Rufnamen „Bubbes“ bekannt, arbeitet seit einigen Jahren als Head Of Sales & Product Manager bei der United Brands GmbH und betreut dort vorrangig das Produktportfolio von Digico. Bubbes kann auf einen langjährigen Erfahrungshintergrund als Veranstaltungstechniker mit eigener Verleihfirma verweisen. Parallel zu seiner Tätigkeit für United Brands ist er regelmäßig als Monitormischer auf Tournee – zu seinen Auftraggebern zählen Künstler wie Max Giesinger und die Söhne Mannheims, aber auch der im Exil lebende iranische Popmusik-Superstar Ebrahim „Ebi“ Hamedi, mit dem er weltweit unterwegs ist.
Über Bubbes’ In-Ear-Monitoring und seine Zusammenarbeit mit Mikrofontechniker Ingo Thürauf haben wir bereits in unserer Story über Monitoring und Mikrofone bei Max Giesinger berichtet.
„Meiner Einschätzung nach ist Kommunikation in jeder erdenklichen Art und Weise das Wichtigste bei einem Monitorjob“, sagt Bubbes. „Wenn aus welchen Gründen auch immer keine Kommunikation stattfinden kann, entpuppt sich das unterwegs als extreme Bremse für jede Produktion. Am Monitorplatz sind die Kommunikationsbelange gut aufgehoben, da ja ohnehin stets mehr als nur eine Person zu versorgen ist. Am Monitorpult wird bestimmt, wer wann mit wem sprechen kann, soll oder darf!“
Bubbes weiter: „Als Dienstleister mache ich am Monitorplatz nicht unbedingt Mischungen, die zwangsläufig meinem persönlichen Geschmack entsprechen müssen – vielmehr geht es darum, dass die Künstler glücklich sind! Natürlich ist es aber oft so, dass der Mix für die zu versorgenden Personen auch mir gefällt. Jenseits musikalisch anspruchsvoller Mischungen gibt es immer auch funktionale Mixes: Backliner etwa wollen meist einfach nur hören, dass alles funktioniert.“
„Wenn man neu auf eine Produktion kommt, ist man anfangs meist ein wenig reserviert und tastet sich langsam an die Gegebenheiten heran“, berichtet Bubbes. „Oft bekommt man ein Basis-Layout vorgelegt, da irgendeine Art von Setup bereits vorhanden ist. Auf dieser Grundlage erarbeite ich zunächst eine Mischung nach meinem persönlichen Geschmack und versuche, alles so natürlich wie irgendwie möglich klingen zu lassen. Persönlich schätze ich die Klang-Fabrik sehr, da dieser Prozessor mir eine Verteilung der Instrumente im Raum ermöglicht. Interessanterweise finden gerade erfahrene Musiker, die über Jahrzehnte hinweg mit Wedges aufgetreten sind, den binauralen Sound auf Anhieb klasse, wenn sie für ihr Monitoring von Lautsprechern auf IEM-Systeme wechseln.“
Auf die Frage, ob für die Arbeit am Monitorplatz bestimmte Charaktereigenschaften vorteilhaft sind, antwortet Bubbes: „Aus meiner Erfahrung würde ich sagen, dass es keinen großen Unterschied macht, ob man als Monitormischer introvertiert oder extrovertiert ist. Ich behaupte einfach einmal, dass ich persönlich sowohl impulsiv als auch zurückhaltend agieren kann – manchmal muss man unterwegs einfach laut werden, um in einer Art Selbstschutz sein Gebiet abzustecken. Wenn es um den Show-Part geht, bin ich hingegen immer total ruhig, beobachte das Geschehen und versuche, es in allen Aspekten bei meiner Arbeit zu berücksichtigen. Egal, was auch passiert: Ich habe immer einen Plan B in petto! Letzteres habe ich mir auf zahllosen Auslandseinsätzen angewöhnt, bei denen man vor Ort bekanntermaßen nicht immer das Equipment vorfindet, das im Rider angefordert wurde. Dass ein Plan B vorhanden ist, beruhigt die Nerven, und diese Ruhe am Monitorplatz überträgt sich letztlich auch auf die Musiker. Im Idealfall ist es so, dass die Künstler sich keine Gedanken um das Monitoring machen – egal, wie widrig die Umstände tatsächlich sind.“
Bubbes beobachtet einen seit Jahren anhaltenden Trend weg von Wedges und hin zu IEM-Lösungen, was auch für bekannte Künstler gilt, die seit Jahrzehnten erfolgreich auf der Bühne stehen. „Die jungen Musiker sind ohnehin auf In-Ear-Monitoring fixiert und fragen gar nicht erst nach einem klassischen Wedge“, so Bubbes.
„Mein wichtigster Ansprechpartner auf einer Tournee ist der Systemer“, sagt Bubbes und erläutert, warum: „Mit ihm muss ich besprechen, in welcher Größenordnung ich Sub-Anteile auf der Bühne benötige, um den Künstlern ein vollwertiges Klangspektrum zu vermitteln – der Körperschall spielt eine riesige Rolle! Es kommt vor, dass Wedges bei Shows gar nicht zwingend als Havarielösung verstanden werden, sondern tieffrequente Informationen liefern sollen, welche ein typischer In-Ear-Hörer schlichtweg nicht abbilden kann. Der Musiker empfindet durch die Wedges dann ein runderes Klangspektrum.“
Unter dieser Prämisse erscheinen aktuelle Line-Array-Konzepte, die sich durch eine stark ausgeprägte Rückwärtsdämpfung im Tiefmittenbereich auszeichnen, geradezu kontraproduktiv: „In der Tat machen mir solche Systeme die Arbeit schwerer“, kommentiert Bubbes. „Es kommt gelegentlich sogar zu Diskussionen mit dem FOH-Kollegen, der sich beschwert, dass ich viel zu viel Bass auf der Bühne fahre. Bei Rock/Pop-Produktionen ist es für mich eher schlecht, wenn sich die rückwärtige Dämpfung der PA nicht regeln lässt. Andererseits ist die stark gerichtete Abstrahlung bei Klassik- und Jazz-Konzerten natürlich mega! Und es gibt auch Metal-Festivals, bei denen man am Monitorplatz spätestens am zweiten Tag nicht ganz unglücklich darüber ist, dass die PA nach hinten hin deutlich leiser ist …“ (schmunzelt)
Bass-Shaker sind nach Meinung von Bubbes jenseits des Schlagzeughockers nur bedingt eine Lösung; Boden-Rüttelplatten US-amerikanischer Provenienz stehen im Ruf, bei agilen Musikern und viel Bewegung auf der Bühne gerne einmal durchzubrennen. Bubbes verweist auf einen weiteren Aspekt: „Bei einer deutschen Formation, mit der ich kürzlich unterwegs war, ist der Bassist fast zwei Meter groß – wenn man ihn zusätzlich noch auf eine Rüttelplatte stellt, sieht der Sänger im Bühnenbild wie ein Winzling aus.“
Bubbes verwendet gelegentlich ein Bluetooth-Vibrationsarmband, das aus der Ferne wie eine Uhr aussieht und intern mit zwei Spulen bestückt ist, welche bei einstellbarer Intensität zum Vibrieren gebracht werden können. Der zugehörige Bluetooth-Sender wird zwischen das IEM-Beltpack und den Hörer geschaltet.
Bubbes setzt als Atmo-Mikrofone bevorzugt dynamische Shure SM57 ein: „Die Positionierung ist extrem wichtig, und ich achte darauf, dass sich die Ambience-Mics grundsätzlich auf Ohrhöhe des Künstlers befinden“, berichtet er. „Das Gehirn lässt sich nicht veräppeln, und das Auge ist nicht selten das wichtigste Element für einen gelungenen In-Ear-Mix! Es erschließt sich mir nicht, wie man Atmo-Mikrofone auf Kniehöhe positionieren und dann auch noch Kondensatormodelle verwenden kann. Es ist sinnvoll, wenn die Mikrofone passend zur Wahrnehmung des Künstlers angebracht werden. Da sich die Mikrofone bei meinem Ansatz in der Nähe der PA befinden, bearbeite ich die Signale mit dynamischen EQs – wenn die Band richtig loslegt und die PA laut ist, reduziert der Dynamic-EQ den Tiefmittenbereich, welcher mir sonst die Mischung zumüllen würde. Ich versuche den Sound so zu gestalten, dass er ungefähr dem entspricht, was der Künstler ohne eingesetzte Hörer wahrnehmen würde.“
Das Gehirn lässt sich nicht veräppeln, und das Auge ist nicht selten das wichtigste Element für einen gelungenen In-Ear-Mix!
Jens „Bubbes“ Steffan | Head Of Sales & Product Manager bei United Brands
Wenn er freie Hand hat, setzt Bubbes vier SM57 ein, die als zwei Pärchen auf T-Bars montiert sind. „Die Künstler wollen in der Regel viel Atmo hören, und ich bringe den Atmo-Anteil gerne recht stark in den Mix ein“, sagt er. „Das wirkt keineswegs störend, sondern sorgt ganz im Gegenteil für eine sehr natürlich wirkende Abbildung des Geschehens.“ Die Klangeigenschaften des SM57 kommen der Philosophie von Bubbes entgegen, da sich im Gegensatz zu Kondensator-Richtrohmikrofonen nicht jedes kleine Zischeln glockenklar bemerkbar macht und der HF-Rolloff – passend zur tatsächlichen Distanz der Schallquellen zur Bühne – dem natürlichen Höreindruck nahekommt. „Das SM57 klingt edelstumpf, es macht einen runden Ton, und im Vergleich zu einem Kondensatormodell kann ich es im Mix locker 6 dB lauter fahren“, fasst Bubbes zusammen.
Dass Bubbes für die Monitorarbeit Konsolen von Digico bevorzugt, liegt aufgrund seiner Funktion als Product & Sales Manager auf der Hand – im Gespräch spürt man jedoch eine aufrichtige Begeisterung, die nicht nur arbeitgeberbedingt vorhanden zu sein scheint. Als wesentliche Features einer guten Monitorkonsole betrachtet Bubbes „eine geringe Zugriffszeit, größtmögliche Flexibilität, eine offene Routing-Struktur und überragende Patching-Möglichkeiten.“
Da digitale Mischpulte der Oberliga inzwischen hinsichtlich ihrer Klangeigenschaften jenseits individueller Geschmacksaspekte keine wirklichen Kritikpunkte mehr aufweisen, kommt rein auf den Sound bezogen der Auswahl geeigneter Mikrofone eine wesentlich größere Bedeutung zu als dem Einsatz von Konsole A, B oder C. Nicht vergessen werden darf, was die analoge Drahtlosübertragung mit In-Ear-Signalen anstellt: Im Bassbereich kann es vergleichsweise schnell zum Clipping kommen, mitunter wird „zu wenig Glanz in den Höhen“ bemängelt, und auch die Stereoabbildung überzeugt nicht immer auf ganzer Linie. Bubbes wirkt derlei Einschränkungen aktiv entgegen und erwähnt, dass er in jedem Aux-Send-Master einen Audio-Enhancer einsetzt, der in seine Digico-Konsole implementiert ist.
Bubbes schätzt nach eigenem Bekunden die klanglichen Auswirkungen einer wohldosiert eingesetzten Verzerrung und nutzt unter anderem das Digitubes-Feature der Konsole oder Plug-ins von Waves, welche den Sättigungseffekt einer Bandmaschine emulieren. „Ich stehe auf diesen Schmutz, denn wenn die Band losprügelt, richtig Alarm auf der Bühne ist und die Leute im Publikum ausflippen, darf die Monitormischung gerne auch einmal wild klingen und die Stimmung aufgreifen“, so Bubbes.
Monitoring-Tipp von Bubbes: Anwesenheit erwünscht!
Sinnvoll ausgewählte und gekonnt bediente Audiotechnik ist ohne Frage wichtig für einen guten Monitorsound, doch andere Aspekte können eine noch größere Relevanz besitzen: „Es ist durchaus sinnvoll, wenn die Musiker und auch der Lead-Sänger beziehungsweise die Lead-Sängerin zum Soundcheck erscheinen“, merkt Bubbes lakonisch an, als er zu den wichtigsten Tipps für eine gelungene Monitor- mischung befragt wird.