Im Rahmen eines umfassenden Modernisierungsprojekts beauftragte der Deutsche Bundestag Studio Hamburg mit der Planung, Installation und betriebsbereiten Montage der Audioinfrastruktur des hauseigenen Parlamentsfernsehens, das sämtliche Plenardebatten sowie öffentliche Ausschusssitzungen und Anhörungen überträgt.
(Bild: Studio Hamburg MCI)
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Für die Integration der neuen Audiosysteme mussten bei der Planung des neuen Audionetzwerkes die Anforderungen der unterschiedlichen Räume und Säle berücksichtigt werden. Mit der Neuinstallation wurde ein umfassender Rückbau der Bestandstechnik und der bestehenden Kabelinfrastruktur sowie die Integration bestehender Netzwerk-, Video- und Audiotechnik erforderlich. Zum Einsatz kommen nun unter anderem Systeme und Lösungen der Hersteller Lawo, Clear-Com und Arista. Umbau und Montage, die teilweise im laufenden Betrieb stattfanden, begannen 2019 mit der Sommerpause des Parlaments und wurden termingerecht mit Beginn der Sitzungswochen nach der Sommerpause abgeschlossen. Im Anschluss erfolgte die Aufarbeitung der Gesamtdokumentation bis Frühjahr 2021.
Der TV-Produktionsbereich besteht aus vier identischen Regien, in denen zeitgleich bis zu vier Fernsehprogramme unabhängig voneinander produziert werden können. In den Räumlichkeiten sind außerdem ein Fernsehstudio untergebracht sowie ein Nachbearbeitungsbereich. Die Regien können je nach Bedarf über das neue Kreuzschienensystem und die Glasfaserinfrastruktur mit den Sitzungssälen verbunden werden. Während einige Räume des Bundestages mit fest installierter Broadcasttechnik ausgestattet sind, bieten andere Räume die Möglichkeit einer flexiblen Übertragung mittels TV-Anschlusskästen.
(Bild: Studio Hamburg MCI)
Somit lag bei der Planung des neuen Audionetzes besonderes Augenmerk auf der Netzwerktechnik, die das Backend der neuen Audioinfrastruktur bildet. Die Anpassung und Erweiterung der Glasfaserinfrastruktur sowie der Umbau des bestehenden Netzwerkes, hin zu einer gemanagten Netzwerkinfrastruktur, gehörte zu einer der größten Herausforderungen im Projekt. Das bereits bestehende Steuerungsnetzwerk wurde hierzu in eine VLAN-Struktur überführt und ein neues zentrales Backend aus zwei leistungsfähigen Arista Switches geschaffen. Zusätzlich wurde ein neuer, redundanter Meinberg PTP Taktgeber installiert. Die Audioübertragung erfolgt über ein redundant ausgeführtes Audionetzwerk, basierend auf dem AES67 / S2110-30 Standard.
Für das zentrale Audiorouting wurde eine verteilte Lawo Audiokreuzschiene, bestehend aus Lawo Power Cores inklusive HD-SDI Interface und LWL-Schnittstellen integriert. Die Komponenten sind auf dem gesamten Campus verteilt und netzwerkseitig voll redundant angebunden. Die einzelnen Produktionsstätten können nun per Knopfdruck einer Regie zugeordnet werden. Hierfür wurde die bestehende VSM Installation mit der IP-Orchestrierungs und -Steuerungs-Software „VSM Soul“ erweitert. In den Regieräumen wurden die Komponenten der Audiokreuzschiene durch Lawo ruby-Pulte mit Vistool Anbindung aufgerüstet und damit, je Regie, ein vollwertiges Mischpult innerhalb der Audiokreuzschiene bereitgestellt. Somit ist der volle Zugriff auf alle Audiosignale innerhalb des gesamten Audionetzwerkes gewährleistet. Für größere Produktionen wurde in der Tonregie ein Lawo mc²36 integriert.
(Bild: Studio Hamburg MCI)
Für das betriebssichere Monitoring der Signale wurde ein Tektronix Prism Messsystem installiert, welches auch die Analyse der PTP Taktsignale gewährleistet. Für eine zuverlässige Kommunikation innerhalb des Produktionskomplexes wurde eine neue Clear-Com Eclipse-HX Median mit 64 Ports installiert. Neben den klassischen analogen Ports verfügt die Matrix über IP-Schnittstellen die sowohl Standard-IP als auch Schnittstellen für ein Echtzeitnetzwerk AES67 bereitstellen. Als Sprechstellen wurden die Clear-Com IRIS Panels installiert, die neben OLED-Farbdisplays über die Anschlussmöglichkeiten analog, IP und auch AES67 verfügen. Neben den fest installierten Sprechstellen wurde auch das DECT basierte Clear-Com Freespeak II Funksystem, mit mehreren mobilen Beltpacks als voll in die Matrix integriertes Funksystem installiert. Die Antennen sind über das AES67 Netzwerk mit der Matrix verbunden und decken den Studio- und Regiebereich komplett ab.
Die modernisierte Audio-Infrastruktur im Deutschen Bundestag sei laut MCI durch die Umrüstung ein leistungsfähiges, einfach skalierbares und redundantes System geworden, welches auch zukünftige Anforderungen einfach abdecken kann. Als Folge der erneuerten Infrastruktur und der umfangreichen Änderungen im Bestand, wurde MCI Ende 2019 mit der Bereinigung und Aufarbeitung der Autocad-Dokumentation für die gesamte Broadcastinfrastruktur betraut. Dafür wurden alle Bestandspläne in einen einheitlichen Standard überführt und vor Ort detailliert geprüft.
(Bild: Studio Hamburg MCI)
Auch diese Arbeiten fanden während des laufenden Betriebs statt. Durch die Überarbeitung steht dem Bundestag nun eine einheitliche und aktuelle Gesamtdokumentation mit einfacher Suchfunktion zur Verfügung. Eine bereitgestellte Web-GUI ermöglicht nun auch einen vereinfachten Zugriff auf die Pläne. Mit einer Suchfunktion für einzelnen Geräte oder Kabel kann der gewünschte Plan nun deutlich schneller gefunden und aufgerufen werden. Insgesamt wurden im Rahmen dieser Aktualisierung etwa 230 Pläne mit über 4000 Geräten und mehr als doppelt so vielen Kabeln bearbeitet. Die Überarbeitung konnte Anfang dieses Jahres erfolgreich abgeschlossen werden.