Genius Loci: Avantgarde des Videomappings in Weimar
von Redaktion,
Mehr als 50.000 Besucher erwartet Hendrik Wendler, Initiator des Videomapping-Festivals „Genius Loci Weimar“ am kommenden Wochenende in seiner Wahl-Heimatstadt. Drei Künstlergruppen bespielen dafür historische Fassaden und betreiben damit sozusagen „Digitale Denkmalpflege“. Im Interview erklärt er, was sie in Weimar erwartet und welche Rolle die Veranstaltungstechnik dabei spielt.
Genius Loci Weimar hat sich seit seiner Premiere im Jahr 2012 zu einem international renommierten Festival für Videomapping entwickelt. Mehr als 100 Künstler aus aller Welt bewarben sich in diesem Jahr darum, eine der drei ausgewählten Fassaden zu bespielen. Ihr Anspruch: durch Projektionen auf die Fassaden der historischen Gebäude hinter dieselben zu schauen. Wie kann das gelingen?
Das Spannende an Genius Loci ist die Symbiose aus Architektur, Lichtkunst und Geschichte. Unsere Künstler gehen bei ihren Projektionen eine enge Verbindung mit dem Geist des Ortes ein, erzählen Geschichten und schreiben diese in einem modernen Weimar fort. Das ist das ganze Geheimnis. Aktuelle avantgardistische Trends der Kunstform „Videomapping“ paaren sich mit in Sandstein gemeißelter Geschichte. „Genius Loci Weimar“ ist dadurch ein Höhepunkt des Weimarer Sommers und ein Markenzeichen für das moderne Weimar geworden.
Was erwartet die Zuschauer in diesem Jahr?
In diesem Jahr – dem Luther- und Reformationsjahr – haben wir als Spielorte die Herderkirche, das Cranachhaus und die Notenbank ausgewählt. In der Herderkirche predigte Luther selbst und im Cranachhaus lebte und starb Lucas Cranach der Ältere, der ‚Maler der Reformation‘. Das Bankgebäude steht für das turbulente letzte Jahrhundert Kapitalismus, ein hochaktuelles Thema, wir feiern auch 150 Jahre ‚Das Kapital‘, die berühmte Publikation von Karl Marx, vielleicht ebenfalls eine Glaubensfrage. Das liefert jede Menge Stoff für künstlerische Assoziationen.“
Das Konzept für die Herderkirche von Kento Tomiyoshi und Makoto Shozu vom Studio Flightgraf aus Tokyo setzt sich mit der Frage nach dem Verhältnis von Institution und Menschlichkeit auseinander. Auf der Fassade des Cranachhauses verbindet das Livepainting „Chiaroscuro“ von Tatiana Halbach und Søren Christensen zwei Ären: Angefangen bei den Gemälden von Lucas Cranach, beeinflusst vom Realismus und biblischen Referenzen, führt es zu den Werken des Gegenwartskünstlers Gerhard Richter. Die Strukturen der Notenbank erkunden die Künstler Jone Vizcaino und Ander Ugartemendia in ihrer Projektion „Gestalt“. Sie untersuchen die verschiedenen Grundsätze der Gestalttheorie und fügen den einzelnen Gesetzmäßigkeiten wie Geschlossenheit, Symmetrie und Gleichheit ihre eigene kreative Vision hinzu. Ganz unbescheiden werden Sie damit ebenfalls ein Teil der Geschichte des Gebäudes.
Jahr für Jahr bauen Sie dafür fünf Meter hohe Gerüste auf, von denen aus die Künstler eine riesige Fläche bespielen. Welche Rolle spielt die Technik dabei, den Grundgedanken von Genius Loci Weimar sichtbar und „erlebbar“ zu machen?
In den Projektionen lösen sich die Oberflächen der Spielorte auf und bleiben doch erhalten. Wichtiges Element dabei ist die Tiefe – die der Fassade und die der Projektion. Wir arbeiten daher mit 3D-Videomapping, durch das wir die Oberfläche visuell ‚durchbrechen‘. Voraussetzung sind aber, ganz profan gesprochen, kompakte, wirklich leistungsstarke Großprojektoren, deren Bilder sich zu einem großen Ganzen zusammensetzen. Wir haben uns daher mit unserem Partner für Veranstaltungstechnik, publitec, besprochen. Das ist einer der deutschlandweit größten Verleiher für Bild- und Videotechnik und steht im Ruf, kompetent zu beraten und zuverlässig genau das zu liefern, was man für eine Veranstaltung braucht. Unsere Wahl fiel auf die Hochleistungsprojektoren Boxer von Christie, weil sie wirklich lichtstark und kontrastreich sind und auch bei größeren Flächen optimale Helligkeit bieten. Außerdem schwören unsere Operatoren auf die natürliche Farbwiedergabe, welche die Boxer produzieren, und ohne die eine Produktion wie zum Beispiel am Cranachhaus mit ihren vielen künstlerischen Zitaten aus den unterschiedlichen Epochen der Malerei einfach nicht überzeugend zu realisieren wäre. Aber schauen Sie selbst! Vom 11. bis 13. August wird Weimar wieder in diesem ganz besonderen Glanz erstrahlen.