Versicherungen in der Veranstaltungsbranche: Welche sind wichtig?
von Christian Raith ,
Passieren kann immer mal was, so viel ist Fakt. Eine gute Absicherung ist deshalb quasi Pflicht. Aber was genau heißt gut? Und welche Versicherung ist für welchen Bereich sinnvoll? Christian Raith, Spezialist für Versicherungen rund um den Entertainmentbereich, schildert aus seiner Sicht die aktuelle Lage in der Veranstaltungsbranche, blickt auf frühere Geschehnisse zurück und wagt Prognosen für die kommenden Jahre.
Smartphone und Co. sind aus unserem täglichen Leben überhaupt nicht mehr wegzudenken. Der Trend in der Veranstaltungsbranche und somit auch in der Veranstaltungstechnik geht immer mehr in Richtung Virtual Reality und ScienceFiction-Welt, um Kunden und Gäste durch Interaktion als Erlebnisbestandteil nachhaltig zu begeistern. Die herkömmlichen Scheinwerfertypen wie Fluter oder Stufenlinsen werden durch LED-Technik ersetzt, die baulich kleiner, leichter und unkomplizierter in ihrer Montage sind. Durch die modernen Kommunikationsgeräte wie Smartphone oder Tablet wird bereits bei der Planung eine bessere Lösung mit „digitalen“ Lichtplänen angestrebt. Durch diese Entwicklung wird sich nach und nach gezwungenermaßen auch das Berufsbild des „Technikers“ anpassen: Ein Tontechniker wird mit zunehmender Digitaltechnik immer mehr zum Netzwerktechniker, während die Arbeit über Smartphone und App zur täglichen Arbeit gehört wie früher Notizblock und Stift.
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Die steigende Anzahl von Outdoor-Events und Festivals erhöht die Wahrscheinlichkeit für Schäden
Aber nicht nur die technischen Veränderungen sind es, mit denen wir alle uns in Zukunft zu beschäftigen haben, sondern auch die Themen Unwetter, Terror, Kriminalität etc. Nehmen wir als Beispiel das Wetter: Blickt man auf das Jahr 2016 zurück und setzt dabei den Fokus auf den Festivalbereich, stellt man fest, dass sich letztes Jahr einiges ereignet hat, das auch größere Schäden hinterlassen hat. Die Festival – abbrüche bzw. -ausfälle gingen durch alle Medien. Fraglich ist nur, ob das Wetter wirklich immer unkalkulierbarer wird oder ob aufgrund der ständig wachsenden Anzahl von Festivals und anderen Veranstaltungen die Wahrscheinlichkeit eines Schadens einfach größer wird – und in Abhängigkeit dazu auch die mediale Präsenz.
So oder so müssen sich die Veranstalter gemeinsam mit den Verleihern Gedanken über die Absicherung der Technik vor Ort machen. Wer haftet für welchen Schaden und wer muss sich dann wie entsprechend absichern? Meist ist es so, dass über die AGBs der Verleiher die Technik durch den Entleiher versichert werden sollte, manchmal sogar muss. Ist nichts über die Versicherung in den AGBs vermerkt, findet man meist einen Haftungsparagraphen, welcher besagt, dass der Entleiher für sämtliche Schäden, die während des Miet-Zeitraumes entstehen, haftet. Nur wenige Veranstalter wissen das und gehen damit ein hohes finanzielles Risiko ein, denn wir wissen natürlich alle, dass dort Millionenwerte stehen.
Die Veranstalter fühlen sich abgesichert, schließlich verfügen sie über einen Haftpflichtvertrag. Dieser regelt aber nur das Verschulden des Veranstalters. Aber wo liegt das Verschulden eines Veranstalters, wenn der Sturm über das Festivalgelände fegt und die Hauptbühne große Schäden davon trägt? Die Haftpflicht würde nicht bezahlen, da kein Verschulden des Veranstalters besteht. Die AGBs besagen jedoch, dass der Entleiher haftet, somit wäre es sein eigenes Geld. Das kann soweit führen, dass der Entleiher zahlungsunfähig wird. Einfacher ist es, wenn der Entleiher über den benötigten Zeitraum eine kurzfristige Elektronikversicherung abschließt und somit eine Deckung über alle Gefahren für das Equipment hat. Ob nun ein Sturm das Festivalgelände verwüstet, ein Blitz einschlägt, ein Brand ausbricht oder vielleicht sogar Zuschauer Teile der Bühne zerstören, eine ausreichende Absicherung besteht. Ein weiterer Vorteil ist, dass über Selbstbehalte die Prämie sehr gut gesteuert werden kann. Wenn man nicht schon den ersten Euro versichert haben möchte, sind das überschaubare Prämien. Bei Indoor-Veranstaltungen liegt generell die gleiche Konstellation vor, allerdings werden die Prämien dabei günstiger, da das Wetterrisiko fast komplett entfällt.
Kriminalität – ein ernstzunehmender Faktor
Ähnliches gilt eigentlich auch für den Bereich Terror und Kriminalität: Unterschlagungen und Einbrüche werden vermehrt festgestellt. Im Lagerbereich hält es sich noch in Grenzen, da diese meist einigermaßen gut abgesichert sind. Daher schlagen die Täter meist bei Messen, Festivals oder sonstigen Jobs zu. Denn während des Auf- und Abbaus wird meist nicht so sehr auf die Sicherheit geachtet, schließlich möchte man schnellstmöglich mit dem Job fertig werden. Doch selbst wenn der Trailer gerade offen steht, jemand schnell hingeht und einfach unerlaubt etwas mitnimmt, so wäre das über die Elektronikversicherung abgedeckt. Natürlich sollte der Verleiher eine Jahrespolice haben, die sein Equipment am Lager, beim Transport und bei den Jobs vor Ort entsprechend abdeckt. Dabei können auch im Jahresbereich gute Prämiennachlässe mit der Vereinbarung von Selbstbehalten erreicht werden.
Gegen Ausfall absichern
Natürlich ist es für den Veranstalter oder die Eventagentur wichtig, dass die Veranstaltung auch gegen Ausfall versichert ist. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle ihr Geld bekommen. Denn nicht nur die Kunden möchten bei einem Abbruch oder Totalausfall der Veranstaltung ihr Geld zurück, sondern auch die Dienstleister – immerhin haben auch sie ihre Leistung erbracht. Wenn der Veranstalter entsprechend abgesichert ist, wird das kein Thema sein, denn sein Ausfallversicherer wird es so richten, als sei kein Schaden eingetreten. Wenn er keinen Versicherungsschutz hat, kann es jedoch sehr wohl passieren, dass er die Hand heben muss und alle Dienstleister leer ausgehen bzw. nur einen Bruchteil erstattet bekommen. Daher wird die Ausfallversicherung immer wichtiger. Auch dort kann man vom Wetter bis hin zum Terror alles versichern.
Haftpflichtversicherung für nicht kalkulierbare Schäden
Das Equipment und der Ausfall sind nun abgesichert, keinesfalls darf jedoch die Haftpflichtversicherung vergessen werden. Diese ist immens wichtig, denn was passiert, wenn jemandem die Box auf den Kopf fliegt oder das Rigg während der Show zusammenbricht? Auch die Schäden beim Auf- und Abbau sind ein Klassiker: Wenn man versehentlich mit dem Stapler ein anderes Auto touchiert oder das Case schwungvoll vom Trailer rollt und dabei dummerweise das dort parkende Auto oder eine Glastür trifft. Da all diese Schäden nicht kalkulierbar sind und der Verursacher nach BGB unbegrenzt haftet, sollte man seine Haftpflichtversicherung ausreichend ausstatten. Gleichzeitig sollte man den Blick auf die Freiberufler nicht vergessen: Auch diese rechtlich selbstständigen Firmen müssen passend versichert sein, denn über die Betriebshaftpflicht des Auftraggebers sind nur die angestellten Techniker versichert, nicht aber die Freiberufler. Wir wissen von vielen Verleihern, bei denen der Nachweis der Haftpflichtversicherung angefordert wird. Auch Plattformen wie Crewcheck fragen diese im Vorfeld ab, so dass der Endkunde sicher sein kann, dass die auf der „Baustelle“ tätigen Techniker entsprechend versichert sind.
Lösungen für die Branche gibt es beim Spezialisten
Natürlich ändern sich diese Bedingungen immer wieder und werden regelmäßig an die Anforderungen der jeweiligen Firmen angepasst. Deshalb gibt es keinen Stichtag, zu dem man sagen kann, dass sich die Welt der Versicherungslösungen total verändert hat. Vielmehr handelt es sich dabei um einen schleichenden Prozess. Wenn man überlegt, wie spartanisch die Policen im Eventsegment vor über 20 Jahren waren und dass man für viele Bereiche gar keine Lösungen parat hatte, dann hat sich schon einiges getan. Als damals die Freiberufler-Haftpflichtversicherung auf den Markt gebracht wurde, gab es nichts dergleichen auf weiter Flur. Damals hieß sie auch noch Roadie-Police, da es nicht einmal einen Ausbildungsberuf dafür gab. Heute gibt es vom Veranstaltungskaufmann über den Veranstaltungstechniker bis hin zum Meister für alle Bereiche die passende Absicherung.
Als Abschluss bleibt nur zu sagen, dass man bei der Wahl der Versicherung ein wenig auf die Spezialisierung des Versicherungsmaklers achten und mit diesem bereits im Vorfeld ausgiebig besprechen sollte, welche Bereiche bedient werden, wo man tätig ist, wie die interne Struktur aussieht usw. Erst dann kann der Makler einen maß – geschneiderten Versicherungsschutz anbieten. Wenn das geschafft ist, reicht es normalerweise, wenn einmal im Jahr kontrolliert wird, ob noch alles passt. Das bedeutet, dass man sich die anderen 364 Tage im Jahr auf seinen Job konzentrieren kann und sich nicht mit lästigen Versicherungsfragen rumschlagen muss.
Die Elektronikversicherung ist schon jetzt eine Allgefahrendeckung, also eine saubere Versicherungslösung, welche mit den Aufgaben wächst und vom Sturm über Einbruch, Diebstahl und Feuer bis hin zu Transportschäden alles abdeckt. Im Haftpflichtbereich ist es ähnlich: Wenn der Versicherer weiß, welche Tätigkeiten ausgeübt werden, dann wird er auch den passenden Versicherungsschutz zur Verfügung stellen. Man sollte einfach mit den Spezialmaklern in der Branche sprechen und nicht unbedingt mit dem Kumpel aus dem Fußballverein. Denn die Veranstaltungsszene ist speziell und braucht deshalb auch eine entsprechende Speziallösung.
Autor Christian Raith
Christian Raith ist geschäftsführender Gesellschafter der Eberhard, Raith & Partner GmbH, einem seit über 25 Jahren agierenden Spezialversicherungsmakler im Entertainmentbereich. Mit seinem 29-köpfigen Team beschäftigt er sich täglich mit Versicherungsfragen rund um Events. Seit Jahren engagiert er sich auch dafür, die Firmen der Branche zu informieren und zu sensibilisieren. Er berät Veranstalter und Dienstleister der Szene in Bezug auf versicherungsrechtliche Fragen rund um Events und Lösungen, die die Assekuranz dafür bereithält.