Eine Doku über einen Manager der Entertainment-Branche? Das muss entweder eine selbstbezahlte Lobhudelei sein – oder derjenige ein sehr spezielles Individuum, dessen Geschichte den Zuschauer nachhaltig verblüfft. Im Falle des heute 73-jährigen Amerikaners Shep Gordon darf getrost beides gelten. Die Doku „Supermensch – Wer ist Shep Gordon?“ von Mike Myers beschreibt das Wirken des Event-„Kickstarters“ und Managers von Alice Cooper, Pink Floyd, Luther Vandross, Michael Douglas – und von Chefköchen.
Shep Gordon begann Ende der 1960er Jahre als Bewährungshelfer, bevor Jimi Hendrix ihm empfahl, Manager zu werden und ihm gleich Alice Cooper als Klienten nahelegte. Kurz darauf zählte er Pink Floyd, für ganze neun Tage, zum Portfolio. Die Verbindung mit Alice Cooper hält dagegen bis heute, und zwar ohne Vertrag. Shep Gordon wurde ein früher Vertreter von Guerilla-Promotion: Er ließ Cooper in durchsichtigen Plastikklamotten nackt auftreten und rief anschließend die Polizei – die Verhaftung sollte Schlagzeilen bringen. „Als die Polizei kam, war nichts mehr zu sehen, weil die Plastikklamotten durch die Hitze beschlagen waren!“ Die Hotels wurden mit ungedeckten Schecks bezahlt. Als sie später Geld verdienten, habe Shep Gordon diese kontaktiert, um die Schulden zu begleichen, erzählt Cooper. In einem Hotel klauten sie Federkissen, um sie beim Konzert aufzureißen und die Halle mit Federn zu füllen: „Es war eine fantastische Show, die uns nichts kostete“, hält Gordon fest.
Um Cooper zu promoten, engagierte Gordon vielfach Leute mit Fotoapparaten – jedoch ohne Film, schlicht für das Blitzlichtgewitter: „Das erwarten die Leute bei einem Star.“ Um ins Fernsehen zu kommen, versuchten sie, möglichst viele Skandale auszulösen (hier spielt auch ein Huhn bei einer Festival-Bühne eine unrühmliche Rolle, welches durch das Publikum in Einzelteilen endete). In London buchte Gordon
die Wembley Arena mit ihren 10.000 Plätzen, im Vorverkauf gingen jedoch lediglich 50 Tickets weg. Ein PR-Mann schlug vor, ein fast nacktes Bild von Cooper als Leinwand auf einen Sattelschlepper zu montieren, um anschließend auf dem Piccadilly Circus eine Panne zu simulieren und den Verkehr lahmzulegen. Die informierte Presse machte Bilder … und am nächsten Tag war das Konzert ausverkauft. In seinen Shows wurde Cooper zum Schein geköpft, gehängt, und sollte auch als lebende Kanonenkugel auftreten – der Show-Dummy flog beim Gig allerdings nur einen halben Meter weit, buchstäblich ein „Rohrkrepierer“. Cooper: „Die Kanone haben wir dann den Rolling Stones verkauft.“ Der komplette Ideenreichtum Gordons lässt sich nur in Ansätzen wiedergeben.
Bei den Konzerten des Soulsängers Teddy Pendergrass ließ Gordon nur Frauen zu – als Alleinstellungsmerkmal. Nach einer Querschnittslähmung besorgte er Pendergrass einen Auftritt bei „Live Aid“, um dessen Karriere zu retten.
In der Doku sind die vielen Gastauftritte kaum zählbar – neben Alice Cooper kommen beispielsweise Michael Douglas, Willie Nelson, Sylvester Stallone, Steven Tyler und andere zu Wort. Der Titel „Supermensch“ spielt dabei auf die jüdische Bezeichnung Mensch an – im Sinne eines wohlmeinenden Gutmenschen, der sich um seine Mitmenschen kümmert. Demnach verhandelt Gordon zwar hart und akzeptiert kein nein. Trotzdem, so der Manager, lasse er sich im Geschäft von Mitgefühl leiten und gebe gerne Gefallen zurück. Den Komiker Groucho zum Beispiel managte er kostenlos, um ihm auszuhelfen. Und sonst? Gordon war fasziniert vom Chefkoch Roger Vergé. Als er erfuhr, dass Chefköche seinerzeit kaum Geld verdienten, rief er kurzerhand das Format einer Kochshow mit Chefköchen ins Leben.
Die 85-minütige Doku, 2013 von „Wayne’s World“-Schauspieler Mike Myers produziert, vermittelt detaillierte Einblicke in ungewöhnliche Promotion-Konzepte und das Wirken eines absoluten Querdenkers. Bei aller Kritiklosigkeit: Der Werdegang des Managers, der scheinbar eine spektakuläre Aufgabe nach der anderen abwickelt, erscheint schlichtweg beeindruckend und unterhaltsam. 2016 hat Gordon seine
Memoiren veröffentlicht („They Call Me Supermensch: A Backstage Pass to the Amazing Worlds of Film, Food, and Rock ‘n’ Roll“).
Die Doku „Supermensch – Wer ist Shep Gordon?“ (engl. mit Untertiteln) ist bei Amazon für 2,99 Euro (SD) bzw. 3,99 Euro (HD) abrufbar oder als DVD für 13,99 Euro erhältlich.