Netflix Biopic-Tipp

Mötley Crüe – The Dirt: Sie wollten Sex, Drugs & Rock’n’Roll

Netflix zeigt eine neue Dokumentation über die „skandalträchtigste Band aller Zeiten“ – der Untertitel der knapp zweistündigen Dokumentation über Mötley Crüe „Sie wollten Sex, Drugs & Rock’n’Roll“ trifft es auch inhaltlich schon ganz gut, findet unser Doku-Testgucker Nicolay Ketterer

Netflix-Doku: Mötley Crüe – The Dirt(Bild: Netflix)

Gleich der erste Gig erfüllt alle Klischees einer Band, die zwischen Punk und Metal angesiedelt ist: im ersten Song bricht eine Schlägerei zwischen Band und dem spärlichen Publikum aus. Auch sonst lässt die Glam-Metal-Band Mötley Crüe im Verlauf des Biopics keinen Zweifel daran, dass der  versprochene „Dirt“ sowie Sex, Drogen und Musik im Vordergrund stehen: Hemmungslose Partys im L.A. der frühen 1980er auf dem Sunset Strip, absurde Erlebnisse wie ein Hotelaufenthalt mit Ozzy Osbourne, der mangels Kokain lebende Ameisen am Pool schnupft. Ansonsten steht die  zwischenmenschliche Gemeinschaft um Sänger Vince Neil, Gitarrist Micky Mars, Bassist Nikki Sixx und Drummer Tommy Lee im Vordergrund – darunter der Tribut, den Drogen und Alkohol einfordern: Vince Neil fährt im Rausch einen Freund tot, Bassist Nikki Sixx erliegt einer Überdosis, kann nach zwei Minuten im Krankenwagen mit Adrenalin aber wiederbelebt werden.

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Aus Produktionssicht ist das „Wachsen“ der Tourneen interessant. Die Vision von Schlagzeuger Tommy Lee, sich live mit seinem Schlagzeug um 360 Grad zu drehen, wird in der Gigantomanie der Produktion 1987 realisiert: Lee wird in einem Stahlkäfig mit fest montiertem Schlagzeug angeschnallt und spielt ein Schlagzeug-Solo, während der Käfig kopfüber rotiert. Nicht im Film zu sehen: Dem ging zwei Jahre zuvor ein Schlagzeug-Solo voraus, bei dem der Riser um 90 Grad nach vorne gekippt wurde. Auf der „Dr. Feelgood World Tour“ 1989 schwebt Lee samt Schlagzeug schließlich über das Publikum hinweg. Die Produktion verdeutlicht den Ansatz der Band, die Idee von Punk mit maximaler Unterhaltung verbinden zu wollen.

Der eigene Erfolg wird den Musikern zum Verhängnis: Die 1989er Welttournee mündet in eine gefühlte Endlosreise mit immer zusätzlichen Shows – am Ende sind es 154 Konzerte. Das strapaziert das Verhältnis der Musiker untereinander, Vince Neil steigt danach aus. Der „zusammengewürfelte Haufen“ (der Begriff Motley Crue, den der Bandname verballhornt) beweist indes auch Verhandlungsgeschick: Als das Label Elektra sie loswerden will, bedingt die Band die Publishing-Rechte an ihren Songs zurück. Die Truppe spielt bis 2015 weiter, größtenteils in der Urbesetzung.


»Trotz fehlender Details und ungeklärter Situationen ist die Doku ein unterhaltsames Portrait von Backstage-Wahnsinn und ausufernden Live-Produktionen.«

Nicolay Ketterer


Fazit zur Mötley Crüe Dokumentation

Der 108-minütige Film von Regisseur Jeff Tremaine basiert auf der 2001 erschienen Autobiografie „The Dirt“ von Nikki Sixx und Neil Strauss und ist hervorragend besetzt. Die vier Originalmusiker sind als Produzenten daran beteiligt. Inhaltlich werden Details verdreht und verkürzt, manche unliebsamen Erinnerungen (etwa die skandalträchtige Ehe von Tommy Lee mit Pamela Anderson) fielen ganz weg – ob einzelne Anekdoten tatsächlich stattgefunden haben, bleibt daher ungeklärt und umstritten. Das tut dem Unterhaltungswert des Films aber keinen Abbruch, der Backstage-Wahnsinn und ausufernde Live-Produktionen werden kurzweilig portraitiert. Geplant war die Verfilmung übrigens seit 2006 – Netflix kaufte vor zwei Jahren die Rechte, mittlerweile ist der Film (FSK 18) bei dem Streaming-Dienst zu sehen.

»Hier gehts zur Mötley Crüe Doku auf Netflix.

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