LED mit Straßenzulassung von Screen Experts und ROADDi
von Dominik Roenneke, Artikel aus dem Archiv vom
Für Digital Signage ist der öffentliche Raum sehr begehrt. Was ist aber, wenn Installationen nicht mehr auf feste Standorte beschränkt sind, sondern auf der Straße mobil ohne Restriktionen unterwegs sind? Screen Experts hat zusammen mit der Firma ROADDi ein inzwischen patentiertes LED-System entwickelt, das für den Straßenverkehr zugelassen ist.
Zwei Partner haben sich zusammengetan, um mit ihren individuellen Fähigkeiten ein serienreifes Produkt zu schaffen. Das Stichwort ist „full-color Mobile Digital Out of Home“. Eigentlich ganz einfach: Werbe- bzw. Infobildflächen sind auf Fahrzeugen installiert, gehen auf der Straße on tour und erhalten dabei große Aufmerksamkeit. Ganz einfach ist diese Technik nur auf den ersten Blick. Tatsächlich „steckt der Teufel im Detail“. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Bis der erste Prototyp mit ordnungsgemäßer Erlaubnis vom Hof fahren durfte, war es ein langer Weg der Entwicklung, vorbei an vielen Stationen und Hindernissen für die beiden Projektpartner.
Probleme an möglichen DooH-Feststandorten nahe an Verkehrswegen sind durchaus bekannt. Hier kann mit Rücksicht auf den Straßenverkehr eine Genehmigung verweigert werden, um Blendungen und unnötige Ablenkungen von Verkehrsteilnehmern zu unterbinden. Bei Fahrzeugbeleuchtungen sind Wechselwirkungen durch Scheinwerfer über Zulassungsbedingungen geregelt. Fahrzeuge sollen bei Tag und in der Nacht nach einheitlichen und strengen Vorgaben beleuchtet/gekennzeichnet sein. Dabei müssen sie den Fahrweg ohne Blendung anderer Fahrzeuge ausleuchten können. Das gilt vom Fahrrad bis zum 40-Tonner nach gleichen „Spielregeln“, die gar nicht so einfach zu erfüllen sind.
Die genannten Voraussetzungen zeigen sofort auf, dass für neue mobile DooH-Technologien Lösungsansätze gefunden werden mussten, um dynamische Bildprogramme möglichst hell, aber blendfrei auf die Straße zu bringen. Das wird an folgendem Beispiel sofort erkennbar, wenn ein Fahrzeug mit einer leuchtenden Bildfläche an einem schönen Tag in einen Tunnel einfährt: Im hellen Sonnenlicht soll die Bildinformation einwandfrei gut und ebenfalls hell erkennbar sein. Sekundenbruchteile später darf die Anzeige aber niemanden blenden. Oder eine Fahrt durch eine Allee mit ständig wechselndem Sonnenlicht, was unter keinen Umständen zu einem grell blinkenden Bild am Fahrzeug führen darf, damit eine gefährliche Ablenkung der anderen Verkehrsteilnehmer verhindert wird.
Somit kam der Sensorik bei der technischen Umsetzung eine zentrale Bedeutung zu. Screen Experts entwickelte ein Sensorsystem mit bis zu vier Sensoren am Fahrzeug. Sie reagieren sehr schnell und übermitteln ihre Helligkeitswerte in Echtzeit an einen ebenfalls an Bord befindlichen Controller. Dieses Lichtsteuergerät wertet die Daten aus und berechnet die Steuerung der Bildtechnik nach hinterlegten Software-Profilen. Die Sensoren messen Beleuchtungsstärken von 0 bis 64.000 Lux in 1-Lux-Schritten. Zusätzlich werden die Messdaten im Controller fortwährend protokolliert. Im Ergebnis führt das bei der Fahrt dazu, dass jederzeit die Helligkeit des Displays geregelt wird. Dabei gilt das Prinzip einer sehr schnellen und sicheren Abregelung im Bedarfsfall und einer geeigneten länger dauernden Kurve der Intensitätssteigerung, ohne Irritationen anderer Verkehrsteilnehmer. Während der Fahrt durch den Tunnel wird das Bild entsprechend der Umgebung angepasst und kontinuierlich reguliert, sodass der nachfolgende Verkehr nicht beeinträchtigt wird. Gleichzeitig wird jedoch dafür gesorgt, dass ein deutlich erkennbares Bild erhalten bleibt.
Auf die oben genannten Beispiele angewandt heißt das bei der Einfahrt in den Tunnel: sofortige Abregelung und blendfreie Fahrt hindurch mit einer langsamen Helligkeitssteigerung passend zu den aktuellen Helligkeitsverhältnissen hinter dem Tunnel. In der Allee erkennt die Sensorik die ständig wechselnden Helligkeitswerte, ohne diese in der Bildsteuerung als Flackern zu übertragen.
Die Sensoren werden über PoE (Power over Ethernet) mit Strom versorgt und benötigen nur eine Kabelzuführung. Sie sind mit dem Controller via Neutrik etherCON NE8FDP-TOP (RJ45-Anschluss) angebunden. Über das kennwortgeschützte Web-Interface werden Voreinstellungen platziert und der Status des Sensors abgefragt.
Der Controller der Sensorik verfügt mit seinem „Road traffic mode“ über eine Echtzeituhr und ein Logging auf eine interne SD-Karte. Über das Touch Display kann der von ROADDi autorisierte Techniker die Helligkeit des LED Displays im „manual mode“ direkt steuern und den Nachtmodus bei Bedarf umdefinieren.
Die Anforderungen an den Digital Signage Screen sind ebenfalls nicht trivial. Er soll die Inhalte im Sonnenlicht wie auch in der Nacht bestmöglich und ohne Gefährdung des Verkehrs darstellen. Hierzu ist der fahrende Prototyp mit LED-Modulen SX-Sonder-RD-250-I-ACWv3a von Screen Experts mit einer Helligkeit von mehr als 4.000cd/m2 und einem Pixelabstand von 2,6mm ausgestattet. Das LED Display ist mit einer Leistungsaufnahme von 900W ausgelegt.
Als Video Controller sind Novastar-Produkte mit Bildwiederholraten (Refresh Rates) von bis zu 3.840Hz im Einsatz. Der Video Controller und das Steuergerät der Helligkeitssensoren sind ebenfalls via Netzwerkanbindung verbunden. Grundsätzlich steuert das Lichtsteuergerät den Video Processor über Netzwerk oder seriell nach UART-Standard an.
Für die Betrachtung des LED Screens bietet sich die Rückseite eines LKWs oder eines Busses an. Was bedeutet das konstruktiv? Im Falle eines LKWs mit geteilten Flügeltüren muss die LED-Display-Fläche für das Be- und Entladen einseitig schwenkbar sein oder in einer geteilten Ausführung wie die LKW-Türen selbst ausgeführt sein. Das stellt jedoch hohe Anforderungen an die LED-Unterkonstruktion und führt bei den Materialverwindungen während der Fahrt, also während der Betrachtung, zu unschönen und ebenfalls verwirrenden Verschiebungen der beiden Bildhälften gegeneinander, senkrecht mitten im Bild. Bei Bussen ist das anders gelagert. Sie verfügen über eine geschlossene Rückwand. Allerdings muss der Zugang zum rückwärtigen Motorraum gewährleistet sein und das Heckfenster darf mit seiner wichtigen Funktion als Fluchtweg nicht versperrt werden. Nun könnte man meinen, dass gerade ein Bus mit seinen vielen Fenstern genug Fluchtwege bieten würde. Kommt allerdings ein Bus bei einem Unfall auf der Seite zu liegen, ist das Heckfenster meist der einzig verbleibende Fluchtweg aus dem Bus heraus, da die Frontscheibe des Busses als Fluchtausgang aufgrund ihrer Stabilität ausscheidet. Hierfür hat ROADDi eine geeignete Aufhängung des ROADDi Q1.2 Busdisplays entwickelt.
Ein weiteres Problem stellen die Temperaturverhältnisse am Heck des Busses dar, da die Motorkühlung durch die aufmontierte Technik nicht behindert werden darf. Für einen einwandfreien Dauerbetrieb ohne Überhitzung von Motor und LED-Technik muss auch das konstruktiv gelöst sein. Ebenso sind die Anforderungen an die Dichtigkeit hinsichtlich Feuchtigkeit und eindringende Partikel wie Staub für den mobilen Einsatz im Automobilbereich sehr hoch.
Das Digital-Signage-System am Fahrzeug ist mit seinen LED-Modulen und seinen Komponenten ein nicht zu vernachlässigender Stromverbraucher. Letztendlich wird das System über die Bordelektrik versorgt. Neben einer hohen Energieeffizienz mit maximal 900W Leistung durch die LED-Bildfläche gilt es noch, die verschiedenen Kleinverbraucher wie Sensoren und Controller sowie die Gehäusekühlung zu versorgen. Deshalb haben sich die Entwickler der beiden Partnerfirmen dazu entschieden, die jeweilige Bordspannung auf die standardisierten 230V zu transformieren.
Die Projektpartner Screen Experts und ROADDi haben es mit ihrer Technologie geschafft, eine Genehmigung für den Straßenverkehr zu erhalten. Dieser gingen diverse Testfahrten mit Prüfern des KBA (Kraftfahrt-Bundesamt) voraus. Ausschlaggebende Komponenten für die Genehmigung waren die Helligkeitssensoren mit ihrer ausgereiften Ansteuerung durch das gemeinsam entwickelte Lichtsteuergerät.
Was bedeutet das mobile DooH im Straßenverkehr für die Anwender? Informationen, Werbebotschaften und unterhaltende Elemente bewegen sich aufmerksamkeitsstark auf Straßen durch den öffentlichen Raum. Sie gelangen dabei an Orte, die mit stationären DooH-Installationen oft nicht erreichbar sind, wie z.B. Innenstädte oder Zonen, die ausschließlich mit Bussen des ÖPNV befahren werden dürfen, oder Buslinien-Routen, die Inhalte in Abhängigkeit von Positionen für bestimmte Zielgruppen ausspielen.
Denkbar ist auch Zielgruppenwerbung auf Reisebussen, ausgelegt auf die Gruppenreisenden. Die Liste an Einsatzmöglichkeiten lässt sich kreativ beliebig weiterführen. Für beide Projektpartner markiert dies den Beginn einer Reise, die durch die Fortschritte in der Bildtechnik vorangetrieben werden.