ISDV-Gespräch: Wie gehen wir zukünftig mit unserem Personal um?
von Ebi Kothe,
Im Rahmen der Prolight+Sound 2019 lud die ISDV (Interessensgemeinschaft der selbstständigen DienstleisterInnen in der Veranstaltungsbranche e.V.) zu einer Gesprächsrunde ein. Das Thema: „Wie gehen wir zukünftig mit unserem Personal um? – Qualifikationen und Gesetze“
Die Teilnehmer des Roundtables zum Thema „Wie gehen wir zukünftig mit unserem Personal um? – Qualifikationen und Gesetze“ waren – neben den Initiatoren Marcus Pohl und Susanne Fritsch (ISDV) – der Vorstandsvorsitzende und Geschäftsführer der DTHG (Deutsche Theatertechnische Gesellschaft) Wesko Rohde, der auch als Präsident der Interessengemeinschaft Veranstaltungswirtschaft IGVW vorsteht, Karsten Schölermann vom Verband der Musikspielstätten in Deutschland e.V. Livekomm, Geschäftsführer Marc Lemgen vom Personaldienstleister Stage Service Frankfurt GmbH sowie Jesko Purmann, Geschäftsführer der Veranstaltungstechnikfirma Ambion.
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Festgestellt wurde, dass sich in den verschiedenen Bereichen der Veranstaltungswirtschaft das Arbeitsleben ändere und die Entwicklungsgeschwindigkeit deutlich zugenommen habe. Gleichzeitig nehme der Wunsch, aber auch die Notwendigkeit nach Weiterentwicklung und Fortbildung zu. Dies gelte nicht nur im technischen Bereich, sondern auch zum Beispiel für das Feld der Arbeitssicherheit. Weiterhin stellten die Gesprächsteilnehmer fest, dass heute einer ausgewogenen Work-Live-Balance im Vergleich zu früher ein höherer Stellenwert zugeschrieben wird. Gleichzeitig sei das emotionale Verhältnis der Mitarbeiter zur Branche nicht mehr so ausgeprägt. Um auch zukünftig für Menschen als Arbeitsfeld attraktiv zu bleiben, müsse sich die Veranstaltungsbranche um eine zukunftsfähige Kultur im Umgang mit den Mitarbeitern bemühen. Mittlerweile sei nicht mehr wie in den Gründerjahren die technische Ausstattung im Bereich der Veranstaltungstechnik, sondern vielmehr das Fachpersonal für eine Qualitätssicherung und Wettbewerbsdifferenzierung einer Firma auschlaggebend.
Durch die zunehmende Professionalisierung der Branche und dem vermehrten Einsatz von Festangestellten nehme auch der Diskussionsbedarf in Bezug auf die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes ab. Karsten Schölermann sprengte – bewusst polemisierend, wie er später einräumte – die einhellige Harmonie des Gesprächskreises und sorgte für eine lebhafte Diskussion durch Beschreibung der tatsächlichen Arbeitswelt in den Liveclubs, bei denen Überschreitung der zulässigen Arbeitszeiten, geringe Entlohnungen, begrenzte Zukunftsaussichten und stetige Selbstausbeutung der prekären wirtschaftlichen Situation kleinerer Livemusikclubs geschuldet sind und ohne diese ein Überleben kaum möglich sei. Da diese Clubs durch ihre Basisarbeit es überhaupt erst ermöglichen, Bands aufzubauen, mit denen möglicherweise später Geld verdient werden kann, forderte Schölermann, über eine öffentliche Förderung auch für diese Kulturarbeit nachzudenken.
Während Marc Lemgen darauf hinwies, dass eine rechtskonforme Beschäftigung von Mitarbeitern neben einer Festanstellung nur durch die Zusammenarbeit mit einem Personaldienstleiter mit Arbeitnehmerüberlassungsgenehmigung möglich sei, stellte Susanne Fritsch heraus, dass die Gründe der freien Techniker, die zum Wunsch führen, Tätigkeiten in selbständiger Form auszuüben, nicht deckungsgleich sind mit den Kriterien, die bei einer sozialversicherungsrechtlichen Überprüfung als maßgeblich zugrunde gelegt werden. Nachdem Rohde feststellte, dass es auch eine gesamtgesellschaftliche Belastung sei, wenn Techniker nach einem Arbeitsleben in scheinselbstständigen Tätigkeiten im Alter möglicherweise von der Sozialhilfe aufgefangen werden müssen, obwohl sie nie in das Sozialsystem eingezahlt haben, wies Marcus Pohl darauf hin, dass eine erfolgte Besteuerung einer selbständigen Tätigkeit sehr wohl einen Anspruch legitimiere.
Jesko Purmann stellte das Projekt Mission 300 vor, bei welchem Ambion sozialversicherungspflichtige Teilzeitbeschäftigungen mit Arbeitszeitkontingenten unterschiedlicher Größenordnung anbietet (Production Partner berichtete in Ausgabe 3 | 2019). Vorteile sind neben der Vermeidung sozialversicherungsrechtlicher Problematiken ein verstetigtes Grundeinkommen sowie eine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Purmann hofft auf Nachahmer in der Branche und steht Interessierten mit Informationen zur Verfügung.