Der Innovationshub – gefördert von der Europäischen Union und dem Land NRW – ist eine offene Plattform zur Entwicklung innovativer Medientechnologie im öffentlichen Raum. Nach dem Erfolg Ende 2015 in Düsseldorf soll dieser Innovationstag von Tennagels Medientechnik, LAVAlabs und der Hochschule Düsseldorf 2016 wiederholt werden.
Eine Stimmung, als wenn eine junge Wohngemeinschaft zum ersten Mal eine gemeinsame Party schmeißt: Fast 200 Besucher waren erschienen, um beim Innovationstag 2015 Fachvorträgen zu lauschen und Workshops zu besuchen – die Räume der Tennagels Medientechnik in Düsseldorf waren beeindruckend gefüllt. Eingeladen hatten gleich drei bekannte Gastgeber, neben der Tennagels Medientechnik die zwei neuen „Mitbewohner“ LAVAlabs und die Hochschule Düsseldorf (HSD), Fachbereich Medien, die einen Teil der Räumlichkeiten als zusätzliche Arbeitsräume nutzt. Aber natürlich ging es nicht um eine laxe WG-Party, sondern die Präsentation einer neuen, kreativen und offenen Wirtschaftsplattform. Dabei wurde bald klar, dass die drei so unterschiedlichen Partner synergetische Kräfte aus Wissenschaft, Ingenieurswesen und Kunst zu einem gemeinsam vorwärtsdenkenden Netzwerk bilden.
Anzeige
Netzwerker für Gesamtlösungen gefragt
Kunden erwarten heute zunehmend komplexe Gesamtlösungen aus einer Hand. Sie sollen gleichzeitig neu und nützlich sein, überdies sind gutes Design und intuitive Bedienung gefragt. Der Innovationshub solle daher einen Rahmen für die Ideenfindung solcher Lösungen in der starken regionalen Digitalwirtschaft bieten, so die Gastgeber. Die Initiatoren können als erfahrene Netzwerker gelten: Michael Brink und Rolf Mütze als Geschäftsführer der LAVAlabs, Prof. Chris Geiger als Verantwortlicher der HSD, Fachbereich Medien sowie Thomas Tennagels und Andreas Gause als Geschäftsführer der Tennagels Medientechnik. Doch während ihre bisherigen Netzwerke eher eng ausgelegt waren, ist der Innovationshub nun als ein Knotenpunkt zur Entwicklung innovativer Medientechnologie im öffentlichen Raum konzipiert. Die bewusst weit gefasste Ausrichtung bietet der Plattform, die von der Europäischen Union und dem Land NRW gefördert wird, ein großes Anwendungsgebiet für technologische Innovationen.
Herumfahrende Displays, virtuelle Höhenangst
Die Workshops überspannten eine große Bandbreite. Ein Display am Roboterarm etwa, das dank optischer Sensoren mit seinem menschlichen Gegenüber interagiert, erweckte bereits das Interesse eines deutschen Automobilherstellers: Sein Servicepersonal könne mit dieser Kombination von Roboter und Display entlastet werden. Der Roboter erkennt Objekte oder Menschen in seiner Sichtachse, behält sie im Sichtfeld und zeigt auf dem Monitor ein virtuelles 3D-Objekt. So soll sich der Anwender mit 3D-Content und virtuellen Inhalten auseinandersetzen, ohne z. B. ein Tablet in die Hand zu nehmen oder eine VR-Brille zu benutzen. Diese zum Patent angemeldete Idee stammt von Tennagels; der betreuende HSD-Student ist inzwischen im R&D der Tennagels Medientechnik tätig – angewandte Wissenschaft.
Eine HoloPro Pryramide zeugte davon, wie holografische Projektion und Holografie-Systeme den Raum um eine interessante Dimension erweitern. Diese Form der Präsentation simulierte nicht nur Haptik und Körperlichkeit, sondern bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten, um ein einzigartiges Markenerlebnis zu schaffen: Produkte werden ohne Dummy oder Prototyp greifbar; Objekte, die bisher nur als Bewegtbild oder Foto dokumentiert werden konnten, können plastisch und lebendig erläutert werden. Dabei seien den Dimensionen kaum Grenzen gesetzt. Als weitere Vorteile dieser Präsentation werden die vierseitige Darstellung, die hohe Toleranz bei Umgebungslicht, der völlige Verzicht auf Hängepunkte und die Möglichkeit der Fernkonfiguration angeführt. Bereits während der IAA 2015 wurde eine solche Holo Pyramide für Porsche im Bereich der Elektrofahrzeuge mit der Mission E von Tennagels Medientechnik auf dem Frankfurter Flughafen präsentiert.
Ebenfalls von Tennagels Medientechnik stammte als Prototyp ein zu 30 % transparentes OLED-Display 55 Zoll mit einer Auflösung von 1.920 × 1.080 Bildpunkten. Das Vorserien-Modell soll eine Transparenz von 45 % haben und bereits ab Anfang 2016 lieferbar sein. Durch die OLED-Technologie deckt das Display 100 % des NTSC-Farbraums ab, ein klassisches LCD-Panel bietet nur 70 % Farbraum und eine Transparenz von 10 %. Das Display soll für Augmented-Reality-Anwendungen geeignet sein sowie für den Messeeinsatz oder den POS.
In Zusammenarbeit mit den Firmen Velamed und Organic Motion installierte die Hochschule Düsseldorf ein markerloses Motion Capturing-System, das für Forschung, Entwicklung und Dienstleistungen rund um das Thema Motion Capturing und Personentracking zur Verfügung stehen wird. Besucher konnten mit den HSD MoCap-Experten einen ersten Blick auf die kommende Technologie im Innovationshub werfen. Das Projekt „The Plank“ konnte mit (fast) allen Sinnen erlebt werden. Die Idee des VR-Projekts war die Realisierung einer immersiven Nutzererfahrung. So konnte in vermeintlich großer Höhe auf einer Planke balanciert werden. Durch geeignete 3D-Gestaltung für mobile VR-Brillen (VR Gear) und Desktopsysteme (Oculus Rift) konnte das Gefühl von Höhe dem Nutzer sehr gut nahe gebracht werden. In einer Erweiterung konnte überdies der Eindruck von Wind durch computergesteuerte Ventilatoren taktil erfahren werden. Die Bewegung auf einer realen Planke bot hier dem Benutzer einen hohen Grad von Präsenz in der entwickelten Szene. Die Umsetzung erfolgte mittels Unity und das Tracking übernahm ein markergebundenes System (Optitrack). Für eine einfache Navigation auf der Planke wurde eine eigene Welt entwickelt, die auf einem Smartphone lauffähig ist (Samsung VR Gear).
Neben solchen Beispielen laufender Abschlussarbeiten und Projektgruppen wurde z. B. eine Eye-Tracking Demo-Suite, virtuelles Bogenschießen und eine bereits praxiserprobte, virtuelle Brauerei vorgestellt. Zahlreiche Anregungen also, die Eingang in die Bereiche der Veranstaltungstechnik und Festinstallationstechnik finden dürften.
Musical Sandbox
Viel bestauntes Objekt war ein kleiner Sandkasten des HSD-Teams, in dem musikalische Ausdrücke durch manuelles Einwirken auf die Sandlandschaft hervorgerufen werden: Man formt eine Landschaft mit kinetischem Sand. Durch eine Top-View-Projektion wird ein Partikelstrom in Echtzeit auf den Sand projiziert, dessen Fließverhalten jeweils von den Höhenwerten der Sandumgebung abhängig ist. Zusätzlich platziert der Nutzer unterschiedliche Icons auf der Sandfläche. Berühren die fließenden Partikel dann diese Objekte, ertönen in Abhängigkeit des jeweiligen Icons verschiedene Klänge. Der Benutzer kann die Installation modifizieren, indem er auf seiner Hand ein Menü bedient, das durch den Projektor auf den Körper projiziert wird. Das System erkennt dabei Hände, Fingergesten und die Berührung der Hand und erlaubt die direkte Interaktion mit der grafischen Nutzerschnittstelle. Die Simulation folgt Ansätzen klassischer Flüssigkeitssimulationen in Echtzeit, wobei die korrekte Projektion der Inhalte auf den Sand mittels eines Tiefensensors realisiert wird (Kinect 2). Dem Sand ist ein kleiner Anteil an Silikon beigemischt, so dass dieser stets formbar bleibt. Die Interaktion auf der Hand erfolgt durch eigenentwickelte Algorithmen zur Handerkennung und Fingergesten, als Software diente Unity3D.
Ein weiteres Highlight waren die (ebenfalls im Rahmen einer finanziell von Tennagels unterstützten Bachelor-Arbeit) mannshohen Mobile Screens: Die Screens könnten u. a. als interaktive „Ansprechpartner“ auf einzelne oder mehrere Messestandbesucher „zugehen“ und sich bei Bedarf zu einer Videowand formieren, etwa wenn sich genügend interessierte Menschen auf dem Messestand befinden. Sie sind fahrbar und mit Sendern ausgestattet und werden von mehreren Kameras erfasst, die am Rand des Aktionsbereiches (z. B. einen Messestand oder Empfangsbereich) an einem Rig über den Screens positioniert sind. Ein weiteres System erfasst die Positionen aller Personen, die nicht über solche „Marker“ erhoben werden können. Die Daten beider Systeme werden permanent an eine Workstation geschickt, die Ortungsdaten und Orientierung von Screens und Personen abgleicht. Auch Kombinationen von Personendetektion und Screen-Sensoren seien im Bereich des Machbaren.
Ergänzt wurden die Workshops durch sieben ebenfalls gut angenommene Fachvorträge. Markus Bönzli, Leiter der Beleuchtungsabteilung am Theater Freiburg, bot interessante Erfahrungen aus 40 Arbeitsjahren als Lichtdesigner; Ric Scheuss von der TRO GmbH verriet in seinem Vortrag „Klang der Marke“ die längst nicht ausgeschöpften Möglichkeiten des akustischen Markenbrandings und begeisterte die Zuhörer mit erfolgreich umgesetzten Praxisbeispielen aus dem Web und der TV-Werbung. Prof. Dr. Christian Geiger von der HSD bot spannende Einblicke in die sich wandelnde Welt der Mensch-Maschine-Interfaces. Thomas Tennagels vermittelte Einblicke in innovative kinetische Technologien für Messen und Events und Thorsten Bauers (Urbanscreen) abschließende Keynote „Kunst und Technologie“ war ein weiteres Highlight von vielen an diesem ersten Innovationstag in Düsseldorf.
Innovative Medientechnik: Fortsetzung 2016 folgt!
Die Veranstalter waren vom Besuchererfolg so überwältigt, dass diese Veranstaltung regelmäßig wiederholt werden soll – und sie wünschen sich ausdrücklich eine lebhafte Teilnahme an der neuen Plattform, die allen offen stehe, die vielversprechende Ideen zur Entwicklung innovativer Medientechnologie im öffentlichen Raum haben: Ein unbedingt empfehlenswerter Termin für 2016 also!
Drei Partner: Tennagels, LAVAlabs und Hochschule Düsseldorf
Tennagels ist seit über zehn Jahren als Full Service Partner für digitale Inszenierungen, LED-Systeme und mediale Steuerungen bekannt. Gründer Thomas Tennagels ist in der Veranstaltungstechnik-Branche als kreativer Kopf für seine innovativen Konzeptionen bekannt. Die LAVAlabs Moving Images GmbH & Co. KG erwarb sich rasch den Ruf eines zuverlässigen, leistungsstarken Creative Studios für Visual Effects, Animation und Motion Graphics. Inzwischen ist die Kompetenz des Unternehmens nicht nur als Post-Production-Dienstleister gefragt, sondern auch bei der 3D-Konzeption und der CGI-Vorplanung für Filmsets. Die HSD entwickelte sich zu einem leistungsstarken Forschungsstandort für angewandte Wissenschaft, mit über 9.000 Studierenden und fast 180 Professuren.