Line-Arrays finden sich in der Beschallungstechnik heute für alle Situationen und Anwendungen. Typisch ist die lange „Banane“ mit einigen Metern Länge in der Halle oder beim Open-Air. Kleinere Line-Arrays werden gerne als SideFills oder auch als Hauptbeschallung auf kleineren Bühnen in Clubs und Ähnlichem eingesetzt. Warum ist nun diese Art Lautsprecher so erfolgreich?
Zum einen wegen der Skalierbarkeit mit ein und demselben Lautsprechertyp, aber auch wegen des gut an die Bedürfnisse angepassten Abstrahlverhaltens mit einem relativ großen horizontalen und einem engen auf die Publikumsfläche konzentrierten vertikalen Öffnungswinkel. Schwierige raumakustische Verhältnisse lassen sich so besser in den Griff bekommen, wenn es gelingt die Abstrahlung auf die Zuhörer zu konzentrieren und den umgebenden Raum so wenig wie möglich anzuregen. Das Prinzip des Line-Arrays findet sich bei den klassischen 100 V Kirchenzeilen ebenso wieder wie bei hoch modernen DSP gesteuerten Systemen. Es stellt sich nun die Frage, welche Voraussetzung ein Lautsprecher erfüllen muss, um als Line-Array zu funktionieren.
Anzeige
Die Grundlage für die Entwicklung aller modernen Line- Arrays waren die Forschungsarbeiten von Christian Heil zusammen mit Marcel Urban und Paul Bauman zur Wave Front Sculpture Technology (WST), die zusammengefasst in der Oktober-Ausgabe 2003 des AES Journals veröffentlicht wurden [1].
Die Autoren übertragen hier den Ansatz Fresnels aus der Optik auf akustische Phänomene zur Erläuterung der Interferenzphänomene beim Einsatz von Line-Arrays. Als Ergebnis werden Voraussetzungen für die Wellenfront, den Abstand der Quellen, die Abdeckung der Linie und Werte für den maximalen Öffnungswinkel zwischen zwei Line-Array Elementen abgeleitet. Die Arbeiten dieser Gruppe um Christian Heil sind für die gesamte moderne Line-Array Technik bis heute absolut wegweisend.
Aus akustischer Sicht haben wir es mit einem Linienstrahler zu tun, der typischerweise gerade ist, aber auch gekrümmt sein kann. Im letzteren Fall wird über das variable Curving die Intensität (Leistung pro Raumwinkel) und damit die Reichweite eingestellt. Oben hängen die Systeme in fast gerader Linie für eine große Reichweite zu den hinteren Publikumsbereichen. Unten nimmt die Krümmung immer mehr zu, um einen größeren Winkelbereich auf kürzere Distanz gut versorgen zu können. Dieses so genannte Intensity Shading erfordert eine Konstruktion der Hochtöner die bei 0° funktionieren und möglichst bei 5° oder 10° Winkeln zwischen zwei Einheiten auch noch.
Mit dem einen oder anderen Kompromiss ist das machbar und führte zu dem Lautsprechertypus, den man heute gemeinhin als Line-Array bezeichnet, wo der Hochtonbereich von einem oder mehreren Kompressionstreibern mit Waveguides abgestrahlt wird. Wird eine ebene Wellenfront vom Waveguide abgestrahlt, dann hängt nach [1] der maximale Winkel a, der zwischen zwei Elementen möglich ist, vom Abstand der einzelnen Elemente zueinander ab. Bei 30 cm sind das 10°.
a max = 3° : (d/m)
Weiß man bereits von vornherein, dass ein variables Curving nicht erforderlich ist – so wie bei dem hier vorgestellten CURV 500 – dann kann die Hochtoneinheit bereits mit einer optimal angepassten Krümmung der Wellenfront im Hochtonbereich konstruiert werden. Die sonst erforderlichen Kompromisse für ein variables Curving können dann entfallen, da die Systeme immer in einem festen, passenden Winkel zueinander im Array angeordnet werden. Gleiches trifft auch auf die Mechanik zur Verbindung der einzelnen Einheiten zu, die sich dann erheblich vereinfacht und im Extremfall, wie beim CURV 500, völlig unsichtbar eingebaut werden kann.
Die Möglichkeit des Intensity Shadings entfällt durch die feste Winkeleinstellung, was jedoch speziell für den hier anvisierten Einsatzbereich auf kurze Distanzen unproblematisch ist. Eine weitere Regel aus [1] betrifft den „Active Radiating Factor“ ARF, also den Anteil eines Elementes, der in Relation zum Abstand zweier Elemente tatsächlich zur schallabstrahlenden Fläche gehört. Die Autoren stellen dazu die Anforderung auf, dass der ARF mindestens 83 % betragen sollte. Entstehen konstruktiv (oder auch durch das Curving) Lücken in der Linienquelle, dann sollten diese in der Summe nicht mehr als 17 % des Abstandes zwischen zwei Quellen ausmachen. Nimmt man wieder das Beispiel mit 30 cm Abstand zwischen zwei Einheiten, dann sollte die Austrittsflä- che des Hochton-Waveguides mindestens 25 cm groß sein.
Baut man die Linienquelle aus Einzelquellen auf, die jede für sich betrachtet eine sphärische Wellenfront abstrahlen, dann funktioniert dieses Prinzip bis zu einer Frequenz, wo der Abstand der Einzelquellen einer halben Wellenlänge entspricht. Wird der Abstand größer als die halbe Wellenlänge, dann entstehen senkrecht zur Mittelachse zunächst Nebenmaxima mit zunehmender Tendenz, die dann im Extremfall bei einem Abstand von einer kompletten Wellenlänge oder mehr sogar neue Hauptmaxima ausbilden. Für einen Quellenabstand von 40 mm passiert Letzteres ab 8,5 kHz aufwärts. Die Polardiagramme in der Abbildung 1 zeigen den Vergleich von drei idealen Punktquellen (rot) mit jeweils 40 mm Abstand zueinander und einer gleich langen idealen Linienquelle (blau).
Das sieht auf den ersten Blick erschreckend aus. In der Realität werden die Nebenmaxima jedoch durch die Überlagerung des Abstrahlverhaltens der aufgereihten Punktquellen mit dem Abstrahlverhalten einer realen Einzelquelle merklich geschwächt. Eine 25-mm-Kalotte weist bei 8,5 kHz auch schon ein deutliches Richtverhalten auf. Hin – zu kommt dann noch die Abschirmung durch das Gehäuse. Die seitlichen Nebenmaxima verlieren dadurch merklich im Pegel und werden weitgehend harmlos.
Mini Line-Arrays mit dicht aufgereihten Kalottenhochtönern, wie das CURV 500, bringen daher gute Voraussetzungen für die Funktion als Linienquelle mit. Weitere Pluspunkte beim Einsatz von Kalottenhochtönern sind der weit ausgedehnte Frequenzbereich und das gute Verzerrungsverhalten, da weder Kompressionskammern noch Waveguides benötigt werden. Der insgesamt niedrigere Schalldruck ist in Kombination mit 4″-Tieftönern kein Problem, wo die Kalotten auch in längeren Arrays noch hinreichend Reserven bieten.
Kommentar zu diesem Artikel
Pingbacks