von David Heuer, Artikel aus dem Archiv vom , zuletzt aktualisiert am
Das DM7 war Ende 2024 seit gut einem Jahr auf dem Markt. Nach anfänglichen Lieferengpässen und der Jagd nach wenigen verfügbaren Modellen war es mittlerweile bei den meisten Distributoren lagernd verfügbar. Zeit also, noch einmal einen detaillierten Blick auf Yamahas jüngsten Familienzuwachs zu werfen, der in die Fußstapfen der CL/QL-Serie tritt.
Wer die Pulte noch nicht live gesehen hat, wird beim ersten Anblick einen Gedanken haben: „Huch, das hatte ich mir größer vorgestellt.“ Beide Pulte sind für ihren Funktionsumfang unfassbar kompakt. Die große Variante kann problemlos von einer Person allein auf den Tisch gehoben werden, und man erreicht alle Bedienelemente, ohne den Oberkörper zu bewegen. Die kompakte Variante in 19″ Breite bietet den gleichen Funktionsumfang, lediglich die Inputs sind auf 72 statt 120 begrenzt. Ausgangsseitig hat das DM7 Compact identisch großzügige 48 Mixe, zwölf Matrix Outs und zwei Stereo Busse. Das bietet viel Spielraum für Pultfiles, die auf jedes Szenario vorbereitet sind. Keine Notwendigkeit mehr, Gruppen aufgrund mangelnder Ressourcen einzusparen.
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Die Bedienoberfläche vom großen Bruder kommt mit zwei 12,1″-Multi-Touchscreens, die sehr hochaufgelöst wirken. Das kleine DM7 verfügt über einen 12,1″-Multi-Touchscreen. Zusätzlich besitzen beide Pulte einen 7″-Utility-Screen.
Konnektivität
Hier wurde nicht gekleckert, sondern geklotzt. Das DM7 liefert 32 analoge Inputs und 16 analoge Outputs, während das Compact 16 Inputs und 16 Outputs bereitstellt – definitiv ausreichend, um in der Regie oder am FoH optimal vorbereitet zu sein. In die Dante-Welt geht es redundant mit 144 Ins/Outs. Das mag viel klingen, lässt sich jedoch effektiv und sinnvoll nutzen. Wenn zusätzlich zu den Bussen noch ein Mehrspur-Recording versorgt oder Input-seitig eine Mehrspurzuspielung aus einer Main- und einer Backup-Maschine verwaltet werden soll, sind die 144 Wege schnell ausgelastet. Definitiv gut mitgedacht und man wird hier in der Praxis selten an die Grenzen stoßen.
Neben einem Timecode-Eingang und fünf GPIOs, sowie einem Wordclock In/Out bietet das DM7 2 x AES In/Out, das Compact hat nur einen AES Out.
Ein USB-C Port verhält sich wie ein Audio-Interface mit 18 Ins/Outs. Die mitgelieferte VST-Rack-Lizenz ermöglicht es, seine liebsten VST-Plugins unkompliziert und latenzarm einzubinden. Für einen sinnvollen Mehrspurt-Mitschnitt reichen die 18 Ins/Outs leider nicht. Hier wären 32 oder 64 Ins/Outs wünschenswert gewesen.
Darüber hinaus gibt es einen neuen Kartenslot: Die früheren MY-Karten waren auf 16 Ins/Outs beschränkt. Der neue PY-Slot kann 64 Ins/Outs verwalten. Erhältlich ist bisher eine MADI-Karte, die aber leider keine optischen Ports bietet. Das wäre für die Broadcast-Welt noch hilfreich gewesen. Darüber hinaus gibt es eine AES-Karte mit acht Ins/Outs und eine MIDI/GPI-Karte, die neben den MIDI-Ports das Pult mit weiteren fünf GPIOs erweitert.
Wirklich durchdacht sind die redundanten Netzteile, die direkt im Pult verbaut sind. Das macht die Serie auch für Broadcast- und andere sensible Anwendungen sehr interessant.
DM 7 Control
Optional erhältlich ist die DM7 Control Unit. Diese bietet weitere zwei Fader, ein DAW-Jogwheel (das gab es bei Yamaha früher schon mal, manche erinnern sich) und 16 frei belegbare Taster, sowie vier frei belegbare Potis. Darüber hinaus eine Sektion zur Monitorsteuerung, einen 3D-Panning-Bereich sowie Taster und ein Display für die Szenenverwaltung. Der Controller lässt sich entweder direkt am Pult verschrauben oder extern platzieren. Die Verbindung erfolgt per Netzwerk. Ein redundantes Netzteil ist hier nicht direkt an Bord, kann aber per externem Netzteil realisiert werden. Was den Controller besonders spannend macht: Er kommt mit beiden Erweiterungslizenzen, die Yamaha für das Pult bietet.
Softwarelizenzen: Broadcast Package
Auf den Broadcast-Markt abgestimmt bietet das Package ein Loudness-Metering – direkt im Pult. Das Metering lässt sich frei routen.
Backstop PFL lässt die Fader ein kleines Stück über dem unteren Anschlag mechanisch rasten. Zieht man den Fader über diesen Rastpunkt an den unteren Anschlag, geht der gewählte Kanal in den PFL-Modus. Praktisch, wenn man im Sendungsverlauf noch mal schnell reinhören möchte, ob beispielsweise das Mikrofon einer Live-Schalte funktioniert, bevor man den Fader wenige Sekunden später aufzieht.
Mix Minus funktioniert einen Mix-Bus in eine N-1 um. Ordnet man diesem Kanal einen oder mehrere Inputs zu, enthält der Mix eine Mischung aus allen anderen Channels außer den definierten „minus-Channels“. Mix Minus ist besonders nützlich in Live-Produktionen, bei denen externe Gäste zugeschaltet werden. Zum Beispiel wird bei einer Interview-Sendung der Mix benötigt, damit der zugeschaltete Gast alle anderen Gesprächsteilnehmer hören kann, jedoch nicht die eigene Stimme, um Feedback oder Echos zu vermeiden.
Neben einigen weiteren Funktionen soll zukünftig auch 5.1 Surround per Update hinzukommen.
Auch ein „Audio Follow Video“-Feature ist jetzt implementiert. Dies erlaubt als Trigger leider bisher nur die GPIOs. Hier wären zusätzliche Trigger-Optionen per Netzwerk wünschenswert. Nach Auslösen des Triggers öffnen ein oder mehrere definierte Kanäle mit einer definierbaren Open und Close Time und auch einer Offset Time. Da hat Yamaha auf jeden Fall bei den großen Broadcast-Pulten die richtigen Features abgeschaut. Das macht das DM7 für kleine Broadcast-Anwendungen sehr interessant! Dadurch lassen sich beispielsweise Zuspieler oder Kamera-Atmos auf den Bildmischer automatisieren.
Theater Package
Das Theater-Package des Yamaha-Mischpults DM7 ist speziell auf die Anforderungen von Theaterproduktionen zugeschnitten und beinhaltet zum Beispiel eine Actor Library, die erlaubt, spezifische EQ und Dynamic Settings für einen wechselnden Schauspieler in einem Kanal zu definieren.
DCA Scene Grid ermöglicht szenenübergreifende Änderungen der DCA-Zuweisungen in einer matrixähnlichen Ansicht.
Features: Split Modus
Der Split-Modus erlaubt beim großen DM7 die beiden Bays voneinander zu trennen. Die beiden Pulthälften verhalten sich dann wie zwei eigenständige Konsolen. Die zur Verfügung stehenden Ressourcen (Inputs/Busse etc.) teilt man bei der Aktivierung auf. Auf diese Weise können an einem Pult beispielsweise FoH und Monitormix oder PA und Sendeton von zwei Bedienern gleichzeitig gesteuert werden. Auch auf der DM7 Compact ist ein Split-Modus möglich. Dieser teilt das Pult dann in 2 x 36 Inputs mit jeweils eigener Szenenverwaltung. Da es hier ja nur ein Display gibt, lässt sich dieses dann zwischen den beiden Pulthälften umschalten.
Neben den oben genannten Szenarien ist der Modus ggf. auch für kleine Festivals mit Gastmischern interessant. Der Host übernimmt dann ohne ein zweites Pult das Rahmenprogramm. Die Gäste können sich auf der virtuellen Pulthälfte austoben, ohne das Basis-Setup anzugreifen.
Output Port Delay
Wir alle kennen aus den QL und CL Serien die praktische Funktion, dass man allen Output Ports ein Level und ein Delay zuordnen kann. Dann kam die PM Serie – und die Funktion verschwand plötzlich. Gute Nachricht: sie ist wieder da! Beim DM7 kann man allen Outputs einen Gain verpassen. So kann ich beispielsweise eine Summe auf mehrere Zonen verteilen und diese leveln, ohne das in einer nachgeschalteten Matrix tun zu müssen. Und ich kann auch wieder Delays setzen. Allerdings habe ich nur einen Ressourcenpool von 20 Delays, die ich frei verteilen kann. Früher ging das ohne Zuordnung in jedem Ausgang. Warum dieser Rückschritt?
A/B Input
Wie bereits aus der Rivage-Serie bekannt, lässt sich nun in jedem Kanal ein A- und ein B-Input festlegen. Man würde also beispielsweise ein Backup-Mic auf dem B Input patchen und mit einem Knopfdruck aktivieren. Oder eine schnelle Umschaltung zu einem virtuellen Soundcheck ist darüber auch realisierbar.
Patching
Das Thema Patchen ist sehr praktikabel gelöst. Neben dem aus der Rivage -Serie bekannten Gridview gibt es auch sehr übersichtliche Listenansichten. Insbesondere das von anderen Herstellern bekannte sequentielle Patchen macht die Arbeit besonders schnell. Dadurch lassen sich beispielsweise 64 Kanäle mit einem einzigen Vorgang patchen. Leider gibt es hier in der aktuellen Version (Herbst 2024) noch einen kleinen Bug: Die Dante-Namen werden nicht im Channel Patch angezeigt, das soll aber in der nächsten Software-Version behoben sein.
Channel Strip
Jeder Kanal bietet zwei frei definierbare Dynamic Units. Zusätzlich zu den bereits aus früheren Serien bekannten Effekten wie Kompressoren und Gates steht im Kanal nun auch ein neuer „FET-Limiter“ sowie ein „Diodenbrücken-Kompressor“ zur Verfügung. Die Reihenfolge von Dynamics, EQ und Inserts kann frei gewählt werden.
Jetzt darf sich also jeder die berühmte Frage selbst beantworten. EQ vor oder nach dem Kompressor? Besonders schön gelöst ist die Visualisierung der Dynamics, die eine Historie des Pegelverlaufs mit dem eingestellten Threshold und der resultierenden Gain Reduction zeigt.
Rauschunterdrücker DaNSe
Aus der Rivage Serie bereits erkannt, aber in CL und QL schmerzlich vermisst, ist der DaNSe. In Anlehnung an die Hardware von Cedar bzw. das Waves Plugin WNS, ermöglicht der DaNSe die Reduzierung von Störgeräuschen im Signal. Sehr hilfreich bei lauten Umgebungen oder gegen laute Lüftergeräusche auf der Bühne.
Assist
Die Assist-Funktion wird derzeit noch als Beta gekennzeichnet und kann zunächst ausgewählte Gains oder ausgewählte Fader automatisieren.
Sobald den gewünschten Kanälen über das Channel Icon eine „Funktion“ zugewiesen wurde, lässt sich der „virtuelle Assistent“ aktivieren. Innerhalb vorgegebener Parameter greift dieser dann in den Gain oder die Fader ein. Starke Idee, so kann man zum Beispiel eine kleine Talkrunde auf einer Nebenbühne vom Assistenten abfertigen lassen, während man sich auf die Hauptbühne konzentriert. Oder man überlässt dem Assist die Arbeit und kann sich auf andere Aufgaben konzentrieren. Inwiefern die Funktion in der Praxis einen guten Job macht, wird sich zeigen. Aber ein spannender erster Schritt in die Zukunft. Hier wird sicher mit der Zeit mehr folgen.
Software
Wie auch bei den vorigen Serien stehen ein Offline-Editor und eine iPad-App zur Verfügung. Der Offline-Editor ist wie bei der Rivage-Serie eine Kopie der Pultoberfläche und bietet Zugriff auf nahezu alle Funktionen. Wer die Funktionalität der optionalen Packages (Theater und Broadcast) testen möchte, kann dies mit dem Editor problemlos realisieren. Die Lizenzen lassen sich im Offline-Editor bei Bedarf aktivieren.
Vergleich zur QL-Serie
Zweifelsohne ist das DM7 der Nachfolger der QL5 und das DM7 Compact der QL1. Auf nahezu identischer Baugröße der beiden Modelle bekommt man hier aber deutlich „mehr PS unter der Haube“ geboten. Die immense Konnektivität, die Kanalzahl, die Anzahl der Busse und nicht zuletzt die Ressourcen an Insert und FX übertreffen die älteren Geschwister bei Weitem. Hier ein kurzer Vergleich:
Dugan Automixer: Verbraucht keinen „Rackspace“ mehr, sondern es stehen generell 64 Kanäle zur Verfügung. Auch verbraucht dieser keinen Insert mehr. Der Dugan ist fix Post Fader in jedem Kanal inseriert und muss nur noch aktiviert werden.
Inserts: Satte vier statt zwei Inserts je Kanal sind möglich.
FX Rack: Zugriff auf den DaNSe, der sonst nur in der PM-Serie verfügbar war
Auch beim DM7 Compact 16 analoge Outputs statt nur acht wie beim QL1
PY 64 CH Slotkarte statt der MY 16 CH Slotkarte
Beim DM7 im Vergleich zum QL5 zwei große Bay-Displays + Utility Screen
Rück- und Ausblick auf die Praxis
Ungewöhnlich für Yamaha ist, dass in der Anfangsphase von einigen Kinderkrankheiten berichtet wurde. Normalerweise gilt ja die Devise, dass Yamaha-Pulte nahezu unverwüstlich sind. Die gereifte Version hat aber viele dieser anfänglichen Bugs bereits behoben und läuft gewohnt stabil. Die nächste Version 1.6 nach unserem Zwischenfazit war für Ende Oktober / Anfang November 2024 angekündigt und soll neben weiteren Bug-Fixes auch einige neue Features mitbringen.
Abgesehen davon hat Yamaha hier einen großen Wurf gemacht und eine schicke Feature-Liste auf ein sehr kleines Packmaß gebracht. Viele große Verleiher haben ihren Bestand bereits mit der Serie geupdatet. Preis/Leistung sind unschlagbar. Und Fans der CL-/QL-Serie kommen sicher in nächster Zeit recht günstig an gebrauchte Pulte.
Das DM7 wird sicher zu einem festen Bestandteil der Yamaha-Familie und könnte in vielen Bereichen einen neuen Standard setzen. Es bleibt spannend, wie Yamaha das System mit zukünftigen Updates weiter ausbauen wird.
Manuel Jörs: schnellere Workflows
Manuel Jörs, FoH Ingenieur aus Hannover ist ein „early adopter“ und besitzt eine der ersten Konsolen am deutschen Markt. Mittlerweile hat er sogar eine DM7 und eine DM7 Compact.
Manuel hat das Pult gleich zu Beginn bestellt, ohne sich groß mit den Features auseinanderzusetzen: Ein Nachfolger der bekannten und bewährten CL/QL-Serie reichte ihm als Kaufargument. Insbesondere war er gespannt auf das zweite Display. Dennoch war er zunächst skeptisch, ob ihm dedizierte Encoder fehlen. Doch nach den ersten Jobs und ersten Erfahrungen wurden diese Zweifel genommen. Für seinen Workflow fühlt sich das neue Konzept schneller an. Er nutzt die farbcodierten Encoder unter dem Screen in Kombination mit den vier frei belegbaren User Defined Encodern, die er mit häufig benötigten Funktionen wie dem Gain belegt hat. Somit ergibt sich für ihn ein aufgeräumteres Arbeiten, insbesondere weil auch im Display keine Potis mehr abgebildet sind. Er lobt besonders das Bus Routing mit den Encodern unter dem Display. Ebenso die Möglichkeit, vordefinierte Werte per Touch einzugeben (0 dB / –6 dB). Auf die Frage nach „Killer Features“ kommt als erste Antwort das sequentielle Patchen.
Zuvor hat Manuel häufig auf der alten Serie mit Waves WNS und F6 gearbeitet. Mit dem DaNSe und dem 4-Band dynamic EQ kann der Laptop hier jetzt zugeklappt bleiben, auch wenn er sich noch die aus der Rivage-Serie bekannte 6-Band Variante wünscht. Das macht das Setup schlanker und betriebssicherer. Ihm fehlt allerdings noch ein guter DeEsser und ein Brickwall-Limiter im Stil vom L2.
Auf die Extension hat Manuel verzichtet – schlichtweg aus Größengründen. Die Packages findet er interessant, aber nicht elementar. Dennoch hatte er die EX und das Broadcast Package in der Hand, sieht aber die Vorteile im Verhältnis zum Preis für sich nicht. Im Loudness Metering vom Broadcast Package fehlt ihm vor allem die Loudness Historie, wie man sie aus dem TC Clarity kennt.
Als früher User hat er einige Kinderkrankheiten der Serie mitgenommen, diese wurden aber durch ein Update größtenteils behoben. Die Reaktionszeit der Grafik z. B. beim Umschalten von Layern ist noch etwas langsam. Am wichtigsten: Einen Freeze oder Absturz hatte Manuel bisher nicht.
Manuel lobt generell das User Interface. „Natürlich gibt es jetzt mehr verschachtelte Untermenus, aber der Funktionsumfang hat sich ja auch stark erweitert.“ Generell sieht er die Yamaha-DNA im DM7 und findet Funktionen an den Stellen, wo er sie aus seiner Erfahrung heraus erwartet. Haptisch bemängelt er zwar die Materialstärke des Faderboards. Dennoch mache es aber für ihn keinen schlecht verarbeiteten Eindruck. Fader, Taster und Potis haben für ihn die gewohnte Materialqualität.
Sein Fazit: Er mag das Pult und vor allem die GUI habe seinen Workflow als FoH-Ingenieur deutlich schneller gemacht.