Beim Soundcheck geht es vor allem um drei grundlegende Dinge: Die Band soll sich gut auf der Bühne hören können, um sich wohl zu fühlen und um optimal zu spielen, der Mischer soll die Gelegenheit bekommen, alle Signale gut einzupegeln, abzumischen und zu bearbeiten und man will – besonders in kleineren Venues – herausbekommen, wie der Raum mit dem Bühnensound interagiert. Eike Hillenkötter gibt in seinem Buch „Live mischen – Praxiswissen für Tontechniker und Musiker“ praktische Anregungen aus seinem Live-Sound-Alltag, wie man einen Band Soundcheck über die Bühne bringt – und was außer der richtigen Technik dazu nötig ist.
Soundcheck Struktur
Die genaue Struktur eines Soundchecks hängt sicherlich zu einem Großteil von den Vorstellungen des Künstlers ab. Bei Bands mit denen man schon öfter zusammengearbeitet hat, ergibt sich die Struktur häufig automatisch. Vielleicht hat man auch schon eine passende Szene als Ausgangsbasis vorbereitet, die es dann nur noch nachzujustieren gilt. Bei Bands, die ich gut kenne, wirkt die Struktur des Soundchecks vielleicht sogar ein wenig chaotisch, da ich häufig ohne vorher festgelegte Reihenfolge einfach verfügbare Signale von bereiten Musikern checke. Dadurch spart man enorm Zeit, allerdings fügt sich der Gesamtsound so eher wie ein Puzzle zusammen und dies kann eigentlich nur dann gelingen, wenn man sowohl den Bandsound als auch den Sound der einzelnen Instrumente bzw. ihren Platz im Arrangement und Frequenzspektrum sehr gut kennt.
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Wenn man das erste Mal mit einem neuen Künstler zusammenarbeitet, dann hilft es, vorher zu besprechen und abzuklären, was die Ziele des Soundchecks darstellen, ob man eine bestimmte Vorgehensweise für sinnvoll hält und so weiter.
Soundcheck Vorbereitung
Wenn möglich, mache ich direkt nach dem Aufbau und der Mikrofonierung eventuell sogar mit einem Assistenten einen Linecheck, um sicherzustellen, dass alle Kanäle funktionieren, und pfeife gegebenenfalls schon einmal grob die Monitore ein, indem ich feedbackanfällige Frequenzen aus den entsprechenden Wegen herausziehe. Falls überhaupt erforderlich, kann dies detailliert ohnehin erst erfolgen, wenn Mikrofone und Pegel feststehen. Danach mache ich üblicherweise in Absprache mit dem Künstler eine kleine Pause, um mich auf die nun beginnende kreative Arbeit einzustellen. Ein kleines Break nach dem ganzen technischen und organisatorischen Gestecke wirkt hier oft Wunder für die Effektivität und Produktivität.
Falls ich dafür vorher noch keine Zeit gefunden habe, stelle ich nach dieser Pause dann meist den Summen-EQ anhand einiger Referenzsongs ein. Häufig nutze ich dafür einen 31-Band-EQ, und, falls vorhanden, bereite ich mir noch einige Bänder, die sich eventuell als besonders schwierig oder hilfreich zeigen könnten, im parametrischen Mains-EQ vor. Damit ich sie später schnell im Zugriff habe, bereite ich diese üblicherweise nur anhand der Frequenzen und Flankensteilheit vor und lasse erst einmal alle Gains auf 0. Oft nutze ich die Referenzsongs auch einfach nur, um zu überprüfen, ob bei den Main Outs eventuell links und rechts vertauscht wurden. Ein überraschend häufiges Phänomen.
Zur entspannten Kommunikation mit der Bühne bietet sich ein Talkback-Mikrofon an.
Ich kenne Deinen Namen!
Bei Bands, die ich bisher nicht kenne, schreibe ich mir gerne die Namen der Musiker mit auf den digitalen oder analogen Scribble Strip (also die Stelle am Mischpult, wo sich die Kanalbeschriftungen befinden). Ich finde es zum Beispiel beim Soundcheck einfach netter, wenn ich den Musiker mit seinem Namen anspreche, als mit seiner Funktion in der Band. Menschen schätzen es üblicherweise, als Menschen und Individuen wahrgenommen zu werden. Zumal es so auch zu weniger Verwechselungen und zu weniger Nachfragen nach dem Motto »Mein Links oder Dein Links?« kommt. Musiker äußern Monitorwünsche auch gerne unter der Nennung des Namens des entsprechenden Musikers statt des Instruments. Da finde ich es einfach praktisch, die Namen direkt auf dem Pult stehen zu haben – gerade auch bei Veranstaltungen mit mehreren Künstlern. Selbst wenn ich die Band lange nicht gesehen und die Namen dummerweise schon wieder vergessen habe, habe ich sie sofort parat, wenn ich die Bandszene lade. Das finde ich praktisch.
Bühnensound
Eine Band wird zunächst ihren Bühnensound einstellen – damit dieses nicht während des Soundchecks geschehen muss. Gerade in kleineren Veranstaltungsorten gilt häufig: Je besser die Band sich auf der Bühne schon ohne PA und Monitore hört, umso vertrauter erscheint ihnen die Situation und umso ausgewogener klingt das Ganze dann auch nach vorne. Je kleiner der Raum, desto höher stellt sich der Anteil des Bühnensounds am Gesamtsound dar, und dies gilt es zu berücksichtigen. Viele erfahrenere Bands nehmen diese Korrekturen von sich aus vor und wissen auch schon, wie und wie laut sie auf der Bühne klingen wollen, unerfahrenere Künstler muss man eventuell mal bitten, die Lautstärke der Amps nach unten oder oben anzupassen und Ähnliches. Wie an anderer Stelle erwähnt, hilft hier häufig eine einfache Schilderung der Wirkung des Gesamtsounds für das Publikum.
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Die Bühne klingt mit
Je kleiner der Raum ist, desto mehr Bedeutung kommt dem Sound zu, der auf der Bühne entsteht. Da auch kleine Bassamps häufig bereits ausreichend Pegel produzieren, um im Raum bei bestimmten Frequenzen ein störendes Dröhnen zu erzeugen, lohnt es sich hier besonders, mit dem in Bassamps häufig integrierten grafischen oder parametrischen Equalizer auf die Suche nach entsprechenden Resonanzfrequenzen zu gehen, um diese abzuschwächen. Sofern die Bühne es zulässt, kann auch eine Änderung des Aufstellungsortes große Unterschiede machen. Erfahrene Musiker nehmen solche Maßnahmen vielleicht automatisch vor, allerdings habe ich auch öfter die Erfahrung gemacht, dass sich dadurch die Transparenz und Wahrnehmbarkeit des Basses auch bei geringen Bühnenlautstärken verbessert und sich der Musiker dankbar für etwas Unterstützung zeigt. In ähnlicher Form kann dies natürlich auch für Gitarrenamps oder Monitore gelten.
Reihenfolge
Viele Soundchecks beginnen mit dem Schlagzeug. Aus meiner Erfahrung führt das häufig dazu, dass am Ende der Headroom gar nicht mehr für alle anderen Instrumente reicht. Ich persönlich starte den Soundcheck häufig mit den leisesten Instrumenten und den Stimmen und baue den Mix dann darum auf. Dabei erscheint es mir vorteilhaft, dass man dadurch zumindest grob und für alle gut hörbar bereits eine passende Balance für die Monitore zusammenschrauben kann, die dann nur noch in der Lautstärke angepasst werden muss, sobald die ganze Band loslegt. Außerdem baut man so den Mix um die möglicherweise wichtigsten Elemente herum auf, und stellt diese so wahrscheinlich noch besser dar.
Soundcheck Vorgehensweise
Der Soundcheck an sich beginnt dann mit dem üblichen Einpegeln der Kanäle etc. Wie bereits in einem anderen Teil beschrieben, versuche ich meist, so viele Mikros wie möglich bereits offen zu haben – da dies den Gesamtsound deutlich beeinflusst und so auch beispielsweise Feedbackprobleme schneller offenkundig werden und behoben werden können.
Wichtig finde ich eine schnelle, möglichst intuitive Klangeinstellung der einzelnen Kanäle, damit ich mich nicht in zu viel Soundschrauberei verirre und womöglich die Perspektive verliere.
Falls bestimmte Schwierigkeiten bei Instrumenten auftreten (Resonanzen beim Schlagzeug oder Ähnliches), dann lohnt sich ein bisschen detailliertes Schrauben natürlich. Genauso sollte man sich bei entsprechend vorhandener Zeit auch ruhig trauen, verschiedene Mikrofonpositionen auszuprobieren etc., insgesamt versuche ich aber möglichst schnell, alle Kanäle soweit vorzubereiten, dass die Band noch einige Songs anspielen kann. Meist ergibt sich nach dem Soundcheck mit der gesamten Band noch die Möglichkeit, einzelne Instrumente, die noch besser klingen könnten, mit dem entsprechenden Musiker noch einmal durchzugehen – ohne dass die ganze Band warten muss. Die Fähigkeit, einen Soundcheck sehr schnell durchzuführen, hilft einem auch in Situationen wie beispielsweise Festivals, in denen meist sowieso nur die Möglichkeit besteht, einen schnellen Linecheck durchzuführen. Hat man bereits Erfahrung damit gesammelt, in möglichst kurzer Zeit einen guten Grundsound hinzubekommen, so kann das in derartigen Situationen nur helfen.
Gerne lasse ich die Band mindestens einen lauten und einen leisen Song spielen. Letzte Feineinstellungen beispielsweise an einzelnen Kanal-EQs nehme ich gerne während von der ganzen Band gespielter Musik vor, da man im Gegensatz zum »Solo«-Modus während des Soundchecks so die Wirkung der Änderungen im Kontext hören kann. Wenn die Band sich bei beiden Songs gut hört und ich das Gefühl habe, mit allen Fadern eine gute Reichweite nach oben und unten zu haben, und wenn ich außerdem mit dem Gesamtsound aus der PA und der Balance auch an verschiedenen Orten innerhalb der Venue zufrieden bin, dann betrachte ich die größte Arbeit als getan. Gerne lasse ich die Band dann zum Abschluss noch den Song spielen, mit dem sie ihre Show beginnt, um sicherzustellen, dass die Balance direkt beim Beginn des Konzertes stimmt und ich dann zunächst hauptsächlich die Gesamtlautstärke betrachten und schauen kann, ob eventuell durch die Anwesenheit des Publikums etwas am Summen-EQ verändert werden muss. Allerdings sollte man bedenken, dass es üblicherweise zu dem Phänomen kommt, dass eine Band ihre richtige Show lauter spielen wird als den Soundcheck – dieser Effekt äußert sich auch von Künstler zu Künstler unterschiedlich stark.
Ich fahre den Soundcheck wie auch das Einstellen der PA mit Referenzsongs zwischendurch gerne relativ laut – lauter als ich später das Konzert haben möchte. Etwaige Schwierigkeiten mit der Raumakustik oder mögliche Feedbackprobleme treten so viel deutlicher hervor. Häufig gilt es dann aber, den besorgten Veranstalter oder Inhaber oder auch den Musiker zu beruhigen dass diese Lautstärke nur zu Analysezwecken gewählt wurde. Häufig wirkt allerdings eine hohe Lautstärke der PA in Anwesenheit eines Publikums eben gar nicht mehr so hoch und etwaige Gain-Reserven stellen sich als sehr hilfreich heraus.
Wichtig erscheint es mir weiterhin, die Wünsche und speziellen Bedürfnisse der Band während des gesamten Soundchecks so gut es geht zu berücksichtigen und auftretenden Schwierigkeiten und Herausforderungen nie hektisch oder hysterisch, sondern immer ruhig und lösungsorientiert zu begegnen. Die Band hat ein Recht darauf, dass ihre Musik bestmöglich verstärkt und dargestellt wird, und diese Verantwortung sollte der Livemischer auch voll annehmen. Dies funktioniert nur über Zusammenarbeit und transparente und ehrliche Kommunikation, damit man gemeinsam das bestmögliche Ergebnis erreichen kann. Ein Konkurrenzdenken oder ein Gegeneinanderarbeiten empfinde ich hier als völlig deplatziert.
Mikrofonierungen
Die für die üblichen Rock-Instrumente verwendeten typischen Mikrofonierungsweisen beschreibt Eike Hillenkötter in einem eigenen Beitrag, den Ihr hier im Mikrofon-Workshop findet!
Ausschnitt aus dem Buch „Live mischen – Praxiswissen für Tontechniker und Musiker“ von Eike Hillenkötter.
Erschienen im mitp-Verlag
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