Welcher Audio Mixer ist das richtige Mischpult für mich?
von Detlef Hoepfner, Artikel aus dem Archiv
Besonders zu analogen Zeiten war es üblich, Mischpulte strenger nach Einsatzzweck zu entwickeln und benennen. Beim Mischpult-Kauf kann also durchaus die Frage aufkommen: Live- oder Recording-Mischer?
Es gab Pulte für den Live-Einsatz, das Theater, Broadcast, das Studio … Je nach Anwendung legte man dann zum Beispiel mehr Wert auf eine schnelle Bedienbarkeit, auf die Anzahl der Ausspielwege (Monitor) oder die Speicherbarkeit (Theater). In Live-Pulte wurden Intercom-Funktionen integriert oder in Monitormischer Tasten zur Feedback-Suche. Mit digitalen Pulten und ihrer manchmal fast grenzenlosen Funktionsvielfalt hat sich dies sehr entspannt.
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Natürlich ist es auch dort noch ein (Preis-)Unterschied, ob ein Pult viele oder wenige Ein- und Ausgänge besitzt. Aber schon einfache Digitalpulte besitzen eine Speicherbarkeit, die selbst dann extrem hilfreich ist, wenn man nicht hunderte von Szenen verwaltet: Allein dass man nach der nächsten Probe auf Knopfdruck garantiert wieder die richtigen, gewohnten Einstellungen am Start hat oder für einzelne Bandmitglieder per Kanal-Presets aufruft, entspannt den Alltag verblüffend deutlich. Früher waren hier der Phantasie bezüglich der Hilfsmittel kaum Grenzen gesetzt: Man hantierte mit Zetteln, Listen und Schablonen, Filzstiftmarkierungen zogen sich über die Mischpultfront und besonders technikaffine Techniker sprachen sich die Pulteinstellungen Knopf für Knopf auf ein Diktiergerät.
Auch heute noch sieht man zwar noch gerne das beliebte Tape mit Beschriftungskürzeln auf Digitalpulten, aber allein die Tatsache, dass digitale Mischer meist die Kanäle auf mehrere Layer verteilen, setzt dem Grenzen. Hier zeigt sich dann eine wichtige Entscheidungsfrage: Wie schnell bin ich bei einem Digitalpult bei der gewünschten Funktion? Wenn es irgendwo pfeift: muss ich mich dann durch diverse Menüs klicken, oder bin ich spätestens nach ein, zwei Tastendrücken an der richtigen Stelle (also z. B. dem Monitorweg)?
Ebenfalls „pädagogisch wertvoll“ ist heute die Visualisierung vieler Funktionen auf einem Display. Je nach Reglerkomplexität droht bei analogen Mischern insbesondere in den EQs, dass man die Vorstellung davon verliert, was man gerade mit den gewählten Parametern anrichtet. Dass man aber gerade ziemlichen Quatsch einstellt, sollte man bei einem digitalen Mischer spätestens dann sehen (wenn man es denn nicht hört), wenn sich die EQ-Kurve vor lauter Löchern auflöst oder unten ganz aus dem Display verschwindet …
Und ein weiteres Entscheidungskriterium hat sich überraschend schnell durchgesetzt: Mischpulte mit einer App- oder Smartphone-Unterstützung wurden anfangs belächelt. Im Live-Einsatz haben diese aber einen absoluten Siegeszug erlebt, denn endlich ist es selbst bei günstigen Budget-Pulten möglich, direkt neben dem Musiker den Bühnenmonitor komfortabel abzuhören und einzustellen oder sogar aus dem Publikum eine ganze Mischung vorzunehmen. Und das zählt am Ende deutlich mehr als die Frage, ob der Mischput-EQ oder Pre-Amp im Goldene-Ohren-Faktor (angeblich) ein paar Nachkommastellen „besser“ oder „schlechter“ klingt.