Für Installateure ist das Thema so selbstverständlich – es ist kaum der Rede wert. Wenn wir im Eventbetrieb Rechner fernsteuern müssen, beginnt die Recherche jedoch oft bei null. Unser Überblick soll die Suche nach KVM-Extendern und Switches erleichtern und Ideen für Anwendungen liefern.
(Bild: Alexander Heber)
Geräte zum Fernsteuern von Rechnern sind wahrlich keine Weltneuheit. Eine große Rolle hat das Thema bei der Entwicklung von AV-Produkten für die mobile Veranstaltungstechnik jedoch nicht eingenommen. Dabei wäre es oft naheliegend, Geräte wie HDMI-Transmitter mit einer USB-Übertragung zu komplettieren. Diese Produkte gibt es, nur sind sie in unserem Eventkontext selten zu finden und kaum an unsere Bedürfnisse angepasst. Mit einem kurzen Blick auf mögliche Anwendungsgebiete gehen wir auf Unterschiede zwischen den einzelnen Übertragungsmethoden ein und erläutern, was man bei der Wahl von KVM-Geräten bedenken sollte.
KVM steht für Keyboard, Video, Mouse.
● Sinn und Zweck von KVM-Extendern ist das Absetzen von Keyboard, Bildschirm und Maus vom zu steuernden Computer.
● Mit KVM-Switches nutzt man ein Setup für Tastatur, Bildschirm(e) und Maus und schaltet zwischen mehreren Rechnern hin und her. Somit dient eine Bedienoberfläche zur Steuerung mehrerer Geräte – abwechselnd.
KVM-Extender und Switches sind sehr praktisch, fließen jedoch selten in unsere Planungen ein. Oft wird der FOH-Platz Anlass zur Diskussion – um jeden Meter Tisch oder Bühnenplatte wird gefeilscht. Hier kann das Absetzen von Rechnern an andere Orte Arbeitsplätze verschlanken und Freiraum auf Tischen schaffen. Viele Computer müssen nicht gleichzeitig bedient werden, der Einsatz von KVM-Switches spart gleich mehrere Bildschirme ein und kann den Unterschied zwischen Caddy- und Sprinter-Fuhre ausmachen.
Auch wenn Platz kein Thema sein sollte, so kommt man an bestimmte Rechner nur schwer heran. Ein fest eingebauter PC im Rednerpult mit Bildschirm bedient sich aus der Ferne besser als am Objekt. Spätestens wenn der Content wechseln soll, wird der Rechner im Pult beinahe nutzlos ohne eine Form der Fernsteuerung.
Eine gängige Anwendung ist die Überwachung von systemrelevanten Komponenten: Steuerrechner jedweder Art, Medienserver-Slaves oder auch Render-Maschinen. Der Steuerrechner hinter der LED-Wand benötigt womöglich noch permanenten USB-Kontakt zum Controller und soll auch stets an seinem Platz zugänglich sein. Bei der Show möchte man dann aber doch einen Blick auf die Statusanzeige der Wand werfen, ohne hinter die Bühne gehen zu müssen.
Ein fernbedienter Rechner kann aber auch Kundenwunsch sein. Es gibt Kongresse, bei denen die Powerpoint-Präsentationen mit der Maus bedient werden sollen. Auf mehreren Projektionen einen Mauszeiger zum Zeigen nutzen zu können, ist eine einfache Alternative zum Laserpointer.
Der Fernzugriff auf Rechner erfolgt entweder mit Hard- oder Software. Der Trend zu Video-over-IP-Lösungen liefert auch neue KVM-Varianten. Welche Technologie ist nun die Richtige?
Punkt-zu-Punkt-Übertragung
Eine sichere und einfache Lösung ist die Punkt-zu-Punkt-Verkabelung. Die größte Einschränkung findet sich schon im Namen: Die abgesetzte Bedienoberfläche ist nur an einem weiteren Punkt verfügbar. Eine Steuerung von mehreren Arbeitsplätzen heraus ist nicht möglich – hier gibt es Ausnahmen, aber die bestätigen die Regel. Die einfache Einrichtung und der generelle Plug & Play-Charakter dieser Lösungen ist ein starkes Plus. Die Seite am Computer bekommt einen Transmitter, den man per USB und Videokabel mit dem Rechner verbindet. An der Seite mit Bildschirm, Tastatur und Maus steht der Receiver, an dem die abgesetzten Geräte angeschlossen werden. Zwischen Transmitter und Receiver ist die Verbindung per CATx-Kabel Standard, doch auch Übertragungen per Glasfaser sind möglich und erweitern die mögliche Reichweite von gängigen 50–150 m auf bis zu 10 km beim Einsatz von Single-Mode-LWL.
Nur weil die Geräte zur Steuerung abgesetzt sind, heißt es nicht, dass man den Computer nicht auch an Ort und Stelle zusätzlich mit Tastatur, Bildschirm und Maus ausstatten kann. Auch ein Laptop kann über KVM-Extender ferngesteuert werden. Diese Variante bietet sich für den Zugriff auf einzelne Steuerrechner an und gibt so beispielsweise Zugriff vom FOH auf den Steuerlaptop der Funkstrecken, welcher auf dem 19″-Rack neben der Bühne seinen Platz gefunden hat. In der Regel können auch andere USB-2.0-Geräte mit diesen Extendern betrieben werden und so z. B. auch eine USB-Presenter-Fernbedienung näher an das Geschehen bringen. Außerdem gehört die Übertragung von Ton per Miniklinke ebenso für viele Geräte zum Standard, wohingegen Infrarotschnittstellen und serielle Verbindungen inzwischen seltener werden. Für die Übertragung des Bildes kommen meistens HDMI und Displayport infrage, wenngleich es auch noch DVI- und VGA-Varianten zu kaufen gibt. Auch sind Sets mit mehreren Bildschirmen erhältlich. In jedem Fall gilt es, die Bandbreiten im Blick zu behalten und die Herstellerangaben auf die maximale Auflösung und Bildwiederholrate zu prüfen. Die Punkt-zu-Punkt-Verbindung bietet sich an, wenn nicht an mehr als zwei Arbeitsplätzen Zugriff auf den Computer benötigt wird und man Zeit bei der Konfiguration sparen möchte.
Werden die Steuer- und Videosignale per Netzwerk abgesetzt, kann es sich um Hardware oder auch Software handeln. Hardware-Lösungen nutzen weiterhin Sender und Empfänger, welche im gleichen Netzwerk integriert sind. Die Übertragungslatenz bei IP ist höher als bei Punkt-zu-Punkt-Verbindungen oder dedizierten KVM-Matrizes, da das Videosignal über das Netzwerk gestreamt werden muss. Die Latenz kann sich zu einem entscheidenden Faktor entwickeln. Sei es für die Bearbeitung von Videodateien oder das Steuern von Echtzeitanwendungen wie Notch, Gaming- PCs oder VJ-Systemen.
Der Vorteil von IP-Lösungen ist die Bereitstellung mehrerer Rechner für mehrere Arbeitsplätze gleichzeitig, ohne eine KVM-Matrix bemühen zu müssen. Am Receiver wird per Weboberfläche oder Software entschieden, welcher Rechner gezeigt werden soll und man kann zwischen den Computern wechseln. Das macht einen KVM-Switch jedoch nicht zwangsläufig obsolet. Für mehrere Rechner, die am gleichen Ort stehen, ist ein KVM-Switch günstiger, als jeden Rechner mit einem eigenen Transmitter auszustatten.
Ein weiterer Vorteil der IP-basierten Übertragung ist die Option, Geräte nicht nur über das LAN, sondern auch über das WAN steuern zu können. Da es noch immer Hardware-Geräte sind, die die Steuerung ermöglichen, ist es auch möglich, Zugriff auf das BIOS zu bekommen oder Rechner per USB aufzuwecken und oder zu starten. Die Kontrollmöglichkeiten hängen hier vom jeweiligen Gerät ab und auch von dem zu steuernden Rechner. Software kann derartige Zugriffe aber in jedem Fall nicht leisten, da das Betriebssystem bereits laufen muss, um Softwarevarianten nutzen zu können.
Die Eltern wieder bei Office anzumelden oder die Warnungen des Virenscanners auszuschalten ist nur eine Anwendung von softwarebasierten Fernzugriffen auf Rechner. Ein jeder kennt Teamviewer, VNC & Co. Was selbstverständlich über das Internet genutzt wird, wird in lokalen Netzwerken oft als Option vergessen, aber diese Lösungen lassen sich auch im LAN implementieren. Diese Varianten sind recht einfach zu installieren und anzuwenden. Anbieter wie Parsec spezialisieren sich auf hohe Video- und Tonqualität und machen selbst das Arbeiten an Videoprojekten über das WAN möglich. Der Fokus auf die Kompatibilität mit dem Internet führt zur Kompressionsraten, die auch mit W-LAN verträglich sind.
Ein Problem von Software ist der zusätzliche Workload auf den Geräten. Nicht mal einem Powerpoint-PC möchte man die zusätzliche Arbeitsleistung abverlangen, geschweige denn einem Medienserver. Im Fehlerfall oder bei Programmabstürzen kann man zwar einen Neustart anregen, aber z. B. keine Tastenkombinationen im Bootprozess übertragen. Die Softwarevariante bedeutet zudem zusätzliche Computer an den Start zu bringen, da man nicht nur die Peripherie absetzt, sondern einen Rechner zum Bedienen anderer Rechner benötigt. Auch hier kann man unkompliziert zwischen mehreren Geräten wechseln, es kann aber einen kleinen Moment dauern, die Verbindung aufzubauen.
Der Trend Richtung Video-over-IP ruft auch neue Lösungen auf den Plan. Mit NDI-Bordmitteln wird jeder Rechner mit ein paar Klicks aus der Ferne bedienbar. Die Last auf dem Prozessor liegt bei dieser Option jedoch deutlich höher als bei den Lösungen, deren tatsächliche Intention die Fernsteuerung ist.
Auf engem Raum wird der Umschalter zwischen mehreren Rechnern zum Thema. Ob man nun zwischen Backup- und Main-Rechner hin und her schalten möchte oder ein ganzes Rack mit PCs gefüllt hat, für die man nur einen einzigen Arbeitsplatz vorsieht: KVM-Switches sind die Lösung. Die Hardwaregeräte gibt es in verschiedenen Preisklassen. Viele Faktoren spielen eine Rolle. Normalerweise kommen die Geräte mit nur einem Grafikanschluss pro Rechner daher. Ebenso gibt es meist nur einen Ausgang. Für viele Anwendungen reicht diese Konfiguration aber aus und die deutlich teurerenVarianten mit mehreren Displays sind gar nicht nötig. Bei der Wahl des Switches ist darauf zu achten, wie dieser umgeschaltet werden kann. Seltsamerweise hat sich eine Steuerung über Netzwerk bisher kaum etabliert. Dabei wäre ein erschwinglicher KVM-Switch, der sich einfach per Companion oder ähnlichem steuern ließe, ein willkommener Begleiter. Jedoch finden wir noch immer viele RS-232-Schnittstellen an den Geräten, mitunter mit billigen Adaptern auf RJ45-Buchsen. KVM-Switches haben den Nachteil, dass die Geräte alle am Ort des KVM-Switches stehen müssen, oder erst bis dorthin verlängert werden müssen. Günstige Geräte halten häufig nicht die EDID und Verbindung zur Grafikkarte aufrecht, sondern initiieren mit jedem Switch einen neuen Handshake und erneute Verbindung zum Bildschirm. Hier helfen EDID-Manager, lassen die Kosten aber schnell unverhältnismäßig steigen und der Griff zum besseren Switch wird lohnenswert. Auch fehlt fast allen Geräten die Extender-Funktion. Komplexere Anwendungen werden deshalb mit KVM-Matrizes umgesetzt.
Eine KVM-Matrix erklärt sich fast von selbst, nachdem man Extender und Switches kennengelernt hat. Hersteller verwenden zumeist proprietäre Protokolle und CATx- oder Glasfaserverbindungen. Latenzen sollen bei diesen Systemen nicht entstehen und die Anwendung der direkten Verbindung gleichkommen. Das Umschalten zwischen einzelnen Rechnern erfolgt nahtlos und ohne Wartezeiten. Systeme mit dieser Funktionalität sind für den mobilen Einsatz nur bedingt geeignet, da die Einrichtung und der Preis den Nutzen für normale Veranstaltungen kaum rechtfertigen. Einige Anbieter stellen Multiview-Oberflächen bereit und bieten mit einer Tastenkombination Zugriff auf den gewünschten PC. Damit lassen sich viele Computer gleichzeitig im Blick behalten und im Bedarfsfall schnell reagieren. Diese Lösungen finden wir in Übertragungswagen und Studios.
789.191 Kickstarter-Dollar in 30 Tagen sprechen für ein großes Bedürfnis nach KVM-Lösungen. Der Entwickler Maxim Devaev war mit kommerziellen Lösungen zur KVM-Übertragung offenbar unzufrieden und machte sich ans Werk, eine Open-Source-Lösung, basierend auf der Hardware eines Raspberry Pi, ins Leben zu rufen. Extra für diesen Zweck entstand eine eigene Software zum Encoding von Videosignalen für Raspberry Pi: uStreamer. Einen PiKVM kann man sich selbst zusammenbauen, oder man bestellt für 159 $ das PiKVM-Kit, welches im PiShop in den USA verfügbar ist. Für 249 US-Dollar kommt das Gerät auch fertig zusammengebaut im praktischen Gehäuse daher. Inzwischen finden sich auch Shops in Europa mit dem „HighPi PiKVM v3.3 HAT“.
Das besondere an der Lösung ist, dass sie nativ im Browser läuft und auch KVM-Switches fernsteuern kann. Jetzt liegt es nicht jedem, sich intensiv mit so einer Lösung zu befassen. Plug & Play-Geräte sind vielerorts angebracht. Als Azubi- oder Saison-Pausen-Projekt ist es jedoch sehr gut geeignet. Die aktuellen Reviews sind sehr positiv und die Bedienung ist – einmal eingerichtet – sehr intuitiv. Und wenn die Lösung „nur“ dabei hilft, auf die Rechner im Lager zugreifen zu können, während man im Büro sitzt: das Projekt ist sehr interessant und wird sich eventuell noch zu einer Lösung von der Stange entwickeln. Bereits jetzt lassen sich mit dem PiKVM auch KVM-Switches kontrollieren und der Zugriff auf mehrere Geräte ist über einen Browser realisierbar. Die Schnittstelle so auszubauen, dass auch BIOS-Zugriffe möglich sind, oder Linux-Images direkt über die Extension auf entfernten Rechnern gebootet werden können, gehörte früh zum anspruchsvollen Fokus bei der Entwicklung. Die Latenz liegt zwischen 100 ms und 250 ms – je nach Codec. Damit scheidet sie zwar für einige Anwendungen aus, aber mit dem etwas langsameren H.264-Encoding wird die Anwendung auch für schwache Netzwerke eine Option.
Stören die USB-Verlängerungen, die aus dem Rack fallen? Hätte man sich viele Laufwege und Zeit auf einer Produktion sparen können? Hätte man sich das Netzwerk am Veranstaltungsort besser zu Nutze machen und auf ein paar Kabel verzichten können? Hatte man die ganze Zeit ein schlechtes Gefühl, weil ein entscheidender Rechner in einer unsicheren Ecke stand, weil er zugänglich bleiben musste?
Man muss nicht alle Positionen hinterfragen und Setups kaputt-optimieren. Vergessen, dass es KVM-Extender und Switches gibt, sollte man aber auch nicht. Sie können gute Dienste leisten. Die kaum zu überblickende Anzahl an Geräten macht die Recherche zeitaufwändig. Wer sich dem Thema widmet, bevor es dringend wird, spart Zeit und Nerven.
Der Hersteller aus Großbritannien gehört zu den Etablierten am Markt. Geräte aus der AdderLink-Reihe haben es schon in den mobilen Veranstaltungsbetrieb geschafft. Die Produktvielfalt ist enorm und bietet auch für einige Sonderfälle Hardware-Lösungen.
Aten
Die Gründung 1979 macht Aten zu einem Urgestein im Techniksektor. Die angebotene Produktpalette ist entsprechend groß.
Black Box
Mit 150 Niederlassungen weltweit gehört der amerikanische Konzern ebenfalls zu den großen Playern im KVM-Bereich. Dank der Niederlassung in München erhält man auch deutsche Unterstützung bei Projekten aller Art.
Guntermann & Drunck
Eine etablierte Größe im KVM-Geschäft, gerade wenn es um Installationen im Broadcastsektor geht, ist die Guntermann & Drunck GmbH. 35 Jahre Erfahrung im KVM-Sektor und die Mitgliedschaft in der Grass Valley Technology Alliance sprechen für sich.
Ihse
Die Lösungen von Ihse sind zwar auch eher im Installationsbereich ansässig, jedoch finden sich hier Produkte für High-End-Anwendungen für besonders geringe Latenzen. Wenn es ernst wird und gerade auch, wenn das Thema Gaming aufkommt, lohnt sich der Kontakt.
Matrox
Anstatt eine Vielzahl von verschiedenen Produkten zu vermarkten, setzt Matrox auf eine professionelle und skalierbare Serie. Neben externen Transmittern sind auch PCI-Karten als Sender im Portfolio.