Der ISDV berät: Wie man die Selbstständigkeit erfolgreich meistert
von Redaktion,
Schon seit Jahren wird im Grunde über den Bedarf von Unternehmen hinaus ausgebildet. Das treibt viele fertige Azubis oft direkt in jungen Jahren in die Selbstständigkeit. Die Anforderungen an einen Unternehmer werden jedoch meist in der Schule oder im Betrieb nur unzureichend vermittelt. Daher informiert Roman Schuf zusammen mit der ISDV nun vor Ort in den Schulen.
Seit September 2016 werden Fachkräfte für Veranstaltungstechnik nach der neuen Prüfungsordnung ausgebildet. Die betriebswirtschaftlichen Anteile wurden im neuen Lehrplan zugunsten von mehr technischen Inhalten ausgedünnt. Gleichzeitig wird allerdings weiterhin über Bedarf ausgebildet und somit zwangsläufig viele Azubis nach Beenden der Ausbildung in die Selbstständigkeit entlassen, ohne dafür in der Ausbildung das nötige Rüstzeug erhalten zu haben.
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Auch diejenigen, die sich bewusst für eine Selbstständigkeit entscheiden, sind auf sich gestellt und werden bei der Suche nach Informationen von ihren Berufsschulen nur unzureichend betreut. Roman Shuf hat in Zusammenarbeit mit der ISDV einen Vortrag über den Weg, die Hürden und die Chancen einer Selbstständigkeit entwickelt. Susanne Fritzsch sprach mit Roman Shuf, der vor Ort in den Berufsschulen über seine Erfahrungen und Beweggründe informiert.
Susanne Fritzsch: Hallo Roman, du bietest zusammen mit der ISDV seit einiger Zeit den Vortrag: „Erstens selbst und zweitens ständig – Was kommt auf mich zu, wenn ich mich selbstständig mache?“ an Berufsschulen an. Welchen Anstoß gab es für dich, diesen Vortrag zu erarbeiten und aktiv an die Schulen heran zu treten?
Roman Shuf: Dazu muss ich kurz ausholen. Ich habe mich 2012 selbstständig gemacht. Damals hatte mir mein Arbeitgeber angeboten, selbstständig für ihn zu arbeiten und dafür mehr „Lohn“ auf die Rechnung schreiben zu können. Im meinem jugendlichen Leichtsinn, ich war damals 20 Jahre alt, habe ich eingewilligt. Was das für mich bedeutet und welche Verpflichtungen ich dadurch habe, war mir unklar. Es gab keine Anlaufstelle, bei der ich Hilfe bekommen konnte. Durch meine Arbeit als Stagehand und technischer Assistent fand ich schnell meinen Ausbildungsbetrieb Multisound in Erzhausen. Während der Schul- und Ausbildungszeit merkte ich, dass die Vorbereitung auf eine eventuelle Selbstständigkeit in keinem Unterrichtsfach gelehrt wird und beschloss selbst aktiv zu werden. Auf der Prolight + Sound 2015 traf ich Markus Pohl und Basty Duellmann am Stand der ISDV und wurde Mitglied. Marcus und ich hatten dann Ende 2016 die Idee für einen Vortrag, mit dem wir schon in den Berufsschulen helfen können. So kam es, dass ich alle relevanten Informationen zusammengetragen habe und diesen Vortrag gestaltete.
SF: Wie hast du die Aufklärung und Information über eine mögliche Selbstständigkeit durch die Berufsschule während deiner eigenen Ausbildung zum Veranstaltungstechniker empfunden?
RS: Wir hatten in dem Unterrichtsfach Politik und Wissenschaft ein Modul, welches sich mit dem Businessplan beschäftigte. In diesem Plan erarbeiteten wir unsere Ziele, Tätigkeiten und den finanziellen Rahmen zur Selbstständigkeit. Das war das einzige Modul, welches sich mit dem Thema Selbstständigkeit beschäftigte, jedoch ohne das Grundlagenwissen zu vermitteln. Über Versicherungen, Verpflichtungen, Vor- und Nachteile hat keiner mit uns gesprochen, das war für mich enttäuschend. Ich konnte in unserem Jahrgang zusehen, wie sich einer nach dem anderen selbstständig machte, um sich etwas neben der Ausbildung dazu zu verdienen, aber ohne jegliche Absicherung.
SF: Im Teil II des Beschlusses zum Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Fachkraft für Veranstaltungstechnik vom 17.03.2016: Bildungsauftrag der Berufsschulen, wurde durch die Kultusministerkonferenz folgendes festgehalten:
„Sie (die Berufsschule, Anm. d. Red.) arbeitet als gleichberechtigter Partner mit den anderen an der Berufsausbildung Beteiligten zusammen und hat die Aufgabe, den Schülern und Schülerinnen berufsbezogene und berufsübergreifende Handlungskompetenz zu vermitteln. Damit werden die Schüler und Schülerinnen zur Erfüllung der spezifischen Aufgaben im Beruf sowie zur Mitgestaltung der Arbeitswelt und der Gesellschaft (…) befähigt.“
„Um ihren Bildungsauftrag zu erfüllen, muss die Berufsschule ein differenziertes Bildungsangebot gewährleisten, das (…) Perspektiven unterschiedlicher Formen von Beschäftigung einschließlich unternehmerischer Selbstständigkeit aufzeigt, um eine selbstverantwortliche Berufs- und Lebensplanung zu unterstützen (…)“
Trotzdem scheint es, wie du uns in der letzten Antwort ja auch geschildert hast, nach wie vor große Fragen und Aufklärungsbedarf zur Selbstständigkeit bei den Auszubildenden zu geben. Können die Berufsschulen dieser Aufgabe nicht gerecht werden? Ist zu wenig Zeit dafür oder fehlt es an geeignetem Personal? Wie ist deine Einschätzung?
RS: Meine Einschätzung ist, dass die Berufsschulen diese Aufgabe nicht übernehmen können. Es mangelt an Personal, welches die nötigen Erfahrungen gesammelt hat und diese interessant und ansprechend vermittelt. Lehrer haben eine ganz andere Berufslaufbahn gewählt, als die zukünftigen Selbstständigen es machen werden. Somit fehlt zum einen die Erfahrung, um diese Informationen zu lehren, und gleichzeitig sitzt der Schüler vor einem trockenen Unterricht und bekommt Wissen vermittelt, welches sehr allgemein gehalten ist. Wahrscheinlich wird dieses Wissen auch noch auf verschiedene Berufe zugeschnitten sein und dadurch noch allgemeiner.
Meine Erfahrung bei meinen bisherigen Vorträgen war, dass die Schüler froh waren, eine Person vor sich zu haben, die das Ganze gerade erst selbst erlebt. Ausbildung und dann die Selbstständigkeit, da gehört viel dazu, was der Lehrplan nicht vermitteln kann.
SF: Was empfiehlst du den Schulen und vor allem den Auszubildenden?
RS: Ich habe mir Step by Step die Informationen zur Selbstständigkeit gesucht und erarbeitet. Dafür habe ich viel im Internet recherchiert und mich mit anderen Selbstständigen ausgetauscht. Durch die vielen verschiedenen Quellen im Netz war es sehr müßig, brauchbare Informationen zu finden. Ich hätte mir in der Zeit gern einen Ansprechpartner gewünscht, welcher sich mit unserer Arbeitsweise und Branche auskennt. Die Handelskammern und die Agentur für Arbeit sind definitiv Anlaufstellen, um sich zu Selbstständigkeit beraten zu lassen. Allerdings fehlt das relevante Wissen um die Besonderheiten in unserer Branche, also spezielle Versicherung, die Arbeitsbedingungen etc.
Mit der Gründung der ISDV vor zwei Jahren entstand endlich eine Anlaufstelle für angehende und auch langjährige Selbstständige in der Branche. Der Verband erspart einem viel Suche nach Informationen, weil hier das Wissen derer, die sich intensiv damit beschäftigen und auseinandersetzen, gebündelt wird. In Gesprächen mit anderen selbstständigen Kollegen wurden immer wieder Wissenslücken deutlich und die Notwendigkeit einer frühen Aufklärung, die bereits an den Berufsschulen stattfinden sollte, offensichtlich. Meiner Ansicht nach, sollten die Berufsschulen einen externen Dozenten für diesen Ausbildungsbereich hinzuziehen, der sich regelmäßig mit dem Thema Selbstständigkeit, mit den Neuerungen und Veränderungen in unserer Branche beschäftigt und der von seinen eigenen Erfahrungen berichten kann.
SF: Schon während deiner Ausbildung bist du Mitglied in der ISDV geworden. Was hast du dir von dem Verband erhofft und was sind diesbezüglich deine Wünsche für die Zukunft?
RS: Als ich Mitglied geworden bin habe ich mir erhofft, unsere Branche mitzugestalten und mich für die Selbstständigen in der Veranstaltungswirtschaft einzusetzen. Mir kam natürlich zugute, dass die ISDV noch jung war und ich als aktives Mitglied von Anfang an mitgestalten konnte. Ich finde es toll, dass wir als Verband immer noch sehr offen sind und frische Mitglieder genauso integriert werden und am Ball sind wie die älteren Mitglieder.
Ich wünsche mir für die Zukunft, dass wir uns als Verband der Selbstständigen in der Veranstaltungswirtschaft etablieren und die Branche aus dem Hobby und Spaßsektor herausheben.
SF: Lieber Roman, vielen Dank für deine Antworten. Wir freuen uns über dein Engagement an den Berufsschulen und wünschen dir viel Erfolg mit dem Vortrag und interessierte Schüler.