Checkliste: Auswahlkriterien für Projektionsfolien
von Alexander Heber,
Die Auswahl der richtigen Projektionsfolie hängt von vielerlei Faktoren ab. Hersteller kategorisieren ihre Angebote nach Anwendungsfällen: Konferenz, Kunst oder auch Kino. Aus Anwendersicht spielen jedoch noch weitere Faktoren eine Rolle, weshalb eine Betrachtung der technischen Eigenschaften sowie deren Einfluss auf den Einsatz Sinn ergibt. Unsere Checkliste soll helfen, keinen wesentlichen Faktor bei der Wahl der richtigen Projektionsfolie außer Acht zu lassen.
Die grundlegendste Entscheidung fällt zwischen Auf- oder Rückprojektionsfolie (oder auch einer Kombination daraus). Es sollte klar sein, dass eine kombinierte Folie nicht unbedingt mit einer Folie mithalten kann, die ausschließlich für einen der beiden Fälle konzipiert ist. Kombi-Folien können meist eine der beiden Varianten besser bedienen als die andere.
Zu den Kompromissen gehören häufig geringere Gain-Werte oder schlechtere Eigenschaften bei Betrachtungswinkel und Hotspotbildung. Wer zur Aufprojektion greift und mit Licht hinter der Projektionswand rechnen muss, sollte auch ein Auge auf die Lichtdurchlässigkeit haben: nicht jede Aufprojektionsfolie ist blickdicht.
Die Leuchtdichtediagramme von Projektionsfolien geben Auskunft über die Lichtdichte bei bestimmten Betrachtungswinkeln. Installationen und Events, bei denen die Betrachter in einem großen Radius um die Projektionsfläche verteilt sind, erfordern einen möglichst flachen Graphen im Leuchtdichtediagramm. Den Betrachtern erscheint die Projektion dann aus allen Positionen in etwa gleich hell.
Ist der Veranstaltungsraum eher langgezogen und die Betrachtungswinkel schmaler für alle Betrachter, kann auch zu steileren Kurven im Leuchtdichtediagramm gegriffen werden. Diese Folien weisen meist einen höheren Gain bei geringen Betrachtungswinkeln auf. Gerade wenn der Projektor nicht sehr lichtstark ist oder die Projektionsfläche größer ausfällt, greift man besser zu Folientyp S.
Steile Kurven im Leuchtdichtediagramm lassen nicht nur auf unterschiedliche Helligkeiten schließen, sondern sind auch Indikator für wahrscheinliche Hotspotentwicklung: Dieser Effekt tritt insbesondere bei Rückprojektionen auf und beschreibt einen kreisförmigen Helligkeitsverlust von der Achse des Betrachtungswinkels nach außen.
Betrachtet man die Leinwand bei 0°, kann man sehen, dass die Bildfläche in der Mitte heller ist und nach außen abfällt. Dieser Kreis wandert, je nachdem in welchem Winkel man zur Bildfläche steht: Blickt man von rechts auf die Projektion, so ist diese nun an der rechten Seite heller und wird nach links hin dunkler – und umgekehrt.
Die Einflüsse von störendem Fremdlicht sind fast alltäglich und können nicht immer zu Gunsten der Projektion verändert werden. Der Zuschauer möchte auch die Akteure auf der Bühne sehen, bei der Konferenz mitschreiben, oder beim Gala-Event die Gabel auf dem Tisch finden. Ist das Umgebungslicht zu hell, leiden Kontrast und Sättigung der Projektion deutlich – das Bild wird „matschig“. Die Wahl des richtigen Projektors (siehe Infokasten: Projektorleistung vs. Umgebungslicht) ist dabei ein erster Schritt, um dem negativen Effekt des Umgebungslichts entgegenzuwirken.
Auch die Wahl einer Projektionsfolie mit engerem Reflektionswinkel (also eher Typ S als Typ D) kann großen Einfluss auf die Bildqualität haben. Zwar wissen viele Planer aus Erfahrung, ob die „Standardfolie“ aus dem Lagerbestand die Anforderungen erfüllt – wenn der Kunde jedoch weißen Tanzboden auf der Bühne wünscht, wird es sich lohnen, diesen Standard infrage zu stellen.
Als Faustregel für ein sattes Bild gilt, mindestens die 4- bis 5-fache Lichtleistung pro m² im Vergleich zum Umgebungslicht anzunehmen. Bei 200 ANSI lm/m² Umgebungslicht benötigt man also etwa 800 ANSI lm/m² auf der Bildwand. Für eine 16:9-Projektion auf eine 5 × 2,81 m große Projektionswand (~14 m² ) heißt das also 14 m² × 800 ANSI lm/m² . Man benötigt also einen Projektor mit ca. 11.200 ANSI-Lumen.
5. Softedge
Widescreen-Anwendungen sind schon längst keine Ausnahme mehr und die Erwartungen an die Qualität sind entsprechend hoch. Für ein optimales Ergebnis sollte man Hotspotbildung dringend vermeiden und auf diffus reflektierende Folien mit großem Betrachtungswinkel setzen. Die Kurven im Leuchtdichtediagramm fallen also flach aus bei geringem Gain-Faktor, gerade bei Rückprojektionen.
Wer die Inhalte der Projektion kennt, hat eine bessere Grundlage bei der Wahl der richtigen Projektionsbausteine. Welchen Stellenwert der Kontrast oder die Farbwiedergabe bekommen, hängt im Wesentlichen von dem ab, was dargestellt werden soll. Auch lassen sich bei frühzeitigem Wissen über die Natur der Inhalte ungünstige Designelemente verhindern – wie beispielsweise gelbe Schrift auf grauem Grund.
Die Farbwiedergabe von Projektionsflächen unterliegt keiner strengen DIN-Regelung wie bei der Reflektionsqualität. Herstellerangaben sind manchmal etwas schwammig formuliert oder gar nicht vorhanden. Welchen Stellenwert hat die genaue Farbwiedergabe für den geplanten Einsatz und können Kompromisse zu Gunsten anderer Eigenschaften gemacht werden?
Werden vornehmlich Grafiken dargestellt, ist die neutrale Farbwiedergabe vermutlich nicht so wichtig, wie es bei der Premiere eines Filmes der Fall wäre. Die meisten Produkte weisen eine gute und wenig verfälschende Farbwiedergabe auf. Dennoch gibt es Folien mit deutlichem Farbstich, welcher durch mühselige Arbeit an den Projektoren ausgeglichen werden muss. Bei besonderen Prämissen lohnt sich der Anruf beim Händler, sollten sich keine Angaben in der Produktdokumentation finden.
Der Kontrast beschreibt den Unterschied zwischen den hellen und den dunklen Bereichen eines Bildes. So simpel diese Tatsache auch sein mag … manchmal muss man sich und den Kunden daran erinnern, dass das „Schwarz“ auf der Projektionsfläche lediglich ein „schlecht beleuchtetes Weiß“ ist – zumindest, wenn man zu einer weißen Projektionsfolie gegriffen hat. Bleibt der Projektor bei der Wahl einer dunkleren Folie der gleiche, muss man Abstriche bei der Helligkeit in Kauf nehmen oder in einen lichtstärkeren Projektor investieren.
Die Auswahl möglicher Projektionsfolien verkleinert sich, je spezieller die Anwendungsgebiete werden. Für 3D-Projektionen, bei denen die Polarisierung des Lichtes nach der Reflektion beibehalten werden muss, gibt es spezielle Produkte. Müssen Lautsprecher hinter der Projektionsfläche platziert werden, sollte man zu perforierten Folien greifen. Kommt die Bildwand zum Outdoor-Einsatz und steht womöglich im Regen, braucht es ein entsprechendes Produkt, welches schon einer Gaze ähnlicher ist als einer Folie. Und manchmal wird die Projektionsfolie auch quasi zweckentfremdet und kommt als Moiré-Entferner direkt vor LED-Wänden zum Einsatz.
Die meisten Folien gibt es in allen möglichen Konfektionen, aber eben nicht jede Folie in jeder Größe. Wenn der gewünschte Folientyp nun nur geöst und nicht in Full-White-Konfiguration möglich ist, sollte man darüber frühzeitig Bescheid wissen. Außerdem kann das Gewicht der Folie eine Rolle spielen oder sich ein Produkt anbieten, weil es sich besser verschweißen lässt. Selbstverständlich spielen auch Faktoren wie Belastbarkeit/Empfindlichkeit eine Rolle: Die „Brot- und Butter Rental-Projektionsfläche“ sollte der Reinigung mit einer milden Seifenlauge standhalten und nicht beim zweiten Handling mit Weißbruchstellen übersäht sein. Bei der Sonderkonfektion für die mehrwöchige Kunstinstallation kann man bei solchen Punkten natürlich Abstriche zu Gunsten der Bildqualität machen.
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