Das jährlich stattfindende Pop Meets Classic in Braunschweig ist einerseits ein beliebtes Konzertformat, bei dem das Staatsorchester Braunschweig mit verschiedensten Künstlern aus Rock und Pop zusammenarbeitet. Andererseits ist es für die neuen Auszubildenden der Ambion GmbH ein erstes kleines Projekt im Rahmen ihrer Ausbildung, weshalb es im Produktionsablauf einige Besonderheiten gibt
Wenn die Undercover GmbH die Braunschweiger Volkswagen Halle jedes Jahr für knapp eine Woche belegt, um ihre Show Pop Meets Classic umzusetzen, ist ihnen bewusst, dabei ein paar Privilegien auszureizen. Mindestens fünf Tage dauern Vorbereitung und Umsetzung des Konzerts des Staatsorchesters Braunschweig mit verschiedenen Künstlern aus Rock und Pop. „Im normalen Tourbetrieb würden die Hallen uns den Kopf abreißen“, ist Produktionsleiter Tobias Huwe sich sicher. „Das klappt alles nur so reibungslos, weil alle Beteiligten auf das Event eingeschworen werden. Da gibt es nicht ‚die Halle‘ oder ‚den Ton‘ sondern wir alle machen Pop Meets Classic – immerhin schon seit 13 Jahren. Auf einer regulären Tour hat man meist gar keine Chance, als Team so eng zusammenzuwachsen wie hier.“ Besonderer Teil im eingeschworenen Team dieses Events sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Ambion GmbH: Für deren Auszubildende im ersten Lehrjahr ist die Veranstaltung nach einem Dreivierteljahr im Betrieb das erste kleine Ausbildungsprojekt.
Vor Ort auf der Produktion waren in diesem Jahr insgesamt sieben der acht Auszubildenden aus Ambions Kasseler Filiale. „Wir hatten viel Zeit für die Vorbereitungen“, resümiert Jan Wagner in seiner Pause während der Generalprobe. Er ist einer der zwei Auszubildenden, die während der Show für die Steuerung der Domecams verantwortlich waren. „Wir haben deshalb nicht nur Lampen voradressiert und Label für die Traversen erstellt, sondern auch die Videoregie probeweise im Lager aufgebaut. Wir lernen bei uns zwar aus allen Gewerken, aber das Material hier kannten wir noch nicht besonders gut. Und so konnten wir uns schon mal in die Kamerasteuerung einarbeiten.“ Das Konzept dieses kleinen Auszubildendenprojekts finden alle beteiligten Azubis sinnvoll: „Ich weiß zumindest bei uns aus der Berufsschule von niemandem sonst, der so etwas macht“, so Luis Dümpelmann. „Die kleineren Betriebe können das so ja nicht unbedingt bieten, dafür ist man dort dann oft jedes Wochenende auf Produktion und lernt dort.“ Jannik Hopp wirft ein: „Ich war jetzt zwar auch ein paar Wochen schon nicht mehr in der Firma, aber eigentlich ist man bei uns im ersten Lehrjahr auch vor allem viel im Lager.“ Und Thorben Dietrich ergänzt: „Das ist auch durchaus Absicht. Wir bereiten die Jobs vor, lernen erstmal die Abläufe und vor allem auch das eigene Material kennen.“ Dafür habe man dann auf einer mehr auf die Ausbildung ausgelegten Veranstaltung wie dieser die Möglichkeit, jederzeit jeden der anwesenden Techniker mit Fragen zu löchern – anders als im Alltagsgeschäft.
Herausforderung: Wie gefährlich sind eigentlich Brottüten?
Einer der alten Hasen für diese Fragen war unter anderem Thomas Marx, der dieses Jahr als technischer Leiter Licht und selbsternanntes Mädchen für alles dabei war. Er kennt das Pop Meets Classic seit drei Jahren: „Ich habe damals gefragt, warum wir die Veranstaltung nicht nutzen, um unsere Auszubildenden das erste Mal Rock’n’Roll Luft schnuppern zu lassen und Tobias war da als Produktionsleitung für Undercover zum Glück sofort dabei“, erinnert er sich.
»Warum nutzen wir die Veranstaltung nicht, um unsere Azubis das erste Mal Rock’n’Roll-Luft schnuppern zu lassen?«
Thomas Marx | hat das Azubi-Projekt vor drei Jahren angestoßen
2018 lief der Versuchsballon Auszubildendenprojekt unter seiner Verantwortung so gut, dass das Konzept auch für dieses Jahr direkt wieder übernommen wurde. „Wir sind so ein bisschen ein Bastelprojekt hier“, erklärt Tobias Huwe das Event. „Wenn Ambion beispielsweise sagt, ‚wir wollen bei euch einen neuen Medienserver‘ ausprobieren, dann lass ich die das machen, weil ich weiß, dass das trotzdem läuft. Und auf anderen Jobs müssen die Firmen ja froh sein, wenn ein Azubi überhaupt dabei sein darf, weil die meisten Kunden 200 Prozent Leistung einfordern. Da geben wir hier gerne die Chance, zu lernen.“ Außerdem seien die Auszubildenden am Ende ja nach wie vor mit einer A-Crew an Operatoren und technischen Leitern vor Ort, so dass man sich da absolut keine Sorgen machen müsse.
Generell probiere sich das Team jedes Jahr an neuen Spielereien: Ob wie in vergangenen Jahren, in denen Moderatoren an C1 Zügen der Volkswagen Halle geflogen wurden oder wie dieses Mal mit lautstärkesensitiven, leuchtenden Armbändern für das Publikum – Undercover versucht jedes Jahr ein paar Gimmicks unter zu bringen. „Wir haben dieses Jahr für jeden der 6.500 Besucher eine Brottüte, die während eines Songs zum Platzen gebracht werden soll“, freut sich Huwe. „Da mussten wir dann auch erstmal herausfinden, ob das vom Lautstärkepegel her überhaupt klar geht.“
Während die Kreativbühne von der T-Stage Winter & Groh GmbH aus Buchholz und der Ton von der LiveAudio Event Technic GmbH aus Braunschweig bereitgestellt und betreut wurden, zeichnete Ambion für Licht und Video verantwortlich. „Wir haben seit ein paar Wochen komplett auf Ayrton umgestellt“, fasst deren Leiter der Lichtabteilung René Schönefeldt sein Setup knapp zusammen. Die Blinder und MAC Aura seien noch alte Martin Bestände, „aber sonst ab haben wir die komplette Palette der neuen Ayrton LED-Lampen dabei: Also Mistral, Bora und Khamsin sowie die Levante als kleinere Wash-Alternative zum Bora für den Testbetrieb.“ Schönefeldt war bei Pop Meets Classic als Lichtdesigner für Stephan Aue eingesprungen, der in diesem Jahr nicht dabei sein konnte.
Angesteuert wurden die Lampen über eine Full Boar 4 samt Playback Wing. Und auch hier hebt Tobias Huwe eines seiner Gimmicks hervor: „Wir haben das seltene Privileg, die Beleuchtung der Ränge mit ansteuern zu können – das kann man dann natürlich auch in die Show mit einbinden.“
Das fertige Design ging im Voraus an die Azubis, die sich nicht nur mit den Kabelwegen auseinandersetzen, sondern auch die unterschiedlichen Anforderungen an den Strom bedenken mussten. „Die sollten sich hier zum einen überlegen, wie sie die Daten zu den Lampen bekommen, aber zum Beispiel auch, wohin sie nun Dimmstrom legen müssen und wohin Feststrom“, erklärt Thomas Marx. „Das haben sie dann alles im Grunde wie im Tourbetrieb im Voraus im Lager vorbereitet, beschriftet und markiert, damit das hier so schnell wie möglich ins Dach kann.“
Bis zu 250 Künstler standen am Ende während der Veranstaltung auf der Bühne. Eine solche Menge an Menschen war entsprechend nicht nur für die Show Caller eine Herausforderung, sondern machte auch größere Proben mit vollem Ensemble im Voraus nahezu unmöglich. Gute Vorbereitung seitens der Technik war an dieser Stelle deshalb essenziell. „Wir haben hier Mittwochmorgen angefangen alles ins Dach zu hängen, am Nachmittag kommt dann schon das Orchester und von Donnerstag bis Samstag wird die komplette Zeit genutzt, um endlich in voller Besetzung proben zu können“, so Marx. „Und unsere Jungs haben wiederum zwei Tage Zeit zu fragen: Wieso haben wir das alles jetzt so gemacht, wie wir es gemacht haben?‘“
So ganz ohne Ärgernis läuft so ein Aufbau dann am Ende aber doch selten bis nie. Während die Bühne am Mittwochmittag schon längst stand, musste die Videotechnik noch ihre Leinwände einziehen. Kritisch war dabei die 12,44m × 7m große Hauptleinwand, die sorgfältig an den scharfen Kanten der Unterkonstruktion vorbeigeführt werden musste, um nicht einzureißen – während die beiden Portraitwände daneben aus den Rängen herausgezogen wurden.
Bespielt wurde die Hauptfläche über eine Panasonic DZ21K Tandem-Rückprojektion während die Seiten ebenfalls in Rückprojektion von jeweils einem Epson EB-L1755U abgedeckt wurden. Die Bilder dafür kamen über je einen Catalyst Medienserver, angesteuert vom FOH per Hog 4. Für das notwendige Live-Bild sorgten zwei feste Kameramänner sowie drei von den Auszubildenden Jan Wagner und Jan Hendrik Pötter gesteuerten Domecams. So erlebten immerhin zwei der sieben Auszubildenden sogar den Genuss der Verantwortung einer Live-Show auf ihrem ersten großen Projekt.