Vor einem Vierteljahrhundert fand in München ein Umzug im X-Large-Format statt: Der Flughafen der bayerischen Landeshauptstadt bezog in der Nacht auf den 17. Mai 1992 seinen neuen Standort im Erdinger Moos. Innerhalb von 16 Stunden ging alles über die Bühne – eine logistische Meisterleistung. Doch auch die Feierlichkeiten zum 25. Jubiläum des neuen Flughafens haben dem Organisationsteam einiges an Planung, Konzeption, Geduld und Nerven abgerungen.
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Natürlich lässt sich der Umzug eines ganzen Flughafens nicht mit dem Ausrichten eines großen Festes vergleichen. Doch auch wenn man nicht innerhalb von lächerlichen 16 Stunden startenden und landenden Jets eine neue Anschrift geben muss, ist ein Flughafenfest immer noch eine recht abgehobene Herausforderung. Immerhin gilt: Sicherheit geht vor! Ohne Abstriche und Kompromisse. Dazu kommen jede Menge behördliche Auflagen. Deshalb ist eine Party am Flughafen – zumindest für die Organisatoren – zunächst einmal eine mehr als ernste Angelegenheit. Es bedarf sorgfältigster Planung, ein, von mehreren Instanzen abgesegnetes Konzept, jede Menge Abstimmungs-Meetings und vor allem: Geduld, Nerven und wasserdichtes Know-how. Zu guter Letzt wäre es noch hilfreich, wenn Wettergott Petrus mitspielen würde.
Für Planung und Durchführung der vom 17.–21. Mai 2017 dauernden 25- Jahre-Feierlichkeiten des runden Jubiläums griff die flughafeneigene Veranstaltungsabteilung auf bewährte und erfahrene Partner zurück. Für die Erstellung des Sicherheitskonzepts sowie für die Planung der technischen und infrastrukturellen Anlagen bekam das Planungsbüro Piper Weis Morell Partner den Zuschlag. Schon früh ging es in die Planungsphase: „Mit den ersten Überlegungen, wie wir das Ganze aufziehen wollen, begannen das Team des Flughafens und wir schon im Juni 2016“, sagt Sebastian Weis, Mit-Geschäftsführer des in Meitingen in Bayrisch-Schwaben ansässigen Planungsbüros.
Im September 2016 wurde es dann konkret; Weihnachten 2016 stand schließlich der Geländeplan. Die fünftägige Sause sollte, nachdem man vorher das Frachtgelände in Erwägung zog, auf dem Gelände zwischen S-Bahn-Station und Besucherpark stattfinden. Als besonders Highlight wurde das Veranstaltungsgelände am Wochenende um einen Teil des Flughafenvorfelds erweitert, so dass die Besucher nicht nur in sonst streng abgeschirmte Bereiche konnten, sondern auch ganz nah an eine spannende Auswahl von Flugzeugen und Vorfeldgeräten.
Ziel des Flughafen München war es, eine entspannte und abwechslungsreiche Veranstaltungsfläche für ein Mitarbeiterfest, zwei Konzertabende und zwei Familientage zu schaffen – mit einer Kapazität für jeweils zwischen 10.000 und 25.000 Besucher. Mit 9.000 Quadratmetern im Besucherpark und 30.000 Quadratmetern auf dem Vorfeld erwies sich das ausgewählte Areal als idealer Standort für insgesamt fünf Zelte, Food-Trucks, Buden, Fahrgeschäfte. „Und das waren nicht nur irgendwelche kleinen Party-Zelte“, sagt Markus Brandl von der Event-Abteilung des Münchner Flughafens und verantwortlich für sämtliche Aufbauten auf dem Gelände, „das waren richtig große Festival-Zelte.“
Das größte Zelt der temporären Party-Zeltstadt am Münchner Flughafen bot eine Kapazität von 4.000 Besuchern; das zweitgrößte immer noch Platz für 2.500 Partywillige. „Die Airport-Days vor zwei Jahren hat man, im Vertrauen auf gutes Wetter, Open-Air geplant“, sagt Rolf Klingenschmidt, Leiter Public Affairs des Münchner Flughafens, „doch das ging damals richtig schief, es kam – wie so oft, wenn man es so gar nicht braucht – ein richtig übles Unwetter auf und wir mussten die Veranstaltung mittendrin abbrechen.“ Auch wenn die damalige Evakuierung reibungslos ablief, habe man es zum Vierteljahrhundert-Jubiläum besser machen wollen und für Überdachung gesorgt. „Man kann bei den Zelten aber die Seitenwände öffnen, deshalb kam trotz Dachplane so etwas wie Open-Air-Feeling auf“, so Klingenschmidt.
Tatsächlich hatte der unberechenbare Petrus für die fünf Maitage ein Einsehen und schickte zum Auftakt des fünftägigen Events zunächst Sonne und angenehme Temperaturen ins Erdinger Moos. Im letzten Moment. Denn noch wenige Tage vorher regnete es wie aus Eimern – und so glich die Wiese, auf der Zelte und Buden standen, noch kurz vor dem ersten Feierlichkeiten-Tag am 17. Mai eher einer kleinen, sumpfigen Seelandschaft: lauter kleine Tümpel, das Wasser stand teilweise knöcheltief. Was tun? „Wir mussten ja einen für die Gäste komfortabel begehbaren Untergrund haben. Das war schon mal die erste richtige Herausforderung – die wir mit 550 m3 Hackschnitzeln gelöst haben“, sagt Weis und stampft mit dem Fuß etwas kräftiger auf den mit zahllosen kleinen Holzstücken übersäten Boden.
„Schau, wie das hier nachgibt, da ist richtig viel Wasser drunter.“ Da die Veranstaltung buchstäblich auf der grünen Wiese stattfand, musste man zunächst für die komplette Infrastruktur sorgen: Strom, Wasser, Abwasser und Fahrwege. Drei Wochen vor der Auftakt-Gala begann man mit den Arbeiten, jetzt, am sonnigen 17. Mai sorgen fünf Generatoren – einer als Backup – für drei Megawatt Strom.
Hohe Auflagen und Sicherheit
Für jede öffentliche Aufführung gelten bekanntermaßen bestimmte Auflagen. Für ein Event am Flughafen sind die Kriterien nicht nur umfangreicher; sie sind auch strenger. Sebastian Weis: „Wir befinden uns ja auf dem Vorfeld in einem Sicherheitsbereich. Ein Sicherheitsbereich, der für diese speziellen Tage aber zu einem öffentlichen Bereich wird – ohne dass dabei Abstriche an die hohen Schutzziele des Flughafenbetriebs gemacht werden dürfen. Das bedeutet dann ein Vielfaches an Sicherheitspersonal, Absperrungen und Kontrollen im Vergleich zu normalen Open-Air-Veranstaltungen.“ In diesem speziellen Fall reden deutlich mehr Behörden und auch das bayrische Innenministerium mit.
Knapp 70 Seiten umfasste das Sicherheitskonzept, ergänzt um detaillierte Einsatzplanungen der Unternehmenssicherheit, der Flughafenfeuerwehr und der flughafeneigenen Polizeiinspektion. Dazu kommen die üblichen Vorgaben, beispielsweise wenn es um sanitäre Einrichtungen und Hygiene geht. Das zuständige Bauamt habe genauso sein kritisches Auge auf die Location geworfen, wie der TÜV, der sämtliche Bauten abnicken musste. Alles ohne Beanstandung.
„Die waren fast ein bisschen beeindruckt, wie sauber wir hier arbeiten“, sagt Weis hinter seiner Sonnenbrille schmunzelnd. Mit einer Auflage musste sich das Team um Sebastian Weis allerdings nicht groß abgeben: mit dem Lärmschutz. Da sich in näherer Umgebung keine Anwohner befinden, war das Thema Lärmbelästigung nicht relevant. Und in Anbetracht von landenden und startenden Flugzeugen schon gar nicht. Trotzdem: Die Lärmemission hielt sich in bescheidenen Grenzen. „Es ist schon sehr erstaunlich, wie viel Geräusche die Zelte schlucken. Wenn man 100 Meter vom großen Zelt entfernt ist, hört man schon fast nichts mehr“, sagt Brandl.
Um das Jubiläumsfest zu realisieren, setzte der Flughafen München nicht nur auf erfahrene Rahmenvertragspartner, sondern ermittelte in diversen Ausschreibungsverfahren die passenden Dienstleister für das prestigeträchtige Projekt. Der Preis sei sicher ein Kriterium bei der Vergabe gewesen, das ja. Aber es war nicht das ultimative Argument. „Da gibt es eine Anforderungs-Matrix, ein Leistungsverzeichnis, da zählen Qualität und Erfahrung – aber natürlich auch Wirtschaftlichkeit“, betont Markus Brandl. Besonders komplex machte die Ausschreibungsverfahren der Umstand, dass viele Schnittstellen zu den unternehmens eigenen Fachabteilungen zu finden und zu koordinieren waren.
„Das ist wie in einer kleinen Stadt hier am Flughafen. Für jede denkbare Aufgabe gibt es eine Abteilung. Die Herausforderung ist es dann, diese in die doch sehr speziellen Strukturen und Abläufe einer Veranstaltung zu integrieren“, berichtet Sebastian Weis. Erst nach umfangreichen internen Abstimmungsrunden konnte die Erstellung der verschiedenen Ausschreibungen gestartet werden: Von Zelt- und Messebau über Zaunbau und Absperrungen bis hin zu Elektrik, Aggregate, Toiletten und Bodenschutz umfasste der Ausschreibungskatalog „sieben bis acht detaillierte Leistungsverzeichnisse“, so Weis.
Man kann sich gut vorstellen, dass in den Büros des Meitinger Unternehmens die Taschenrechner bei der Kalkulation heiß liefen. Neben eigenen Erfahrungswerten habe man sich bei Themen, mit denen man bisher noch nicht zu tun hatte, bei befreundeten Kollegen schlau gemacht. „Wir waren da schon sehr exakt“, sagt Weis. Doch so genau man das im Vorfeld auch gemacht hat – mit Zusatzleistungen muss man zwar rechnen, kann sie aber letztlich nicht einkalkulieren. Doch das ist nun mal Teil dieses Geschäfts.
Bild: Laura Finzi
Bild: Laura Finzi
Interview mit Jochen Graf WBLT Veranstaltungstechnik
Was waren die grundsätzlichen Anforderungen an die Produktion?
Als Veranstaltungstechnikdienstleister war es unsere Aufgabe, alle Zelte zunächst mit sicherheitsrelevanten Bauten wie Notfallbeschallungssystemen – sogenannten Evakuierungsanlagen – und Notbeleuchtung auszustatten sowie die Zelte mittels infrastruktureller Bauten wie Schwerlasttraversenbögen für Strom, Wasser, Abwasser und Signalleitungen miteinander zu verbinden. Außerdem galt es die vielen unterschiedlichen Veranstaltungsformate an den fünf Eventtagen in den unterschiedlichen Zeltkonstruktionen entsprechend ihrer Anwendung technisch auszustatten. Alle Zelte mussten so bestückt werden, dass alle Veranstaltungen ohne größere Umbauten bespielbar waren.
Wie haben Sie sich darauf vorbereitet?
Für sämtliche Beschallungszonen wurden mit Hilfe des Simulationstools Array Calc von d&b Lautsprechersimulationen erstellt. Außerdem erstellten wir über 50 einzelne CAD Planlayouts mit Vectorworks Spotlight, diverse Signal-Flowcharts und letztendlich zur Visualisierung der Gesamtveranstaltung diverse Renderings mit Cinema 4D, um dem Kunden eine möglichst detaillierte Visualisierung aller Gewerke zu ermöglichen.
Für welche Licht- und Tonsysteme haben Sie sich entschieden – und warum für diese?
Verbaut wurden knapp 200 Lautsprecher der Marke d&b (J, V, Y, M, E) und zehn Mischpulte der Firma Yamaha (CL5, CL3, QL1). Wir setzen viel Vertrauen in die Produkte beider Hersteller und wollen als fester Rahmenvertragspartner des Flughafen München stets durch hochwertige, zuverlässige und gepflegte Ressourcen glänzen. Für die Notbeleuchtung setzten wir auf dem gesamten Gelände rund 120 Akku-LED Scheinwerfer der Marke Astera in fünf Wireless Solution Funk DMX-Kreisen ein. Die Notbeleuchtungsfunktion der Astera-Scheinwerfer erwies sich hier als sehr praktisch. Auf den Showbühnen wurden insgesamt rund 150 Moving Lights und 100 LED-Scheinwerfer der Firma Martin eingesetzt: Primär Scheinwerfer der Viper-, Quantum- sowie Aura-Serie, die uns stets einen guten Dienst erweisen.
Stichworte: Netzwerk und Remote-Amps – was kam zum Einsatz?
Spannend ist hier vor allem die Verquickung der elf Beschallungszonen, die über ein QSys User Interface in der Einsatzzentrale vom Sicherheitsstab zu informativen Zwecken und zu potenziellen Notfalldurchsagen verwendbar war. Zu diesem Zwecke bauten wir auf dem gesamten Gelände ein Datennetzwerk auf. Um eine reibungslose Kommunikation zwischen den einzelnen Bereichen zu gewährleisten, setzten wir auf Intercom-Systeme von Riedel und Funkgeräte von Motorola. Außerdem wurden die Mess – daten von zwei Windmessern in Echtzeit auf sämtliche Smartphones der Eventleitung übertragen.
Wie groß war Ihr gesamtes Team vor und während der Produktion?
Unser Team bestand aus einer Gesamtprojektleitung mit Projektassistenz, fünf Bauleitern für die Bereiche Beschallung, Beleuchtung, Multimedia, Rigging sowie Dispo und Transporte sowie aus rund 50 Technikern der unterschiedlichsten Bereiche – von klassischen Fachkräften für Veranstaltungstechnik bis zu Special FX Profis.
Was war die besondere Schwierigkeit der Produktion?
Das sehr schlechte Wetter während der Aufbautage erschwerte unsere Aufbauarbeiten enorm. So musste die gesamte Bühnenfläche in der Entertainment Area kurzfristig massiv aufbereitet werden, da sich nach den Zeltaufbauten eine ein Meter dicke Schlammschicht gebildet hatte. Aufbauten in sicherheitsempfindlichen Bereichen des Airports wurden zudem nur durch sicherheitsüberprüftes Personal durchgeführt – so zum Beispiel die Notfall-PA auf der Vorfeld-Ausstellungsfläche.
Welches Feedback bekamen Sie?
Als Rahmenvertragspartner unterstützen wir den Flughafen München bereits seit 2008 in diversen Abteilungen. Die Erwartungshaltung an eine gelungene Veranstaltung ist hier sicherlich stets sehr hoch. Wir arbeiten sehr partnerschaftlich und professionell mit der Planungsabteilung zusammen und versuchen stets Problemlöser für schwierige Situationen zu sein. Ich hoffe, wir konnten uns auch dieses Mal wieder beweisen – zumindest stecken wir schon wieder in den Planungen kommender Events.