Spektakuläre Lichtinstallationen

Christopher Bauder: Lichtkunst und Marketing

Christopher Bauder hat sich insbesondere mit spektakulären Lichtinstallationen einen Namen gemacht. Mit seinem Design-Studio Whitevoid und dem daran angeschlossenen Entwickler und Hersteller Kinetic Lights verbindet der Berliner erfolgreich Lichtkunst und Marketing

Dark Matter
Dark Matter: In der Dauerausstellung laden sieben Räume mit Lichtinstallationen ein (Bild: Ralph Larmann)

In einer von visuellen und akustischen Reizen überfluteten Welt erscheint es zunehmend anspruchsvoller, sich und seinem Produkt die gewünschte Aufmerksamkeit zu sichern. Wie präsentiert man Produkte, Ideen oder Dienstleistungen gleichermaßen erfassbar und unterhaltsam? Wie schafft man ein Erlebnis, welches den Betrachter oder potenziellen Kunden nachhaltig beeinflusst?

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Licht und Kinetik für komplexe Lichtskulpturen

Der Berliner Lichtkünstler Christopher Bauder transferiert Konzepte und Technik seiner Werke in die Event- und Werbewelt. Seit 2004 entwickelt er mit seinem Kunstatelier Whitevoid räumliche Lichtinstallationen, Inszenierungen und Produkte für unterschiedlichste Event-Formate. Bauders Werke finden sich in Museen, Ausstellungen, auf Messen und Festivals sowie bei Konzert-Events. Sein mit zahlreichen Preisen ausgezeichnetes Werk umfasst neben Kunstinstallationen und Performances auch groß angelegte Konzepte, darunter die äußerst erfolgreiche Londoner ABBA Voyage Show. Whitevoid liefert aber auch Business-Events und Messestände (u. a. für Mercedes-Benz und Vodafone) sowie ortsfeste Objekte und Installationen, wie etwa die „Orbital“-Skulptur in der Wolfsburger Volkswagen-Zentrale.

Christopher Bauder
Christopher Bauder (Bild: Olivier Rimbon Foeller)

All diese sehr unterschiedlich ausgerichteten Projekte vereinen Bauders Fokus, Ideen und Vorgänge aus der virtuellen Welt in das Reale zu transferieren. Dazu nutzt er auf einzigartige Weise eine Choreografie aus bewegten Lichtquellen. Die notwendige Technologie wird im eigenen Hause entwickelt und in Berlin selbst produziert.

Bauders Kundenkreis ist weit gesteckt: Seine Auftraggeber finden sich ebenso in der Industrie wie auch im (staatlichen) Kulturbetrieb. Auf die Frage, wie man als Künstler und Dienstleister die Aufmerksamkeit solch unterschiedlicher Partner auf sich zieht, erinnert sich Bauder an seine Studienzeit und zitiert einen damaligen UdK-Professor: „Was nicht dokumentiert ist, existiert nicht“. Bauder hat sich dieses Statement zu eigen gemacht und dokumentiert seine Arbeiten unter anderem mithilfe mehrerer, sehr ansprechend und aussagekräftig gestalteten Webseiten. Die so geschaffene Medienpräsenz hat sich mit der Zeit verselbstständigt und derart vergrößert, dass eine aktive Bewerbung seiner Tätigkeiten und Dienstleistungen kaum mehr notwendig ist – die zahlreichen Visuals, Kunstwerke und Produkte sprechen für sich und werden weltweit wahrgenommen. Man kommt mittlerweile zu Bauder und informiert sich aus erster Hand über sein Angebot. Darüber hinaus bedient sich Bauder gerne seiner persönlichen Kontakte – nicht selten über Messebesuche zustande gekommen und gepflegt. An Ausschreibungen und Pitches beteiligt sich Bauder nicht – das dahinterstehende Konzept entspreche nicht seinen Vorstellungen. Gleichwohl existieren bisweilen Kooperationen wie etwa mit dem Fraunhofer-Netzwerk „Wissenschaft, Kunst und Design“, welches das aktuelle Projekt „Vektor“ fördert.

Vektor
“Vektor” in Berlin (Bild: Ralph Larmann)

Im Gespräch bemerkt Bauder, dass sich die technischen Elemente im Event- und Show-Sektor in den vergangenen Jahren nur unwesentlich verändert hätten. So stünden noch immer Moving Lights und Laser uneingeschränkt hoch im Kurs. Hinzugekommen seien Hologram-Elemente und natürlich LED-Screens in immer größeren Formaten. Verändert habe sich in erster Linie die Art der Verwendung und insbesondere die Anzahl der einzelnen Elemente: Während früher wenige Bausteine genügen mussten, denke man heute immer in ganzen Arrays. Man verwende Dutzende oder gar Hunderte von Lasern und Moving Lights, um komplexe Lichtskulpturen zu erzeugen. Zudem bewegten sich nicht mehr nur einzelne Lichtquellen, sondern ganze Traversen.

Möglicherweise interessantester Aspekt sei jedoch die zunehmende Nutzung des Luftraumes der Venues: Während Shows früher mehr oder weniger großflächig auf den Bühnenraum beschränkt blieben und zudem meist nur in Richtung des Publikums gewirkt haben, hätte man nun auch den Luftraum über den Zuschauern als Spielfläche für dreidimensionale Skulpturen entdeckt. In dieser Richtung sieht Bauder für die Zukunft reichlich weiteres Potential.

Vektor
“Vektor” (Bild: Ralph Larmann)

Die große Anzahl und die komplexe Bewegung der einzelnen Elemente stelle nun wachsende Anforderungen an deren Synchronisierung im Raum. Hier sei Control-Software gefragt, die dreidimensional „denke“. Die Software solle den Nutzer in die Lage versetzen, beliebige Produkte – Moving-Lights, Laser oder Kinetik – anzuordnen und vorab im 3D-Raum virtuell zu animieren. Bei der Integration und zentralen Steuerung sämtlicher Show-Elemente sieht Bauder noch viel Potential. Die Zeiten von getrennt arbeitenden Licht-, Laser- und Video-Controllern sowie anderen, untergeordneten Gewerken seinen endgültig vorbei. Die Shows seien mittlerweile viel zu komplex, um auf diese Weise gedacht werden zu können, so Bauder.

Wow-Faktor und langfristiger Mehrwert

Die eingangs gestellte Frage nach der optimalen Product Experience wandert in den Mittelpunkt des Gesprächs: Wie holt man Leute ab? Wie inszeniert man (s)ein Produkt optimal? Der Begriff „Eventisierung“ fällt: Oberstes Ziel sei es, den Besucher zu fesseln. Es ginge heute weniger darum, konkrete Dinge zu besitzen, als vielmehr Dinge zu erleben und diese Erfahrungen zu sammeln. Um als Erinnerungswert wahrgenommen zu werden, benötige ein Event einen deutlichen „Wow-Faktor“, d. h. es müsse eine neue Art von Erlebnis bieten können. Dabei sei es heute zu wenig, nur das Produkt in Szene zu setzen oder eine Live-Show mit „schönen bunten Patterns“ zu zeigen. Vielmehr müsse die Inszenierung einen Mehrwert enthalten, der beim Besucher Assoziationen und damit Emotionen erzeuge. Erst dann bleibe das Erlebte langfristig haften.

Vektor
“Vektor” (Bild: Ralph Larmann)

Die dazu eingesetzten Mittel, so Bauder, seien für ein „reines“ Kunstwerk grundsätzlich ähnlich beschaffen, wie bei einem kommerziell ausgerichteten Event, etwa einem Messestand: Ein „Leuchtturm-Effekt“ schaffe zunächst Aufmerksamkeit aus großer Distanz und leite die Besucher an den Ort des Geschehens. Dort inszeniert man mittels Licht und Bewegung ein passendes Ambiente, welches schließlich auf das zu bewerbende Produkt fokussiert. Als Beispiel nennt Bauder seine Präsentation einer Mercedes-Benz-Neuheit: Eine Inszenierung aus Licht und Kinetik setzte das beworbene Fahrzeug schrittweise in den Fokus des Besuchers. Dabei sei eine gewisse Dramaturgie wichtig gewesen. Für den Messestand des Badmöbel-Herstellers Roca wurde via Licht und Kinetik eine angenehme „Wasser-Athmo“ geschaffen, die das Ambiente des Standes wesentlich prägte.

Biete das Projekt die notwenigen Voraussetzungen, ließe sich sogar eine „Story“ mit Wendungen und Höhepunkten inszenieren. Abhängig von der Art des Events sei auch die Frage, ob die Dramaturgie Anfang und Ende besitzen solle, oder als „Loop“ angelegt sein müsse. Grundsätzlich seinen Licht und Kinetik zunächst nur Darstellungsmedien, welche mit unterschiedlichstem Content erfüllt werden könnten. Dieser sei dabei immer auf die geforderte Anwendung zugeschnitten – als Kunstwerk müsse er für sich allein funktionieren, als Werbung das Produkt tragen. Dabei bediene man sich der Farb- und Formsprache des beworbenen Produkts. Weiterführende Inhalte ließen sich etwa durch LED-Panels vermitteln. Die CI wird somit von Bauder aufgegriffen und in eine kinetische Skulptur übersetzt.

Instagramability

Das bisher Gesagte gilt im Wesentlichen für real erlebbare Events – sei es eine Live-Show oder eben der Besuch eines Messestandes. Bekanntermaßen wichtigster (und bei weitem kostengünstigster) Werbeträger ist die Content-Verbreitung über das Internet. Somit stellt sich die Frage, ob und auf welche Weise großformatig präsentierter Content, wie ihn Bauder liefert, auf Instagram, Tiktok und Youtube funktioniert? Hier unterscheidet Bauder erneut zwischen seinen persönlichen Kunstwerken und Auftragsarbeiten. Im Gegensatz zu vielen anderen Lichtkünstlern lege er bei Ersteren keinen Wert auf „Instagamability“. Seine Arbeiten seien bewusst als „großes Kino“ konzipiert, und sollen außerhalb von Handy- oder Rechner-Displays wirken. Die Reduktion auf ein solches Format verbiete sich somit fast von selbst. Zudem erhofft sich der Künstler ein Zurück zu längeren Aufmerksamkeitsspannen gegenüber Medieninhalten und glaubt, einen Trend in dieser Richtung zu erkennen. Gleichwohl ist sich Bauder der Breitenwirkung eines TikTok- oder Youtube-Videos bewusst und akzeptiert sie dankbar, ohne sie jedoch aktiv zu unterstützen.

Customer-Journey

Bei der Arbeit als Event-Dienstleister verhalten sich die Dinge anders: Zur Präsentation von Brands hält Bauder den Instagrammable-Moment als kostenlose Werbung mit hohem Verbreitungsfaktor für absolut wichtig. Deshalb konzeptioniert er seine Arbeiten in diesen Bereichen entsprechend. Anstelle von langen Spannungsbögen und ggf. mehrfachen Stimmungswechseln setzt Bauder auf eine reduzierte Dramaturgie mit straffer Abfolge von „Highlights“ – gefasst in einem Zeitrahmen, der durchschnittlichen Tiktok-Videos oder der üblichen Verweildauer auf einem Messestand gerecht wird. Jedoch kommt auch hier das oben Gesagte zum Tragen: Bauder bedient sich seiner dramaturgischen Möglichkeiten, um mithilfe von Licht und Kinetik eine Erlebniswelt zu schaffen, die zu einer möglichst langen Verweildauer führt. Schließlich gelte es, so Bauder, Besucher möglichst lange am Ort des Geschehens – etwa einem Messestand – festzuhalten.

»Für Agenturen und Veranstalter lohnt es sich, ein offenes Auge und Ohr für die Medienkunst zu haben«

Als Vergleich führt er Casinos in Las Vegas an: Einmal betreten, ließe die dortige Erlebnisdichte den Besucher nicht mehr los. Bauder selbst nutzt dazu gerne Möglichkeiten, bei denen der Besucher interaktiv Informationen aufnehmen oder erlernen kann. Dadurch würde eine besonders intensive Auseinandersetzung mit dem Gezeigten möglich – auch in vergleichsweise kurzen Zeitspannen. Ebenso böten sich Aktivierungszonen und/oder die Aufteilung der bespielten Fläche in mehrere Bereiche mit unterschiedlichen Highlights an. Solche Dinge ließen sich, laut Bauder, am besten verwirklichen, wenn nicht nur eine kinetische Lichtskulptur beigesteuert würde, sondern das gesamte Ambiente von Whitevoid / Kinetic Lights realisiert werden könne. Insbesondere dann böten sich spannende Möglichkeiten, eine optimal choreografierte „Customer-Journey“ zu schaffen, die einen hohen Erlebniswert und eine entsprechend lange Verweildauer ermögliche.

Als Beispiel nennt er den Vodafone-Stand auf der Cebit 2017: Für einen bestimmten Bereich dieses Messestandes fertigte man die Augmented-Reality Applikation einer großen Stadt, um die abstrakten Themen „Netz(werk)“ und „Smart City“ erlebbar zu machen. Mittels Gebrauch von 3D-Brillen und durchdacht eingesetzten Schau- und Lernwerten konnte so ein sehr intensives Erlebnis mit spürbarem „Wow-Faktor“ geschaffen werden.

Auch groß angelegte Event-Formate benötigen laut Bauder solche Momente und werden bekanntermaßen mithilfe von großflächigen Screens dahingehend konzipiert. Der Ursprung vieler aktueller Trends läge nicht selten in der Medienkunst. Dort erarbeitete Ideen und Konzepte fänden schnell ihren Weg in den Event-Bereich. Für Agenturen und Veranstalter lohne es sich deshalb, ein offenes Auge und Ohr für die Medienkunst zu haben. Dort könne vielleicht gerade der nächste Event-Trend in die Startlöcher gehen.

»KI macht Talent nicht überflüssig – erleichtert aber die Entstehungsprozesse«

Geschichten erzählen

Bauder sieht seine Kunstwerke von Beginn an als Vorreiter in dieser Richtung. Das ist nachvollziehbar, denn wesentliches Element seiner Projekte ist die synchrone Bewegung von vielen, dreidimensional im Raum angeordneten Lichtquellen. Bauder hat diesem, eigentlich sehr simplen Prinzip mittels Choreografie zu einer neuen Dimension verholfen. Seine Lichtskulpturen erzählen Geschichten und erzeugen so Assoziationen und Emotionen. Einen Unterscheid zwischen den verschiedenen Elementen wie Licht, Laser, Screens oder Kinetik hat Bauder nie gemacht – im Gegenteil, deren synchrones und nahtloses Zusammenwirken ist von Beginn an wesentliches Konzept seiner Kunstwerke und Shows.

Kinetic Lights entwickelt dazu nahezu sämtliche Hard- und Software-Produkte, die Bauder und sein Team für ihre Kunstwerke und Event-Dienstleistungen benötigen, selbst. Dazu zählen Beleuchtungskörper und Seilwinden in unterschiedlichen Größen und Ausführungen sowie eine Steuer-Software, die schon heute die oben genannten Anforderungen erfüllt. Bauder besucht regelmäßig Messen und Workshop-Veranstaltungen, um technisch auf dem neuesten Stand zu bleiben. Nicht selten modifizieren Hersteller ihre Produkte für Bauders Anforderungen. Zudem verweist er auf sein eigenes Engineering-Team. So könnten, neben den Entwicklungen, auch im eigenen Hause Modifikationen an eingekauften Produkten vorgenommen werden. Als Beispiel erwähnt Bauder die bei Vektor verwendeten Kompakt-Laser von Kvant, die so umgebaut wurden, dass sie sich an den Flaschen der Kinetic-Lights-Seilwinden installieren lassen. Nicht selten würden, so Bauder, Produkte abseits ihrer üblichen Bestimmung verwendet.

Generell misst Bauder neuen technischen Entwicklungen zunächst einmal erstaunlich wenig Bedeutung zu: Er sieht nicht in jeder neuen Technologie oder gar jedem neuem Produkt das Zeug zum Gamechanger. Die alte Weisheit, es komme auf die kreative Nutzung an, bestätige sich hier, so Bauder. Das „Geheimnis“ seines Erfolges bestehe zumindest zum Teil darin, ein paar Dinge zuerst oder anders als andere getan zu haben. Daraus entwickelten sich Trends, wie eben der, die Decke mit symmetrisch angeordneten und synchronisierten Moving Lights vollzuhängen – erstmalig praktiziert von einem russischen Künstlerkollektiv, an dessen Namen sich heute kaum noch jemand erinnere. Generell hätten aktuelle Trends der Veranstaltungstechnik ihren Ursprung nicht selten in der Medienkunst, so Bauder.

Vektor(Bild: Ralph Larmann)

Virtuelle Welt plus Realität – ein Trend?

Zu den neueren Trends im Event-Bereich zählt die Nutzung von Virtual-Reality-Technologie. Wie ordnet Christopher Bauder seine sehr realen und Hardware-affinen Projekte in diese Entwicklung ein? Laut Bauder entstünden hier keine gegensätzlichen Trends, vielmehr verschmelzen die Dinge zunehmend miteinander – Stichwort Mixed Reality. Als Beispiel führt er die „Sphere“ in Las Vegas an: Im Prinzip handele es sich dabei um das, was man früher als „Cave“ bezeichnet hätte und heute Metaverse nennen könnte – also eine virtuelle Umgebung, die den Besucher vollständig einschließt und mit dessen visueller Wahrnehmung spielt. Deren technische Grundlagen differierten natürlich von den eigenen Projekten, die Erlebniswirkungen seien jedoch nicht unähnlich.

Als entscheidenden Faktor sieht Bauder das natürliche Verlangen nach Gemeinschaftserlebnissen. Die Covid-Krise und der sich anschließende Event-Boom hätten gezeigt, dass das uneingeschränkte Teilen von realen Erlebnissen mit anderen Menschen noch immer an erster Stelle stehe. Während es VR-Technologien dazu bislang noch an Mobilität und wirklich überzeugender Immersion mangele, böten Bauders Events genau dieses Gemeinschaftserlebnis. Der Berliner sieht in der zunehmenden Überschneidung von realer und virtueller Welt einen weiter ausbaufähigen Trend für die nahe Zukunft der Event-Branche. So zeigten etwa die riesigen, oftmals für Techno-Veranstaltungen genutzten Screens rechnergenerierten Content, der zusammen mit den realen Show-Elementen funktioniere und einen immersiven Effekt erzeuge, der in einer großen Gemeinschaft erlebbar sei. Noch einen Schritt weiter gedacht, seien Metaverse-Environment-Entwicklungen wie etwa Sensorium Galaxie (Stichwort: virtueller Clubbesuch mit Carl Cox-Avatar am DJ-Pult). Bauder sieht seinen eigenen Weg jedoch in umgekehrter Richtung und transferiert stattdessen mit der virtuellen Welt assoziierte Elemente in die Realität, um so neue und gemeinsam erlebbare Erfahrungswerte zu generieren. Das Zusammenwachsen und Überschneiden dieser Entwicklungen würden, so Bauder, recht schnell verlaufen und eine Vielzahl von bestimmenden Trends für die Event-Branche liefern, wenn nicht sogar diese völlig verändern.

Vektor(Bild: Ralph Larmann)

KI als Ideengeber

Eine weitere, derzeit schon deutlich greifbarere Entwicklung als die gerade angesprochene Virtual-, Augmented- oder Mixed-Reality ist die Nutzung von KI in der Event-Branche. Grundsätzlich wertet Christopher Bauder Möglichkeiten, die sich aus der Nutzung von KI ergebenden, vorsichtig optimistisch. Verfüge man über eigenständige Ideen, vermisse jedoch ausreichende Fähigkeiten zur deren perfekter Ausarbeitung, könne KI ein sehr hilfreiches Tool darstellen. Man müsse dann nur, so Bauder weiter, zwischen „gutem“ und „weniger gutem“ Output unterscheiden und könne so relativ schnell und einfach Dinge erschaffen, ohne dafür zuerst besondere handwerkliche oder technische Fähigkeiten erlernen zu müssen. Die Eingabe einer zündenden Idee und die spätere Selektion des Outputs würden zumindest ein Stück weit ausreichen, um Interessantes zu schaffen. Die Nutzung von KI mache somit Talent keineswegs überflüssig, erleichtere aber – wie jedes nützliche Tool – die Entstehungsprozesse.


Kinetische Lichtkunst – Christopher Bauder

Christopher Bauder gilt als einer der ersten Künstler, die sich intensiv mit „kinetischer Lichtkunst“ beschäftigt haben. In Bauders Fall handelt es sich dabei um Lichtquellen unterschiedlichster Natur (punkt- oder stabförmige Leuchtkörper, Laser oder auch LED-Screens), die meist in großer Anzahl in einem Raum installiert werden und dort mittels Software-gesteuerten Seilwinden ihre Position verändern können. Auf diese Weise entstehen bewegte Bilder, Objekte oder ganze Choreografien aus Licht, die auch mit Sound und/oder Musik zu einem multimedialen Kunstwerk erweitert werden. Bauders „Spielplätze“ sind vielfältig: In der Vergangenheit inszenierte er in Clubs, Museen und Fabrikhallen, nutzte aber auch schon die Berliner Großstadtkulisse für seine Projekte. Als Dienstleister liefert Bauder visuellen Content für unterschiedlichste Event-Formate – vom Messestand über Firmenpräsentationen bis hin zu Konzerten in unterschiedlichster Größe und Komplexität.

Aktuelles Highlight war Anfang 2024 die großformatige kinetische Lichtinstallation Vektor: 50 bewegte Laser erzeugen hier, zusammen mit einem Soundtrack, eine konzertartige Dramaturgie aus Licht und Klang. Ort des Geschehens war das Innere eines ehemaligen Kraftwerksgebäude in Berlin Mitte mit über 2000 m2 Aktionsfläche. Darüber hinaus betreibt Christopher Bauder in Berlin die Dauerausstellung Dark Matter – hier laden sieben Räume mit einer entsprechenden Anzahl Lichtinstallationen unterschiedlichster Art zum Verweilen ein.


Von Dry-Hire bis Full-Service

Wie treten Kunden üblicherweise an Christopher Bauder und sein Team heran? Bauder unterscheidet hierbei die drei häufigsten Optionen: Nicht selten äußerten Kunden oder Agenturen schon Ideen, die ausgearbeitet werden sollen. Manchmal bestünde auch schon ein Teilkonzept, welches etwa um Visuals, Musik oder Design ergänzt werden solle. Man entwickele dann gemeinsam das passende Event-Konzept. Steht das künstlerische Konzept schon vollständig, kann Kinetik Lights als Technikdienstleister agieren, die notwendige Technik verliehen und Support liefern. Je knapper die Vorgaben gefasst sind, desto spannender findet Bauder die Herausforderungen. Nicht selten haben Bauder und sein Team nahezu freie Hand bei der Konzeption einer Skulptur oder eines Event-Konzepts.

Als Beispiel für eine solche Option nennt Bauder die Arbeiten für den Messestand des Badmöbel-Herstellers Roca. Hier wurde das Thema „Wasser“ mit Licht und Kinetik visualisiert. Ähnliches galt für den Vodafone-Messestand auf der Cebit 2017, für den die abstrakten Begriffe „Netz(werk)“ und „Smart City“ visuell erfassbar gemacht werden sollten und dazu skulptural umgesetzt wurden. Die auftraggeberseitigen Vorgaben bezogen sich in beiden Fällen eher auf die Handhabung von produktspezifischen Details, während die Ausarbeitung des künstlerischen Gesamtkonzepts vollständig Bauder und seinem Team oblag. Dank Bauders großem Bekanntheitsgrad werden aktuell meist solcherart Full-Service-Jobs angefragt. Bauder stellt dann entweder ein schon vorhandenes Kunstwerk zur Verfügung und passt es den geforderten Bedingungen an, oder entwickelt etwas mehr oder weniger Neues.

Auf der anderen Seite steht der Verleih und Verkauf von Hardware, der zum Tagesgeschäft von Kinetik Lights gehört. Bauders Kolleg:innen liefern dann entweder eine Dry-Hire-Dienstleistung oder unterstützen je nach Bedarf bei Planung und Installation von Hard- und Software-Komponenten. In vielen Fällen liefert Kinetic Lights die Installation mitsamt Erstprogrammierung. Der Kunde wird dabei gleichzeitig in das System eingewiesen und übernimmt dessen Nutzung. Die lokalen Operatoren sind dann in der Lage, mit der vorhandenen Technik eigene Shows zu programmieren. Erfordert das Event eine Customisation oder spezielle Tools – wie etwa Bauders aktuelle Show Vektor – fällt der Support entsprechend umfangreicher aus. Da ein Kinetik-Lights-System vollständig modular aufgebaut ist, sind Änderungen und Skalierungen von Vorhandenem meist kein Problem.

Die Realisierung von Projekten benötige, laut Bauder, in der Regel zwischen zwei Wochen für kurzfristige Rentals und zwei Jahren für Full-Service-Großprojekte wie etwa die ABBA-Show. Der Durchschnitt läge bei etwa drei Monaten. Verglichen mit anderen Technikkonzepten und Gewerken wie Moving Lights oder Laser sei der von Kinetic Lights erbrachte technische Aufwand recht groß, denn es handele sich um eine Vielzahl technischer Elemente (Leuchtkörper und Motoren/Winden), die gleichzeitig genutzt würden. Dieser Faktor müsse bei der Budgetierung eines Projekts berücksichtigt werden. Im Vergleich sieht Bauder seine Produkte und Dienstleistungen aber als durchaus konkurrenzfähig. Zudem handele es sich bei den verwendeten Elementen durchweg um Qualitätsprodukte oder gar Sonderanfertigungen Made in Germany, was wiederum der Langlebigkeit zu Gute käme und sich in vergleichsweise geringen Betriebskosten niederschlage.

Wird über die eigenen Produkte hinaus noch weitere technische Ausstattung benötigt, mietet Kinetic Lights bzw. Whitevoid das Entsprechende an. So kommt in der aktuellen Groß-Installation Vektor im Berliner Kraftwerksgebäude neben Hazern von MDG ein 30-kanaliges L-ISA Beschallungssystem von L-Acoustics zum Einsatz, welches ein immersives Klangerlebnis liefert.

Kinetic-Lights-Produkte

Die im eigenen Hause entwickelte Software KL Control 3.0 steuert Bewegung und Beleuchtung einer beliebigen Anzahl von Kinetic-Lights-Seilwinden und Beleuchtungskörpern. Durch die dreidimensionale Vorberechnung der Bewegungen im Raum lassen sich auch komplexe Projekte problemlos planen. Modulare Erweiterungen sorgen für die Synchronisation mit Sound bzw. Musik sowie anderen Showtechnik-Elementen, darunter auch Video-Footage und Images. Art-Net Kompatibilität ermöglicht die Steuerung via Lichtmischpult oder Medien-Server. Darüber hinaus sorgt die intelligente Software für maximale Betriebssicherheit.

Kinetc Lights bietet derzeit drei unterschiedliche Seilwinden-Ausführungen bzw. Größen an. Sie lassen sich millimetergenau positionieren und erreichen eine Geschwindigkeit von bis zu 0,5 Metern pro Sekunde. Vervollständigt wird das Angebot mit einer statischen Aufhängung. Laut Christopher Bauder existierten zunächst keine geeigneten Seilwinden, um eine dreidimensionale Pixelwolke – eines von Bauders frühen Kunstprojekten – erzeugen zu können. Also wurden sie selbst gebaut. Eine Berührung mit dem Event-Markt bestand anfangs noch gar nicht. Der begann sich erst später für Bauders Entwicklungen zu interessieren. In der Folge entstand schließlich die Firma Kinetic Lights.

Kinetic Lights hat zudem eine Vielzahl unterschiedlicher Beleuchtungskörper im Programm. Es finden sich Kugeln, Stäbe, Dreiecke, Ringe und Pyramiden sowie Video- und OLED-Panels in mehreren Größen, Formen und Ausführungen. Sie sind allesamt kompatibel mit dem Kinetic-Lights-Windensystem. Auch Sonderanfertigungen sind möglich.

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