Diskussion mit Politik und Wirtschaft

ISDV: Unternehmerrisiko Scheinselbstständigkeit

Neben der Aufgabe, die eigenen Verbandsmitglieder aufzuklären, will die Interessengemeinschaft der selbständigen DienstleisterInnen in der Veranstaltungswirtschaft e.V. auch mit anderen Verbänden, Vertretern der Wirtschaft und Politik das Gespräch zum Thema Scheinselbstständigkeit suchen. Dazu nahm die ISDV mit anderen hochkarätigen Vertretern an einer Podiumsdiskussion zum Thema Unternehmerrisiko Scheinselbständigkeit teil.

Unternehmerrisiko Scheinselbstständigkeit

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In Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsrat der CDU konnte die Interessengemeinschaft der selbständigen DienstleisterInnen in der Veranstaltungswirtschaft e.V. Anfang März 2016 eine gut besetzte Podiumsdiskussion in Stuttgart mit dem Thema „Unternehmerrisiko Scheinselbständigkeit“ ermöglichen. Vertreten waren Kai Whittaker (MdB/CDU), Dr. Martin Diller (Anwalt für Arbeitsrecht), die Geschäftsführer Dirk Vialkowitsch (Vacos GmbH) und Stefan Paul (Pareto Interim), Christa Weidner (selbständige IT-Beraterin und Buchautorin), Henning Rümenapp (Musiker der Band Guano Apes) und Andreas Schwarz (Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg). Marcus Pohl (Vorsitzender der ISDV) vertrat den Interessenverband der selbständigen DienstleisterInnen. Die Moderation übernahm Steffen Beck, Sprecher der Sektion und Mitglied im Bundesvorstand Wirtschaftsrat der CDU e.V. Das Publikum bestand aus Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern von Baden-Württembergischen Unternehmen, Banken, Behörden, ISDV- und VGSD-Mitgliedern sowie Politikern. Die Unterschiedlichkeit der Diskussionsteilnehmer ermöglichte es, einen guten Überblick aus den verschiedensten Perspektiven auf die Problematik Scheinselbständigkeit zu bekommen. Von allen wurde bemängelt, dass Selbständigkeit in keinem Gesetzbuch klar definiert wird und somit bei einem Statusfeststellungsverfahren keine eindeutigen Kriterien zu Hilfe genommen werden können. Ein zusätzliches Problem ist die Betrachtungsweise. Wurden früher die Freiberufler in ihrer Gesamtheit betrachtet, erfolge heute nur noch die Betrachtung des einzelnen Auftrages, so Christa Weidner. Würde der Selbständige mit allen Aufträgen als Einheit geprüft werden, wäre die Entscheidung des Prüfers vielleicht Selbständigkeit, bei der Einzelbetrachtung der Fälle jedoch Scheinselbständigkeit. Der Geprüfte könnte also gleichzeitig als selbständig und scheinselbständig eingestuft werden. Dr. Diller machte die Dringlichkeit einer besseren gesetzlichen Absicherung deutlich. Während für den Arbeitnehmer eine Art sozialversicherungs- und arbeitsrechtlicher Schutzturm, wie er es nannte, im Gesetzbuch existiere, sei der Selbständige völlig schutzlos. Er hat keine Kriterien, an denen er sich orientieren kann. Anhaltspunkte, wie sie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales einführen wollte, sind jedoch auch nicht zielführend, wenn sie nicht an die Unterschiedlichkeit der Branchen angepasst werden. Zwar wurden diese Kriterien auf Betreiben der CDU/CSU wieder aus dem Referentenentwurf gestrichen, aber klare Regelungen müssen getroffen werden, um mehr Rechtssicherheit zu schaffen. Diese Rechtssicherheit käme nicht nur den Selbständigen zugute. Auch Auftraggeber würden besser geschützt werden. Immer mehr Kunden verzichten auf die Vergabe von Aufträgen an Selbständige, weil sie eine Prüfung fürchten. Auch Stefan Paul berichtete, dass seine Firma Aufträge nicht erhalten habe, weil zu viel Unklarheit und Unsicherheit über den derzeitigen Status der Freien herrsche. Und Dirk Vialkowitsch äußerte, dass sich die Arbeitsbedingungen für Selbständige stark geändert hätten: „Die Schnittstellen wurden gekappt. Man durfte nicht mehr reden miteinander, man durfte nicht mehr telefonieren miteinander, man durfte nicht mehr zu Teamevents mit.“

Unternehmerrisiko Scheinselbstständigkeit
Marcus Pohl (Vorsitzender der ISDV) vertrat den Interessenverband der selbständigen DienstleisterInnen (Bild: ISDV)

So wird versucht, eine Eingliederung in den Arbeitsalltag der Firma zu umgehen. Dies hat jedoch auch die Isolierung der Auftragnehmer und die Störung der Teamarbeit zur Folge. Ein eindeutiger, auf die Branche zugeschnittener Kriterienkatalog könnte die zu prüfende Person davor schützen, dass bei der Einzelfallbetrachtung weniger Willkür prävaliert. Eine Orientierung an früheren Urteilen hilft dem Selbständigen dabei nicht. Zu viele Unterschiede werden dabei übergangen. Gut durchdachte Regelungen würden auch den Auftraggeber vor dem Missbrauch einer Klage durch den Auftragnehmer schützen. Es komme immer wieder vor, dass Selbständige das eine Mal gegen eine Einstellung in den Betrieb klagen und ein anderes Mal darauf pochen, eingestellt zu werden, weil die Auftragslage nicht mehr so gut sei wie zu Beginn, so Herr Schwarz von der DRV. Sinnvoller wäre hier aber eine soziale Zwangsabsicherung und unterstützende gesetzliche Rahmenbedingungen, die die Selbständigkeit stabilisieren. Marcus Pohl verwies in diesem Zusammenhang auf Modelle, die in anderen Ländern angewandt werden. Ähnlich der Umsatzsteuererhebung könnte ein Aufschlag auf den Nettobetrag eingeführt werden, mit dem die Sozialversicherungsabgaben gedeckt wären.

Der Bundestagsabgeordnete Whittaker machte noch einmal deutlich, weshalb die Selbständigen in diese existenzbedrohende Lage geraden sind. Die Interessenvertretungen der Selbständigen seien sehr zersplittert und nicht gut genug in Berlin vertreten. Dabei handelt es sich nicht um eine kleine Anzahl Betroffener. Von 43 Millionen Erwerbstätigen, so Whittaker, sind nur 38 Millionen auch angestellt. Etwa 5 Millionen Menschen verfolgen demnach andere Interessen und bedürfen auch eines alternativen Reglements. Verhandlungs- und Beratungsgespräche zum Thema Scheinselbständigkeit mit Gewerkschaftsvertretern zu führen ist nicht zielführend. Die Interessen sind andere. Viel wichtiger ist es, einen stärkeren Auftritt und Zusammenarbeit der Interessenverbände voranzutreiben. In einigen Branchen mag das Modell Selbständigkeit den Freiberuflern schaden oder nicht mehr zweckgemäß sein, aber in der Veranstaltungswirtschaft, der IT-Branche und anderen Erwerbszweigen verschwinden durch die „Klassifizierung Scheinselbständigkeit“ wichtige Experten und Fachkräfte, ohne die Aufträge nicht verwirklicht werden könnten. Die Versäumnisse der letzten 50 Jahre müssen aufgearbeitet werden. Die ISDV möchte in Zusammenarbeit mit anderen Verbänden und mit Hilfe der Politik an der Entwicklung sinnvoller Sicherungssysteme mitwirken und die Interessen der Selbständigen dabei wahren. Der Wirtschaftsrat der CDU hat signalisiert, weiter mit der ISDV daran zu arbeiten.

Kommentar zu diesem Artikel

  1. TL;DR

    Absätze wurden nicht grundlos erfunden.

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