Die Leverkusener BayArena ist das erste Bundesligastadion, das mit Beschallungslösungen von Coda Audio ausgestattet wurde. Wir haben das Stadion besucht und mit Vertretern von Arena und Vertrieb über das Update gesprochen.
(Bild: Jörg Küster)
Neue Klangerlebnisse in der BayArena: Seit Beginn der Bundesliga-Saison 2021/22 sorgen Lautsprecher und Endstufen aus dem Portfolio von Coda Audio in der Heimspielstätte des Fußball-Erstligisten Bayer 04 Leverkusen für eine zeitgemäße Beschallung der Stadionbesucher:innen sowie der Akteure auf dem Spielfeld.
Die BayArena versteht sich als moderne Sportstätte mit Modellcharakter, in der sich Spitzenfußball hautnah erleben lässt: Bei einer Gesamtkapazität von 30.210 Plätzen (davon 4.500 Stehplätze) beträgt die Distanz des am weitesten vom Mittelpunkt entfernten Sitzplatzes lediglich 94 Meter – kaum ein anderes Bundesligastadion ermöglicht eine derartige Nähe zum Geschehen auf dem Rasen.
Die Zuschauerränge werden von einem selbsttragenden Ringseildach (Durchmesser 215 Meter, Fläche 28.000 m²) überspannt, welches weit über die Tribünen auskragt (Dachtiefe bis zu 70 Meter) und Besucher:innen auf diese Weise Schutz vor den Unbilden des Wetters bietet. Die Dachhaut aus Makrolon wurde von Bayer entwickelt. Acht Schrägstützenpaare tragen die gesamte Dachkonstruktion und sorgen für einen „schwebenden“ Eindruck.
Die deutschlandweite Ausschreibung zur neuen Beschallungstechnik konnte Wilhelm & Willhalm für sich entscheiden. Die inhabergeführte GmbH ist seit dem 1. Januar 2021 Vertriebspartner von Coda Audio und Ansprechpartner für das komplette Portfolio des in Hannover ansässigen Herstellers. Federführend mit dem Leverkusener BayArena-Projekt waren auf Seite von Wilhelm & Willhalm Christoph zur Loye (Head of Sales) sowie Thomas Dürrbeck (Sales Manager Brands & Integration) befasst.
Auf Kundenseite wurde das Vorhaben von der TecArena Plus GmbH verantwortet, die eine hundertprozentige Tochterfirma der Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH ist: TecArena ist der technische Dienstleister des Fußballvereins und für das Gebäudemanagement, das Bauund Projektmanagement sowie das Greenkeeping zuständig. Um die mit der neuen Beschallungsanlage zusammenhängenden Vorgänge kümmerten sich vorrangig Felix Duden (Geschäftsführer TecArena-Plus GmbH), Wolfgang Seßmann (Leiter strategisches Gebäudemanagement), Christian Wild (Medientechnik) und Philip Poerschke (Medientechnik).
„Vertreter mehrerer Anbieter waren im Stadion, um sich ein Bild von den Gegebenheiten zu verschaffen“, erinnert sich Medientechniker Christian Wild. „Die Firmen erhielten von uns ein bereits vorhandenes EASE-Modell der BayArena, um sicherzustellen, dass die angestrebten STI-Werte erreicht werden – das klar kommunizierte Ziel lautete, mit der neuen Anlage auf mindestens 90 Prozent der zu beschallenden Flächen einen STI-Wert von 0,56 zu erreichen.“
In enger Zusammenarbeit mit dem Tech-Support von Coda Audio erstellte Wilhelm & Willhalm auf Basis der EASE-Daten ein Beschallungskonzept und kümmerte sich später als Integrator auch um die Installation. Letztere wurde durch den Umstand erschwert, dass während der Sommerpause 2021 im Stadion umfangreiche Baumaßnahmen (u. a. neuer Hybridrasen samt Heizung und Drainage, Gräben am Spielfeldrand für Verteilerrohre) stattfanden und daher nur in einem sehr begrenzten Umfang Zeitfenster verfügbar waren, in denen die Befestigungspunkte per Steiger zugänglich waren.
Die durch Wilhelm & Willhalm vertretene Coda Audio GmbH ist ein international tätiger Proaudio-Lautsprecherhersteller mit Sitz in Hannover. Treiber und Gehäusekomponenten werden bei Coda Audio laut Aussage von Geschäftsführer Svetlomir „Svetly“ Alexandrov mit hoher Fertigungstiefe in einer eigenen Produktionsstätte in Bulgarien hergestellt, was Kosten wie Transportwege reduziert und kurze Entwicklungszeiten begünstigt. Auch das Qualitätsmanagement wird nicht dem Zufall überlassen: Das Unternehmen ist gemäß DIN EN ISO 9001:2000 zertifiziert.
Mit der Installation in der BayArena wurde erstmalig ein deutsches Bundesligastadion mit Produkten von Coda Audio ausgestattet. Zur Abdeckung der Ränge sowie des Spielfelds werden 82 weiß lackierte APS-Lautsprechermodelle in passend zur jeweiligen Position zusammengestellten Konstellationen eingesetzt. „Im Vergleich zur vormals installierten Anlage eines anderen Herstellers fallen die Arrays von Coda Audio optisch deutlich weniger auf“, stellt Christian Wild zufrieden fest. „Statt acht Einheiten kommen an den meisten Positionen nun nur noch fünf Lautsprecher zum Einsatz, und auch das Gewicht der einzelnen Arrays ist wesentlich geringer als früher.“ Medientechniker Philip Poerschke ergänzt: „Anfangs waren wir ehrlich gesagt ein wenig skeptisch, als wir die vergleichsweise geringe Stückzahl von Lautsprechern sahen, die Wilhelm & Willhalm in der BayArena installieren wollte. Wir wurden jedoch rasch eines Besseren belehrt, und insbesondere die Doppelmembrantechnik der Coda Audio Lautsprecher hat uns restlos überzeugt.“
In der BayArena besteht die Hauptaufgabe der Beschallungsanlage in der Übertragung von Sprache (Shure Wireless-Systeme an Yamaha QL1-Mischpult für die Stadionsprecher), wobei die neue Anlage nicht zuletzt aufgrund der doppelten 10“-Bestückung der Lautsprechermodule auch gut für die Wiedergabe von Musik geeignet ist, wie Christian Wild und Philip Poerschke übereinstimmend bestätigen. Für Gefahrensituationen ist in der BayArena eine eigenständig betriebene Sprachalarmierungsanlage vorhanden; eine Verbindung zwischen SAA und Prosound-Anlage wurde über eine Schnittstelle in den Coda Audio Linus-Systemverstärkern gemäß DIN 60849 eingerichtet.
APS ist bei dem Lautsprecherhersteller das Akronym für „Arrayable Point Source“: Es handelt sich um einen Hybrid- Lautsprecher, der sowohl als einzelne Punktschallquelle wie auch im Horizontal- oder Vertikal-Array Verwendung finden kann. Das 27 kg wiegende Dreiwege-System wurde als „One for All“-Lösung für mittelgroße Anwendungen konzipiert – „Best of both Worlds“ sozusagen, denn bei APS wird die Skalierbarkeit eines Line-Arrays mit der Flexibilität eines Point-Source-Systems kombiniert.
Coda Audio legt Interessent:innen eine Nutzung von APS- Systemen als Hauptbeschallung (einzeln oder im Array) ebenso nahe wie Einsätze als Near- oder Sidefills. Als Allrounder für kurze bis mittlere Distanzen soll das 8-Ohm- Modell APS sowohl bei DJs und Bands wie auch in Clubs, Theatern und Gotteshäusern reüssieren – eine Stadioninstallation wie in Leverkusen dürfte somit das obere Ende der Fahnenstange für die APS-Modelle markieren.
Im kompakten, mit Polyurea (PU) beschichteten Birkenmultiplex-Lautsprechergehäuse, das mit einem integrierten Zweipunkt-Riggingsystem versehen ist, verrichten zwei verzerrungsarme 10“-Woofer (symmetrische Anordnung, Bassreflex-Prinzip) sowie ein patentierter 9”-DDC-Treiber („Dual- Diaphragm-Curved-Wave-Driver“) ihren Dienst. Dank wechselbarer Coupler können unterschiedliche Nennabstrahlwinkel realisiert werden, und zwar symmetrisch (20° × 60°/90°/120°) oder asymmetrisch mit einer Gesamtöffnung von 75° (30° + 45°), 90° (30° + 60°) oder 105° (45° + 60°). Beim Einsatz der Arrayable-Point-Source-Lautsprecher in Array-Konfigurationen wird die vertikale Abdeckung mit jeder hinzugefügten Unit um 20° erweitert.
Der Hersteller verspricht für seine APS-Produkte einen „linearen Phasengang für überragende Wiedergabetreue“ und beziffert den Frequenzgang mit 50 Hertz bis 22 kHz (-6 dB). Hochwertige Komponenten sollen Betriebssicherheit und Langlebigkeit garantieren.
Die für die Ränge zuständigen APS-Lautsprecher verteilen sich in der BayArena auf 16 Positionen, von denen 14 mit jeweils fünf APS bestückt sind. Aufgrund baulicher Gegebenheiten kommen zur Beschallung der Südtribüne lediglich 2 × 2 APS zum Einsatz. Neu in Leverkusen ist eine Spielfeldbeschallung, die sich aus 4 × 2 aus dem Dach in Richtung des Rasens weisenden APS zusammensetzt, mit denen der Platz vollflächig abgedeckt wird. Passend zur jeweiligen Rang-Topologie werden APS-Varianten mit 60°/90°/120° horizontaler Abstrahlung in unterschiedlichen Konstellationen eingesetzt, so dass unterschiedliche Beschallungszonen maßgeschneidert versorgt werden: Medienvertreter etwa können an vorgegebenen Interview- und Reportagepositionen relativ ungestört arbeiten, während die Fans mit Musik und Moderationen unterhalten werden. Bei den im Stadion verbauten APS-Lautsprechern handelt es sich um MG-Versionen („Marine Grade“), die auch für den Einsatz auf Kreuzfahrtschiffen geeignet sind – zu den Details gehören versiegelte feste Anschlussleitungen, korrosionsbeständige Edelstahlgitter, versiegelte Frequenzweichen, Schrauben aus rostfreiem Edelstahl sowie spezielle Gazen, die akustisch transparent und dennoch wasserundurchlässig sein sollen. In der BayArena kommen eigens angefertigte Metalleinhausungen hinzu, welche die Cluster rückseitig sowie an ihren hinteren Flanken umschließen und auch die auf den Cradles positionierten Anschlusskästen schützen. Die besondere „Verpackung“ ist erforderlich, da Pyrotechnik und Taubenkot in Fußballstadien erhebliche Probleme aufwerfen können. Die glatten Oberflächen der Einhausungen sorgen dafür, dass Nestbaumaterialien keinen Halt finden und Tauben auf den Arrays somit keine Nistplätze einrichten können.
Als zu den APS-Lautsprechern passende Systemendstufen werden in Leverkusener BayArena zwölf Coda Audio Linus 14D eingesetzt. Die vierkanaligen Leistungsverstärker (19“, 2 HE) leisten jeweils 4 × 3.500 Watt an 4 Ohm. Insgesamt vier Audioeingänge können bei den Amps von Coda Audio wahlweise analog, mit AES3, LiNET oder Dante adressiert werden und lassen sich flexibel auf jeden der vier Ausgänge routen.
Im Stadion verteilen sich die USV-gepufferten Verstärker auf vier im Oberrang beheimatete Zentralen. Überkreuzverkabelungen („Zahnlücken“) zwischen den vier Zentralen sowie zwischen den jeweils drei Endstufen einer Zentrale sorgen dafür, dass beim theoretisch möglichen Ausfall eines Amps die Versorgung der Beschallungszonen weiterhin gewährleistet ist. Große Kabelquerschnitte wirken Verlusten auf Leitungen mit Längen von 80 bis 120 Meter entgegen. Christian Wild weist darauf hin, dass die im Dauerbetrieb laufenden Endstufen wesentlich weniger Energie benötigen als die früher im Stadion eingesetzten Modelle: Die zwölf vierkanaligen Linus 14D haben in der BayArena eine Phalanx von 72 Endstufen abgelöst.
Bei dem möglicherweise nicht allgemein bekannten LiNET handelt es sich um das Signaltransport-Ökosystem von Coda Audio, das die redundante Signalübertragung von acht digitalen Audiokanälen über ein einzelnes CAT5e-Kabel ermöglicht. AES3-Signale mit Abtastraten bis 192 kHz lassen sich über LiNET an jeden Linus-Verstärker senden, werden dort gepuffert (Taktrückgewinnung/Regeneration mit minimaler Latenz) und via „LiNET Link Out“ an das nächste in der Kette folgende Gerät weitergereicht. Laut Hersteller sind Kabelstrecken von 300 Meter mit geschirmtem CAT5e- Kabel möglich; bei geschirmter CAT6A-Verkabelung sollen noch längere Distanzen realisierbar sein. Steuerdaten könnten per Hardware-Merger ATEC eingebettet werden.
In der BayArena sind zwei Glasfaserringe verlegt, mit deren Hilfe Dante-Signale redundant distribuiert werden. An den zugehörigen Switches befinden sich Interfaces, die eingehende Dante-Signale auf AES (Primary Network) sowie auf die analoge Ebene (Secondary Network) umsetzen und an die Endstufen weitergeben. Eine Fallback-Funktion sorgt dafür, dass die Verstärker automatisch artefaktfrei auf die analogen Eingänge umschalten, sofern die digitale Versorgung unterbrochen werden sollte. Ergänzend ist eine Dante-Verbindung zu den Amps eingerichtet, die derzeit jedoch nicht aktiv genutzt wird.
Das Signal-Routing kann beim Modell Linus 14D komfortabel per Remote-Control-Software („Linus Control“, verfügbar für macOS und Windows) oder wahlweise auch direkt am Gerät über auf der Frontplatte platzierte Taster, ein Jog- Dial und ein monochromes Display eingestellt werden. Mit an Bord ist ein SHARC DSP („Linus CORE“), welcher für Funktionen wie IIR- und FIR-Filterung sowie Peak- und RMS-Limiting (mit Look-Ahead-Funktion) zuständig ist. Perfekt an die Lautsprecher von Coda Audio angepasste Presets erleichtern die Systemeinrichtung und werden auch in der BayArena genutzt – es kommt kein externes Processing zum Einsatz.
In der Regie ist „Linus Control“ auf einem der zahlreichen Bildschirme zu sehen und zeigt eine auf Anhieb verständliche, klar strukturierte Oberfläche ohne unnötigen Schnickschnack. „Für uns ist ein wichtiger Aspekt, dass sich die Beschallung für den Oberrang und die einzelnen Blöcke im Stadion getrennt regeln lässt, um bei geringerer Auslastung eine unnötige Anregung zu vermeiden“, umreißt Philip Poerschke ein besonderes Szenario.
„Bayer 04 Leverkusen setzt seit Jahren auf innovative und nachhaltige Lösungen im Bereich der Stadiontechnik“, sagt Felix Duden, Geschäftsführer der TecArena-Plus GmbH. „Unsere Zielsetzung bei der Erneuerung der Tonanlage lautete, mit einer hochwertigen, zugleich aber auch preislich attraktiven Lösung die elektroakustische Beschallungssituation im Stadion deutlich zu verbessern.“
Wolfgang Seßmann, Leiter strategisches Gebäudemanagement der TecArena Plus GmbH, ergänzt: „Die Simulationsergebnisse, alle Leistungsparameter sowie die Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit des Angebots sprachen eindeutig für Coda Audio. Wilhelm & Willhalm überzeugte dabei mit einem ebenso innovativen wie effizienten Systemdesign. Die geforderten akustischen Parameter wurden bei der Abnahme deutlich übertroffen, und nach den ersten Bundesligaspielen sind wir mehr als überzeugt von unserem neuen Beschallungssystem.“
Christian Wild berichtet, dass früher gelegentlich Klagen von Fans zu vernehmen waren, die nach einem Spiel berichteten, dass die Stadionsprecher an ihrem Platz nicht gut zu verstehen gewesen seien. „Derartige Beschwerden gibt es nun nicht mehr, und von Fans wurde uns zurückgespielt, dass man jetzt alles versteht und auch die Musik sehr gut klingt“, so Philip Poerschke. Der STI-Bestwert beläuft sich in der BayArena nach Poerschkes Worten heute an einzelnen Positionen auf 0,72, und der für Stadien geforderte Maximalpegel-Mittelwert im Zuschauerbereich (mindestens 105 dB A-bewertet ab einem Fassungsvermögen von 15.001 Personen) wird anstrengungslos erreicht.
Pandemiebedingt waren die Leverkusener Stadionplätze während der laufenden Saison recht unterschiedlich besetzt – die maximale Auslastung belief sich in einer kurzzeitig entspannten Corona-Phase auf 27.000 Personen. „In Bezug auf die Audiotechnik interessant ist in diesem Zusammenhang sicher, dass sogar bei Geisterspielen ohne Zuschauer die Sprachverständlichkeit trotz vieler schallharter und somit reflektierender Flächen sehr gut war“, so Philip Poerschke.
„Bayer 04 Leverkusen nimmt in der Bundesliga eine Vorreiterrolle ein und ist als Trendsetter in vielerlei Hinsicht innovativ“, konstatiert Christoph zur Loye. „Das ist ohne Frage mit ein Grund, warum man sich zur Beschallung der BayArena für Coda Audio entschieden hat. In einem sportlichen Pitch konnte das technologische Konzept überzeugen, und ich bin sicher, dass der Preis nicht das entscheidende Kriterium war – den Verantwortlichen ging es definitiv nicht um eine Budget-Lösung! Vielmehr konnten wir uns mit Coda Audio dank eines überzeugenden Gesamtkonzepts in einem sehr engagiert geführten Wettbewerb durchsetzen.“