Per Update zur hybriden Intercom

Clear-Com Arcadia im Test

Clear-Com hatte mit der Arcadia bereits 2021 ein neues Produkt auf den Markt gebracht. Jetzt kann es per Software-Update auch HelixNet- Komponenten verwalten, also drahtgebundene Beltpacks und Sprechstellen.

Clear-Com Arcadia(Bild: Clear-Com)

Vor dem Update war Arcadia von Clear-Com „nur“ eine drahtlose Basisstation. Mit der Erweiterung entsteht ein spannender Ansatz, die Welt zwischen drahtlosen und drahtgebundenen Intercom-Systemen in einem Gerät zu vereinen. Zielgruppen sind der Rental-Markt, anspruchsvolle Event-Anwendungen sowie kleinere Installationen. Jan Saueressig von Audio-Technica, dem deutschen Clear-Com-Vertrieb, hat uns eine Arcadia samt aller möglichen drahtlosen und drahtgebundenen Beltpacks für einen intensiven Test zur Verfügung gestellt.

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Übersicht:

Konnektivität

Drahtlose Beltpacks
Antennenverbindung über E1
Antennenverbindung per IP
Wichtiger Praxistipp

Drahtgebundene Beltpacks und Sprechstellen via HelixNet

2-Wire

4-Wire

Dante

GPIO

LAN

Hardware

Programmierung

Portmodell

Fazit


Konnektivität

Die Arcadia bietet Verbindungsmöglichkeiten für drahtlose Beltpacks, drahtgebundene Beltpacks und Sprechstellen via HelixNet, 2-Wire, 4-Wire, Dante, GPIO und LAN. Die Besonderheiten der Schnittstellen betrachten wir im Einzelnen.

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Drahtlose Beltpacks

Das Arcadia-System dient als Master-Station für die bestehenden FreeSpeak II Systeme und das neuere FreeSpeak Edge System. Antennen können entweder über E1 oder über IP verbunden werden.

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Antennenverbindung über E1

E1, das ClearCom-eigene Format, welches aber nicht kompatibel mit Netzwerkswitchen ist, ist eine Möglichkeit, Antennen einzubinden. Vorteile sind hier die unfassbare Reichweite (verwendet man an der Antenne eine eigene Stromzufuhr, kann das zugeführte CAT-Kabel bis zu 800 m lang sein), sowie das einfache Plug & Play-Verhalten. Es müssen keine IP-Adressen vergeben oder Switche konfiguriert werden, die Antenne ist nach wenigen Sekunden einsatzbereit. Die E1-Antennen verwalten allerdings nur bis zu fünf drahtlose Beltpacks.

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Antennenverbindung per IP

Alternative sind die IP-Antennen, die über eine bestehende Netzwerkinfrastruktur verwaltet werden können. Diese Antennen verwalten zehn Beltpacks und kommunizieren per AES67. Jede Antenne hat dabei zwei CAT-Ports, die wie ein Switch fungieren. Man kann also problemlos eine weitere Antenne im Daisy-Chain-Verfahren anschließen. Spannend ist auch, dass zwei SFP-Module verbaut sind. Die Antennen können also auch direkt per Glas angebunden werden – interessant bei langen Kabelstrecken. In einem bestehenden Setup mit einem AES67-tauglichen Netzwerk lässt sich so zum Beispiel eine Antenne am FoH betreiben, nach Bedarf zwei an der Bühne und ggf. noch an einer mobilen Trommel eine Antenne ins Catering absetzen. So hat man ein mittelgroßes Venue mühelos abgedeckt.

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IP-Antenne mit zwei CAT-Anschlüssen und zwei SFP-Slots (Bild: Clear-Com)

Die FreeSpeak-Beltpacks arbeiten dabei in drei möglichen Frequenzbereichen. Die bekannten FreeSpeak II Beltpacks arbeiten entweder im DECT-Bereich bei 1.9-GHz- oder im 2.4-GHz-Bereich. Das neue EDGE-System arbeitet im 5-GHz-Bereich. Generell ein guter Ansatz, aber im europäischen Bereich nicht ohne geschultes Personal und eine detaillierte Einrichtung zu nutzen. Oftmals sind die Frequenzen durch andere Systeme (z. B. 5-GHz-WLAN) belegt. In den USA ist man hier in der Kanalwahl und Sendeleistung etwas flexibler. Dort mag das System gut funktionieren, bei uns ist es eher mit Vorsicht zu genießen. Die 1.9- und 2.4-GHz-Varianten sind deutlich einfacher in Betrieb zu nehmen, da in diesen Frequenzbereichen ein automatisches Frequenzmanagement innerhalb der Geräte vom Standard gefordert wird und der Nutzer hiermit keine Berührung hat. Beim EDGE-System ist der Nutzer hier selbst gefordert.

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FreeSpeak EDGE Beltpack mit neun Kanälen (Bild: Clear-Com)

Spannend sind die neuen EDGE-Beltpacks dennoch. Diese bieten jetzt insgesamt acht Kanäle + Reply-Taste, die auch als Kanal 9 genutzt werden kann. Es steht also die doppelte Kanalzahl gegenüber den FreeSpeak II Beltpacks zur Verfügung. Das Gehäuse hat eine angenehme Form und ist gut verarbeitet. Die Tasten haben unterschiedliche Größen und sind zum Teil nach innen, zum Teil nach außen gewölbt. Wenn ich das Beltpack also am Gürtel trage, kann ich schnell ertasten, welchen Kanal ich drücke. Sehr praktisch. Des Weiteren ist im Beltpack jetzt auch ein Mikrofon und ein Lautsprecher verbaut. Das Beltpack kann also auch als mobile Tischsprechstelle verwendet werden. Sehr hilfreich, wenn man im Catering das Headset absetzen möchte, aber dennoch erreichbar bleiben will. Nicht neu, aber dennoch praktisch, ist die eingebaute Taschenlampe.

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Wichtiger Praxistipp:

IP-Antennen und E1 Antennen dürfen nicht gemischt werden, da sie unterschiedliche Audio-Codecs verwenden und deshalb kein Roaming zwischen den Antennen möglich ist (nahtloser Übergang eines Beltpacks zwischen zwei Antennen).

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Drahtgebundene Beltpacks und Sprechstellen via HelixNet

Das digitale Partyline-System HelixNet von Clear-Com lässt sich mit bis zu 64 drahtgebundenen Beltpacks, Tischstationen oder Rack-Sprechstellen verbinden. Die Anbindung erfolgt entweder sternförmig über einen Switch per Cat mit POE oder künftig auch wie gewohnt per XLR im Daisy-Chain- Verfahren. Derzeit bietet die Arcadia allerdings keinen direkten „Powerline“-Anschluss per XLR, wie man ihn vom Helix- Net-System gewohnt ist. Ein entsprechender Konverter ist laut Clear-Com kurzfristig in Planung. Es ist derzeit zwingend ein Switch mit POE nötig, um HelixNet-Komponenten zu betreiben.

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Systemüberblick: FreeSpeak EDGE, FreeSpeak II 1,9 Ghz und 2.4 GHz und ein Helix-Net-Beltpack. Im Hintergrund die verschiedenen Antennen (Bild: Clear-Com)

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2-Wire

Wie könnte es anders sein bei Clear-Com: Es gibt natürlich vier 2-Draht-Ports, an die ein gutes altes analoges Interkom-System angeschlossen werden kann. Meiner Meinung nach hätte man den „Blenden-Platz“ lieber für digitale HelixNet Ports auf XLR nutzen können. Aber das scheint eine Philosophie-Frage zu sein. Natürlich ermöglicht das die Einbindung von alten oder bestehenden Systemen. Die sind aber mittlerweile wirklich sehr alt. Darauf hätte man bei einem modernen Ansatz meines Erachtens verzichten können.

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4-Wire

Insgesamt acht 4-Draht-Ports auf RJ45 stehen bereit. Hier können mit entsprechender Adaptierung also acht analoge Audio-Ein- und Ausgänge genutzt werden. Zum Beispiel zum Einspeisen eines Programm-Signals, zur Anbindung einer Funkbasis oder für das integrierte Kamera-Interkom von eingesetzten Kamerazügen.

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Dante

Jetzt wird es wirklich spannend: Die Arcadia bietet 64 Audio-Kanäle per Dante. Ich kann also mein bestehendes Audionetzwerk direkt mit der Interkom-Station verbinden und habe so alle Möglichkeiten, Signale mit bestehenden Mischpulten, Audio-Matrizen usw. auszutauschen. Dadurch ergeben sich vielfältige Anwendungsmöglichkeiten.

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GPIO

Zwei GPIs und vier GPOs (Schaltkontakte) stehen zur Verfügung. Damit lassen sich zum Beispiel Funkbasen triggern, Signalleuchten ansteuern oder eingehende Schaltkontakte wie Fußtaster verwalten.

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LAN

Insgesamt stehen vier LAN-Ports zur Verfügung. Zweimal CAT, zweimal SFP. Diese spielen das Management-Netzwerk (über das auch die HelixNet-Komponenten angesprochen werden), Dante oder AES67 (für die IP-Antennen) aus. Wer die SFP-Ports an dieser Stelle nicht benötigt, kann einfach RJ45-SFP-Module einsetzen. So war das Test-System auch bestückt.

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Hardware

Neben den o. g. Verbindungsmöglichkeiten verfügt die Arcadia über vier lokale Kanäle, die am Front-Panel bedient werden können. Die Masterstation kann also als Sprechstelle für einen Teilnehmer oder den Interkom-Operator selbst genutzt werden. Es lassen sich über die Displays und das Menü auch einige Einstellungen vornehmen, richtig komfortabel wird dies aber erst per Web-Interface.

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Weboberfläche zur Programmierung der Arcadia (Bild: David Heuer)

Ein USB-Port dient zum Speichern und Laden der Konfiguration und es können frontseitig ein Mikrofon und ein Headset angeschlossen werden. Ein Lautsprecher ist natürlich auch verbaut. Die Stromversorgung erfolgt über einen Kaltgerätestecker und optional über eine zweite redundante PSU.

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Rückseite der Arcadia (Bild: Clear-Com)

Mir persönlich hätte ein 2-HE-Gehäuse besser gefallen. Dann wäre auf der Rückseite noch reichlich Platz gewesen für zusätzliche Anschlüsse, wie HelixNet per XLR, 4-Draht direkt auf XLR und nicht per RJ45 und ggf. GPI/Os auch direkt auf XLR. Das erspart mühseliges Adaptieren vor Ort. Auf der Front wäre dann auch mehr Platz für acht Kanäle im Zugriff gewesen und ich vermute, die eine HE mehr wäre kein Gegenargument für den Kauf.

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Programmierung

Die Programmierung des Systems erfolgt über eine webbasierte Anwendung, die per Browser aufgerufen werden kann. Es muss also keine Software installiert werden. Dadurch ist die Anwendung auch mit allen Betriebssystemen kompatibel und läuft mit allen gängigen Browsern problemlos. Mit der entsprechenden Infrastruktur kann das System auch per WLAN verwaltet werden. Insbesondere in der Einrichtung sehr praktisch, wenn man mit einem Laptop rumlaufen kann. Ein Tablet ginge auch, dafür sind die Schaltflächen aber eher zu kleinteilig. Alle Änderungen erfolgen umgehend und müssen nicht erst mit dem System synchronisiert werden.

Die Software ist intuitiv gestaltet und man findet sich schnell zurecht. Grafisch nicht besonders ansprechend, aber durchaus funktional. Neben der Inbetriebnahme des Systems erfolgt hier die gesamte Programmierung. Also das Anlegen von Channels, das Belegen von Tasten usw. Es findet sich auch ein Monitoring der angeschlossenen Komponenten, sowie die Verwaltung der GPI/Os, die komfortabel mit Logiken programmiert werden können Eine IFB-Funktionalität (Interrupted Foldback) fehlt leider bisher. Das wäre die Zuweisung eines Ports mit einem definierten Audiosignal, welches bei Ansprechen des Ports um einen einzustellenden Wert abgesenkt wird. Also in der Praxis: Ein Moderator hört das Programm-Signal der Sendung, sobald ihn die Regie anspricht, wird dieses Signal leiser abgespielt, damit der Reporter die Regie verstehen kann. Vielleicht gibt es dazu noch ein Update in der Zukunft.

Das wäre insbesondere im Dante-Kontext spannend gewesen. So könnte man zum Beispiel bei einer Show-Anwendung die Künstler „ansprechbar“ machen, indem die IEM- Mixe über die Intercom geroutet werden. Dank Dante wäre das ja verlustfrei und latenzarm möglich.

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Portmodell

Die Arcadia kommt in der Grundausstattung mit 16 – 128 Ports. Diese können in 16er-Schritten per Lizenz freigeschaltet werden, die Hardware ist also stets identisch. Für welche Anwendungen werden Ports benötigt?

  • Jeder HelixNet Kanal benötigt einen Port
  • Jedes drahtlose Beltpack benötigt einen Port
  • Jeder Dante-Kanal benötigt einen Port
  • Die lokal verbauten 2-Draht- und 4-Draht-Ports benötigen hingegen keinen Port

Die Port-Erweiterung ist im Vergleich zum Basispreis des Systems recht kostspielig. Diesen Weg gehen inzwischen viele Hersteller.

Übersicht über das Port-Lizenz-Modell (Bild: Clear-Com)

Mit einem 32-Port System könnte man zum Beispiel 16 drahtlose Beltpacks, 12 Partyline-Channels und vier Kanäle Dante I/O verwenden. Das ist schon ein leistungsfähiges System, zumal zusätzlich noch die acht 4-Draht-Ports, sowie die vier 2-Draht-Ports zur Verfügung stehen. In der Maximalausstattung mit 128 Ports kann man dann bis max. 40 drahtlose Beltpacks, 24 Partyline-Channels HelixNet und 64 Kanäle Dante-I/O mit der Arcadia verwalten. In der Praxis kann ich mir kaum ein Szenario mit über 80 Ports vorstellen.

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Fazit

Praktische Anwendungen für das System gibt es reichlich. Fantastisch zunächst, dass die mühselige Verbindung eines drahtgebundenen Interkom-Systems mit einer drahtlosen Basisstation über 4-Draht oder 2-Draht entfällt. Auch muss man nun nicht mehr zwei verschiedene Systeme verwalten, sondern kann dies zentral in einer Einheit tun.

Für kleinere Installationen bietet das System alle nötigen Features, um zum Beispiel ein mittleres Theater damit zu betreiben. Im Event-Kontext lässt sich wahrscheinlich der Großteil aller Anforderungen mit der Arcadia problemlos abdecken. Für den Broadcast-Markt ist das System in Gänze etwas zu klein, da werden weiter große Matrix-Systeme verbaut. Für einen kleineren Ü-Wagen könnte ich mir das aber durchaus vorstellen. So platzsparend kommt man jedenfalls sonst nicht an ein Interkom-System mit den gebotenen Features. Es soll künftig noch die Einbindung weiterer Clear-Com-Produkte folgen. So zum Beispiel größere Sprechstellen aus der Matrix-Welt oder die Anbindung der Agent-IC App (Intercom App für Smartphones oder Tablets). Wir können also auf Updates gespannt sein.

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