„Top L“ ist die nochmals verstärkte Variante der Serie Powercon True 1. Mit der Marke Contrik bietet die Neutrik Group darauf basierende IP65-Stromverteiler.
Outdoor ist nicht gleich Outdoor: Es ist ein Unterschied, ob man gelegentlich etwas Regen abbekommt, oder ob die Installation wochenlang unbeaufsichtigt jedem Wetter ausgesetzt ist. Wir haben alle schon viele Veranstaltungen gesehen, wo die Mülltüte über den Lautsprecher gezogen wird und der Strom von einer IP44-H05RR-Schukoverkabelung zugeführt wird, deren Unterverteilung in Form eines Dreifachstecker zusätzlich mit einer Plastiktüte vor Regen geschützt wird.
Möchte man über einen längeren Zeitraum zuverlässig Strom verteilen, sollte man andere Möglichkeiten, wie die CPVT-Serie von Contrik, in Betracht ziehen. Denn was ist bei einem Langzeit-Aufenthalt im Freien zu erwarten? Zuerst denkt man an Regen. Bei ihm will man nicht nur „Geschützt vor allseitigem Spritzwasser“ (IP X4) sein, sondern „Geschützt vor Strahlwasser (Düse) aus beliebigem Winkel“ (IP X5). Noch besser, wenn man an die Pfützenbildung auf dem Veranstaltungsgelände denkt, „Geschützt vor zeitweiligem Untertauchen“ (IP X7). Und was ist, wenn der Regen ausbleibt und die Trockenheit überhandnimmt wie in vielen Sommerwochen? Dann möchte man aus seiner Unterverteilung nicht den Staub herausblasen müssen, weil man nur IP 4X eingesetzt hat, was nur „Schutz vor kornförmigen festen Fremdkörpern (Durchmesser ≥ 1 mm)“ bietet. Nein, man möchte, dass im inneren der Verteilung „Vollständiger Schutz vor Staubeintritt (staubdicht)“ herrscht, und dann ist man bei IP 6X. Die Prüfkriterien findet man in der DIN EN 60529, die Übersichtstabelle auch auf unserer Wiki-Seite.
Dokumentierte Robustheit: IK10+ und Easylen
Damit man lange Freude an seinen Verteilerboxen hat, ist es auch wichtig, wie viele Schläge sie einstecken können. Gerade beim Auf- und Abbau geht der eine oder andere mit diesen handlichen Boxen recht rustikal um. Sie liegen ja wirklich gut in der Hand – und werden bestimmt hier und da „auf Position geworfen“. (Aber natürlich wirft niemand auf der Baustelle mit irgendeinem Gerät, es wird maximal unsanft abgelegt). Hierfür sind die Contrik-CPVT-Verteilerboxen gut gewappnet, denn sie bestehen aus einem sehr zähen und widerstandsfähigen Material, das der Hersteller „Easylen“ nennt. Ähnlich wie die IP-Klassifizierung für Wasser und Staub bzw. Berührungsschutz gibt es auch für Schlag- und Stoßbeanspruchung einen Nachweis nach EN 62262. Der IK-Stoßfestigkeitsgrad (das „K“ leitet sich von zerbrechlich auf Französisch – cassable – ab), wird mittels eines schwingenden oder frei fallenden Hammers durchgeführt. Definiert ist dies in der EN 60068-2-75. Bei den Contrik-CPVT-Verteilern halten die Gehäuse IK10+ bzw. IK11 aus, was einer Schlagenergie von 50 Joule (bzw. einem 10-kg-Hammer nach einem freien Fall aus 50 cm Höhe) entspricht.
Code
Schlagenergie
Fallhöhe der
Masse
IK00
Kein Schutz
–
IK01
0,14 Joule
7 cm
200 g
IK02
0,20 Joule
8 cm
250 g
IK03
0,35 Joule
14 cm
250 g
IK04
0,50 Joule
20 cm
250 g
IK05
0,70 Joule
28 cm
250 g
IK06
1,00 Joule
40 cm
250 g
IK07
2,00 Joule
40 cm
500 g
IK08
5,00 Joule
25 cm
2 kg
IK09
10,0 Joule
20 cm
5 kg
IK10
20,0 Joule
40 cm
5 kg
IK11
50,0 Joule
50 cm
10 kg
Die Schwerentflammbarkeit der Gehäuse wird mit der amerikanischen UL 94 V2 zertifiziert: Verlöschen einer vertikal eingespannten Probe innerhalb von 30 Sekunden, brennendes Abtropfen von Kunststoffschmelze zulässig. Der Temperaturbereich von -30°C bis +80°C deckt sowohl das Skispringen in Winterberg wie das sommerliches Schützenfest unterhalb der Hallendecke oder Outdoor in der prallen Sonne ab. Gerade bei kalten Temperaturen, wenn das Material spröde ist und ein Schlag leicht etwas abbrechen lässt, ist man mit dem Easylyn-Material, das für Temperaturen von -40°C bis +90°C ausgelegt ist, hier sehr gut aufgestellt. Mit der Sonne einher geht eine UV-Strahlung. Deren Zeitdauer hat ebenfalls Auswirkungen auf das Material. Das Gehäuse aus Easylen-Material ist daher UV-stabilisiert, was sich durch langjährige Erfahrungen bestätigt habe, so Oleg Eler, Product Manager Neutrik AG.
Zur UV-Belastung gibt es auch eine amerikanische Norm. Die UL 746C steht für „Standard for safety for polymeric materials – use in electrical equipment evaluations” (Standard zur Sicherheit von Polymer-Materialien – Gebrauch in elektrischem Zusammenhang). In dem Standard werden Tests wie die Schwerentflammbarkeit und Schlagfestigkeit, ähnlich dem vorher dargestellten Testverfahren, beschrieben. Wobei beim Schlagtest, um für die Verwendung im Freien geeignet zu gelten, zusätzlich die Probe zur Vorbereitung für drei Stunden in einem Kälteschrank auf -35 ± 2 °C abgekühlt wird. Weiter müssen die Proben ultraviolettem Licht (UV) unter Verwendung eines doppelgekapselten Kohlenstoff-Wettermessers für 720 Stunden oder eines Xenon-Lichtbogen-Wettermessers für 1.000 Stunden unbeschadet überstehen. Weiter wird ein Wassereintauchtest über 70 Tage lang bei 7°C durchgeführt. Der Zusatz F1 bestätigt, dass das Material sowohl die UV- als auch die Wassereintauchanforderungen erfüllt.
Die Steckverbinder in der Top-L-Ausführung haben diesen UV-Test nach UL 746C F1 hinter sich. Das WEEE-Zeichen – die durchgestrichene Mülltonne – zeigt an, dass man die Verteiler nach Ende ihrer Lebensdauer nicht in den Hausmüll entsorgen soll. Sie können nicht nur bei Contrik entsorgt bzw. recycelt werden, man führt dort auch die bei der Produktion anfallenden Reste und Abschnitte sortenrein in einen Wertstoffkreislauf zurück.
Die Robustheit, Dichtigkeits- und Widerstandsfähigkeit des Gehäuses ist aber nur die halbe Miete, wenn man von hier aus mit Schuko-Steckverbindern weiterarbeiten würde: Richtig rund wird das System, wenn man zum Unterverteiler auch die richtige Steckvorrichtung mit dem richtigen Kabel verwendet. Neutrik hat schon früh mit dem Powercon erfolgreich einen Steckverbinder in der Veranstaltungsbranche eingeführt, mit dem eine zuverlässige Verriegelung der Steckverbinder möglich war. Er findet sich in fast allen professionellen Geräten, die ständig auf und abgebaut werden, wieder. Die Kaltgerätesteckverbinder hat er bei dieser Klasse von Geräten verdrängt. Der Nachteil des Powercon war hauptsächlich, dass er nicht unter Last gezogen werden durfte.
Darauf folgte der Powercon True 1, der mit seinem Kupplungsteil auch eine Verlängerung ohne Kupplungsadapter erlaubt und dazu eine Netzsteckvorrichtung darstellt. Das heißt: Sie ist unter Last steckbar und auch noch outdoorfähig.
Nun wird dieser Steckverbinder im wahrsten Sinne getoppt, und zwar mit dem Powercon True 1 Top. Mit ihm erhält man einen Steckverbinder, der die Vorzüge des vorher genannten Modells weiterträgt, aber darüber hinaus speziell für Outdoor-Einsätze und extrem rauen Umgang ausgelegt ist. Er ist sozusagen das Herzstück des Contrik-CPVT-Energieverteilungssystem. Er ist mit 16 A belastbar und darf – wie vorher auch – unter Last und Spannung ein- und ausgesteckt werden. Das Material ist UV-beständig und äußerst robust.
Nach dem „Top“ kommt nochmals der „Top L“ mit der Zertifizierung nach IEC 60320, die sich auf Gerätesteckvorrichtungen für den Hausgebrauch und ähnliche allgemeine Zwecke bezieht. Sie ähnelt der UL498, die den amerikanischen Gegenpart (Anschlussstecker und –Steckdosen) bildet und eine Belastung von 20 A bei 250 V erlaubt. Die IEC 60320 endet mit ihrer Spezifizierung nun nicht mehr bei 1,5 mm² sondern definiert auch die 3 × 2,5 mm² schwerer Gummischlauchleitungen, die wir in unserer Veranstaltungsbranche bei den benötigten Kabellängen und im rauen Betrieb oft benötigen.
Der Top L entspricht mit 2,5 mm² Querschnitt für Gummikabel der DIN EN 60320-1:2021-08 / VDE 0625-1:2021-08. „Nebenbei“ geht man von einer Lebensdauer von mehr als 5.000 Steckzyklen aus. Die Schwerentflammbarkeit wird mit der amerikanischen UL 94 V-0 (kein brennendes Abtropfen von Kunststoffschmelze zulässig. Verlöschen der Flamme innerhalb von 10 s, maximal 30 s Nachglimmen) zertifiziert. Der Temperaturbereich von -30 bis + 80° entspricht den Outdoor-Erwartungen mit schweren Bedingungen wie beim Sommerfestival oder Skispringen.
Zurzeit sind drei Typen der IP 65-Unterverteiler mit der Steckvorrichtung Powercon True 1 Top L erhältlich: Beim CPVT7RT handelt es sich um den Power Turtle XO, mit einem Eingang und sieben Abgängen. Die Ausgänge sind rundherum um die Box angeordnet – das ist gut, um sternförmig zu verteilen.
Der CPVT3RD, genannt Power Strip XO, besitzt drei Abgänge in einer länglichen Box. Ein Ausgang sitzt gegenüber dem Eingang an der Stirnseite, während seitlich zwei weitere Abgänge fortführen. Die längere Version ist der Strip CPVT6RD. Bei ihm befinden sich fünf der insgesamt sechs Abgänge auf der Oberseite, und wiederum ein Ausgang an der Stirnseite gegenüber dem Eingang.
Der Aufbau der Gehäuse ist clever designt: Die Kunststoffplatten sind so spritzgegossen und anschließend gefräst, dass sich bei der Strip-Version nur zwei Teile über zwei Kanten falten. Die so geformten „U“-Teile lassen sich dann zu einem Gehäuse zusammenfügen. Die vorher flachen Gehäuseschalen erleichtern die Montage der Steckverbinder ungemein. Eine ausreichende Zahl von Senkkopfschrauben sorgt für genügend Anpressdruck auf die verbindenden Kanten, in deren Nut ein Abdichtband für Dichtigkeit sorgt. Nur beim Power Turtle wird noch ein Bauteil mehr benötigt, um ein rundum dichtes Gehäuse zu bilden. Die Schrauben, die auch im Automotive-Bereich eingesetzt werden, bestehen aus korrosionsbeständigem Edelstahl, damit nach Jahren der Nutzung keine braune Soße aus dem Verteiler sifft.
Weiterhin unterscheidet sich der Power Turtle vom Power Strip dadurch, dass bei ihm noch ein M10-Gewinde in die Gehäusebodenseite eingelassen ist. Die Power Strips weisen dafür seitliche Nuten auf, um optional erhältliche Trussclips einzuschieben. Die zweite Trussclip gilt als 2. Halterung, sodass hier auf ein Sicherungsseil verzichtet werden kann. Nebenbei sorgen die Federwirkung und das Aufklemmen auf der Truss dafür, das der Verteiler bei senkrechter Befestigung nicht am Traversenrohr herunterrutscht.
Traversenbefestigung
Bild: Herbert Bernstädt
Formgebung der Gabelenden sie erleichtert das Zusammendrücken der Gabel, damit man die Truss Clips über die vorgesehene Nut am Verteiler ziehen kann
Bild: Herbert Bernstädt
Aufgeklemmt auf einer Traverse lassen die Traversenhalter noch genügend Platz, dass eine Standard-Schelle überbrückt wird
Bild: Herbert Bernstädt
Nuten des Power Strip XO zur Aufnahme von Truss-Clips, variable Platzierung passend zum Bracing
Sehr gut gelöst sind die Klappdeckel, die sich federbehaftet schließen, wenn kein Steckverbinder eingesteckt ist. Bei den sonst üblichen Gummilippen ist das ein leidiges Thema, wenn über den offenen Steckverbinder Wasser eindringt. Turtel oder Strip sollte man übrigens immer so aufhängen, dass die Deckel nach oben aufgehen, damit sich im Deckel kein Wasser sammelt, das beim Abstecken eines Steckers über den Federdeckel hineingeschleudert würde. Die Bedienungsanleitung befand sich während unseres Tests in einer umfangreichen Überarbeitung. Sie wird in neuer Version auf der Homepage veröffentlicht. Um zu wissen, wie viele von den Verteilern hintereinandergeschaltet werden können, ist also die Elektrofachkraft gefragt, die Leiterimpedanz und Übergangswiderstände berücksichtigen muss, damit vorgeschaltete Schutzorgane auslösen können (nach VDE 0413, Elektrische Sicherheit in Niederspannungsnetzen bis AC 1.000 V und DC 1.500 V – Geräte zum Prüfen, Messen oder Überwachen von Schutzmaßnahmen).
Da die meisten Outdoor-Scheinwerfer bereits mit Neutrik Powercon True 1 ausgestattet sind, ist es nur folgerichtig, dass man dieses System auch in der Unterverteilung fortführt. Robust und pragmatisch erscheint die Verteilerserie Contrik CPVT, Made in Germany / Oldenburg, ohnehin schon. Mit der Integration von Connex flossen über 30 Jahre Erfahrung des Verteilerbaus in die Neutrik-Gruppe ein – denn so entstand die Marke „Contrik“. Kein Wunder, dass auch hier auf Nachhaltigkeit und Langlebigkeit großen Wert gelegt wird und die besonderen Anforderungen in der Veranstaltungsbranche als Messlatte dienen, die man sogar übertrifft.