ARRI ist für Kamera-Systeme genauso ein Begriff wie für Studioscheinwerfer. Mit dem Orbiter läutet ARRI nun eine neue Scheinwerfer-Generation ein.
Beschäftigt man sich mit dem Orbiter-Konzept, dann drängen sich unweigerlich die Parallelen zur Kamerawelt auf: Bajonettverschluss für verschiedene Objektive, Gehäuse mit vielen mechanischen Aufnahmemöglichkeiten, abklappbares – nein – abnehmbares Display und ein Gehäuse vollgepackt mit Sensoren. Er versteht außerdem verschiedene Protokolle und nimmt auch eine Speicherkarte entgegen.
Nur werden auf dem Halbleiter nicht Photonen eingefangen, sondern ausgesendet. Damit schlägt ARRI einen ganz neuen Weg für Scheinwerfer ein.
Bajonettverschluss am Scheinwerfer?
In den 70er-Jahren stellte man an einem Lampengehäuse über Blechschlitze Tuben mit Linsen zusammen, um den gewünschten optischen Apparat zu bauen. Das war 1992 noch Teil der praktischen Beleuchtungsmeisterprüfung. Warum sollte man das damalige Konzept nun nicht auf LED- Systeme übertragen? Ein LED-System ist zudem weitaus komplexer als die Kombination aus Fassung und Halogenbrenner, die Kosten für das LED-System sind im Verhältnis zu der Sekundäroptik viel höher. Das war bei den Halogenlampen noch umgekehrt.
Jetzt macht es durchaus wieder Sinn, auf einem Lampengehäuse genau die Sekundäroptik aufzusetzen, die man für den aktuellen Anwendungsfall benötigt – sei es als Profiler, Linsen, Fluter bzw. Direktstrahler oder auch als Softlight oder Dome. In der Fotografie sind solche Lösungen bereits für viele Blitz- oder Dauerlicht-Anlagen gang und gäbe. Jetzt gilt es, diese auch in robust und leise für unsere Branche passend umzusetzen.
Bajonettsysteme und Datenübertragungen am Objektiv kennen wir von Kameras. Beinahe selbstredend, dass nach Anbringen der Optiken beim Orbiter keinerlei Spiel zu verzeichnen ist: sitzt einwandfrei und nichts wackelt. Aber der Anspruch eines ARRI Orbiter geht weit darüber hinaus. Die gelungene akkurate mechanische Anbindung an das Lampengehäuse ist eine Sache. Bei der Bajonettlösung (von ARRI Quick Lighting Mount /QLM genannt) werden auch elektrische Verbindungen zur Optik aufgebaut. So „weiß“ der Orbiter, mit welcher Optik er bestückt wurde. Zurzeit dimmt er das Licht auf 0, wenn keine Optik aufgesetzt ist, beim Aufsetzen geht er nach einer kurzen Wartezeit wieder an.
Die Möglichkeiten dieser Schnittstelle werden damit aber noch nicht mal im Ansatz ausgenutzt: Man könnte sich auch motorisch verfahrbare Linsen in der Sekundäroptik vorstellen oder über die parallel am Steckverbinder an der Stirnseite anliegenden Signale z. B. die Torklappen eines Linsenvorsatzes fernsteuern. Alles Voraussetzungen für ein vollautomatisches Fernsehstudio also. Und dann sind wir schon beim nächsten mechanischen Highlight.
So einzigartig und universal die Verbindung per Quick Lighting Mount für die Sekundäroptik ist – der Scheinwerferbügel will dem in nichts nachstehen. Hier hat man ähnlich dem V-Mount eine universale Bügel-Schnellwechselverbindung geschaffen. Die Entscheidung beim Kauf „Stangenbedienbare Version oder nicht?“ hat hier den Schrecken verloren. Bügelwechsel so schnell wie ein Formel-1-Boxenstopp, ohne einen Gabelschlüssel in die Hand zu nehmen – alle Achtung. Vielleicht wird es auch demnächst einen einfachen Bügel, der nicht mit einem TV-Zapfen, sondern mit der Lochung für Coupler oder der Theaterscheinwerferplatte nach DIN ausgestattet ist, geben.
Scheinwerferbügel
Bild: Herbert Bernstädt
Rechts neben dem V-Mount: das Gegenstück vom Bügel
Bild: Herbert Bernstädt
Rote Markierung: Mahnung, dass noch nicht verriegelt ist
Bild: Herbert Bernstädt
Zugeschnappt, verriegelt und fest
Und wenn wir den Gedanken des vollautomatischen TV-Studios wieder aufgreifen: Vielleicht wird es auch einen motorisierten Bügel geben, unter den man blitzschnell einen Orbiter anklippt. Da das System so universal gehalten ist, kann man sich vorstellen, dass man auch zukünftige Lampengehäuse an den gleichen Bügel anschlagen kann und damit der Bügel nachhaltig weiterverwendet werden kann. Die Befestigung über die Stranggussnuten lässt auch kleine Schwerpunktverlagerung zu. Das ist mal ein zukunftsorientiertes Konzept.
Herzstück des Orbiter ist eine RGBACL-LED-Engine, also eine Farbmischung aus Rot, Grün, Blau, Amber, Cyan und Lime-Farben, genannt ARRI Spectra. Wie wir wissen, ist mit einer Multifarb-LED-Engine nicht nur eine sehr hohe Farbwiedergabequalität möglich, sie erlaubt auch jede Farbtemperatur und Farbkorrektur wie Tint (Grün-Magenta-Verfärbung) und selbstredend natürlich auch allgemein Farben innerhalb des verfügbaren Farbraumes. Dazu werden die 206 Farbchips in einer ausgeklügelten Anordnung und Gewichtung zueinander auf eine Platine verbracht. Folglich ist die Lichtstrom-Differenz – von „5600K CCT Weißlicht mit 15.000 lm“ zu „alle Direkt-LEDs an mit 15.700 lm“ nicht groß. Dass das gemischte CCT-Weiß mit 3200K einen kleineren Lichtstrom aufweist, ist der Physik geschuldet. Er beträgt aber immerhin noch stolze ca. 12.000 lm.
Sicher hat man bei den Einzelfarben schon ein roteres Rot und ein blaueres Blau gesehen. Aber wie man am blauen Spektrum erkennen kann, sind dort noch schwache Rotanteile zu erkennen: Es greift hier die Kalibrierung ein. Sie ermöglicht zwar einen konstanten Farbort, erkauft wird dies jedoch durch eine minimale Eingrenzung des Farbraumes. Aber bei ARRI kalibriert man nicht einfach auf einen Weißpunkt hin. Wenn man nur auf einen Punkt kalibriert, dann wird man immer weniger akkurat/gleich, je weiter man sich von diesem Punkt entfernt. Bei mehreren kalibrierten Farbörtern ist die Toleranz immer nur durch die Distanz zu den nächsten kalibrierten Farben beeinflusst. Deshalb erfolgt die Kalibrierung im Werk über fünf Tageslicht-, fünf Halogenlicht- und 14 weitere Farben.
Markus Klüsener, Senior Product Manager bei ARRI: „Das gesamte System ist auf eine lange Lebenszeit und robust ausgelegt. Wir übersteuern die LEDs auch nicht. Es wird von einigen Herstellern mit der Angst der Kunden ‚gespielt‘ und suggeriert, dass man da nachkalibrieren muss und dass LEDs ja so schlimm altern. Wenn man seine Technologie von vornherein im Griff hat, dann besteht die Notwendigkeit einer späteren oder wiederholten Nachkalibrierung nicht.“
Das LED-Board wird in bewährter Manier zur Farbdurchmischung mittels eines sechsseitigen Spiegel-Kaleidoskops eingefasst, wobei die Spiegel leicht nach außen geneigt sind, so wie man eben auch einen Reflektor für die breit abstrahlenden Chips nutzen würde. Abgeschlossen und somit für die sekundäre Optik als eigentliche Lichtquelle wahrgenommen, wird das Kaleidoskop mit einer Frostscheibe, so dass eine homogene Farbdurchmischung zu Grunde liegt.
Die Wärme der LED-Chips wird via Heatpipe an großflächige, dünne Bleche abgegeben. Die wiederum können ihre Wärme mit der Luft austauschen, wobei ein sehr großer Lüfter mit langsamer Drehzahl beinahe geräuschlos für einen schnelleren Luftstrom sorgt. Selbstverständlich ist der Lüfter geregelt und der Anwender kann den Lüfter auch über DMX ausschalten … Na ja, auch wenn in der DMX-Tabelle Fan Off steht – bei unserem Testgerät hat er sich weitergedreht.
Weitere DMX-Einstellungen sind volle Geschwindigkeit, womit er auch deutlich faucht, Quiet-Mode mit fester Geschwindigkeit oder geregelte Geschwindigkeit. Ohne DMX-Steuerung kann man im Menü nur zwischen den Modi High Color Rendering (der Lüfter ist auch in ruhiger Umgebung nicht wahrzunehmen), High Power (man hört ein tiefes Rauschen) und Low Noise umschalten, wobei der Low-Noise-Mode deutlich lauter ist als der High Color Rendering.
Der Orbiter besteht aus drei Abschnitten, wobei der mittlere mit dem Kühlsystem von Regen durchdrungen werden kann (Verdunstungskälte hilft ja bekanntlich bei der Kühlung …). Bis auf den Lüfter und dessen Anschluss ist in dem mittleren Bereich mit Trägerblechen und als Seitenverbindungen zwei Strangguss-Profilen nichts Elektrisches. Die Verbindungskabel zwischen hinterer Sektion und der Frontkammer verlaufen innerhalb einer abgedichteten Röhre. Um das LED-Board ist die Treiberplatine angeordnet. Sie befindet sich in einem geschützten Frontbereich, der ebenfalls aus Aludruckguss besteht und die Bajonettaufnahme trägt und mit einer Gummisicke zur vorderen Trägerwand hin abgedichtet wird.
Sehr elegant und servicefreundlich ist der elektrische Übergang von der Treiberplatine zur Front-Druckgussabdeckung realisiert. Hier werden die Spannungen und Ströme an das Objektiv weitergeben. Auf Steckverbinder wird verzichtet und mit einem aufwändigen, federbehafteten Kontaktsystem wird eine Verbindung geschaffen. So kann man die Front abschrauben, ohne Gefahr zu laufen, irgendwelche Kabel zu ziehen (oder beim Zusammenschrauben Kabel zu quetschen).
Dort, wo man zum Service Kabel lösen muss, hat man aufwändige Wago-Klemmen oder gängige Steckverbinder eingesetzt. Das lässt jedem Servicetechniker das Herz höher schlagen und spricht für die Wertigkeit und Langlebigkeit des Produktes. In der hinteren Kammer befinden sich das Schaltnetzteil und die Steuerelektroniken bzw. die Signalverarbeitung.
Die Rückwand mit den nicht IP-geschützten Steckverbindern ist geschickterweise abgeschrägt, sodass die Steckverbinder leicht nach unten hin ausgerichtet sind. So tropft Regen nicht gleich in die Steckverbinder hinein, wenn der Orbiter waagrecht betrieben wird. Sicherer ist man natürlich bei der Verwendung der optionalen Abdeckhaube, mit der IP 24 erreicht wird.
Die Auswahl der LEDs und das Verhältnis zueinander sind Grundvoraussetzung für ein effektives Farbmischsystem. Aber es ist während der Entwicklung noch ein weiter Weg um zu gewährleisten, dass bei der eingestellten Farbtemperatur nicht nur der Farbort genau getroffen wird, sondern auch die Farbqualität von hoher Güte ist. Und hier wird der Orbiter zur Referenz.
Gehen wir im CCT-Mode einmal die Farbtemperaturen durch. Nicht nur, dass die zugehörigen Farborte sehr gut getroffen werden, auch die Farbqualität, sprich die CRI- und TM-30-Werte zur Charakterisierung der Farbwiedergabequalität stellt eine neue Dimension dar.
In unseren bisherigen Tests traf der maximale CRI-Wert vor allem bei einer Farbtemperatur zu – er fiel dann meist bei den anderen Farbtemperaturen erheblich ab. Der Orbiter zeigt hier eine bis dahin noch nicht gekannte Qualität: Von 10.000K bis 5.600K ist der CRI auf gleichem Höchstniveau und geht bis 3.000K nur marginal auf einen Wert zurück, den andere nur schwer erklimmen. Respekt!
Zum Zeitpunkt des Tests standen die Profil- und Stufenlinsen-Optiken noch nicht zu Verfügung. Wir hatten die „Open Face“- bzw. Reflektortuben im Test. Es ist schon erstaunlich, wie man aufgrund der Reflektor-Gestaltung enge Abstrahlwinkel mit weich auslaufender Lichtverteilung erreichen kann. Der Tubusabschluss weist noch einen Halterahmen auf, in dem auch optionale vier- oder achtflügelige Torklappen oder Snoots mit unterschiedlichen Durchmesserscheiben eingesetzt werden können.
Tubus
In unserem Test nutzten wir die achtflügeligen Torblenden, die gewohnt ARRI-like sind. Im Gegensatz zu den 4-Klammer-Befestigungen, wie wir sie von den ARRI-Stufenlinsen her kennen, ist hier die Zubehöraufnahme halbrund lichtdicht ausgeführt. Sie weist unten noch eine zweite Verriegelung für das Zubehör auf, um das Zubehör-Sicherungsseilchen überflüssig werden zu lassen. Der Aufnahmeschlitz ist recht eng gehalten, sodass kaum Streulicht in den Raum fällt, wobei auch die Reflektor-Optik dafür sorgt, dass kaum Streulicht anfällt. Da bereits der Lichtaustritt beim Orbiter eine durchmischte Farbe bereitstellt, sind auch in der Lichtprojektion keine Farbränder oder Farbschatten zu erkennen. Wie bereits erwähnt, läuft das Licht zum Rand hin weich ab.
Die Schattenbildung bei der 60°-Optik ist recht hart, was durch den großen Direktlichtanteil der Lichtaustritts-Quelle entsteht, während von 30° zu 15° die Schattenbilddung immer weicher wird, da hier der Reflektoreinfluss immer größer und damit die abstrahlende Fläche vom Scheinwerfer größer wird. Dies ist bei den Bildern sehr gut an den Schatten der Hand erkennbar.
Die Torklappenabbildungen sind abhängig von der verwendeten Optik. Während bei der 60°-Optik die Torklappe eine relativ definierte Abschattung leistet und nur bei übermäßigen ein- schlagen des Tors Streulicht aus einem Schlitz an der Drehachse dringt, zeichnet sich bei 30° schon eine Doppelkante an der Torklappe ab. Bei der 15°-Optik wird der Effekt nicht stärker, erhält jedoch zwei Schattenlinien. Aber wir sprechen jetzt auch von Reflektor-Optiken und nicht von einem Fresnel-Linsen-Scheinwerfer. Und dafür ist das schon sehr gut.
Die effektive Einstellbarkeit eines Scheinwerfers, um die Gedankengänge des Lichtsetzenden intuitiv umzusetzen, spart Zeit und Nerven. Wenn man einen erheblichen Aufwand für die maximal erreichbare Lichtqualität betreibt, ist es konsequent, auch hier neue Maßstäbe in der Bedienung zu setzen.
Das fängt damit an, dass der Orbiter gar kein Display mit Tasten oder Encodern fest am Gehäuse verbaut hat: Man muss sozusagen die Menü-Sektion dazukaufen. Oberhalb des Anschlussfeldes ist Platz für das Bedienteil vorgesehen, das mittels Federklemm-/Magnethalterung blitzschnell eingesetzt oder entnommen werden kann. Beim Anklippen des Controllers an das Orbiter-Gehäuse stellen gefederte Kontakte die Verbindung her. Beim abgesetzten Betrieb garantiert eine Kabelverbindung mit einem (etwas steifen) Steuerkabel und sehr hochwertigen Schnellverriegelungssteckverbindern eine sichere Verbindung. Das schlanke Bedienteil hat zudem noch ein Gewinde für die üblichen Foto-Stativaufnahmen und kann so leicht mit Grip-Material bequem zum Bedienen aufgestellt werden. Folgerichtig gibt es natürlich auch den Host/Client-Mode, so dass sich alle anderen über DMX-Leitung verbunden Orbiter synchron im Licht steuern lassen.
Das große, in der Diagonale 10 cm messende Farbdisplay passt seine Helligkeit mittels Helligkeitssensor automatisch an die Umgebung an und erkennt auch, ob es über Kopf oder normal ausgerichtet ist und das dementsprechend das Displaybild umdreht. Die Darstellung der Funktionen im Display lädt zwar mit seiner Kachelanordnung zur direkten Touch-Bedienung ein, ist jedoch ohne Touch-Funktion. Man scrollt und wählt mittels eines Drucktaster-Encoders die Funktion aus, was sehr gut von der Hand geht. Insbesondere hohe Werte lassen sich schnell erreichen, denn der Encoder reagiert auf die Dynamik der Eingabe und springt bei schnellen Drehungen auch gleich hohe Werte weiter. Die Grafik ist wohl in erster Linie an die App „Stellar“ angelehnt, mit der man auch den Orbiter fernsteuern kann und die mit 9,99 € pro Monat zu Buche schlägt.
Ein kleiner Hinweis zur kostenfreien Photometrics-App: Mit ihr kann man die photometrischen Daten des Orbiter aufrufen und sich berechnen lassen, wieviel Lux in welcher Entfernung bei der entsprechend eingesetzten Optik zu erwarten sind.
Die Struktur der Bedientasten, die allesamt hinterleuchtet sind, ist extrem sinnig. Mit der Mode-Taste springt man immer in die Auswahl, auf welche Weise man den Scheinwerfer im Licht einstellen möchte. Mit der Menü-Taste gelangt man in die Einstellungen des Scheinwerfers und mit der User-Taste kann man die Funktionstasten mit den Befehlen frei belegen, die man am häufigsten anwendet. Die Funktionstasten sind doppelt belegt. Die zweite Funktion ruft man durch längeres Drücken auf die Taste auf, was anfangs gewöhnungsbedürftig ist, aber dann in Fleisch und Blut übergeht.
Die nächste Überraschung, die der Orbiter bereithält, ist die vollendete Einstellbarkeit des Orbiters. Die gelungene grafische Aufbereitung der Funktionen ist einerseits nett anzusehen, jedoch steckt hier wesentlich mehr mit hoher Detailtiefe dahinter.
Alleine beeindruckend, dass man einzelnen Filterserien wie Color Correction, Color Filters, 600 Serie, Cosmetic Filters, 700 Serie von Lee oder Color Correction, CalColor, Storaro Selection und Cinelux von Rosco auswählen kann. Dazu kann man zur Farbfolie noch die Lichtquelle in der Farbtemperatur zwischen 2.000K bis 20.000K definieren. Neben den Standard-Funktionen HSI, CCT und LED-Direkt ist die Möglichkeit, die x- und y-Position im Farbdreieck anzugeben, sonst eher selten zu finden. Sie würde aber herstellerübergreifend auch über DMX-Ansteuerung das gleiche Ergebnis liefern, wenn man es nach dem gleichen Algorithmus berechnet, den ARRI in der Orbiter-DMX-Tabelle veröffentlicht.
Kommt man in eine Location, die mit einer bestimmt Lichtquelle wie Quecksilberdampfbrenner beleuchtet wird, dann kann man auch über „Color Matching“ die entsprechende Lichtquelle haussuchen, worauf der Orbiter diese Lichtfarbe dann wiedergibt. Dabei findet man unter den Gruppen Glühlicht, Leuchtstoff-, Entladungs- und andere Lampen auch Exoten wie Pflanzenlicht, Wärmelampe, Schwarzlicht oder Chemische Leuchtstäbe. Sicher wird man bei Schwarzlicht eine andere Erwartung haben oder auch die Elektrische-Weihnachtsbaum-Kerze wird hier oder da in einer anderen Lichtfarbe als beim Orbiter erscheinen. Aber man kann sich mit Hilfe von ECC (Extended Color Control – erweiterte Farbsteuerung) die Farbe auch noch in die Richtung drehen, wie es der eigenen Vorstellung entspricht, ohne dafür die einzelnen LEDs zueinander abzumischen. Dafür muss der Lichtsetzende nur noch die Richtung vorgeben ob es rötlicher, grünlicher, blauer oder nur wärmer oder gesättigter werden soll. Abgerundet wird der Bedienkomfort durch kleine Einstellhilfen wie Doppelklick (der Wert wird zu Null gesetzt) oder Dreifachklick (alle Werte werden auf null gesetzt).
Einstellbarkeit des Orbiters
Bei der Farbfolienauswahl hat man eine Funktionstaste belegt, um das Licht ohne Farbfolie zu setzen. Einen Blackout erreicht man bei angewählter Intensität mit einem Druck auf den Encoder, was natürlich dann auch in der Statuszeile angezeigt wird. Ebenfalls sehr ausgeprägt ist die Effekt-Engine, aus der man vorgefertigte Lichtmuster abrufen kann. So findet man eine Kerzenflackersimulation, Blaulicht, Fernsehsimulation usw. Auch dort sind die Parameter sinnig zu variieren, wie z. B. beim Blaulicht, welche Farbkombination und in welchen Blink-Pattern es dargestellt werden soll. Das geht weit über eine einfache Lauflicht- oder Effektsteuerung hinaus.
Eine clevere Idee ist die Lichteinstellung via Color Sensor. Dem Orbiter wurde ein Tristimulus-Lichtsensor spendiert, der das Umgebungslicht in seinem Farbort bestimmt, um dann mit dem gleichen Farbwerten zu leuchten. Wenn man also in der Fabrikhalle mit ihrer Mischung aus Leuchtstofflampen und einfallendem Tageslicht eine dunkle Ecke aufzuhellen hat, dann aktiviert man diesen Mode und die Lichtfarbe des Raumes wird vom Orbiter in der gleicher Lichtfarbe abgestrahlt. Soweit die Theorie.
Bei unserem Testgerät mit Softwarestand 1.0.6-9650 haben wir jedoch eine grünstichige Antwort erhalten, als wir bei Bewölkung das Tageslicht durch das Fenster auf unser Testgerät leuchten ließen. Dazu zeigte uns das Controlpanel x = 0,3216; y = 0,3548; CCT = 5950K; Green/Magenta =+0,34. Der Orbiter leuchtet jedoch mit x = 0,3230, y = 0,3563 und CCT = 5888K, und das ist deutlich als grünstichig wahrzunehmen. Zwar konnte man im Menü noch die „Sensor Calibration“ zwischen Tungsten Daylight LED oder Generic auswählen (wobei Generic die Einstellung ist, wenn man nicht sicher ist, um welche Lichtquelle es sich handelt). Bei unseren Tests zeigten sich jedoch keinerlei Unterschiede im Ergebnis. So verwundert es nicht, dass danach mit Software 1.2.1-15261 die Einstellung „Sensor Calibration“ verschwunden war. Aber der Grünstich bei dem bewölkten Lichtverhältnis blieb. Aber das ist auf sehr hohem Niveau geklagt: Immerhin kann man mit der EEC-Korrektur schnell -0,05 Green einstellen und das Auge ist dann auch zufrieden.
Als weitere Sensoren findet man im Orbiter auch noch Lagesensoren und einen „Kompass“. Damit kann der Orbiter seine Betriebslage und seine Ausrichtung gegen Norden feststellen. Zurzeit werden die Neigung und der Kippwinkel über den Menüpunkt Fixture Info angegeben. Damit kann man sich die Tilt-Skala am Bügel sparen. Würde jetzt noch die Ausrichtung gegen Norden angezeigt, wäre auch die Pan-Skala digital vorhanden, um den Beleuchtungsplan für exakte Notation der Ausrichtung mit den exakten Werten zu schreiben.Aber auch für bewegte Einsätze könnten Beschleunigungs- und Lagesensoren für automatische Nachführsysteme die benötigten Daten liefern, aber das ist noch Zukunftsmusik.
Aber nicht nur für die Zukunft, auch für die bisherige Studiosituation wurde ein SYNC-Anschluss (SMA, Lemo 5-pol.) spendiert, der zur Synchronisation auf den Kamera-Shutter dient. Wobei sich hier etwas die Sinnfrage stellt: Die Pulsfrequenz liegt bei 35 kHz, und damit schon weit über der sonst üblichen maximalen Pulsfrequenz. Verständlich, dass man hier keine PWM-Frequenz umzuschalten braucht und auch logisch, dass ein Pfeifen bei den üblichen 0,8 – 6 kHz, was manchmal wahrzunehmen ist, hier auch praktisch nicht existiert. Und dennoch – man kann auf einen High Speed Mode umschalten. Damit ist aber nicht gemeint, dass die PWM-Frequenz noch höher getaktet wird, sondern, dass die Kamera nun auch Slow-Motion- bzw. wirklich High-Speed-Aufnahmen durchführen kann, da der Orbiter quasi zu einer Gleichstrom-Dimmung wechselt und das Licht gar keine Welligkeit mehr aufweist. Das ist wieder einmal beeindruckend.
Einstellbar sind standardmäßig vier Dimmerkurven und Tungsten- oder LED Mode, wobei nur die Redshift-Funktion, also das rötlicher werden beim Dimmen, nachempfunden wird. Die Ausglimmzeit eines Halogenleuchtmittels – die Verschleifzeit (Responsetime) – wird nicht berücksichtigt, das muss das Lichtstellpult übernehmen. Der Orbiter lässt sich auf High Color Rendering, High Output oder Low Noise optimieren, womit dann alle Einstellungen getätigt sind. So versteht es sich von selbst, dass der Orbiter bei höchster Lichtleistung den Lüfter nicht auf Low Noise stellen kann. Drückt man auf die praktische Help-Taste, dann erhält man die Antwort, dass bei Low Noise auch die höchste Farbqualität aktiv ist.
Unter Fixture Informationen liegen die üblichen Informationen wie die Temperatur der LED-Engine oder des Mainboards, wobei diese Informationen nicht via RDM fernabrufbar sind. Interessant ist auch die Ausgabe der Power-Consumption der LED oder des Systems, welches alternierend angezeigt werden. Obwohl eine LED-Power von 13 W angezeigt wird, springt die Systempower zwischen 0 und 21, 28 und 40 W hin und her. So wird auch hier die Software noch einmal nachgebessert werden, wie auch an den DMX-Profilen noch gearbeitet wird.
Während die direkte Bedienung per Control-Panel vorbildlich ist, kann man über DMX-Steuerung unterschiedlicher Meinung sein. Man bekommt das Gefühl, jeder Wunsch des Marktes habe zu einem eigenen DMX-Mode geführt. Wie sonst kommt man bei einer statischen LED-Leuchte auf 52 verschiedene DMX-Modi, die im GDTF-File zur Auswahl stehen?
Jeder Bedienmodus, den man an dem Control-Panel auswählen kann, wird als eigner DMX-Mode in 8-Bit- und 16-Bit-Auflösung angeführt. Darüber hinaus wird der CCT- Mode mit HSI oder Direkt-LED bzw. RGB beim Kalibriermode als Kombinations-Mode angeboten, wobei ein Steuerkanal zwischen den beiden Einstellungsmodi Weißlicht und Farbiges Licht eine Überblendung ermöglicht, was sehr hilfreich ist. Dann kann man noch wählen, ob man Steuerkreise für Lüfter, Stroboskop, Favoriten-Aufruf und einen Steuerkreis in Reserve für die Zukunft sowie die ECC-Farbkorrektur noch hinten dran packen möchte oder lieber darauf verzichtet.
Um die Farbfilter per DMX anzusteuern, wird im entsprechenden Mode ein Steuerkreis für die Unterscheidung von Lee und Rosco verwendet, ein Steuerkreis für die Kategorie bzw. die Serie des Farbfolienherstellers und ein Kreis für die Wahl der Folie. Dazu ein Kreis für die Wahl der Farbtemperatur der Lichtquelle und ein Kanal, ob das Spektrum sich der Farbfolie anpassen soll, oder der Farbort mit maximalen Lichtoutput für die Mischung der LEDs ausschlaggebend ist. Letztere Funktion ist im Stand-Alone-Betrieb nicht verfügbar.
Mit dem Ultimate-DMX-Mode in 8 oder 16 Bit hat man dann einen universellen Mode angehängt, der alle Farb- und Weißlich-Einstellvarianten vereint und in der Art an einem Battle-DJ-Mixer erinnert. Man hat sozusagen zwei Kreise, mit denen man zwei Farbeinstellsysteme auswählt: Farbeinstellsysteme wie CCT, HSI, RGBW, Direkt, Gel, xy, Effekte. Dann einen Crossfader, der einem das Hin- und Herfaden zwischen den ausgewählten Systemen erlaubt. Zu jedem Farbeinstellsysteme stehen neun Parameterkanäle zur Verfügung, die das Steuern des jeweiligen Farbsystems erlauben. So kann der Lightjockey auf B eine Farbe in xy-Mode erstellen, bei Bedarf von der aktuellen CCT-Farbe (im A) auf B überblenden, dann den CCT-Mode (A) in Gel-Mode wechseln, die Parameter für Peacock Blue einstellen, um dann mit Überblendung auf A dieses erscheinen zu lassen. Selbst der Überblendkreis lässt sich a la Battle-Mixer in seiner Charakteristik einstellen. Dies nennt sich hier Transition Type des Crossfadens auf direktem Weg, über Schwarz oder über-, unter- oder durch den Weiß-Punkt. Das ist klasse gedacht, wenn ich mit einem DMX-Tester unterwegs bin.
Das Control-Panel bietet auch eine optische Kontrolle in einer äußerst übersichtlichen Darstellung der übertragenen DMX-Werte. Schade, dass sich das Panel bei DMX-Betrieb ständig abdunkelt und sich nicht an das „always on“ im Display-Menü gebunden fühlt. Aber wie setzt man so einen Ultimate Mode in einem aktuellen großen Lichtstellpult um? Bei dem von der ARRI-Website heruntergeladenen GDTF File und mit der GMA3 wird der Farbauswahlmode über den Control/Mode eingestellt. Dabei erhalten die DMX-Kreise für die Farb-Mode-Einstellung, wie auch die Parameterkreise 1-9 jeweils die gleichen DMX-Werte, so dass der Überblendkanal eigentlich immer nur auf das gleiche Licht überblenden kann. So wird man sich dann doch für einen der Nicht-Ultimate-Modes entscheiden.
Bleibt noch das theaterkritische Dimmverhalten bei den untersten Stellwerten. Wenn der Theaterregisseur unmerklich aus dem nichts ein ganz sanftes Aufglimmen verlangt, muss man leider dem Orbiter eine Schwäche zugestehen. Zwar kann er im untersten Stellbereich besser aufdimmen als die großen Geschwister L7-C und L5-C, aber nicht so gut wie viele der im Theater gebräuchlichen LED-Scheinwerfer. Auch bei 16 Bit Auflösung im CCT-Mode und mit exponentieller Dimmerkurve sind die ersten Finebit-Schritte als Lichtsprünge wahrzunehmen. Aber auch hier klagen wir auf sehr hohem Niveau.
Bei ARRI wird man selten ein Zubehörteil vermissen. Der Orbiter ist von Beginn an nicht nur in den typischen ARRI-Farben „silber-blau“ erhältlich, sondern auch theatertaugliche schwarz. Optionale Kufen zum Anschrauben entlocken dem Lichttechniker beim unachtsamen Schrubben über Kopfsteinpflaster nur ein Schmunzeln. Dome und Softboxen in verschiedenen Größen wie auch passende Grids oder Eyelights gehören neben den Reflektoren-Optiken mit vier- oder achtflügligen Torblenden ebenso zum optionalen Zubehör.
Ob stangenbedienbar oder normaler Bügel – der Austausch über die V-Mount-ähnliche mechanische Aufnahme gelingt genauso schnell wie das Einhängen in eine TV-Muffe. Gelenkausleger und Transporttaschen als Bag oder Case runden die Palette ab. Äußerst praktisch, aber fast schon im Old-Fashion-Style, ist der Tragegriff des Orbiters. Sehr clever auch der Gummipuffer, um die Impulsbelastung der Sicherheitsseilaufnahme zu reduzieren.
Design vs. Funktion: Der Überbau zum Sicherheitsseil-Anschlagring ist allerdings so groß, dass er ein Durchführen von Kettenendglied oder Kettbiner nicht erlaubt – man muss die Öse hindurchführen. Je nachdem, welche Seile man in der Kiste zusammengewürfelt hat, kann die eine oder andere Kausche nicht mehr hindurchpassen. „Alternativ sehen wir oft auch die Lösung, dass Rentals einen Adapter-Ring permanent installieren“, so Markus Klüsener. Doch viele Kleinigkeiten sind bis zu Ende gedacht, wie der über das Menu aktivierbare DMX-Abschlusswiderstand. Oder der Endtest, bevor der Orbiter ausgeliefert wird, der aus 2 h Burn-in besteht und 14 Interface-Funktionen plus 320 Licht-Messpunkte beinhaltet.
Der ARRI Orbiter läutet die nächste Generation von Scheinwerfern ein: Sensoren, die auf die Umgebung reagieren, maximale Bedienbarkeit, die dem praktischen Vorgehen entgegenkommt und einfachen Anweisungen wie „mach mal ein bisschen gelblicher“ oder „bitte einmal Fernsehflimmern“ entgegenkommt. Seine mechanischen Aufnahmen erlauben flexibelste und blitzschnelle Montage, wie das Umrüsten von Standard- auf stangenbedienbare Bügel. Lichtquelle und Strahloptik sind getrennt für maximale Einsatzbreite. Das senkt nicht nur Investitionskosten, sondern trägt auch dem Umweltgedanken Rechnung. Dazu kommen noch werkseitige drei Jahre Garantie und ein Serviceversprechen über die Ersatzteilverfügbarkeit – Made in Germany eben.
Bleibt zu hoffen, dass der Orbiter seiner Zeit nicht zu weit voraus ist. Er ist für noch unbekannte Funktionen erweiterbar ausgelegt. Universell sind die mechanischen Anschlagsmöglichkeiten und auf der elektronischen Seite hat der interne Rechner für zukünftige Aufgaben noch genügend Kapazitäten frei. So stören auch die paar Kinderkrankheiten nicht, die wahrscheinlich schon mit der nächsten Software der Vergangenheit angehören. Nur wenn im Theater die ersten DMX-Schritte von 0 gesteuert werden ist oben an der Messlatte noch ein Zentimeter zu erklimmen. Für Farbqualität und Benutzerfreundlichkeit ist er die absolute Referenzklasse. Und mit seiner Flexibilität und Qualität sowie unter dem Langzeitgedanken ist der Orbiter jeden Cent wert.