Vorschau auf die neuen ETC-Lichtstellpulte EOS Apex
von Herbert Bernstädt,
ETC stellt eine neue Konsolen-Serie vor: Moderne Hardware und Encoder ohne Ende sollen Anwendern die Arbeit auf Events verschiedener Größen erleichtern. Aber was ist ein Haptik-Touchscreen?
Da es noch keine KI geschafft hat, die Gedanken des Lichtgestaltenden in ein ausführbares Datenprotokoll zu übersetzen, bleiben Konsolen die Mensch-Maschine-Schnittstelle schlechthin.
Aber was kann man an einem in sich schlüssigen Produkt überhaupt noch verbessern? Befragt man diejenigen, die hinter einer Konsole stehen, bekommt man auch immer unterschiedliche Antworten. Bei der Bedienung über Touchscreens vermisst man die Haptik einer realen Taste, man möchte seine Encoder selbst zuordnen können oder – wen wundert es – dass man gerne eine Taste dort hätte, die genau das machen soll. Wie das alles in die neue Konsolenfamilie EOS Apex, die ETC am dem Frühjahr 2022 in den Markt bringen möchte, eingeflossen ist und umgesetzt wurde, wollen wir uns an einem allerersten Produktmuster näherbringen.
Apex und EOS v3.1.1
Von vielen sehr geschätzt ist die leistungsstarke EOS-Pult-Software von ETC. Die Apex-Konsolenfamilie erfindet das Rad nicht neu und greift daher ebenfalls darauf zurück.
Nur, dass die Apex-Konsolen erst ab EOS-Version v3.1 betrieben werden können, da hier alle neuen Funktionen der erweiterten Konsolen-Hardware integriert sind. Der Vorteil liegt auf der Hand: Man findet sich in der Umgebung sofort zurecht und die neuen Features der EOS v3.1 wie Icons und Library Manager, Farben- und Materialien-Manager im Visualisierer Augment3d, Fader-Wing-Gruppen, Timecode-Cue-Ansicht oder die verbesserte Tablet-Fernsteuerung lernt man Schritt für Schritt dazu.
Die ETC-Familie EOS Apex besteht aus den drei Konsolen Apex 5, Apex 10 und Apex 20. Tastenfeld und Anordnung sind in allen drei Konsolen identisch. Sie unterscheiden sich nur in der Größe und Anzahl der Monitore, Playbackfelder und Direkttasten.
Bei üblichen Touchscreens kann man seinen Finger im Gegensatz zu echten Tasten nicht auf Dauer exakt auf einem Ort halten – man verzieht ins Nachbarfeld oder stupst zu früh schon mal an die sensible Fläche, womöglich gleich mehrmals wie bei einer nicht entprellten Taste. Daher hat man der ETC Apex zwei Typen von haptischen Touch-TFTs spendiert: Einen Haptik-Touch, der zum Schalten von Softkeys und Benutzer-Layouts zuständig ist plus einen zweiten Screen, der statt 16 cm nur 12,7 cm misst und dem Playback-Faderfeld zugeordnet ist.
Aber wie funktioniert ein Haptik-TFT? Eigentlich wie ein normaler TFT, jedoch kann man hier seinen Finger auf der Glasfläche ablegen: Das einfache Berühren der Screens löst noch keine Funktion aus. Es wird nur der Ort des Fingers einer Taste zugeordnet. Möchte man den Befehl auch auslösen, muss man einen gewissen Druck auf die Glasplatte geben. Die ganze Glasplatte wird heruntergedrückt, wodurch nun ein definierter Druckpunkt spürbar ist. Danach wird ausgelöst wie bei einer Taste. So kann man seinen Finger über den virtuellen Button schon einmal auf Position legen und erst bei Bedarf mit Druck auslösen.
Dagegen ist die Haptik-Funktion bei den sechs Haupt-Encodern ein wenig anders umgesetzt. Bekannt ist das System von den Force-Feedback-Joysticks und Lenkrädern der Spielkonsolen. Bei der ETC EOS Apex ist der Encoder zunächst leichtgängig, wie man es auch erwartet. Schaltet man dem Encoder eine bestimmte Funktion zu, wie die Gobo-Auswahl, dann benötigt man wesentlich mehr Kraft, um ihn in Bewegung zu setzen, wobei er dann kurz danach wieder leichtgängig wird. Das vermittelt das Gefühl einer Rasterung, so wie man es von den alten Programmwahlschaltern einer Waschmaschine her kennt.
Das ist sehr sinnig, weil damit pro Raster z.B. ein Gobo weitergeschoben wird. Damit ist man durch das Force Feedback wesentlich schneller in der Auswahl, nachdem die Handmotorik diese Unterstützung aufgenommen hat.
Der größte Teil der Arbeit ist, Attributen Parameter mittels Encoder zuzuweisen. Dabei wählt man Attributgruppen über ein Tastenfeld an, die Encoder den Attributen zuordnen, wie Gobos oder Farben.
Denkt man an 7-LED-Farbsysteme oder Blendenschieber, wird schnell ersichtlich, dass man viel tippen muss, nur um zwischen den Encoder-Bänken hin und her zu schalten. Deshalb hat man der Apex neben den bekannten sechs Hauptencodern und dem großen Encoder-Übersichts-Bildschirm weitere acht Mini-Encoder sowie einen Navigations-Mini-Encoder spendiert.
So hat man z. B. die Blendenschieber alle auf einmal im direkten Zugriff, ohne umschalten zu müssen. Zusätzlich besteht mit der EOS-Firmware v3.1 noch die Möglichkeit, eine Custom-Gruppe aufzurufen, indem der Operator seine eigene Zusammenstellung der Encoder vornehmen kann. So kann er z. B. neben den Gobo-Encoder auch einen Encoder für Fokus zuordnen, sodass man beim Goborad-Wechsel gleich scharfstellen kann, ohne die Encoder-Gruppe wechseln zu müssen. Was für eine Erleichterung.
Encoder
Bild: Herbert Bernstädt
Hauptencoder mit Force-Feedback zur Vermittlung einer Rasterung; mit dem Knopf in der Mitte des Encoders wird der belegte Parameter auf dem Encoder in die Kommando-Zeile geschrieben, die Riffelung am Außenrand und die Vertiefungen innerhalb der Encoderwanne sorgen für eine leichtere Handhabung
Bild: Herbert Bernstädt
Geballte Encoder-Ansammlung: Unten die immer Pan und Tilt bewegenden Encoder, während die seitlichen Encoder je nach Parametergruppe belegt werden. Mit der neuen Software kann die Zusammenstellung auch individuell gestaltet werden
Bild: Herbert Bernstädt
Neben den Standard-Attributgruppen können wir nun auch eigene Encoder-Zusammenstellungen aufbauen und mit einem Tastendruck aufrufen
Bild: Herbert Bernstädt
Etabliertes bleibt bestehen, so wurden das Haupttastenfeld nur um einige Tasten erweitert, die vorher Soft-Keys waren
Sicher möchte man Tasten haben, die mit einem Tastendruck das tun, was man von der Konsole möchte, auch wenn auf konventionellem Weg eine ganze Reihe von Tastendrücken benötigt wird. Je mehr, umso besser. Daher definierte man schon recht früh Macrotasten. Aber was befindet sich eigentlich hinter einer Tastennummer? Ist man nicht ständig dabei, so verliert man die selbstgewählte Zuordnung. Abhilfe schafft hier die Apex-Konsole mit ihren Target-Tasten. Diese sind jetzt dank O-LED grafikfähig.
Hier kann man als Operator Gedankenstützen in Schriftform oder Icons verewigen, abgesehen von der Hintergrundfarbe, um zu jeder Zeit die Pultübersicht oder für die Crew zu verdeutlichen, was man hinter der Taste verbrochen hatte. Auch hier wurde wieder große Sorgfalt auf den richtigen Druckpunkt der Taste gelegt.
Motorfader für die Playbacksektion, hier mit sechs Zentimetern Faderweg, sind in dieser Pultklasse selbstredend. Neu sind jedoch die Scrollräder oberhalb der Haptik-TFTs. Wie die Mini-Encoder vermitteln sie farblich umrandet eine Funktionszugehörigkeit. Sie bieten außerdem eine Tastenfunktion, indem man das Scrollrad herunterdrückt. Aber warum nicht die gleichen Mini-Encoder wie am Encoder Feld? ETC geht davon aus, dass man mehrere Scrollräder gleichzeitig mit einer Hand bedient, um z. B. einmal die Effektgeschwindigkeit und mit dem Nachbarrad die Effektgröße live zu beeinflussen.
Einer der großen Unterscheidungen zwischen den drei Apex-Pulten sind die in 4K auflösenden Multitouch-Monitore. Was jedoch besonders hervorsticht, ist der Monitor-Schwenk-Bügel. Er erlaubt nicht nur das Schwenken in den richtigen Neigungswinkel zur Horizontalen, wie man es von anderen Pulten her kennt. Er ist auch in der Lage, zusätzlich in der Bügelachse vor- und zurück zu schwenken. Damit lässt sich das Monitor-Touch-Feld auch über die die Bedienelement legen. Dabei fangen seitliche Auflagen die Kräfte, die auf die Monitore wirken, ab und leiten sie in die seitliche Konsolenstruktur. Keine Taste oder Bedienelement, welches unter dem Monitor verschwindet, wird einer Belastung ausgesetzt. Es wird wohl kein Zufall sein, dass trotz abdeckenden Monitors der Zugriff auf den Go-Taster dennoch erhalten bleibt.
Mit dem flach liegenden Monitor kann man ihn auch gut stehend bedienen und fühlt sich fast wie ein DJ … oder eher LJ. Und wenn schon der Schwenkbereich des Monitors so groß ist, kann man ihn auch nach hinten schwenken. Mit einer „auf den Kopf Stell Funktion“ wird dann auch das Monitorbild in der richtigen Ausrichtung dargestellt. Endlich hat man als Operator die Möglichkeit, Personen, die sonst hinter einem stehen, anzusehen, während man die Wünsche des Lichtsetzenden über das Display eingibt. Dies hilft auch, um die rückseitigen I/Os praxistauglich hinter der Konsole stehend zu konfigurieren.
Während andere Konsolen feste DMX-Abgänge aufweisen, die restlichen Universen über das RJ45-Netzwerk ausgegeben und Verbindungsstecker zu weiteren I/O-Schnittstellen fest eingebaut werden, hat man mit der ETC-Apex-Serie einen modularen Weg eingeschlagen. In „Garagen“ kann man bis zu vier Module einsetzen, die mit der Konsole via USB-Kabel verbunden werden. Die Abdeckung einer Garage wird sehr praktisch und verliersicher unter dem Modul in einer Aussparung geparkt. Verschiedene Module werden unterstützt, wie das Gadget mit zwei DMX-Ausgängen oder eine serielle, MIDI- oder SMPTE-Schnittstelle. Je nachdem, was für die Produktion benötigt wird.
Netzwerk ist ein zentrales Thema, gerade in Betracht von immer größer werdenden Datenvolumina. Deshalb verfügen die Apex-Konsolen über sechs Ethernet-Ports mit eigener MAC-Adresse, wovon vier als Standard-Ethercon-Gigabit-Ports und zwei als 10-Gigabit-SFP+ ausgeführt sind, die sich mit mittels einsteckbarer Medienkonverter direkt mit Glasfaser verbinden lassen.
Aber auch Bluetooth-Geräte wie drahtlose Maus/Tastatur lassen sich direkt anbinden. Eine iPad-Anbindung kann auch drahtlos über WiFi-Ethernet-Adapter erfolgen (802.11ac), um z.B. die Konsole fernzusteuern. Ganz nebenbei wird man den USB-Geräten mit zwölf USB-A-Anschlüssen und acht USB-C ebenfalls gerecht. Hervorzuheben sind hier noch die zwei frontseitigen 5-Volt/2-Ampere-USB-A-Ladeanschlüsse sogar mit getrennter Netzversorgung, damit bei angeschlossenen Geräten, die geladen werden sollen, deren Defekt nicht das Pult in seiner Arbeit beeinträchtigt. Logisch, dass diese sich auch in einer Schubladen befindet, wobei eine Schublade auch ein USB-Keyboard beinhaltet, um die Label zu beschriften.
Obwohl Tasten hinterleuchtet sind, die Monitore viel Licht abstrahlen und seitlich eingebaute LED-Streifen das Umfeld beleuchten, findet man auch noch einen Littlite-XLR-Anschluss für eine Pultlampe. Auf Knopfdruck kann man die Konsole auch abdunkeln. Mit Kensington-Lock kann man die schwere Konsole vor Diebstahl sichern … oder geht es eher darum, die neben dem Pult stehenden Laptops abzusichern?
Addiert man bei dem auf Windows 10 basierenden System die bis zu zwei Displays und die drei weiteren Displayports mit 4K-Auflösung, kann man sich vorstellen, welche Grafikpower hier im Hintergrund ihren Dienst verrichtet. Man möchte zudem auch für die nächsten zehn Jahre die nötige Rechenpower zur Verfügung haben, um weitere Entwicklungen wie virtuelle Realitäten zu unterstützen.
Wenn man die neue Haptik der TFTs und die individuell konfigurierbare Encoder-Vielfalt ausprobieren möchte: die Konsolen befinden sich ab Mai 2022 in der Fertigungsphase. Wir finden, dass mit der Apex-Konsole ein weiterer Schritt zu einer intuitiven Bedienung gegangen wurde. Es entstand eine Plattform, die auch den immer kürzeren Produktionszeiten dank zahlreicher Innovationen (Haptic Touch, Target Keys und mehr) gerecht wird. Langfristig beruhigt zudem die Zukunftssicherheit der Hardware.