Constant-Curvature-Punktstrahler für Cluster- oder Einzelbetrieb:HK Audio zielt mit einer neuen Selfpowered-Serie auf Anwendungen, die ein flexibles und kostenbewusstes Handeln erfordern.
(Bild: Thomas Herbst)
Punktstrahler auf dem aktuellen Stand der Technik – mit der neuen Lautsprecherserie Linear 9 stärkt HK Audio ein Segment, in dem sie seit Jahrzehnten Erfahrungen sammelten wie vermutlich kaum ein anderer Hersteller.
Auf dem neuesten Stand der Audiotechnik, ohne modischen Schnickschnack, angepasst an die Bedürfnisse professioneller Anwender – die sich ja auch aktuell wieder weiterentwickeln. Verbaut hat man in St. Wendel hochwertige Lautsprecherkomponenten, extra für die Serie neu entwickelte Hörner und Transformer, in denen die Directivity durch Verzögerungsglieder optimiert wird. Die Gehäuse aus Birke-Multiplex sind PU-beschichtet, auch hier blickt man im Saarland auf eine Historie bis zu den Kindheitstagen der Beschallungstechnik und erfolgreiche OEM-Zeiten zurück. Hinzu kommen in die Modelle integrierte, zeitgemäße Class-D-Endstufen und Digitalelektronik mit Netzwerkfähigkeit – daher das „A“ im Modell „Long Throw Active“.
Skalierbarer Punktstrahler
Als Leitprodukt der Familie Linear 9 sieht HK Audio die 210 LTA, einen „vollintegrierten, skalierten Constant-Curvature-Punktstrahler mit extremer Wurfweite“. Ein Highlight für hohe akustische Leistung ist sicher der Multicell-Transformer, der für eine präzise Abstrahlung von 60° × 25° (ab 1,35 kHz) sorgen soll. Die offene, etwas technisch anmutende Optik der Front trifft vielleicht nicht jeden Geschmack – der Transformer kann dadurch aber sehr unkompliziert um 90° gedreht werden. Irgendwie gut klingen tut heute ja an sich fast jeder Lautsprecher – aber die akustische Leistung präzise an die Hörflächen zu bekommen (und auch nur dort hin), bleibt eine Herausforderung. Als Einsatzbeispiele nennt HK Audio die einzelne Positionierung zur punktgenauen Versorgung von auch weit entfernten Zonen oder die Gruppierung als Horizontal-Cluster. Vorgesehen sind für die 210 LTA verschiedene Möglichkeiten des Groundstacking- und Flugbetriebs.
Ergänzend entwickelt wurden zwei weitere, kompakte und multifunktionale Punktstrahl-Lautsprecher. In Linear 9 110 XA und 112 XA sind die gleichen DSP-Controller wie in der 210 LTA verbaut. Die Anwendungen sind klar: als flache Bühnenmonitore, auf einem Ständer montiert, geflogen, als Frontfill oder als Top in Ground-Stacking-Systemen.
Die Basis dafür bilden zwei Subwoofer, die eine Cardioid-Funktion direkt mitbringen. Der Linear 9 118 Sub A ist als Direktstrahler besonders kompakt. Der 118 Sub BA (Bandpass) verspricht nochmal mehr Schalldruck und tiefer erweiterten Frequenzgang – beide Subwoofer sollen aber mechanisch wie akustisch gut kombinierbar sein.
Die abgestuften Modelle der Serie Linear 9 Lautsprecher arbeiten nicht nur mit dem gleichen DSP-Controller. Über die Controller-Software (für Windows und MacOS) von HK Audio und die Netzwerkfähigkeit sind Funktionen wie eine Gruppenbildung, Limiter, 10-Band-EQ, Delay etc. möglich. Kleine Besonderheit: Für den DSP-Out an jedem Modell steuert man indirekt auch Lautsprecher ohne Netzwerkfähigkeit.
Linear 9 wird nicht nur in Deutschland entwickelt und gefertigt, auch das Produktmanagement ist in der Person von Lars Reime hier angesiedelt. Im Gespräch mit Production Partner zeigt er die Sicht von HK Audio auf die Positionierung der Linear 9 auf.
Lars, HK-Audio baut, auch unter weiteren Labeln oder als OEM, „schon ewig“ Beschallungsanlagen. Die Evolutionsschritte in der gesamten Branche waren anfangs groß, die ausgeloteten Lösungsansätze spiegelten gefühlt ein viel größeres Spektrum wider als heute. Provokativ gefragt: sind Stand 2021/2022 für so eine relativ „langweilige Kategorie Lautsprecher“ überhaupt noch neue Produkte nötig?
Lars Reime: Definitiv, es ändern sich ja auch permanent die Anforderungen an die Art und Weise, wie beschallt wird. Hinzu kommt, dass digitale Technik immer weiterentwickelt wird und mittlerweile auch bei uns Einzug in die Lautsprecher gefunden hat. Doch auch in der Art der Anwendung hat sich gerade in den letzten Monaten gezeigt, dass Konzerte nicht immer gleich strukturiert sind und kreative Lösungen vom Techniker respektive der Technik gefordert sind.
Lars, ein Ende der Krise ist hoffentlich bald in Sicht, zumindest im Sommer haben die ersten Veranstaltungen wieder stattgefunden. Macht man da als Hersteller „einfach weiter, wo man vorher aufgehört hat“ – oder standen zwischenzeitlich Richtungswechsel und Änderungen in der Definition und Entwicklung von Produkten an, die man vorher nicht geplant oder vermutet hätte?
Reime: Natürlich wirft man nicht alles Angefangene über Bord – jedoch betrachtet man die Dinge mehrschichtig und aus ganz neuen Blickwinkeln. Die Problemstellungen, vor denen unsere Anwender stehen, haben sich in den letzten Monaten stark geändert. Das beeinflusst weniger die Art und Weise, wie wir entwickeln, sondern eher die Produkte. Auf der anderen Seite haben die Maßnahmen auch zu einer neuen, moderneren Arbeitsweise innerhalb der Firma geführt, die uns anfangs viel abverlangt, nun aber eine gute Basis für die nächsten Entwicklungen gelegt hat.
Audiotechniker stehen in dem Ruf, manchmal etwas zu selbstverliebt oder vielleicht „überengagiert“ mit ihrer Technik umzugehen – egal wie sophisticated ein Hersteller-Preset auch ist, man möchte am liebsten doch noch einmal selbst optimieren oder Treiber A durch Modell B ersetzen. Wie offen konfigurierbar darf oder muss Technik heute sein, um die richtige Balance zwischen verlässlicher und reproduzierbarer Performance einerseits und gewünschter Adaptionsfähigkeit an individuelle Wünsche und Situationen andererseits zu halten?
Reime: Das ist natürlich je Anwender ein sehr individuelles Thema. Alle unsere Produkte sind aber von Hause aus Komponenten-seitig abgestimmt: Sprich, unsere Entwicklungsabteilung prüft alle Komponenten auf ihr Zusammenspiel, so dass am Ende das bestmögliche Klangerlebnis entsteht. Sicherlich kann man das individualisieren, jedoch bleibt die Frage, ob mit dem persönlich favorisierten Treiber zwingend eine bessere Performance erzielt wird, wenn er mit einer anderen Endstufe zusammenspielt, als man selbst es gewohnt ist.
Als Hersteller ist man längst über die Lieferung einzelner Produkte hinaus auch zu einem wichtigen Berater der Kunden geworden, wie Geschäft künftig noch besser, effektiver und vielleicht auch neu inspiriert und frisch motiviert von der Hand gehen kann. Welchen Rat könnt Ihr aus Eurer Marktbeobachtung in die Audiotechnik hineingeben, um sich zukunftsfähig aufzustellen?
Reime: Wir haben gerade in den letzten Jahren den Fokus auf Lösungen und nicht auf Produkte gesetzt. Es ging nicht mehr darum, ein Produkt des neuesten Standards zu entwickeln, sondern das Problem der Anwender aufzunehmen, zu analysieren und dann entsprechend in eine Lösung auf technisch höchstem Niveau zu heben. Ein sehr wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist dabei auch die Skalierbarkeit der Lösung. Daher liegt auch in den aktuellen Projekten ein Fokus auf der Skalierbarkeit der Produktfamilien für den Anwender und die damit zusammenhängende Zukunftssicherheit.
Lars, die gewünschte Anpassungsfähigkeit und Flexibilität stellt HK-Audio nun durch drei Top-/Fullrangeteile und zwei Subwoofer her. Als Anwender möchte ich einerseits flexibel reagieren können, andererseits auch nicht mehr Modellvielfalt als nötig im Lager stehen haben. Wie unterscheiden sich – abgesehen von der mechanischen Größe – die drei Linear 9 mit den Bezeichnungen 110 XA, 112 XA und 210 LTA in ihrem akustischen Leistungsangebot?
Reime: Innerhalb der Linear-9-Familie ist die 210 LTA die leistungsstärkste Lautsprecherbox. Die Konzeption dieses Lautsprechers ist speziell für Applikationen gedacht, in denen die Tiefe des Raumes mit möglichst wenig Equipment abgedeckt werden soll. Die beiden Multifunktionslautsprecherboxen 110 XA sowie 112 XA sind primär für das Nahfeld als Monitor-Lösung sowie als In- und Sidefill zu sehen. Dank der akustischen Optimierung seitens unserer Entwicklungsabteilung eignen sich diese beiden Lautsprecherboxen auch als Haupt-Topteil bei kleineren Veranstaltungen, klassischen 2.1-Setups sowie die klassische Delay-Line als Ergänzung zu Setups mit der 210 LTA.
Zwischen 110/112 XA und 210 LTA gibt es einen größeren konstruktiven „Sprung“ – wie harmonisch gelingt der Übergang bzw. die Kombination mit den beiden kleineren Modellen?
Reime: Die eingesetzten Komponenten wurde in enger Zusammenarbeit mit unseren Partnern konzipiert und entwickelt. Ebenso finden sich unter den verbauten Hörnern ausschließlich Eigenentwicklungen wieder. Dieser Umstand in Kombination einer einheitlichen DSP-Plattform für alle Modelle, ermöglichte den Entwicklern eine serieneinheitliche Klangabstimmung auf höchstem Niveau zu realisieren.
Punktquellen wie diese Modelle der Linear-Serie gelten nicht per se als ideal kombinierbar, dies ist in Linienstrahlern perfektioniert. Welche Chancen bieten sich hier speziell mit der 210 LTA, und wo verlaufen in der Praxis dann die Grenzen, ab denen ein Line-Array sinnvoller eingesetzt wäre?
Reime: Die Linear 9 210 LTA ist unter den Aspekten einfachen Handlings, Skalierbarkeit und Wurfweite konzipiert wurden. Diese drei Eigenschaften resultieren in einem für den Anwender sehr wirtschaftlichen Produkt. Die Ausleuchtung einer tiefen Fläche mit nur wenigen Lautsprechern sowie die unkomplizierte Einbindung von Drittanbieter-Lautsprechern erhöhen nochmals die ökonomische Komponente. Durch das horizontale Clustering kann der Anwender mit einer Lautsprecherart im Lager zahlreiche unterschiedliche Beschallungsaufgaben übernehmen und kann vor allem auf der horizontalen Ebene deutlich gerichteter ausleuchten, als es mit einem vertikalen Linienstrahler (Line Array) mit festem horizontalem Öffnungswinkel möglich wäre.
Während ein einzelnes LTA als Punktschallquelle fungiert, arbeitet ein LTA Cluster (natürlich nur bei gedrehtem MCT) als horizontaler Linienstrahler. Diese Eigenschaft bietet einen fließenden Übergang zwischen Punktstrahler und Linienstrahler mit nur einem Lautsprechertyp. Der Einsatz von wenigen Lautsprechern schlägt sich letztendlich wohlwollend im Portemonnaie nieder.
Eine pauschale Grenze zwischen Linear 9 210 LTA und einem klassischen Line Array zu ziehen, halte ich für nicht sinnvoll. Hier spielen zu viele Faktoren eine Rolle: Ist eine sehr gerichtete und schmale Abstrahlung erforderlich (bspw. ein offenes Wohngebiet oder ein Veranstaltungsraum mit stark reflektierenden Wänden), ist die breite Abstrahlung eines Line Arrays prinzipiell nachteilig.
Ein Line-Array stellt den Anwender auch durch sein aufwändiges Handling vor ganz eigene Herausforderungen. Das Fliegen von Lautsprechern ist nicht bei jedem Veranstaltungsort möglich. Auch hier spielt das LTA ganz klar seine Stärken aus. Prinzipiell sollte bei der Wahl des Beschallungswerkzeuges die Anforderung der Spielstätte an erster Stelle stehen. Natürlich spielt aber auch hierbei die persönliche Vorliebe des Anwenders eine Rolle.