Drei Set- und Lichtdesigns für Spandau Ballet von Patrick Woodroffe
von Redaktion,
Die britische New Romantic-Rock-Formation Spandau Ballet nutzte auf ihrer Welttournee drei Skalierungsstufen eines Set- und Lichtdesigns.
Viele Bands aus vergangenen Dekaden starten nach Jahren der Bühnen- und Studioabstinenz ein Comeback. Die Resultate auf der Bühne sind oft entweder bedauerlich – oder großartig. Zu den großartigen Resultaten zählt sicherlich die Wiederauferstehung von Spandau Ballet: Die fünf Musiker bildeten bis Mitte der achtziger Jahre eine der stilprägenden Bands des britischen New Romantic Rock. 20 Jahre nach ihrer Auflösung verkündete die Band bereits 2009 mit der „Reformation Tour“ ihr Comeback in Originalbesetzung. 2015 startete dann eine erfolgreiche Welttournee, die über ausverkaufte Arena-Shows in England, Italien, Australien, Asien und Neuseeland, durch Clubs und Arenen in den USA und Mexiko auch durch mittlere und größere Hallen – wie etwa in Deutschland – führte. In der Mitsubishi Electric Halle Düsseldorf – formerly known as Philips Halle – überraschten die Musiker alte und neue Fans mit einer beeindruckenden Performance.
Anzeige
Licht- und Bühnendesign
Licht- und Bühnendesigner Patrick Woodroffe, der bereits seit den Anfangstagen der Band als deren Lichtdesigner tätig ist und seither zu einigen Bandmitgliedern ein enges, freundschaftliches Verhältnis pflegt, wurde gebeten, das Design der Tour zu konzipieren. Da je nach Land sehr unterschiedlich große Venues zu erwarten waren, galt es, ein Design zu entwickeln, das überzeugend von Arenen auf kleine und mittlere Hallen heruntergebrochen werden konnte. Als Lighting Director & Programmer konnte Roland Greil gewonnen werden, der bereits seit einigen Jahren für das DesignBüro Woodroffe Bassett als „affiliated associate designer“ tätig ist. Greil wurde beauftragt, nach Woodroffes Vorschlägen das Konzept in die Details auszu – arbeiten.
Proben in London
Die Band würde auf der Welttournee bis auf zwei oder drei brandneue Songs ausschließlich aus dem reichhaltigen Platin-Hit-Repertoire ihrer Dekade (1979 bis 84/89) schöpfen. Dafür standen Roland Greil bald Aufnahmen und Arrangements der neusten Versionen zur Verfügung, anhand derer er erste CuePunkte festsetzen konnte. Zusätzlich besuchte er die Musiker bei den Bandproben im Studio: „Es war noch einmal etwas ganz anderes, zu erleben, wie die Songs tatsächlich live gespielt klangen.“ Die Songs hatten eine ganz andere Intensität als die zum Teil 30 Jahre alten Originalaufnahmen. Ausgehend von den ersten Cue-Punkten ging es dann mit den neusten Aufnahmen daran, die Grundstrukturen für die Songs auszuarbeiten. Auch wenn die Lieder nun rockiger und weniger im einstigen New Romantic Sound erklingen würden, sollte das Bühnen- und Lichtdesign eine elegante, symmetrische, theatralische Grundstimmung besitzen, die an die damalige Ära erinnern würde. Klare Linien, klassische, elegante Elemente sollten vorherrschen. Gewollt neuartige, technisch überraschende oder abgehobene Showeinlagen waren unerwünscht. Gefragt aber waren Mittel, die den neuen Versionen auch optisch ordentlich Druck verleihen würden.
In Londons Probenhalle LH2 fanden Anfang 2015 die Proben für die Arena-Shows statt. Die komplette Produktion feilte eine Woche an den technischen Details. Anhand der ausgearbeiteten Show Files wurden dann die Ableitungen für die B- und C-Shows entwickelt. Wichtig war, dass die Grundstimmungen erhalten blieben, ganz egal ob es sich um 50 oder 300 Lampen handeln würde.
Drei Designs
Das A-Design für die Arena-Shows bot drei LED-Wände. Im Zentrum des Bühnenhintergrundes hing – zunächst von einem eleganten Vorhang verborgen – eine ca. 10 × 5,6 m große LED-Fläche. Seitlich hingen im Hochformat zwei LEDScreens, die jeweils ca. 3 × 5,6 m groß waren. Alle drei LED-Wände waren mit Chromlech Elidy T Panels umrandet, die allerdings erst in der zweiten Hälfte der Show eingesetzt wurden. Gegen Ende der Show wurden die single-pixel angesteuerten Elidy T Panel genutzt, um Blinder-artiges, druckvolles Licht zu liefern und die Uptempo-Songs entsprechend zu unterstützen. „Das ist dann so richtig hell, so hell, dass es schon wehtut“, lachte Roland Greil.
Die seitlichen Wände zeigten Live-Bilder, während der Center-Screen auch Content-Einspielungen zeigte. 15 Filme wurden im Laufe der Show abgespielt. Über dem Bühnenraum hingen drei Truss-Rechtecke. Das größte, äußere war rund 20 m, das mittlere 11 m und das innere 8 m breit. Letzteres konnte über vier Kettenmotoren verfahren werden. Im Zentrum der drei ineinander liegenden Rechtecke befand sich eine Spiegelkugel von 1 m Durchmesser, die ebenfalls herabgefahren werden konnte. Die Show-Elemente waren eigens für einen Teil der Show bestimmt, der die Anfangstage der Band im legendären Londoner Blitz Club zum Inhalt hatte und in dem die ganz frühen Songs vorgetragen wurden. Während der Truss-Rahmen und die Spiegelkugel über die Köpfe der Musiker herunterfuhren, verwandelte sich die Bühne für die Dauer dieses Showteils in eine enge, niedrige Club-Bühne. Die Rear Truss war in drei Bereiche unterteilt, wobei die Bereiche A und C im Abstand von ca. 1,5 m neben der Bühne und etwas vorgezogen jeweils über den seitlichen LED-Wänden hingen. Die gewünschte Gradlinigkeit spiegelte sich auch in der Auswahl der eingesetzten Hauptlampen. 60 VL3500 W als starke Washer und 44 Clay Paky Mythos als flexible Beam/SpotEinheiten sorgten für die Umsetzung des gewünschten Looks. 8 GLP X4S, 22 Gs Beams 5r, 36 4-Lite, 12 MR16 Birdie Spots und einige Clay Paky Stormy LED-Strobes sorgten für die benötigten Akzente. Als Blinder waren 4-Lite Mole Fays im Einsatz.
Reduziertes B- und C-Design
Weniger Licht- und Videomaterial bot die B-Version. Hier waren z. B. nur noch 28 VL3500 Wash und 21 Mythos im Einsatz. Auf die beiden seitlichen LED-Screens wurde ebenfalls verzichtet. Über der Bühne hingen auch nur noch zwei TrussRahmen, von denen nun auch keiner verfahren werden konnte. Der gewaltige mit Chromlech Elidy T Panels verkleidete Band Riser, der in der A-Version zu sehen war, wurde etwas „abgespeckt“ und besaß nun keine LED-Verkleidung. Für Venues zwischen 2.000 bis 5.000 Zuschauern (wie in Düsseldorf), wurde sowohl auf die komplette Videotechnik und die damit verbundenen Designelemente als auch auf die Anordnung der Truss-Rechtecke über der Bühne verzichtet. Stattdessen setzte man in dieser C-Version auf ein drei TrussSystem mit identischen Lampen. Hier waren dann 35 VL3500 sowie 32 Mythos verbaut. Am Boden befanden sich weitere sechs VL3500 Wash sowie fünf Clay Paky Mythos. Der Vorhang, der in den A- und B-Versionen den Center-Screen verbarg, diente nun permanent als Backdrop und wurde von zehn gleichmäßig positionierten LED Color Blaze und den fünf Mythos angestrahlt. Einheitlich in allen Versionen blieb der elegante gradlinige Look der Show, der die Aufmerksamkeit auf die erstklassig dargebotene Musik lenkte. Die Shows wurden alle über eine grandMA2 gesteuert, als Backup stand eine zweite identische Konsole bereit.
Video mit 80er-Look
Gradlinigkeit herrschte ebenso bei der Videotechnik. Hier war wenig, aber leistungsstarke HD-Technik im Einsatz. Vier Kameras lieferten präzise gewählte Live-Bilder. Zwei Kamerapositionen am FOH-Platz mit 70- und 100-fach Optiken sowie eine Kamera im Bühnengraben und eine Schulterkamera auf der Bühne boten alle benötigten Einstellungen.
Über einen Grass Valley Kayak wurden die Kameras gemischt, die Zuspielungen lieferte ein Catalyst. Die Kamerabilder wurden nur sehr sparsam verfremdet, d. h. gelegentlich kamen Sepia- oder Schwarzweiß-Effekte zur Geltung. Allerdings hatte der 6 mm PRG Nocturne Screen im Zusammenspiel mit der HDTechnik ein derartig brillantes und fast schon klinisch klares Bild geliefert, dass ein Filter eingesetzt werden musste, der einen „SD-Look“ generierte, um das gewünschte Flair der 70er und 80er Jahre hervorzuzaubern.
Audio: Have a talk with Robbie McGrath
Für den Hallensound war Robbie McGrath verantwortlich. Er betreute bereits AC/DC, Echo & The Bunnymen, Stone Roses, Tears for Fears und The Rolling Stones. Sogar einige Shows aus den Anfangstagen von Spandau Ballet wurden bereits von ihm veredelt. Der Tourmanager der Band erinnerte sich an die gute Zusammenarbeit und schlug den sympathischen Routinier für die geplante Welttournee vor. Robbie zündete im Gespräch mit uns ein verbales Feuerwerk, angefangen bei seinen Tricks über das analoge zum digitalen Zeitalter, gewürzt mit Anekdoten von bekifften englischen Roadies in German Imbiss Buden, schilderte ungewöhnliche Vorstellungsgespräche bei Rocktitanen und landete in einer Analyse zur Misere der Populärkultur im Zeitalter der völligen Sinnentleerung. Gestoppt wurde er erst vom Manager, der die Einlassmusik vermisste…
Robbie McGrath wählte für die Produktion ein Avid Venue, weil es „ein bisschen“ analoge Qualitäten aufweise und diese mit den Vorteilen der digitalen Kontrolle vereine. Bisher seien Midas-Pulte seine bevorzugte Wahl gewesen, doch McGrath wollte einfach mal etwas Neues probieren, zumal er im Vorfeld in aller Ruhe bei SSE, der Sound Rental Company seines Vertrauens, jede Menge Pulte ausgiebig in A/B-Vergleichen studieren konnte. Der „warme“ Klang des Avid-Pultes habe ihn schließlich überzeugt. Insbesondere das EQing habe in mancher Hinsicht an das Midas X3 erinnert. Überdies erinnerten, seiner Auffassung nach, die Onboard-Kompressoren des Pultes an die dbx160 A und auch die Onboard Noise-Gates würden die Qualität der BSS-Quads erreichen. Darüber hinaus verwende er die „Gold“ Plug-ins von Waves und sei damit sehr zufrieden. McGrath: „Für den Gesang nutze ich den On-BoardEQ. Ich setze einen harten Schnitt bei ungefähr 1 kHz. Aber abhängig davon, was der jeweilige Song verlangt, verschiebe ich schon mal zwischen 800 Hz oder rauf bis 3 kHz. So erhalte ich einen härteren oder sanfteren Effekt. Weiterhin setzte ich hier auf unterschiedliche Hallräume, die ich jeweils mit unterschiedlichen Delays kombiniere, um sozusagen die passende Färbung zu erzielen.
Beim Schlagzeug arbeite ich in aller Regel mit Subgruppen, die ich in einem VCA bündle. Aus dem Waves Gold insertiere ich über die Gruppen den Ultra Maximizer, damit erhalte ich einen beeindruckenden kräftigen und abgerundeten Klang. Von hier geht es dann in den Waves C4 Multiband-Kompressor, hier kann ich je nach Songcharakter die benötigte Dynamik aussuchen bzw. kontrollieren. Vieles bei den Drums überlasse ich, offen gesagt, allerdings auch dem Processing. Ich runde gern mit dem gra- fischen Onboard EQ. Den finde ich echt perfekt. Und ich arbeite schon lange und immer noch gern mit einem analogen V-EQ 4 bei Schlagzeug, Saxophon und den Vocals. Die größte Herausforderung war, die Band mit dem passenden Sound erklingen zu lassen. Die Jungs spielen ihre Lieder heute mit einer, sagen wir mal, viel ,mannhafteren Attitüde‘ als damals während des ,New Romatic‘-Booms. Das galt es auch entsprechend zu unterstützen und herauszuarbeiten.“
Insgesamt kommen am FOH-Pult rund 50 Inputs an, die „eigentlich“ in eigenen Scenes für jeden Song verwaltet werden könnten. Allerdings habe er sich dafür entschieden, die kompletten Konzerte „im freien Flug“ zu bearbeiten und jeweils vom aktuellen Höreindruck aus einzugreifen. Ein akustischer Part wurde in Düsseldorf auf der B-Stage neben dem FOH-Platz gespielt. Sänger und Gitarrist tauchten nach einem Schlagzeug-Solo (ja, so was gibt es noch!) im Licht der Verfolger auf und gaben zwei Unplugged-Versionen zum Besten. Bei der Wahl des Mikrofons für den Sänger Tony Hadley entschied sich Robbie McGrath (in Absprache mit Monitormann Richard John) für eine Sennheiser 5235-Kapsel. Für die Backing Vocals wurden bewährte Shure SM58 eingesetzt, während die Saxophone über Shure PGA 98H erklangen. Am Schlagzeug wurden als Overheads AKG 414s eingesetzt. An Ride und Hi-Hat fanden sich Neumann 104. Die Toms wurden mit Sennheiser 604 und 609 abgenommen, die beiden Floortoms hingegen mit Sennheiser 421. Beide Bassdrums waren jeweils mit Sennheiser e901 bestückt, während die Snare über ein Shure Beta 56A abgebildet wurde. Das Percussion Set war ebenfalls mit Shure Beta 56 sowie AKG 414 bestückt. Während man die Bassgitarre lediglich über eine DI-Box abgriff, standen an den Gitarren-Amps Sennheiser e906. Die akustischen Gitarren wurden ebenfalls nur über DI-Boxen abgegriffen.
Monitor und Systemtechnik
Die insgesamt 18 Monitor-Stereomixe entstanden auf einer Yamaha CL5 und wurden von Monitormann Richard John ohne Scene Recalls erarbeitet. Die Show liefere jeden Tag einige neue Herausforderungen und müsse daher „völlig manuell betreut“ werden. Aber die viel größere Herausforderung sei, dass die Band in ihrer langen Karriere erstmals In-Ear-Monitore verwende, aber noch reichlich Wedges auf der Bühne verwendet würden. Hier kamen d&b V8 Sidefills für den Sänger sowie d&b Q7 und Q Subs für den Schlagzeuger zum Einsatz. Als In-Ear-Systeme dienten Sennheiser 2000 Sets. Systemtechniker Nick Lythgoe arbeitete schon mehrmals mit McGrath zusammen. Seine L-Acoustics-Konfiguration bestand aus jeweils 3 × L-Acoustics K Subs, 12 × K1 darunter und 6 × KARA am Ende der Linie.
Erwähnenswert: der Main Hang wurde bei den großen Shows 4,5 m hinter der üblichen Bühnenkante platziert und war ungefähr auf der Linie mit dem Drum-Set positioniert, um auf diese Weise mehr Tickets an den seitlichen Rängen zur Verfügung zu haben. Die Side Hangs bestanden jeweils aus 3 × K Subs und 12 × K2. 30 × L-Acoustics SB28 Sub Bass wurden in großen Shows vor der Bühne platziert. Als Front-Fills wurden fünf KARA darauf verteilt. Zwischen den beiden Hangs wurden drei L-Acoustics ARCS2 eingesetzt, als Delay-Line bei Bedarf drei Hangs mit jeweils 8 × V-DOSC. Versorgt wurde das System ausschließlich über L-Acoustics LA 8 Amps und Lake LM26 Prozessoren. Das tägliche Tuning erfolgte mit der aktuellsten L-Acoustics Sound Vision Software.
Handmade
Auch wenn sicherlich der Besuch eines Konzertes mit großem „A-Design“ noch reizvoller gewesen sein dürfte, so ließ das Konzert mit der „C-Version“ in Düsseldorf showtechnisch nichts vermissen. Beeindruckend war auch die Live-Performance dieser vermeintlichen Altherren-Band voller Spielfreude und Gelassenheit. Getragen wurde dies von einem durchweg sehr guten Live-Sound, der alle Nuancen ab – bildete. Kein Timecode, auch kein Klick wurde gebraucht, um hier eine exzellente Musikdarbietung abzuliefern. Bis auf die Einspielung eines Chors bei einem Song: alles handmade. Das Lichtdesign trat angesichts der überragenden Band fast in den Hintergrund – es wurde Teil der Show. Und ist es nicht genau das, was man als Konzertbesucher erleben möchte?