Stative und Zubehörteile gehören zu den unauffälligen Helfern auf der Bühne. Wie bei anderer Technik auch bemerkt man sie erst dann, wenn sie versagen. Die Touring-Serie soll hier ein paar neue Vorteile bieten – zum günstigen Preis.
Was gibt es in der Veranstaltungstechnik langweiligeres als Stative: Warum bringt ein Hersteller und Vertrieb wie Adam Hall (der sowieso schon gefühlt unendlich viele Produkte und Zubehörteile im Portfolio hat) nun auch noch eigene Stative auf den Markt? Robin Henlich verantwortet in der Adam-Hall-Gruppe das Accessory- und Stativ-Segment: „Bevor wir mit Gravity 2015 in den Markt getreten sind, haben wir jahrelang Erfahrungen im Vertrieb professioneller Stative gesammelt und hatten parallel dazu unsere eigenen Adam Hall Stands im Sortiment (AH Stands gibt es heute noch). Zu dieser Zeit haben wir festgestellt, dass die Stativlandschaft doch recht eintönig ist – sowohl technisch als auch optisch. Aus dieser Eintönigkeit wollten wir ausbrechen. Stative sind ein integraler Teil in der Eventtechnik. Ohne eine professionelle Stativmarke wäre das Portfolio von Adam Hall als umfassender Anbieter von Eventtechnik nicht komplett.“
Die erste Gravity-Serie, die man bereits auf etlichen Bühnen sieht, machte daher mit relativ bunten Applikationen an den Stativen auf sich aufmerksam. Auch wenn man zu einer Zeit aufgewachsen ist, als man selbst bunte Mikrofonkabel auf der Bühne schick fand – im gewerblichen Einsatz sind solche Gimmicks weniger gewünscht. Was unterscheidet jetzt die neue Touring-Serie innerhalb der Gravity-Marke von den „Musiker-Modellen“ der ersten Linie (abgesehen von den grünen Aufklebern auf unseren Fotos, die sich entfernen lassen)?
Robin Henlich: „Am ‚auffälligsten‘ ist natürlich das subtilere Erscheinungsbild der Touring-Serie. Zwar liefern wir auch bei jedem Produkt der Standard-Serie einen Satz schwarzer Ringe mit, doch für professionelle Touring-Anwender ist Zeit kostbar und teuer. Aus diesem Grund haben wir im Detail ausgewertet, welche spezifischen Anforderungen im Touring-Betrieb bestehen und eine Serie speziell für professionelle Anwender entwickelt – vom Stage Hand über Rental Companies bis zum Veranstalter und Clubbetreiber. So sind alle Knöpfe und Knäufe aus Metall und unverlierbar, viele Rohrstärken und Durchmesser wurden erhöht, die Mechanik an einigen Stellen angepasst und zahlreiche weitere Details verbessert. Es lag auf der Hand, dass Touring-Anwender kein ‚lautes‘ Design bevorzugen. Auch technisch sehen wir keinen Bedarf an einer Revolution, welche die täglichen Arbeitsabläufe komplett durcheinanderbringen würde. Nichtsdestotrotz merkt man der Touring Serie in jedem Moment an, dass sie hinsichtlich Robustheit und Praxisbezug von Beginn an für eine professionelle Zielgruppe konstruiert wurde.“
Das schauen wir uns dann direkt mal an. Erproben konnten wir einige Mikrofonstative mit und ohne ausziehbarem Galgen und ein Boxenstativ, bei dem die Höhe nicht durch einen gesteckten Stift, sondern eine Kippmechanik eingerastet wird. Die Verarbeitung der Stative macht einen ordentlichen Eindruck. Die Lackierung der Kleinteile ist hier und da nicht ganz perfekt, aber das ist dann schon ein Jammern auf hohem Niveau und man würde sich dem Vorwurf aus-setzen, wie ein aufgewachter Autohersteller zu argumentieren, der das Fehlen von kleinen Lacknasen selbst am Radkasten für ein zukunftsfähiges Mobilitätskriterium hält.
Einer der Schwachpunkte bei Mikrofonstativen dagegen ist das den Galgen haltende Gelenk. Zu stark angezogen müht sich der Musiker, zwischendurch den Winkel schnell noch-mal nachzustellen. Nicht fest genug angezogen droht der peinliche Effekt, dass das Mikrofon im Laufe des Songs langsam der „Gravitation“ folgt. Welche Materialien nutzt die Touring-Serie hier? „Die meisten Stative setzen am Galgen auf Kunststoff- oder Gummischeiben im Sandwich-Verfahren“, so Robin Henlich. „Das funktioniert soweit auch ganz gut, kann aber dazu führen, dass sich die Scheiben abnutzen und der Grip nachlässt oder der Galgen etwas federt. Diesbezüglich gab es immer wieder alternative Ansätze, die mal besser und mal schlechter funktionierten.“
Eine Einschätzung, die man als Anwender sicher bestätigen kann, inklusive aus dem Gelenk herauskrümelnder Gummireste. „Mit der Touring-Serie sind wir davon überzeugt, die perfekte Lösung gefunden zu haben: Auf der einen Seite verwenden wir eine Gummischeibe, auf der anderen eine konische Zinkscheibe, die in einer passgenauen, ebenfalls konischen Aufnahme liegt. Beim Festziehen der Galgenschraube verkeilt die Scheibe mit der Aufnahme, so dass eine extrem feste Verbindung entsteht. Die Gummischeibe fungiert teilweise als Feder, erhöht jedoch auch die Friktion. Ein weiterer, im Alltag unschätzbarer Nebeneffekt: der Galgen lässt sich mit weniger als einer Umdrehung des Feststellknopfes komplett lösen bzw. festziehen.“ Was sich leicht nachprüfen lässt: man braucht tatsächlich eher nur eine Vierteldrehung, und dann ist der Galgen echt fest.
Beim Teleskopgalgen der Touring-Serie wird die „Reichweite“ des Arms in dieser ausziehbaren Variante rund eine Handbreit weiter als mit dem Standard-Galgen. Diese Teleskopgalgen können sich aber beim Transport oder der Lagerung leicht verziehen und dann klemmen. Welche Materialien kommen bei der Gravity-Touring-Variante zum Einsatz? „Auch hier arbeiten wir komplett mit Stahl oder Zinkdruckguss. Mutwillig verbiegen kann man ein solches Rohr natürlich immer. Mir ist es jedoch selbst unter höchster Krafteinwirkung nicht gelungen, den Teleskoparm abzuziehen.“
Beim Transport oder ungeübter Bedienung gehen gerne mal Fixierschrauben verloren. Das kann bei der Touring- Serie nicht passieren, alle Kleinteile sind ja unverlierbar. Sollte doch einmal etwas kaputt gehen – welche Teile können am Stativ ersetzt werden? „Alle Bestandteile der Touring-Serie bleiben austauschbar – auch diejenigen, die in der Touring-Praxis durch eine Kontermutter, Konterschraube oder einen Sprengring unverlierbar sind. Am Galgen wird die Kontermutter zudem durch einen Tropfen Locktite doppelt gesichert – mit einem entsprechendem Hebel lässt sich aber auch diese Mutter lösen.“
In der Standard-Serie gibt es von Gravity bereits ein breites Angebot: vom Mikrofonstativ über iPad-Halter bis zum Multi-Gitarrenständer – die Touring-Modelle erkennt man am einfachsten an den fehlenden Farbringen. Zum attraktiven Erscheinungsbild gehört aber auch ein sauberes, dezentes Finish. Wie sind die Stative beschichtet, und lassen sich Beschädigungen ausbessern? „Sämtliche Bestandteile der Touring-Serie sind mit einer soliden, ultradicken Pulverbeschichtung versehen. Natürlich treten selbst beim besten Stativ irgendwann Kratzer auf. Diese lassen sich jedoch schnell und einfach mit einem Lack ausbessern. Bis auf die Rohre sind alle Metallteile der Touring-Serie aus Aluminium oder Zink gefertigt und damit immun gegen Rost.“
Und um auf die Frage zurückzukommen, ob es nicht schon genug Accessories gibt: „Wir fangen gerade erst an“, so Robin Henlich. „Der Rental- und Touring-Bereich ist ein extrem spannendes und herausforderndes Feld. Hier können unsere Anwender in Zukunft noch einige Innovationen erwarten, die zudem einen unmittelbaren Einfluss auf unsere Standard-Serie haben werden.“